Burk, Johann Christian Friedrich - Der wahre evangelische Glaubensweg - 14. Von dem Verlangen nach Sünden-Erkenntnis.
Jeder Mensch hat zwar ein Gewissen, das heißt eine ihm von Gott eingepflanzte Stimme, welche ihm über den Zustand seines Herzens und Wandels Auskunft geben kann, aber nicht jeder hat Lust, auf diese Stimme zu hören, und Viele bringen es durch fortwährende Gleichgültigkeit gegen sie und mutwilliges Fortsündigen dahin, dass ihr Gewissen allmählig übertäubt und eingeschläfert wird. Bei solchen ist eigentlich, so viel es auf sie ankommt, der Verkehr mit dem heiligen und gerechten Gott ganz abgeschnitten; soll es besser mit ihnen werden, so muss Gott selbst diesen Verkehr wieder anknüpfen. Er muss das schlafende Gewissen wieder wecken und so deutlich und nachdrücklich reden lassen, dass der Sünder seine Stimme endlich hören muss: danach kommt für ihn die Zeit der Entscheidung, wo es sich fragt, ob er dem Zug des Vaters folgen, oder aufs Neue sein Herz verstocken will? Wie oft solche Gnadenzüge an einen Menschen während seines Lebens ergehen mögen, hat Gott nach einer Weisheit und Güte bei jedem einzelnen so oder anders zu bestimmen sich vorbehalten, uns aber hat Er die Ermahnung gegeben: Heute so ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht! Ps. 95, 7. So kommt also schon am Eingange auf dem Weg des Lebens Gott uns hilfreich entgegen, fordert aber hier, wie auf dem Fortgange des Weges, dass wir seine zuvorkommende Gnade dankbar aufnehmen, und zu unserm Heile treulich benutzen.
Gott weckt das Verlangen, uns selbst kennen zu lernen, und fängt damit das Werk unserer Wiederherstellung an, von uns aber fordert Er, dass wir dieses Verlangen befriedigen, und mit dem uns aus Gnaden von Ihm geschenkten Lichte Seines Wortes alle Falten unseres Herzens und die ganze Vergangenheit unseres bisherigen Lebens erhellen, und mit strenge prüfendem Blicke durch forschen sollen.