Wünsche, Ernst Levin - Die Menschwerdung des Sohnes Gottes - IV. Der wahre Lebensgrund.
Die Gnade des Herrn Jesu Christi, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns Allen. Amen.
Jesus Christus, Gestern und Heute und derselbe auch in Ewigkeit!
Heb. 13, 8.
Siehe, Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende! Mit diesem Trost- und Warnungsruf unsers lebendigen Heilandes traten wir aus dem alten in das neue Jahr über. Ergreifen wir dieses Wort im Glauben, dann werden wir die Gotteskraft desselben erfahren. Seine unvergängliche Lebensfülle wird uns durchdringen, wird uns glücklich, kräftig und frisch machen. Alle unsre Sorgen nimmt Er auf Sich. Allen unsern Mangel hebt Er durch Seinen Reichtum auf. Alle unsere Sünden nimmt Er hinweg. In Trauer und Dunkelheit ist Er unser Licht und unser Heil. In Anfechtungen und Versuchungen ist Er in uns, der mächtiger ist, als der in der Welt ist. In Täuschungen und Bitterkeiten ist Er Gestern und Heut und in Ewigkeit Derselbe. Fangen wir also das neue Jahr mit Ihm an, ist Er von Heut an aufs Neue unsre Zuversicht und Stärke, dann brauchen wir uns nicht zu fürchten, wenngleich die Welt unterginge und die Berge mitten ins Meer sänken. Unser Text sagt es uns klar und deutlich.
Im Textkapitel gibt der Schreiber des Hebräerbriefs Ermahnungen zum christlichen Wandel, der sich auf reine Lehre stützt. Er ermahnt zum Festbleiben in der brüderlichen Liebe, aus welcher Gastfreundlichkeit und werktätige Teilnahme an den Leiden und Trübsalen Anderer hervorgeht. Er ermahnt zu einem Wandel ohne Geiz, der nur möglich ist, wenn wir glauben das Wort des Herrn: Ich will dich nicht verlassen noch versäumen. Er ermahnt zum Andenken an die Lehrer, die das Wort Gottes gesagt haben, zum Anschauen ihres Endes und zum Nachfolgen ihres Glaubens. Und das umso mehr, da Jesus Christus Derselbe ist und bleibt Gestern und Heute und in Ewigkeit. Ist Er Kern und Stern unsers Lebens, dann lernen wir lieben, gastfrei sein, ohne Geiz wandeln. Unser Text spricht also die Summa des evangelischen Glaubens und Lebens aus. Er sagt uns
1. Wer der Grund und Inhalt unsers Glaubens und Lebens, und
2. Warum Er der Grund und Inhalt unsers Glaubens und Lebens sein soll.
1. Wer soll Grund und Inhalt unsers Glaubens und Lebens sein?
Ebr. 13, 8. Jesus Christus.
Dieser Name, der über alle Namen ist, ist nicht wie ein gewöhnlicher menschlicher Name ohne besonderen Sinn, sondern er ist der Name des Gottmenschen, des ewigen Sohnes des ewigen Vaters, der Fleisch geworden ist, um den Namen Gottes zu offenbaren, zur Tat und Wahrheit zu machen. Darum bringen auch Engel diesen Namen auf die Erde, befehlen der Marie und dem Joseph ihren Sohn also zu nennen. Jesus, Josua, Jehovah hilft, rettet. Was der Held Josua durch Eroberung des gelobten Landes, der Hohepriester Josua durch Heimführung des Volkes aus der babylonischen Gefangenschaft im Vorbild ist und tut, das ist und tut Jesus im Geist und in der Wahrheit. In Ihm wohnt die Fülle der Gottheit leibhaftig. Er ist Jehovah selbst, der sich aufgemacht hat, die Menschen zu erretten aus Sünde und Tod. Er ist der Erlöser, denn Er wird für uns zur Sünde gemacht, ein Fluch für uns, Er nimmt die Strafe auf Sich, und erlöst uns also von Sünde und Fluch und Strafe. Er ist der Mittler, denn Er tritt zwischen uns und Gott und erfüllt für uns den Willen Gottes vollkommen, nimmt also den Ungehorsam, der uns von Gott trennt, hinweg, indem Er gehorsam wird bis zum Tode am Kreuz und somit uns mit Gott versöhnt. Er ist der Heiland, der als Erlöser und Mittler das Wohlgefallen Gottes an uns Menschen wieder herstellt, der uns Leben, Heil und Seligkeit bringt, der uns jetzt noch beim Vater vertritt als unser gerechter Fürsprecher. Aber Seine Erlösung, Seine Mittlerschaft, Seine Versöhnung, Sein Heil hat nur darum vollkommene, stellvertretende von Gott anerkannte Vollgültigkeit, weil Er Christus ist. Christus, Messias, Gesalbter. Er ist gesalbt mit dem heiligen Geist ohne Maß. Er ist der Knecht Gottes, auf welchem in ganzer Fülle ruht der Geist des Herrn, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des Herrn. Er kann in voller Wahrheit von Sich sagen: Der Geist des Herrn ist über Mir, darum hat Mich der Herr gesalbt. Er hat Mich gesandt, den Elenden zu predigen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu predigen den Gefangenen eine Erledigung, den Gebundenen eine Öffnung, zu predigen ein gnädiges Jahr des Herrn und einen Tag der Rache unsers Gottes. Durch diesen heiligen, ewigen Geist, in Kraft desselben opfert Er Sich Selbst ohne allen Wandel Gott dem Vater, wird Sein Opfer das wahre, stellvertretende, die Sünde wirklich tilgende, ewig vollgültige, wahrhaft lebendig, selig und heilig machende Opfer. Darum wird auch Sein Opfer von Gott Vater anerkannt, denn Er erweckt Ihn von den Toten, und Christus erscheint nun als der in ewigen Geist Verklärte mit Seinem Blute im Heiligtum des Himmels. Jesus heißt Er nach Seiner Menschheit. Christus heißt Er nach Seiner Gottheit. Jesus Christus ist der Gottmensch. Dieser Jesus Christus, Seine ganze gottmenschliche Person, Sein Leben, Leiden, Sterben und Auferstehen, Sein Sitzen zur Rechten Gottes, das Alles soll der Grund und Inhalt unsers Glaubens und Lebens sein, darauf soll unser ganzer inwendiger und auswendiger Mensch ruhen, daraus hervorwachsen, damit sich beschäftigen, davon durchdrungen sein, damit zusammengewachsen sein. Seine persönliche Lebensgemeinschaft soll Anfang, Mittel und Ende unsers Lebens sein. Ohne Ihn sollen wir Nichts tun können. Durch Ihn sollen wir Alles vermögen.
Wir sollen werden wie Er war hier auf Erden, Menschen Gottes, Tempel des Heiligen Geistes, Jesushaft, Christushaft.
2. Warum soll Jesus Christus Grund und Inhalt unsers Glaubens und Lebens sein?
Ebr. 13, 8. Jesus Christus, Gestern und Heute und Derselbe auch in Ewigkeit.
Hier fasst unser Text Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in drei Worte zusammen. Jesus Christus ist derselbe Gottmensch, Erlöser, Mittler, Heiland.
- Gestern: Vor Grundlegung der Welt. Im Rat der heiligen Wächter erklärt Er dem Vater: Siehe, Ich komme, Deinen Willen, Mein Gott, tue Ich gerne. Er ist das Lamm, das erwürgt ist vor Anbeginn der Welt, in welchem uns Gnade gegeben ist vor der Zeit der Welt, durch welches wir erwählt sind, ehe der Welt Grund gelegt war. * Gestern: In der Zeit des alten Bundes, denn in den Schatten und Vorbildern, im Opferdienst und in den Verheißungen ist Er Anfang, Mittel und Ende, Seine Erlösung, Seine Mittlerschaft Zweck und Ziel, ist der Glaube an Ihm dasjenige was alle die vorgeschriebenen Formen Gott wohlgefällig macht. Die Propheten forschen, auf welche Zeit deutet der Geist Christi, der in ihnen ist. Er ist der Schlangenkopfzertreter, der Abrahamssame, der Davidssohn. Jesus Christus ist derselbe Gottmensch, Erlöser, Mittler, Heiland.
- Heute: In der Fülle der Zeit, im Neuen Bunde, da das Gestern Beschlossene und Verheißene zu Stand und Wesen kommt, da die Schatten und Vorbilder dem Körper und Wesen, die Verheißungen der Erfüllung Platz machen. Da wird Er Mensch. Da vollbringt Er den Willen Seines Vaters. Da kommt Er, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist. Er führt die Erlösung so vollständig aus, dass Er voll Siegesgewissheit ausrufen kann: Es ist vollbracht! Er dringt hinein bis in das Reich der Toten und führt das Gefängnis gefangen. Er setzt sich zur Rechten des Vaters und nun heißt's erst recht: Jesus Christus Derselbe
- Heute: Sein Geist führt Sein Werk fort, verklärt Ihn als den Gottmenschen, Erlöser, Mittler, Heiland, berufet, sammelt, erleuchtet, heiliget, hilft unsrer Schwachheit auf und vertritt uns aufs Beste mit unaussprechlichem Seufzen. Er ist nicht mehr an den irdischen Leib gebunden, sondern kann nun alle Tage bei den Seinen sein ohne Unterbrechung bis an der Welt Ende. Er vertritt sie beim Vater. Er ist ihr gerechter Fürsprecher. Er wartet, bis alle Seine Feinde zu Seinen Füßen liegen. Und wenn Er nun wiederkommen wird und uns zu Sich holen und wir bei Ihm sein werden und Ihn sehen, wie Er ist, dann wird es im vollen Glanze der Wahrheit heißen: Jesus Christus Derselbe auch in
- Ewigkeit: derselbe Menschensohn mit den fünf Wunden, derselbe Erlöser, Mittler, Heiland, das Lamm, das erwürgt ist und uns erwählt hat, der Hirte, der alle Tränen abwischen wird von unsern Augen, der uns weiden und leiten wird zu den lebendigen Wasserbrunnen und zu essen geben von den Früchten des Lebensholzes. Darum soll Jesus Christus Grund und Inhalt unsers Glaubens und Lebens sein, weil Er Gestern und Heute und Derselbe auch in Ewigkeit ist, unveränderlich, unwandelbar, der ewige Prophet, der ewige Hohepriester, der ewige König, der Anfänger und Vollender des Glaubens, des Liebens, des Hoffens, das A und O, der Erste und der Letzte, der da war, der da ist, der da kommt, durch den und zu dem Alles geschaffen ist, der vor Allen ist und in dem Alles besteht; weil unser Glauben und Leben nur in Ihm einen festen, nimmer wankenden Grund, einen wahren, von aller Täuschung freien, gegen allen Irrtum gesicherten Inhalt hat; weil wir nur in Ihm den ganzen Zweck unsers Daseins erreichen, nur in Ihm eintreten in den wahrhaftigen, gottgewollten Zusammenhang aller Dinge, nur in Ihm das ewige Leben in Zeit und Ewigkeit haben.
Jesus Christus soll der Grund und Inhalt unsers Glaubens und Lebens sein, weil Er Derselbe ist Gestern und Heute und in Ewigkeit. Er ist und bleibt derselbe. Darauf liegt der Nachdruck. Menschen, sie mögen noch so reich, noch so mächtig, noch so einflussreich, noch so stark, noch so gesund, noch so geistreich sein, sind und bleiben Menschen, ein Schatten, ein Wind, der dahinfährt. Ihr Leben eilet schnell dahin, als flögen sie davon. Heute rot und Morgen tot. Welch ein Wahnsinn, sich auf Menschen zu verlassen, die ihren Launen und Leidenschaften, ihren Kurzsichtigkeiten und Beschränktheiten beständig ausgesetzt sind, die keinen Schritt tun, keinen Gedanken denken können, ohne von der Sichtbarkeit beeinflusst zu werden! Welch ein Wahnsinn sich auf Menschen zu verlassen, die zu ihres Leibes Länge auch nicht einen Zoll hinzusetzen, auch nicht ein einziges Härlein weiß oder schwarz machen können und die keine Minute ihres Lebens ihr eigen nennen können! Es gibt nur Einen im Himmel und auf Erden, auf den wir uns verlassen können, sollen und dürfen: Jesus Christus, denn Er ist und bleibt Derselbe Gestern, Heute und in Ewigkeit! Er ändert sich nicht. Er ist nicht den Einflüssen von Launen und Leidenschaften, von Sichtbarkeiten und Menschlichkeiten ausgesetzt. Er stirbt nicht, sondern lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit. Er ist immer derselbe liebevolle Sünderheiland, derselbe treue Freund, derselbe zuverlässige Berater. Er hat's tatsächlich bewiesen, dass Er uns liebt, denn eine größere Liebe gibt es nicht als die, das Leben zu lassen für Feinde. Nun hat aber jeder Mensch einen Glauben, auch der, welcher behauptet, Nichts zu glauben. Ohne Glauben kann ein Mensch gar nicht existieren. Und dieser Glaube hat Einfluss auf das Leben, bedingt das Leben. Wie Du glaubst, so lebst Du. Das Unglück dessen, der nicht Jesum Christum zum Grund und Inhalt seines Glaubens und Lebens hat, ist klar. Ebenso klar aber auch das Glück dessen, der Jesum Christum zum Grund und Inhalt seines Glaubens und Lebens hat. Willst Du also wissen, ob du in diesem Jahre glücklich oder unglücklich sein wirst, so frage dich heute und an jedem Tage dieses Jahres : Was glaube ich? Und die Antwort wird dir sagen, ob du einen Tag des Heils oder einen Tag des Unheils erleben wirst. Entweder als Fluchwort oder als ein Segenswort wird dir die Wahrheit in Herz und Gewissen tönen: Jesus Christus Gestern und Heute und Derselbe auch in Ewigkeit! Amen.
Gebet. Herr Gott, Du bist unsre Zuflucht für und für. Tausend Jahre sind vor Dir wie der Tag, der Gestern vergangen ist, und wie eine Nachtwache. Deine Gnade währet von Ewigkeit zu Ewigkeit. Du bist der Geber aller guten und vollkommenen Gabe. Bei Dir ist keine Veränderung noch Wechsel des Lichts und der Finsternis. So werde denn auch unsers Glaubens und Lebens Grund und Inhalt, dass wir unsrer Seelen Seligkeit davonbringen und uns freuen können mit unaussprechlicher und herrlicher Freude. Amen.