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Hebräerbrief

Hebräerbrief

Kapitel 1

1:1 Nachdem vorzeiten GOtt manchmal und mancherlei Weise geredet hat zu den Vätern durch die Propheten,

1:2 hat er am letzten in diesen Tagen zu uns geredet durch den Sohn, welchen er gesetzt hat zum Erben über alles, durch welchen er auch die Welt gemacht hat;
Die Adventszeit, die Vorbereitungszeit auf das fröhliche Fest der Geburt Christi, umschließt vier Sonntage, und erinnert damit an die vier Jahrtausende, welche der Welt aufgingen, ehe Christus geboren ward, so wie an die Zeit, welche in unserm Herzen ist, wenn der Herr noch nicht in uns wohnt. In jener Zeit bedeckte Nacht das Erdreich und Dunkel die Völker. Auch in Israel war Nacht, wenngleich durch leuchtende Sterne erhellt. Diese Sterne waren das heilige Gesetz aus dem Munde des lebendigen Gottes, durch Moses gegeben und zum ewigen Gedächtnis in Steine gegraben; waren die Propheten, erleuchtet und getrieben vom Geiste Gottes, mit ihren ernsten Mahnungen und herrlichen Verheißungen; waren jene Satzungen und Gebräuche des Gottesdienstes, die in ihrer erregenden Pracht und Herrlichkeit Vorbilder und Schatten waren von dem Wesen, das in Christo Jesu gekommen ist. - Aber Sterne sind keine Sonne. Ihr Strahl ist zu matt, um Leben zu geben und Lebenskeime zu wecken; ihr Licht, ob es auch leuchtet, durchleuchtet nicht das Dunkel der Nacht, daß es helle wird, wie am Mittag. Das Gesetz und die Propheten und die Opfer führten daher Israel nur zur Erkenntnis der Sünde, konnten aber nicht die Gewissen reinigen von ihrer Schuld und von ihren toten Werken. - Doch deuten die Sterne auf die Sonne, um die sie sich drehen. So war auch das Gesetz Zuchtmeister auf Christum und die Verheißungen und Opfer Gleichnisbilder der Erlösungstat auf Golgatha. - Sodann verlieren die Sterne nicht an sich ihr Licht, wenn die Sonne aufgeht, sondern nur für unsere Augen. So ist es auch mit allen Funken der Wahrheit, die in der Welt zerstreut gewesen sind, als die Sonne Christi aufging. Auch das alte Testament ist schon eine Erfüllung; denn es hat zwei Seiten, die in jeder menschlichen Brust liegen, erfüllt und ihnen einen hellen Klang gegeben, die Stimme des Gewissens und die Stimme der Sehnsucht. Jene sagt uns, was Gottes Gesetz ist; aber zugleich, daß wir es nicht gehalten. Diese sagt uns, daß unsere Übertretungen uns von unserm Gotte nicht scheiden sollen und daß wir einst noch sein werden, was wir werden sollen. Aber das Wesen aller dieser Güter ist doch nur Christus; Er der offne Brunn wider alle Sünde und Unreinigkeit. In Ihm und durch Ihn ist das Gesetz lebendig geworden, der alte Bund ein neuer Bund, und der Advent vor Christo in der Geschichte der Menschheit und der einzelnen Herzen die Morgenröte des kommenden Tages und der Vorhof zum Heiligen, bis einst das Allerheiligste sich uns auftun wird in der Ewigkeit. (Friedrich Arndt)

1:3 welcher, sintemal er ist der Glanz seiner Herrlichkeit und das Ebenbild seines Wesens und trägt alle Dinge mit seinem kräftigen Wort und hat gemacht die Reinigung unserer Sünden durch sich selbst, hat er sich gesetzt zu der Rechten der Majestät in der Höhe,

1:4 so viel besser worden denn die Engel, so gar viel einen höhern Namen er vor ihnen ererbet hat.

1:5 Denn zu welchem Engel hat er jemals gesagt: Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeuget? Und abermal: Ich werde sein Vater sein, und er wird mein Sohn sein?

1:6 Und abermal, da er einführet den Erstgeborenen in die Welt, spricht er: Und es sollen ihn alle Gottesengel anbeten.

1:7 Von den Engeln spricht er zwar: Er macht seine Engel Geister und seine Diener Feuerflammen;

1:8 aber von dem Sohn: GOtt, dein Stuhl währet von Ewigkeit zu Ewigkeit; das Zepter deines Reichs ist ein richtiges Zepter.

1:9 Du hast geliebet die Gerechtigkeit und gehasset die Ungerechtigkeit; darum hat dich, o GOtt, gesalbet dein GOtt mit dem Öle der Freuden über deine Genossen;

1:10 und: Du, HErr, hast von Anfang die Erde gegründet, und die Himmel sind deiner Hände Werk.

1:11 Dieselbigen werden vergehen, du aber wirst bleiben; und sie werden alle veralten wie ein Kleid,

1:12 und wie ein Gewand wirst du sie wandeln, und sie werden sich verwandeln. Du aber bist derselbige, und deine Jahre werden nicht aufhören.

1:13 Zu welchem Engel aber hat er jemals gesagt: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich lege deine Feinde zum Schemel deiner Füße?

1:14 Sind sie nicht allzumal dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die ererben sollen die Seligkeit?
In der That, Gott hat uns reichlichere Gnade erwiesen als den Völkern; denn Er hat zu uns nicht durch menschliche sündhafte Propheten geredet, sondern durch den Sohn, den Abglanz seiner unendlichen Herrlichkeit und das Ebenbild seines Wesens; und zwar nicht blos durch die Worte dieses im Fleisch erschienen ewigen Sohnes, sondern auch durch dessen gesammten Erdenwandel, insonderheit durch seinen Kreuzestod, Auferstehung und Himmelfahrt. Ja, Er hat nicht blos durch den Sohn zu uns geredet, Er hat auch durch den Sohn sich mit uns versöhnet; der ewige Sohn ist nicht blos zu dem Zweck Mensch geworden, um unser ewig vollkommener Prophet und Gottesoffenbarer zu sein, sondern vornämlich auch zu dem Zweck, um unser ewig vollkommner Priester und Mittler zu sein. So steht Jesus denn höher als alle Engel, denn kein Engel heißt: Sohn, Gott und Herr; kein Engel ist von Gott gesetzt worden zum Erben über Alles; kein Engel besitzt die göttliche Macht, sich eine Gemeinde durch den heiligen Geist auf Erden zu sammeln, sie zu erleuchten, zu trösten, zu heiligen, wider alle Feinde zu schützen und ihr durch alle irdischen Leiden und Widerwärtigkeiten treulich und siegreich hindurchzuhelfen zu der überschwänglichen Herrlichkeit, die Er durch sein Verdienst ihr erworben und durch sein Wort ihr verheißen hat. Bei aller Erhabenheit sind die Engel doch nur dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die ererben sollen die Seligkeit. Der Mensch gewordene, am Kreuz gestorbene, und dann auferstandene, aufgefahrene und auf den Thron zur Rechten des Vaters erhöhte Christus ist es aber, dem die Engel dienen, und um Seinetwillen dienen sie auch uns, die wir an Ihn glauben. Wir sind dazu verordnet, die zukünftige, göttliche Seligkeit und Herrlichkeit zu ererben, die Christus auch als Menschensohn nun schon besitzt. O wohl uns, daß die Engel unsere Geleiter und Beschützer sind! Wohl uns aber noch viel mehr, daß Christus unser Herr und Erlöser ist, sein Scepter allezeit ein richtige Scepter ist, sein Thron in Ewigkeit steht, Er, unser Gott, unser Bruder, unser Erlöser und König, in Ewigkeit derselbe bleibt! Gelobt sei Gott für solchen Trost in alle Ewigkeit. Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 2

2:1 Darum sollen wir desto mehr wahrnehmen des Worts, das wir hören, daß wir nicht dahinfahren.

2:2 Denn so das Wort fest worden ist, das durch die Engel geredet ist, und eine jegliche Übertretung und Ungehorsam hat empfangen seinen rechten Lohn:

2:3 wie wollen wir entfliehen, so wir eine solche Seligkeit nicht achten? welche, nachdem sie erstlich geprediget ist durch den HErrn, ist sie auf uns kommen durch die, so es gehöret haben.

2:4 Und GOtt hat ihr Zeugnis gegeben mit Zeichen, Wundern und mancherlei Kräften und mit Austeilung des Heiligen Geistes nach seinem Willen.

2:5 Denn er hat nicht den Engeln untertan die zukünftige Welt, davon wir reden.

2:6 Es bezeuget aber einer an einem Ort und spricht: Was ist der Mensch, daß du sein gedenkest, und des Menschen Sohn, daß du ihn heimsuchest?

2:7 Du hast ihn eine kleine Zeit der Engel mangeln lassen; mit Preis und Ehren hast du ihn gekrönet und hast ihn gesetzt über die Werke deiner Hände;

2:8 alles hast du untertan zu seinen Füßen. In dem, daß er ihm alles hat untertan, hat er nichts gelassen, das ihm nicht untertan sei; jetzt aber sehen wir noch nicht, daß ihm alles untertan sei.

2:9 Den aber, der eine kleine Zeit der Engel gemangelt hat, sehen wir, daß es JEsus ist, durch Leiden des Todes gekrönet mit Preis und Ehren, auf daß er von GOttes Gnaden für alle den Tod schmeckete.

2:10 Denn es ziemete dem, um deswillen alle Dinge sind, und durch den alle Dinge sind, der da viel Kinder hat zur Herrlichkeit geführet, daß er den Herzog ihrer Seligkeit durch Leiden vollkommen machte.

2:11 Sintemal sie alle von einem kommen, beide, der da heiliget, und die da geheiliget werden. Darum schämet er sich auch nicht, sie Brüder zu heißen,

2:12 und spricht: Ich will verkündigen deinen Namen meinen Brüdern und mitten in der Gemeinde dir Lob singen.

2:13 Und abermal: Ich will mein Vertrauen auf ihn setzen. Und abermal: Siehe da, ich und die Kinder, welche mir GOtt gegeben hat.

2:14 Nachdem nun die Kinder Fleisch und Blut haben, ist er's gleichermaßen teilhaftig worden, auf daß er durch den Tod die Macht nähme dem, der des Todes Gewalt hatte, das ist, dem Teufel,

2:15 und erlösete die, so durch Furcht des Todes im ganzen Leben Knechte sein mußten.

2:16 Denn er nimmt nirgend die Engel an sich, sondern den Samen Abrahams nimmt er an sich.

2:17 Daher mußte er allerdinge seinen Brüdern gleich werden, auf daß er barmherzig würde und ein treuer Hoherpriester vor GOtt, zu versöhnen die Sünde des Volks.

2:18 Denn darinnen er gelitten hat und versucht ist, kann er helfen denen, die versucht werden.

Ich danke Dir, Jesu Christ, Du einiger Mittler und Erlöser des Menschengeschlechts, daß Du in der Fülle der Zeit die wahre menschliche Natur persönlich mit Dir vereinigt und Dir hast gefallen lassen, von einer Jungfrau geboren zu werden. Wie groß ist Deine Menschenfreundlichkeit, daß Du nicht die Engel, sondern den Samen Abrahams an Dich genommen hast! Wie groß ist das Geheimniß der Gottseligkeit, daß Du, der Du wahrer Gott bist, Dich im Fleische offenbaren wolltest! Wie groß ist die Zuneigung Deiner Erbarmung, daß Du um meinetwillen vom Himmel herabgekommen und wie unsere Kinder Fleisch und Blut haben, dessen gleichermaßen theilhaftig geworden bist! Mir bist Du geboren. Was Du daher an himmlischen Gütern in der Geburt mitbringst, wird mein sein. Mir bist Du gegeben: wie sollte nicht zugleich mit Dir mir auch Alles gegeben sein? Meine Natur ist in Dir mehr verklärt worden, als sie in Adam durch die Sünde entehrt worden war. Denn Du nimmst sie in die Einheit Deiner Person auf, bist Fleisch von meinem Fleisch und Bein von meinen Beinen. Du bist Bruder: was wirst Du mir versagen können, dem Du durch Wesensgleichheit des Fleisches und durch Gesinnung der brüderlichen Liebe aufs engste verbunden bist? Ich wundere mich nicht mehr, daß Gott Himmel, Erde, Meer und Alles, was darin und darauf ist, um des Menschen willen gemacht hat, da um des Menschen willen Gott selbst Mensch werden wollte. Du wirst mich nicht gänzlich verwerfen und verstoßen können, da Du nicht läugnen kannst, daß Du selbst Mensche und daher mein Bruder bist. Du wirst mich nicht gänzlich vergessen können, weil Du mich in Deine Hände gezeichnet hast; denn die Gemeinschaft des Fleisches selbst erinnert Dich täglich und beständig an mich. Obgleich daher mich meine Sünden zurückhalten, so stößt mich doch die Gemeinschaft der Natur nicht zurück. Du bist ja zugleich mein barmherziger und treuer Hoherpriester, der die Sünde des Volks versöhnt hat. Ich will Dir ganz anhangen, der Du nach Deiner ganzen Natur mich ganz angenommen hast. Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 3

3:1 Derhalben, ihr heiligen Brüder, die ihr mit berufen seid durch die himmlische Berufung, nehmet wahr des Apostels und Hohenpriesters, den wir bekennen, Christi JEsu,

3:2 der da treu ist dem, der ihn gemacht hat (wie auch Mose) in seinem ganzen Hause.

3:3 Dieser aber ist größerer Ehre wert denn Mose, nachdem der eine größere Ehre am Hause hat, der es bereitet, denn das Haus.

3:4 Denn ein jeglich Haus wird von jemand bereitet; der aber alles bereitet, das ist GOtt.

3:5 Und Mose zwar war treu in seinem ganzen Hause als ein Knecht zum Zeugnis des, das gesagt sollte werden;

3:6 Christus aber als ein Sohn über sein Haus; welches Haus sind wir, so wir anders das Vertrauen und den Ruhm der Hoffnung bis ans Ende fest behalten.

3:7 Darum, wie der Heilige Geist spricht: Heute, so ihr hören werdet seine Stimme,

3:8 so verstocket eure Herzen nicht, als geschah in der Verbitterung, am Tage der Versuchung in der Wüste,

3:9 da mich eure Väter versuchten; sie prüften mich und sahen meine Werke vierzig Jahre lang;

3:10 darum ich entrüstet ward über dies Geschlecht und sprach: Immerdar irren sie mit dem Herzen, aber sie wußten meine Wege nicht,

3:11 daß ich auch schwur in meinem Zorn, sie sollten zu meiner Ruhe nicht kommen.

3:12 Sehet zu, liebe Brüder, daß nicht jemand unter euch ein arges, ungläubiges Herz habe, das da abtrete von dem lebendigen GOtt,

3:13 sondern ermahnet euch selbst alle Tage, solange es heute heißt, daß nicht jemand unter euch verstocket werde durch Betrug der Sünde.
Der Apostel fand diese Warnung bei den ersten Christen, die durch ihn oder andere Apostel des Herrn erweckt und geführt wurden, für nothwendig; wie vielmehr wird sie für uns nöthig sein? Ach, wie leicht fällt man zurück, wird wieder lau, und endlich umempfänglich für alle Gnadenrührungen - woraus nach und nach Verstockung geboren wird. Es ist nichts listiger als die Sünde, sie betrügt so leicht wieder den, der ihr abgesagt hat, aber nicht ganz, oder sich nicht beständig vor ihr fürchtet, sein Herz nicht mit Demuth bewahrt und nicht kindlich an dem Herrn hängt. Es versteckt sich nach und nach etwas Arges und Schlechtes im Herzen, macht dasselbe ungläubig, und es fällt ab vom lebendigen Gott, bleibt am todten Buchstaben, an Formen und gewohnten äußern Uebungen hängen. Aber der lebendige Gott, Christus und sein Geist, sein Friede und seine Nähe ist aus dem Herzen gewichen. Was kann und wird aus einem solchen Christus-leeren, gottlosen Herzen werden? Es zieht ein Anderer ein, der mit sieben Aergern kommt. Warum sagt Paulus: vom lebendigen Gott? Darum, weil Gott für uns ein todter Gott ist, wenn er nicht in uns lebt. Gott ist in sich immer lebendig, aber für dich ist er nichts, wenn du sein Leben und Wesen, seine Gnade und Kraft nicht in dir spürst. Du hast dann nur die todten Götzen der Buchstaben ohne Geist, der leeren Worte ohne Leben. Das wirket die Täuschung der Sünde. Sie läßt dir einen todten Gott auf der Zunge, ohne Geist im Herzen, äußere Uebungen ohne inneres Leben; wenn nur Gott, Christus nicht in dir lebt, damit sie ihr Wesen in deinem Herzen treiben kann. Es muß aber umgekehrt sein, die Sünde muß im Innern getödtet werden, und Christus muß darin leben, sonst bist du abgetreten vom lebendigen Gott, und deine frommen Uebungen werden dir zu todten Götzen, die das Herz verhärten und verstocken. (Johannes Gossner)

3:14 Denn wir sind Christi teilhaftig worden, so wir anders das angefangene Wesen bis ans Ende fest behalten,

3:15 solange gesagt wird: Heute, so ihr seine Stimme hören werdet, so verstocket eure Herzen nicht, wie in der Verbitterung geschah.

3:16 Denn etliche, da sie höreten, richteten eine Verbitterung an, aber nicht alle, die von Ägypten ausgingen durch Mose.

3:17 Über welche aber ward er entrüstet vierzig Jahre lang? Ist's nicht also, daß über die, so da sündigten, deren Leiber in der Wüste verfielen?

3:18 Welchen schwur er aber, daß sie nicht zu seiner Ruhe kommen sollten, denn den Ungläubigen?

3:19 Und wir sehen, daß sie nicht haben können hineinkommen um des Unglaubens willen.
Nachdem der Apostel im ersten und zweiten Kapitel die Erhabenheit Christi über die Engel, durch die das Gesetz gegeben worden, nachgewiesen hat, geht er nun in der Darstellung der Erhabenheit des Neuen Bundes über den Alten weiter und zeigt V. 1-6, wie hoch Christus auch über dem irdischen Mittler des Alten Bundes, Moses, stehe. Der höchste Diener sei Moses gewesen im ganzen hause Gottes; aber dennoch nur ein Knecht des Hauses und ein Theil desselben und daher dem nicht zu vergleichen, der selbst da Haus unmittelbar im Namen Gottes als sein Haus, des Sohnes Haus, bereitet hat. An diese Lehrdarstellung schließt sich dann gleich eine Warnung vor dem Unglauben an, durch welchen Israel den Eingang in Gottes Ruhe verscherzt hat, und die Ermahnung an uns, die irdische Gnadenzeit zu benutzen, so lange sie noch da ist, so lange es noch heute heißt. Dies Heute ist keine Ewigkeit, sondern eine eingeschränkte und für einen jeden Menschen abgemessene Zeit, in der er Gottes Stimme oder Gottes Wort hören kann, und wo es darauf ankommt, daß er glaube, was Gott geredet hat und durch den Glauben den Ruhm der Hoffnung der ewigen Ruhe erlange, und diesen Ruhm bis ans Ende fest behalte, und alsdann in die ewige Ruhe Gottes eingehe. Wehe, wer nicht hört und die Seligkeit verscherzt! Um diesem Jammer zu entgehen, sollen die Christen einander selbst alle Tage, so lange es heute heißt, ermahnen, folglich die Gefahr nicht für entfernt und den Abfall nicht für unmöglich halten. Auch wer steht, soll zusehen, daß er nicht falle. Die Sünde schleicht so leicht beim Menschen unter dem Schein des Rechts, der christlichen Freiheit, der Nothwendigkeit ein, ja, entsteht nicht blos aus ihrer scheinbaren Anmuth, sondern auch bei dem Anblick ihrer Häßlichkeit kann der sichere Mensch fallen, weil er glaubt, sie könne ihn nicht blenden; von der bösen und guten Seite des Herzens ist daher täglich Gefahr zu fürchten. Wohlan, laß mich Deine warnende Stimme hören, o Herr; bewahre mich vor Sicherheit und vor Betrug der Sünde, laß mich meine Seele stündlich in Händen tragen und des Glaubens und ewigen Lebens ja nicht verlustig gehen. Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 4

4:1 So lasset uns nun fürchten, daß wir die Verheißung, einzukommen zu seiner Ruhe, nicht versäumen, und unser keiner dahintenbleibe.

4:2 Denn es ist uns auch verkündiget gleichwie jenen; aber das Wort der Predigt half jenen nichts, da nicht glaubeten die, so es höreten.

4:3 Denn wir, die wir glauben, gehen in die Ruhe, wie er spricht: Daß ich schwur in meinem Zorn, sie sollten zu meiner Ruhe nicht kommen. Und zwar, da die Werke von Anbeginn der Welt waren gemacht,

4:4 sprach er an einem Ort von dem siebenten Tage also: Und GOtt ruhete am siebenten Tage von allen seinen Werken.

4:5 Und hier an diesem Ort abermal: Sie sollen nicht kommen zu meiner Ruhe.

4:6 Nachdem es nun noch vorhanden ist, daß etliche sollen zu derselbigen kommen, und die, denen es zuerst verkündiget ist, sind nicht dazu kommen um des Unglaubens willen,

4:7 bestimmte er abermal einen Tag nach solcher langen Zeit und sagte durch David: Heute, wie gesagt ist, heute, so ihr seine Stimme hören werdet, so verstocket eure Herzen nicht!

4:8 Denn so Josua sie hätte zur Ruhe gebracht, würde er nicht hernach von einem andern Tage gesagt haben.

4:9 Darum ist noch eine Ruhe vorhanden dem Volk GOttes.
„Noch vorhanden“, sagt der Apostel, d. h. noch nicht da, sondern zukünftig, immer noch erst zu hoffen ist die Ruhe. Eine Psalmstelle brachte ihn dazu, solches als eine göttliche Verheißung auszusprechen. Es ist, sagt er, diese Ruhe eine andere als die, die das Volk einst im Gelobten Lande fand. Und wie die Israeliten damals, während sie durch die Wüste wandelten, zur Ruhe hingingen, so, sagt der Hebräerbrief, „gehen wir, die wir glauben, der Ruhe zu“ (Hebr. 4,3), d. h. so sind wir hienieden auf dem Wege zur Ruhe Gottes. Auch wie die Israeliten während ihrer Wanderung nie Ruhe, keine bleibende Stätte hatten und mit vielerlei Unannehmlichkeiten, wie sie die Wüste darbot, zu kämpfen hatten, bis sie ins Gelobte Land eingezogen waren: So ist für uns der Gang durchs Erdenleben - als in einer Wüste - lauter Unruhe, er ist voll von Entbehrungen, ist beständigen Wechseln und Widerwärtigkeiten ausgesetzt. bis wir die verheißene Ruhe Gottes haben. Wie ferner die Israeliten während der Wanderung unter einem besondern Schutze standen, wunderbar gespeist und getränkt und erhalten wurden, so hat auch über uns, die wir glauben, der HErr ein wachendes Auge. So stehen wir unter Seinem Schutz; wir werden genährt und gespeist durch Sein Wort und die durch dieses und die Wirkungen des Heiligen Geistes uns dargebotenen Gnadenmittel. Denen, die in Geduld und Glauben ausharren, kann nichts widerfahren, sondern sie kommen sicher zum Ziel. Wie aber endlich die murrenden und ungläubigen Israeliten in der Wüste verfielen und umkamen, ohne in die verheißene Ruhe im Lande Kanaan zu kommen: So haben auch wir während unserer irdischen Wallfahrt uns zu fürchten, daß wir nicht in einen ähnlichen Unglauben verfallen und so die Verheißung, einzukommen zu Seiner Ruhe, versäumen und dahinten bleiben (Hebr. 4,1.11)!
Die Ruhe, die noch vorhanden ist, tritt wohl schon ein für alle, die in Christus entschlafen. Sie wird aber vollständig erst dann eingetreten sein, wenn aller Kampf aus ist, wenn Himmel und Erde neu ist, wenn die Zeit da ist, da Gott sein wird alles in allem; wenn wir bei Ihm - in Seiner Ruhe - das Höchste erreicht haben, was ein Menschenkind hoffen und erwarten mag! Da „wird Gott abwischen alle Tränen von unsern Augen; und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid und Geschrei noch Schmerz wird mehr sein“ (Off. 21, 4). Das wäre dann die Ruhe, die dem Volke Gottes noch vorhanden ist.
Wie wohl wird das tun! (Christoph Blumhardt)
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Um uns recht in die Anschauung des Hebräerbriefs und seine Auslegung hineinzuversetzen, stellen wir uns vor Augen, wie es einst mit Israel war.
Dieses war zuerst in Ägypten; und dort war es auf die schon von Abraham her vererbte Verheißung hingewiesen, daß es einst, von allem Druck frei, eine Selbständigkeit in Kanaan bekommen werde. Zunächst mußte es auf einen Führer warten, den der HErr senden würde. Nun kam Mose und fing an, das Werk auszuführen. Der Auszug ging vor sich und die Wanderung begann. Auf dieser Wanderung - die ein Leben voll Unruhe war und mitunter drückender erscheinen konnte als das Leben in Ägypten, dem Lande der Knechtschaft - tröstete es sich mit der Hoffnung, bald ins Land der Ruhe zu kommen. Sie hatten ja den Führer, dem sie trauen konnten, und der HErr selbst bezeigte sich ihnen tausendfach.
In der Wüste aber auf dem Wege zum Lande der Ruhe gab es vielerlei Schweres durchzumachen; und die Israeliten hielten sich übel. Einmal versündigten sie sich so sehr, daß Gott das ältere Geschlecht damit bestrafte, daß es ganz in der Wüste absterben sollte, ohne zum Ziel gekommen zu sein; nur das jüngere Geschlecht sollte in das Land der Ruhe gebracht werden. Das letztere eroberte endlich unter Josua das Land. Und nun hieß es, Gott habe sie zur Ruhe gebracht (Jos. 21, 44; 23, 1). Diese Ruhe war insofern da, als sie wieder feste Wohnungen hatten und ein unabhängiges, unter dem unmittelbaren Schutz Gottes stehendes Volk waren. Deswegen konnte diese Ruhe auch schon „eine Ruhe Gottes“ genannt werden.
Aber die rechte Ruhe, die Gott mit der Erwählung Israels überhaupt bezweckte, war damit noch nicht gekommen. Wohl war jetzt Israel frei von Ägypten; aber das Joch der Sünde und der Finsternis drückte es noch so hart - wie die ganze Welt. Von diesem Joch zu entbinden, lag im Plane Gottes. Und hieran zu denken mußte das Volk allmählich gewöhnt werden: an die Hoffnung, eine Zeit kommen zu sehen, da völlige Freiheit gekommen sein und Gott selbst auch in ihren Herzen wohnen und somit ihre Ruhe eine wirkliche Gottesruhe sein würde.
Um diese eigentliche wahre Ruhe herbeizuführen, mußten neue Verheißungen gegeben werden - wie sie freilich auch schon in der alles zusammenfassenden Verheißung vom „Segen Abrahams über alle Völker“ lag (1. Mose 12,3) - und mußte ein neuer Führer gleich Mose erstehen, dessen Stimme zu hören wichtig würde. Von diesem redet schon der erste Mose, wenn er sagt: „Einen Propheten wie mich wird der HErr erwecken, dem sollt ihr gehorchen“; und schon dort wurde es gesagt, daß es der HErr von dem fordern würde, der diesen Seinen Knecht nicht hören würde (5. Mose 18, 15ff.).
Hieraus bildete sich die Hoffnung eines Messias (Gottgesandten), der Israel und im Anschluß die ganze Menschheit von den inneren Ketten befreien und so zur vollkommenen Gottesruhe führen sollte. Um diese Hoffnung in sich lebendig werden zu lassen, mußte sich das Volk - das schon durch die Propheten zu tieferen Bedürfnissen geleitet worden war - abermals wie in „Ägypten“ fühlen: als in einem Land der Knechtschaft, aus dem sie zu befreien wären, obwohl sie ja äußerlich in der Ruhe waren. Und wie einst Israel in Ägypten nach Befreiung seufzte, so sollte es abermals seufzen lernen nach der vollkommenen Freiheit, wie sie das ganze Wesen des Menschen verlangt. Daher kommt der merkwürdige Seufzer Davids (Ps. 14,7 und 53,7): „Ach, daß die Hilfe aus Zion über Israel käme und der HErr Sein gefangenes Volk erlöste! So würde Jakob fröhlich sein und Israel sich freuen!“ Hier heißt Israel - offenbar mehr geistlich gesehen - ein „gefangenes“ Volk, ohne eigentlich gefangen oder einem fremden Volk unterworfen gewesen zu sein.
Mit Bezug auf diese fernere Hoffnung Israels sagt nun auch David im 95. Psalm: „Heute, so ihr Seine Stimme höret“ - das heißt, wie man sich die Auslegung im Hebräerbrief denken muß: Wenn einmal der HErr, der Verheißene erscheinen und Seine Stimme zum Auszug aus aller Knechtschaft vernehmen lassen wird -, „so verstocket eure Herzen nicht wie vormals!“ Sonst geht es wieder wie unter dem ersten „Mose“ in der Wüste und ihr kommt - um es gleich nach dem Hebräerbrief zu nehmen - um die neu-verheißene Gottesruhe! Ihr kommt abermals in der „Wüste“ doch noch um, auch nachdem ihr schon durch den Glauben an Christus gleichsam „aus Ägypten“ ausgezogen seid! So führt es denn der Hebräerbrief im 3. und 4. Kapitel näher aus.
Derselbe spricht mit Juden, die an den HErrn Jesus, den „Apostel“, wie Mose es war (Hebr. 3,1) gläubig geworden waren und die sich nun wie alle Gläubigen als aus „Ägypten“ ausgewandert, auf dem Wege durch „die Wüste“ zur Ruhe Gottes hin befanden. Viele dieser Juden - durch Trübsale aller Art und durch Verfolgungen gedrängt, welche ihr Bekenntnis nach sich zog - murrten auf dem Wege wie einst Israel, als es ihnen an allerlei gebrach. Und sie sehnten sich namentlich nach den gottesdienstlichen Ordnungen des Judentums zurück, um die Entbehrungen und Trübsale loszuwerden. Sie bezeigten Lust, wieder umzuwenden, und fingen an, wie einst Israel, mit ungläubigem Wesen dem HErrn Mühe zu machen.
Da warnt nun der Apostel. Er hält allen denen, die dem HErrn, wie sich die Psalmstelle ausdrückt, „durch Abfall und Sünden aller Art“ so viele Mühe machten, die bereits im Psalm angekündigte Drohung vor. Er warnt sie mit dem Hinweis darauf, daß es ihnen allen durch Unglauben noch fehlen könnte trotz aller bisher erfahrenen Gnade - wie es jenen fehlte trotz ihres Auszuges aus Ägypten, deren Leiber in der Wüste verfielen, ohne daß sie das Land der Ruhe erreichen durften! Wie einst jenen, so droht auch jetzt wieder den Abfälligen der Verlust der verheißenen Gottesruhe - welcher hier die Bedeutung des Verlustes der ewigen Seligkeit hat! Er ermahnt sie, in der „Wüste“ - d. h. unter allen Stürmen, Verfolgungen und Entbehrungen - im Glauben auszuhalten, weil nur so ihnen die kommende Gottesruhe gewiß sei.
Wollen denn auch wir erwägen, daß wir uns hienieden auf dem Wege durch die „Wüste“ befinden, ohne bleibende Stätte, aller Angst und Anfechtung ausgesetzt! Das hilft uns, daß wir uns nicht daran stoßen, wenn es oft scheint, als ob die Weltkinder - die nicht „aus Ägypten“ ausziehen und behaglich an seinen „Fleischtöpfen“ sitzen - besser gestellt wären als die Gotteskinder! Letztere werden gegen das Ende hin noch hart dran müssen, um es recht innezuwerden, daß sie in einer“ Wüste“ pilgern!
Wer aber ausharrt, für den ist im himmlischen Vaterlande die Ruhe Gottes vorhanden. Sie ist eine sichere Hoffnung! (Christoph Blumhardt)

4:10 Denn wer zu seiner Ruhe kommen ist, der ruhet auch von seinen Werken, gleich wie GOtt von seinen.

4:11 So lasset uns nun Fleiß tun, einzukommen zu dieser Ruhe, auf daß nicht jemand falle in dasselbige Exempel des Unglaubens.

4:12 Denn das Wort GOttes ist lebendig und kräftig und schärfer denn kein zweischneidig Schwert und durchdringet, bis daß es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens.

4:13 Und ist keine Kreatur vor ihm unsichtbar; es ist aber alles bloß und entdeckt vor seinen Augen; von dem reden wir.
Ein schönes Lied singt: „Es ist noch eine Ruh’ vorhanden: auf, müdes Herz, und werde Licht! Du seufzest hier in deinen Banden, und deine Sonne scheinet nicht. Sieh auf das Lamm, das dich mit Freuden dort wird vor seinem Stuhle weiden, wirf hin die Last und eil’ Ihm zu. Bald ist der schwere Kampf vollendet, bald, bald der saure Lauf geendet, so gehst du ein zu deiner Ruh.“ Gottlob, daß eine solche Ruhe vorhanden ist dem Volke Gottes! Denn dies arme, zeitliche Leben ist voll Unruhe. Von einem Gedanken, von einem Wunsche geht es in den andern, und Friede ist ein selten Ding. Unruhe erfüllt die Völker: in dem Jagen nach neuen Ordnungen, nach neuen Künsten und Erfindungen kommen sie uns fluchs wie Fieberkranke vor. Unruhe erfüllt den schwachen Leib; man kann fast sagen: es wird selten ein Gesunder gefunden. Unruhe ist um das Mein und Dein, Unruhe in den Familien, Unruhe um die Gegenwart, Unruhe um die Zukunft, Unruhe im Leben, und wenn’s an’s Sterben geht, erst die größte Unruhe. Ist denn keine Ruhe vorhanden? Ja, ja, aber nur dem Volke Gottes. Zum Volke Gottes gehören diejenigen, welche unter Christi Fahne, unter Christi Kreuz gestanden haben und täglich ihr Fleisch kreuzigen sammt den Lüsten und Begierden. Die haben schon hienieden mitten in der Unruhe Ruhe in dem Herrn, der ihre Schuld bezahlt hat mit seinem Blute und den Brand des Gewissens löscht mit seinem Verdienst und sie sprechen läßt: „Nun wir gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Friede mit Gott durch unsern Herrn Jesum Christum.“ Sie erhalten jenseits Ruhe bei dem Herrn, und ruhen dort von ihren Werken, gleichwie Gott von seinen. Droben ist Sabbath. Die Sünde ist ganz vorbei. Die Strafe ist aus. Die Zeit ist um, wo wir im Schweiß unseres Angesichts unser Brod essen mußten. Versuchung ist unmöglich. Der ewig verklärte Leib hat keinen Schmerz mehr, und die im Leib verklärte Seele hat keine Reue, keine Trauer um die Sünde mehr. Die Seligen ruhen in Gott. – O laßt uns Fleiß thun, einzukommen zu dieser Ruhe! Der Bote des Herrn steht vor der Thür. Er hat die Stunden gezählt, wann er uns abrufen soll. Christum im Leben, Christum im Tode: das allein giebt Ruhe in Zeit und Ewigkeit. Herr, nimm mich auf in Dein Volk, damit ich Ruhe in und bei Dir habe allezeit. Amen. (Friedrich Arndt)

4:14 Dieweil wir denn einen großen Hohenpriester haben, JEsum, den Sohn GOttes, der gen Himmel gefahren ist, so lasset uns halten an dem Bekenntnis.

4:15 Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht könnte Mitleid haben mit unserer Schwachheit, sondern der versucht ist allenthalben gleich wie wir, doch ohne Sünde.

4:16 Darum lasset uns hinzutreten mit Freudigkeit zu dem Gnadenstuhl, auf daß wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden auf die Zeit, wenn uns Hilfe not sein wird.
Der Apostel redet weiter von der Sabbathsruhe, die dem Glaubensvolke Gottes verheißen ist und noch bevorsteht, die vorgebildet war durch die Ruhe Gottes am siebenten Tage von seinen Werken und mit dem Gelangen zum Besitz Canaans durch Jesum nicht völlig erfüllt worden war, und ermahnt, sie ja nicht zu versäumen, wie die Ungläubigen thun. Das Wort dieser Verheißung sei wie jede Offenbarung Gottes, 1) ein scharf schneidendes, das Innerste richtendes Gotteswort. Damit bezeichnet er, was noch immer die heilige Schrift jedem Christen sein soll, nämlich sein kräftiges Leben; denn das Wort Gottes heißt nicht nur lebendig, weil es in den Herzen Derer, die es aufnehmen, Leben zu Gott und in Gott hervorbringt, sondern es ist selbst lebendig, es hat selber in sich Leben und ruht nicht eher, bis es die Kerker aller Völker durchbrochen hat und alle Knie sich vor Christo beugen. 2) ein zweischneidiges Schwert, indem es das trotzige und verzagte Herz des Menschen aufdeckt, einen Feuerbrand in dasselbe hineinwirft und die Seele auf die Folter der Bußqual legt, mit ihr zu Bette geht, mit ihr aufsteht und sie nicht eher losläßt, bis sie gefunden hat, was ihr nütze sein soll zur Lehre oder Strafe, zur Bekehrung oder Erziehung in der Gerechtigkeit. 3) ein Richter über alle Zustände des innern Menschen; es richtet, die da schlafen mitten unter den Wachenden, es richtet, die weder warm noch kalt sind; es richtet die Ungläubigen; es richtet alle Menschen, die sich nicht selbst richten mögen. O Herr, laß Dein Wort auch in meinem Hause und Herzen leuchten wie des Himmels Glanz und laß es ein Feuer werden, um das sich alle sammeln, um das todte Herz zu erwärmen an Deiner Liebe, und laß Deine Gnade walten über aller Seelen, die Dich suchen, Dich finden, Dich halten als den Weg, die Wahrheit und das Leben. Erhalt uns in der Wahrheit, gieb ewigliche Freiheit, zu preisen Deinen Namen durch Jesum Christum. Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 5

5:1 Denn ein jeglicher Hoherpriester, der aus den Menschen genommen wird, der wird gesetzt für die Menschen gegen GOtt, auf daß er opfere Gaben und Opfer für die Sünden,

5:2 der da könnte mitleiden über die, so unwissend sind und irren, nachdem er auch selbst umgeben ist mit Schwachheit.

5:3 Darum muß er auch, gleichwie für das Volk, also auch für sich selbst opfern für die Sünden.

5:4 Und niemand nimmt sich selbst die Ehre, sondern der auch berufen sei von GOtt gleichwie Aaron.

5:5 Also auch Christus hat sich nicht selbst in die Ehre gesetzt, daß er Hoherpriester würde, sondern der zu ihm gesagt hat: Du bist mein Sohn; heute habe ich dich gezeuget.

5:6 Wie er auch am andern Ort spricht: Du bist ein Priester in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks.

5:7 Und er hat in den Tagen seines Fleisches Gebet und Flehen mit starkem Geschrei und Tränen geopfert zu dem, der ihm von dem Tode konnte aushelfen; und ist auch erhöret, darum daß er GOtt in Ehren hatte.

5:8 Und wiewohl er GOttes Sohn war, hat er doch an dem, was er litt, Gehorsam gelernet.

5:9 Und da er ist vollendet, ist er worden allen, die ihm gehorsam sind, eine Ursache zur ewigen Seligkeit,

5:10 genannt von GOtt ein Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedeks.
Heil mir! Theurer Heiland, Deine Thränenopfer sind angenommen, Dein starkes Geschrei ist bis in den Himmel gedrungen, Deine Seufzer haben das Herz des himmlischen Vaters getroffen, Dein Gott ist mein Gott, Dein Vater mein Vater, Du hast mit wundgerungenen Händen die Pforten des Himmels für mich aufgeschlossen, um Deinetwillen wird mein Flehen erhört. Jauchze, meine Seele, nun darf ich mich unterwinden, mit Gott zu reden, wiewohl ich Erd’ und Asche bin; nun bin ich kein verlorner Sohn mehr, sondern aufgethan sind mir Vaterschooß und Arme; um Deinetwillen thut nun Gott, was ich begehre, und hört mein Schreien und hilft mir. O wie soll ich Dir danken, lieber Heiland, daß Du das für mich gethan? Ich will Dir singen und spielen in meinem Herzen, vom Morgen bis zum Abend will ich Deiner Liebe nicht vergessen, will, wie die Biene an der Blume, an Deinem Worte und Munde hangen, will, wie Jakob, Dich nicht lassen, bis Du mich segnest, will, wie Maria Magdalena, oft zu Deinen Füßen liegen und mit Thränen der Buße und Liebe sie benetzen. Von meinem Kindesrechte, mit dem Vater zu reden, will ich nun all’ mein Lebelang Gebrauch machen, und nicht ablassen, mein Abba! zu schreien. Das Vaterherz ist freundlich gegen mich, nun will ich den himmlischen Vater an jedem Morgen grüßen mit seligem Kindesflehn. Der Vaterschooß ist aufgethan, nun will ich mich jeden Abend mit meinem Gebete still darein legen und in sicherm Frieden hier ruhen. Die Vaterhand ist ausgestreckt über mich; nun will ich sie fassen und günstig halten und mich von ihr getrost führen lassen und Tag für Tag sprechen: „Herr, wie Du willst, so schick’s mit mir im Leben wie im Sterben.“ Und wenn ich sollte matt und müde werden und kalt im Eifer des Gebets, dann fasse mich, Jesu Christe, mit Deiner Hand und ziehe mich tief in den Schatten des Oelgartens, und laß mich Dich sehen, wie Du da im Staube liegst und betest, auf daß Deines Betens Gluth mein kaltes Herz auf’s neue entzünde, und Dein Kämpfen und Dein Ringen mich mit Lust und Muth erfülle, zu rufen und zu flehen so anhaltend, treu und andringend, bis Du mit dem Vater und dem Geiste gar Wohnung machst in mir und ewig bei mir bleibest. Amen. (Friedrich Arndt)

5:11 Davon hätten wir wohl viel zu reden; aber es ist schwer, weil ihr so unverständig seid.

5:12 Und die ihr solltet längst Meister sein, bedürfet ihr wiederum, daß man euch die ersten Buchstaben der göttlichen Worte lehre, und daß man euch Milch gebe und nicht starke Speise.

5:13 Denn wem man noch Milch geben muß, der ist unerfahren in dem Wort der Gerechtigkeit; denn er ist ein junges Kind.

5:14 Den Vollkommenen aber gehört starke Speise, die durch Gewohnheit haben geübte Sinne zum Unterschied des Guten und des Bösen.
Es gibt drei Grade, nämlich l) Milch, 2) leichte Speisen und 3) starke Speisen. Zum dritten Grade wird erfordert, daß man durch lange Erfahrung und Gewohnheit geübte Sinne erlangt. Die Capacität bekommt man im Lernen nicht bloß mit den Jahren, sondern auch durch die Cultur und Uebung. Denn unbeachtet der Verstand nicht vor den Jahren kommt, so kommt er doch nicht, von selbst mit den Jahren, sondern es muß auch der rechte Fleiß dabei sein. Wenn das Gedächtnis,, der Verstand und die Urtheilskraft durch lange Gewohnheit geübt sind, so kann man starke Speisen verdauen, d. i. sich in schwere Sachen einlassen und selbige untersuchen. In Ansehung des natürlichen Verstandes ist das erste, daß man einzelne sinnliche Dinge lernt; wenn man nun viele einzelne, sinnliche Dinge recht betrachtet und gesammelt hat, so kommt der andere Grad, nämlich daß man daraus Speciala verstehen und formiren lernt, und wenn man viele Specialia (Besonderheiten) inne hat, so kommt der dritte Grad, daß man daraus Generalia einsehen und selbige mit einander vergleichen lernt. Es ist deswegen nicht ordnungsmäßig, wenn man vor der Zeit Generalia mit jungen Leuten behandelt, indem sie supra captum (über dem Verstand) sind, Weil einem Lehrmeister die Generalia leicht sind, so meint er, sie seien jungen Leuten auch leicht. Manche bleiben bei der Milch und gehen nichts weiter, wann sie schon könnten; manche gehen zwar weiter, aber sie bleiben nur immer bei einigen leichten Speisen; manche kommen zwar in den Stand, daß sie auch starke Speisen genießen könnten; aber es geschieht oft, daß man aufhört zu studiren, oder sonsten seine Seelenkräfte recht anzuwenden, wenn es am besten angelegt wäre. (Johann Flattich)

Kapitel 6

6:1 Darum wollen wir die Lehre vom Anfang christliches Lebens jetzt lassen und zur Vollkommenheit fahren, nicht abermal Grund legen von Buße der toten Werke, vom Glauben an GOtt,

6:2 von der Taufe, von der Lehre, vom Händeauflegen, von der Toten Auferstehung und vom ewigen Gerichte.

6:3 Und das wollen wir tun, so es GOtt anders zulässet.

6:4 Denn es ist unmöglich, daß die, so einmal erleuchtet sind und geschmeckt haben die himmlische Gabe und teilhaftig worden sind des Heiligen Geistes

6:5 und geschmeckt haben das gütige Wort GOttes und die Kräfte der zukünftigen Welt,

6:6 wo sie abfallen und wiederum sich selbst den Sohn GOttes kreuzigen und für Spott halten, daß sie sollten wiederum erneuert werden zur Buße.

6:7 Denn die Erde, die den Regen trinkt, der oft über sie kommt, und bequem Kraut träget denen, die sie bauen, empfänget Segen von GOtt.

6:8 Welche aber Dornen und Disteln träget, die ist untüchtig und dem Fluch nahe, welche man zuletzt verbrennet.

6:9 Wir versehen uns aber, ihr Liebsten, Besseres zu euch, und daß die Seligkeit näher sei, ob wir wohl also reden.

6:10 Denn GOtt ist nicht ungerecht, daß er vergesse eures Werks und Arbeit der Liebe, die ihr beweiset habt an seinem Namen, da ihr den Heiligen dientet und noch dienet.

6:11 Wir begehren aber, daß euer jeglicher denselbigen Fleiß beweise, die Hoffnung festzuhalten bis ans Ende,

6:12 daß ihr nicht träge werdet, sondern Nachfolger derer, die durch den Glauben und Geduld ererben die Verheißungen.

6:13 Denn als GOtt Abraham verhieß, da er bei keinem Größeren zu schwören hatte, schwur er bei sich selbst

6:14 und sprach: Wahrlich, ich will dich segnen und vermehren.

6:15 Und also trug er Geduld und erlangte die Verheißung.

6:16 Die Menschen schwören wohl bei einem Größeren, denn sie sind; und der Eid macht ein Ende alles Haders, dabei es fest bleibt unter ihnen.

6:17 Aber GOtt, da er wollte den Erben der Verheißung überschwenglich beweisen, daß sein Rat nicht wankete, hat er einen Eid dazugetan,

6:18 auf daß wir durch zwei Stücke, die nicht wanken (denn es ist unmöglich, daß GOtt lüge), einen starken Trost haben, die wir Zuflucht haben und halten an der angebotenen Hoffnung,

6:19 welche wir haben als einen sicheren und festen Anker unserer Seele, der auch hineingehet in das Inwendige des Vorhangs,

6:20 dahin der Vorläufer für uns eingegangen, JEsus, ein Hoherpriester worden in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks.
Das wichtigste, erschreckendste Wort in diesen Versen ist das: „Es ist unmöglich, daß die Abgefallenen können erneuert werden zur Buße.“ Von welchen Personen redet hier der Apostel? Offenbar nicht von Neulingen, sondern von solchen, die schon Erfahrungen gemacht haben im Wege des Heils, und mit denen es zum Durchbruche schon gekommen ist. Von diesen setzt er voraus, daß sie abfallen, von der Gnade in die Gesetzlosigkeit, von Gott zu den Götzen, vom Himmelreich zur Welt, und vom Wege des Lichts in den des Fleisches und der Finsterniß. Leider ist das möglich, sogar nicht selten wirklich; wirklich bei allen, die es erst mit dem Herrn gehalten, und nun den Bund gebrochen und geschändet haben, die einst in der Reihe der Simonen und Schächer und Magdalenen zu sehen waren, und nun träuft keine Thräne um ihre Sünde mehr aus ihren Augen, und ihr Herz ist wie Stahl und Eisen; die einst das Lied des Lammes sangen, und singen sie das Lied der Welt und Belials; die einst liebliche Pflanzen waren zum Preise Gottes, und sind nun wie die entlaubten Bäume im Walde, verdorrt und kahl, ohne Blüthe, Blatt und Frucht und ohne Saft in Zweigen und Aesten. Von diesen Abgefallenen sagt der Apostel: es sei unmöglich, sie zu erneuern zur buße; d.h. er sagt, daß seine Kunst hier zu Ende sei; aber nicht, daß nicht Gottes Allmacht wider alles Vermuthen doch noch eine Hülfe bereiten könne; daß die gewöhnlichen Erweckungsmittel, Wort und Vermahnung, vergeblich seien, aber keineswegs, die ungewöhnlichen, wie Jesus (Marc. 10) auch sagt: „Bei Menschen ist’s unmöglich, aber nicht bei Gott; denn bei Gott sind alle Dinge möglich.“ Daß Paulus das nicht ausdrücklich hinzusetzte, geschah darum, weil er warnen wollte vor Sicherheit und Abfall; versteckt hatte er es ja gethan im 3. und 8. Verse. Die Kleingläubigen und Verzagten sollen sich also nicht angst und bange machen lassen durch diese Worte, wohl aber die Sichern und Leichtsinnigen gewarnt werden. Möge dieser Zweck an jedem Leser dieses Kapitels durch Gottes Gnade und auch an mir erreicht werden! Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 7

7:1 Dieser Melchisedek aber war ein König zu Salem, ein Priester GOttes, des Allerhöchsten, der Abraham entgegenging, da er von der Könige Schlacht wiederkam, und segnete ihn,

7:2 welchem auch Abraham gab den Zehnten aller Güter. Aufs erste wird er verdolmetscht ein König der Gerechtigkeit; danach aber ist er auch ein König Salem, das ist, ein König des Friedens;

7:3 ohne Vater, ohne Mutter, ohne Geschlecht; und hat weder Anfang der Tage noch Ende des Lebens. Er ist aber verglichen dem Sohn GOttes und bleibet Priester in Ewigkeit.

7:4 Schauet aber, wie groß ist der, dem auch Abraham, der Patriarch, den Zehnten gibt von der eroberten Beute!

7:5 Zwar die Kinder Levi, da sie das Priestertum empfangen, haben sie ein Gebot, den Zehnten vom Volk, das ist, von ihren Brüdern, zu nehmen nach dem Gesetz, wiewohl auch dieselben aus den Lenden Abrahams kommen sind.

7:6 Aber der, des Geschlecht nicht genannt wird unter ihnen, der nahm den Zehnten von Abraham und segnete den, der die Verheißung hatte.

7:7 Nun ist's ohne alles Widersprechen also, daß das Geringere von dem Besseren gesegnet wird.

7:8 Und hier nehmen den Zehnten die sterbenden Menschen; aber dort bezeuget er, daß er lebe.

7:9 Und daß ich also sage, es ist auch Levi, der den Zehnten nimmt, verzehntet durch Abraham.

7:10 Denn er war je noch in den Lenden des Vaters, da ihm Melchisedek entgegenging.

7:11 Ist nun die Vollkommenheit durch das levitische Priestertum geschehen (denn unter demselbigen hat das Volk das Gesetz empfangen), was ist denn weiter not zu sagen, daß ein anderer Priester aufkommen solle nach der Ordnung Melchisedeks und nicht nach der Ordnung Aarons?

7:12 Denn wo das Priestertum verändert wird, da muß auch das Gesetz verändert werden.

7:13 Denn von dem solches gesagt ist, der ist von einem andern Geschlecht, aus welchem nie keiner des Altars gepfleget hat.

7:14 Denn es ist ja offenbar, daß von Juda aufgegangen ist unser HErr; zu welchem Geschlecht Mose nicht geredet hat vom Priestertum.

7:15 Und es ist noch viel klarer, so nach der Weise Melchisedeks ein anderer Priester aufkommt,

7:16 welcher nicht nach dem Gesetz des fleischlichen Gebots gemacht ist, sondern nach der Kraft des unendlichen Lebens.

7:17 Denn er bezeuget: Du bist ein Priester ewiglich nach der Ordnung Melchisedeks.

7:18 Denn damit wird das vorige Gesetz aufgehoben, darum daß es zu schwach und nicht nütze war

7:19 (denn das Gesetz konnte nichts vollkommen machen), und wird eingeführet eine bessere Hoffnung, durch welche wir zu GOtt nahen;

7:20 und dazu, das viel ist, nicht ohne Eid. Denn jene sind ohne Eid Priester worden;

7:21 dieser aber mit dem Eid durch den, der zu ihm spricht: Der HErr hat geschworen, und wird ihn nicht gereuen: Du bist ein Priester in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks.

7:22 Also eines so viel besseren Testaments Ausrichter ist JEsus worden.

7:23 Und jener sind viel, die Priester wurden, darum daß sie der Tod nicht bleiben ließ;

7:24 dieser aber darum, daß er bleibet ewiglich, hat er ein unvergänglich Priestertum;

7:25 daher er auch selig machen kann immerdar, die durch ihn zu GOtt kommen, und lebet immerdar und bittet für sie.

7:26 Denn einen solchen Hohenpriester sollten wir haben, der da wäre heilig, unschuldig, unbefleckt, von den Sündern abgesondert und höher, denn der Himmel ist,

7:27 dem nicht täglich not wäre wie jenen Hohenpriestern, zuerst für eigene Sünden Opfer zu tun, danach für des Volks Sünden; denn das hat er getan einmal, da er sich selbst opferte.

7:28 Denn das Gesetz macht Menschen zu Hohenpriestern, die da Schwachheit haben; dies Wort aber des Eides, das nach dem Gesetz gesagt ist, setzet den Sohn ewig und vollkommen.
O Du unschuldiges Lamm und Hoherpriester, größer als Melchisedek, Herr Jesu Christe, was sehe ich für unerhörte Dinge an Dir im Garten Gethsemane! Dich, Du Quelle aller Freuden, überfällt Todesangst, Zittern, Zagen und die höchste Betrübniß. Du Lebensquelle ringest mit dem Tode. Du Quelle des Trostes schmachtest nach Trost. Du höchste Majestät, vor der alle Thronen und Herrschaften, ja Aller Knie im Himmel und auf Erden sich ehrerbietigst neigen, beugest Deine Knie zur Erde und thust einen demüthigen Fußfall vor Deinem Vater. Die Zornkelter preßt Dir einen ungewöhnlichen Blutschweiß aus. Du bis in den Tod betrübter Seelenfreund nimmst Trost und Stärkung an von einem Engel, dessen Schöpfer Du bist! O das sind ja wohl lauter unbegreifliche Liebeswunder, die aller Engel und Menschen Verstand weit übersteigen und alles demüthigen Nachsinnens würdig sind! Deine unerhörten Leiden, Herr Jesu, müssen ja auch mir und allen armen Sündern mehr als köstliche Früchte bringen. Mache mich derselben in recht reichem Maaße theilhaftig, und laß Deine Angst und Pein an mir nicht verloren sein. Schenke mir Glauben, ja Glauben, der alles, was mit Dir vorgegangen als für mich gethan und gelitten ansiehet, sich dessen als sein eigen annimmt, damit vor dem Vater pranget, und den Feinden Hohn spricht. Dein Zittern und Zagen sei der Grund meiner Gewissensruhe und des Friedens mit Gott. Deine Angst sei mein Trost im Leben, Leiden und Sterben. Dein Abbabeten und wiederholtes Beten und heftigeres Beten sei die Stütze, worauf ich mich in meinem Gebete lehne, und der Grund einer kindlichen Freimüthigkeit im Gebete gegen Gott: denn Du hast die Wolke meiner Sünden, die das Angesicht Gottes vor mir verbargen, weggebetet, Du hast, wie ein gottseliger Lehrer sich ausdrückt, ein Loch durch den eisernen Himmel gebetet, so daß nun mein Gebet einen freien Zugang zum Thron der Gnade haben soll. Das Ringen und Kämpfen, das es Dich bei dem Grauen Deines menschlichen Willens vor dem herben Zornkelch gekostet, helfe mir durch allen Kampf zum herrlichen Sieg. Die völlige Ergebenheit Deines unschuldigen, menschlichen Willens in den Willen des Vaters verleihe mir eine stille Gelassenheit und kindliches Wohlgefallen an allen göttlichen Wegen und Führungen, wenn sie auch meiner blinden Vernunft noch so seltsam und meinem bösen Willen gerade entgegen wären. Die unermüdete Hirtentreue, die Du an Deinen schläfrigen Jüngern in Deinem schweren Kampfe bewiesen, sei mein Trost bei der Trägheit und Schwachheit meines Fleisches, und komme mir noch täglich zu Statten. Dein unschätzbarer Angst-, Blut- und Todesschweiß sei mir ein Trost-, Heil- und Lebensbalsam. Diese edle Tropfen müssen als köstliche Blutrubinen von mir hoch und theuer geachtet, sorgfältig gesammelt und heilig gebraucht und verwahret werden; ziere Du selbst, mein auserwählter Blutsfreund, mit diesem Schmuck mein Herz und bezeichne damit meine Stirn, mache sie zu einem Zeichen zwischen mir und Dir in meinen noch übrigen Lebenstagen, daß ich der Deine und Du der Meine bist. An meinem Todes- oder vielmehr Hochzeittage laß diese köstlichen Tropfen so helle an und in mir glänzen, daß ihr Glanz meine Häßlichkeit bedecke, Dein Vater seine Lust an mir sehe und die Engel sich freuen, eine mit Deinem Blut- und Todesschweiß so geschmückte Seele heimzutragen, und die Teufel sich verkriechen. Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 8

8:1 Das ist nun die Summa, davon wir reden: Wir haben einen solchen Hohenpriester, der da sitzet zu der Rechten auf dem Stuhl der Majestät im Himmel;

8:2 und ist ein Pfleger der heiligen Güter und der wahrhaftigen Hütte, welche GOtt aufgerichtet hat und kein Mensch.

8:3 Denn ein jeglicher Hoherpriester wird eingesetzt, zu opfern Gaben und Opfer. Darum muß auch dieser etwas haben, das er opfere.

8:4 Wenn er nun auf Erden wäre, so wäre er nicht Priester, dieweil da Priester sind, die nach dem Gesetz die Gaben opfern,

8:5 welche dienen dem Vorbilde und dem Schatten der himmlischen Güter; wie die göttliche Antwort zu Mose sprach, da er sollte die Hütte vollenden: Schaue zu, sprach er, daß du machest alles nach dem Bilde, das dir auf dem Berge gezeiget ist.

8:6 Nun aber hat er ein besser Amt erlanget, als der eines besseren Testaments Mittler ist, welches auch auf besseren Verheißungen stehet.

8:7 Denn so jenes, das erste, untadelig gewesen wäre, würde nicht Raum zu einem andern gesucht.

8:8 Denn er tadelt sie und sagt: Siehe, es kommen die Tage, spricht der HErr, daß ich über das Haus Israel und über das Haus Juda ein neu Testament machen will;

8:9 nicht nach dem Testament, das ich gemacht habe mit ihren Vätern an dem Tage, da ich ihre Hand ergriff, sie auszuführen aus Ägyptenland. Denn sie sind nicht geblieben in meinem Testament; so habe ich ihrer auch nicht wollen achten, spricht der HErr.

8:10 Denn das ist das Testament, das ich machen will dem Hause Israel nach diesen Tagen, spricht der HErr: Ich will geben meine Gesetze in ihren Sinn, und in ihr Herz will ich sie schreiben, und will ihr GOtt sein, und sie sollen mein Volk sein.

8:11 Und soll nicht lehren jemand seinen Nächsten noch jemand seinen Bruder und sagen: Erkenne den HErrn! Denn sie sollen mich alle kennen, von dem Kleinsten an bis zu dem Größten.

8:12 Denn ich will gnädig sein ihrer Untugend und ihren Sünden, und ihrer Ungerechtigkeit will ich nicht mehr gedenken.

8:13 Indem er sagt: Ein neues, macht er das erste alt. Was aber alt und überjahret ist, das ist nahe bei seinem Ende.
Dein Gethsemane, Herr Jesu, sei mir stets ein Paradies, darin sich meine Seele erquickt, unter Deinem Schatten, Du Lebensbaum, ausruhet, und von Deinen edlen Früchten, an welchen man nicht den Tod, sondern lauter Lebensstärkung isset, nach Herzenslust genießt. Wenn ich in einem Garten bin, so erinnere mich nachdrücklich an Deine mir im Garten erwiesene Liebe und übernommene Angst und Leiden, heilige und segne mir dadurch alle Gartenlust und Gartenarbeit. O himmlischer Gärtner, wie selig ist ein Herz, das Dein Garten geworden ist! Mache mein Herz dazu; bricht die Felsen heraus, reute die Dornen aus, grabe es um mit Deinem Marterzeug, mach es fruchtbar mit Deinem Blutschweiß, besäe es mit dem guten Samen Deines Wortes, beregne es mit dem Blut und Wasser aus Deiner Seite, bescheine es selbst, Du Sonne der Gerechtigkeit und durchwehe es mit dem sanften hauch Deines heiligen Geistes, damit ein Neues werde und es edle Früchte trage. – Insbesondere laß mir Deine Angststunde in Gethsemane zum völligen Glauben recht gesegnet sein. Wenn ich finde, wie schwach und unvollkommen meine Buße ist, so laß mich Deine vollkommene Buße mit kindlichem Glauben ergreifen und dem Vater darbringen. Das tägliche Gefühl meines Elends und tiefen Verderbens müsse die zarte Flamme meines Glaubens nicht schwächen! besonders wenn ich jeden Abend so viele Mängel und Sünden erblicke, die mich den Tag über befleckt haben, o da laß Dein: „Abba, mein Vater“ auch mein Abba, mein Vater sein. Laß mich das kindlich gläubige mein aus Deinem geheiligten Munde entnehmen und es Dir nachsprechen, so gut ich kann, und lege Du dann das Gewicht darauf und mache es gültig. Laß mich in heiligem Geiz thun, als ob ich für Niemand etwas übrig lassen wollte von Deinem Thun und Leiden, daß ich Alles so als für mich, ja eben allein für mich gethan hinnehme und mir mit dem Glaubenswort mein zueigne. Mein ist Dein Zittern und Zagen, mein ist Dein Beben, mein ist Dein Ringen mit dem Tode, mein Dein Blutschweiß und Alles, was ich im Garten an Dir erblicke. Mit diesen seligen Geschäften der Buße, des Glaubens und der Liebe laß mich einschlafen, und wenn ich erwache, so laß mein Herz noch unter Deinem Herzen im Oelgarten liegen. Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 9

9:1 Es hatte zwar auch das erste seine Rechte des Gottesdienstes und äußerliche Heiligkeit.

9:2 Denn es war da aufgerichtet das Vorderteil der Hütte, darinnen war der Leuchter und der Tisch und die Schaubrote; und diese heißt das Heilige.

9:3 Hinter dem andern Vorhang aber war die Hütte, die da heißt das Allerheiligste.

9:4 Die hatte das güldene Rauchfaß und die Lade des Testaments, allenthalben mit Gold überzogen, in welcher war die güldene Gelte, die das Himmelbrot hatte, und die Rute Aarons, die gegrünet hatte, und die Tafeln des Testaments.

9:5 Oben drüber aber waren die Cherubim der Herrlichkeit, die überschatteten den Gnadenstuhl; von welchem jetzt nicht zu sagen ist insonderheit.

9:6 Da nun solches also zugerichtet war gingen die Priester allezeit in die vorderste Hütte und richteten aus den Gottesdienst.

9:7 In die andere aber ging nur einmal im Jahr allein der Hohepriester, nicht ohne Blut, daß er opferte für sein selbst und des Volks Unwissenheit.

9:8 Damit der Heilige Geist deutete, daß noch nicht offenbart wäre der Weg zur Heiligkeit, solange die erste Hütte stünde,

9:9 welche mußte zu derselbigen Zeit ein Vorbild sein, in welcher Gaben und Opfer geopfert wurden, und konnten nicht vollkommen machen nach dem Gewissen den, der da Gottesdienst tut

9:10 allein mit Speise und Trank und mancherlei Taufen und äußerlicher Heiligkeit, die bis auf die Zeit der Besserung sind aufgelegt.

9:11 Christus aber ist kommen, daß er sei ein Hoherpriester der zukünftigen Güter, durch eine größere und vollkommenere Hütte, die nicht mit der Hand gemacht ist, das ist, die nicht also gebauet ist;

9:12 Auch nicht durch der Böcke oder Kälber Blut, sondern er ist durch sein eigen Blut einmal in das Heilige eingegangen und hat eine ewige Erlösung erfunden.

9:13 Denn so der Ochsen und der Böcke Blut und die Asche, von der Kuh gesprenget, heiliget die Unreinen zu der leiblichen Reinigkeit,

9:14 wieviel mehr wird das Blut Christi, der sich selbst ohne allen Wandel durch den Heiligen Geist GOtt geopfert hat, unser Gewissen reinigen von den toten Werken, zu dienen dem lebendigen GOtt!

9:15 Und darum ist er auch ein Mittler des Neuen Testaments, auf daß durch den Tod, so geschehen ist zur Erlösung von den Übertretungen, die unter dem ersten Testament waren, die, so berufen sind, das verheißene ewige Erbe empfangen.

9:16 Denn wo ein Testament ist, da muß der Tod geschehen des, der das Testament machte.

9:17 Denn ein Testament wird fest durch den Tod, anders hat es noch nicht Macht, wenn der noch lebet, der es gemacht hat.

9:18 Daher auch das erste nicht ohne Blut gestiftet ward.

9:19 Denn als Mose ausgeredet hatte von allen Geboten nach dem Gesetz zu allem Volk, nahm er Kälber - und Bocksblut mit Wasser und Purpurwolle und Ysop und besprengete das Buch und alles Volk.

9:20 Und sprach: Das ist das Blut des Testaments, das GOtt euch geboten hat.

9:21 Und die Hütte und alles Geräte des Gottesdienstes besprengete er desselbigengleichen mit Blut.

9:22 Und wird fast alles mit Blut gereiniget nach dem Gesetz. Und ohne Blutvergießen geschieht keine Vergebung.

9:23 So mußten nun der himmlischen Dinge Vorbilder mit solchem gereiniget werden; aber sie selbst, die himmlischen, müssen bessere Opfer haben, denn jene waren.

9:24 Denn Christus ist nicht eingegangen in das Heilige, so mit Händen gemacht ist (welches ist ein Gegenbild des rechtschaffenen), sondern in den Himmel selbst, nun zu erscheinen vor dem Angesichte GOttes für uns.

9:25 Auch nicht, daß er sich oftmals opfere, gleichwie der Hohepriester gehet alle Jahr in das Heilige mit fremdem Blut.

9:26 Sonst hätte er oft müssen leiden von Anfang der Welt her. Nun aber am Ende der Welt ist er einmal erschienen, durch sein eigen Opfer die Sünde aufzuheben.

9:27 Und wie den Menschen ist gesetzt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht,

9:28 also ist Christus einmal geopfert, wegzunehmen vieler Sünden. Zum andernmal aber wird er ohne Sünde erscheinen denen, die auf ihn warten, zur Seligkeit.
Welch eine Erhabenheit des neuen Testaments über das alte! Dort sündhafte Priester, die für sich selbst opfern müssen, um entsündigt zu werden: hier ein Hoherpriester, heilig und unbefleckt und von den Sündern abgesondert, der nicht nöthig hat für seine eigne Sünde Opfer zu thun. Dort Priester, die ihr thierisches Opfer täglich Jahr aus Jahr ein wiederholen mußten: hier ein Hoherpriester, der mit dem einen Opfer seines heiligen Leibes eine ewig gültige Erlösung stiftet. Dort Priester, die vorbildlich in das irdische Allerheiligste des Tempels zu Jerusalem mit dem Blute des Opferthiers am Versöhnungstage hineingehen, um damit den Sühndeckel der Bundeslade zu besprengen und um Vergebung für die eigne und des Volkes Sünde zu bitten: hier ein Hoherpriester, der, nachdem Er für unsere Sünden ein für allemal gestorben war, mit diesem die Sünde wahrhaftig tilgenden Blute als unser Mittler in den Himmel eingegangen und zur Rechten Gottes erhöht ist, um uns da ewig mit seinem Verdienst zu vertreten. Dort menschliche Priester, die nur eine sinnbildliche Sühne vollzogen, und nur eine äußerliche, levitische Heiligkeit beim Volke bewirkten: hier ein Hoherpriester, der, weil Er der Sohn Gottes ist und sein Opfer ein wahrhaft stellvertretendes, die Sündenvergebung der Menschheit wirklich zu Stande bringt und mächtig wirksam wird zur Heiligung aller seine Gläubigen. Hier ist der Zweck und die Wirkung des Opfers Christi eben so vollkommen, wie das Opfer selbst, und der Sünder, der sich die Vergebung aller seiner Sünden durch das Blut Christi im lebendigen Glauben aneignet und seinem Gewissen eine geleistete Bezahlung der Schuld gegen das Gesetz im Opfer Christi vorlegt, bringt diesen Zeugen und Ankläger in seiner Brust zum Schweigen; das Urtheil desselben wird durch ein höheres Urtheil aufgehoben, es wird still, und der Friede der Seele ist hergestellt. Zugleich aber werden neue Triebe im Gewissen erregt, der Sünde, die Jesu das Leben gekostet und den Tod so bitter gemacht hat, für immer zu entsagen. Wohlan denn, meine Seele, laß auch du dich durch dies theure Blut alle Tage, auch heute, wieder reinigen, daß du dem lebendigen Gott immer lebendiger dienest, und einst deinem Heilande ein ewiges Halleluja singest! Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 10

10:1 Denn das Gesetz hat den Schatten von den zukünftigen Gütern, nicht das Wesen der Güter selbst. Alle Jahr muß man opfern immer einerlei Opfer und kann nicht, die da opfern, vollkommen machen;

10:2 sonst hätte das Opfern aufgehöret, wo die, so am Gottesdienst sind, kein Gewissen mehr hätten von den Sünden, wenn sie' einmal gereiniget wären;

10:3 sondern es geschieht nur durch dieselbigen ein Gedächtnis der Sünden alle Jahr.

10:4 Denn es ist unmöglich, durch Ochsen - und Bocksblut Sünden wegzunehmen.

10:5 Darum, da er in die Welt kommt, spricht er: Opfer und Gaben hast du nicht gewollt; den Leib aber hast du mir zubereitet.

10:6 Brandopfer und Sündopfer gefallen dir nicht.

10:7 Da sprach ich: Siehe, ich komme; im Buch stehet vornehmlich von mir geschrieben, daß ich tun soll, GOtt, deinen Willen.

10:8 Droben, als er gesagt hatte: Opfer und Gaben, Brandopfer und Sündopfer hast du nicht gewollt; sie gefallen dir auch nicht (welche nach dem Gesetz geopfert werden),

10:9 da sprach er: Siehe, ich komme zu tun, GOtt, deinen Willen. Da hebt er das erste auf, daß er das andere einsetze.

10:10 In welchem Willen wir sind geheiliget, einmal geschehen durch das Opfer des Leibes JEsu Christi.

10:11 Und ein jeglicher Priester ist eingesetzt, daß er alle Tage Gottesdienst pflege und oftmals einerlei Opfer tue, welche nimmermehr können die Sünden abnehmen.

10:12 Dieser aber, da er hat ein Opfer für die Sünden geopfert, das ewiglich gilt, sitzt er nun zur Rechten GOttes

10:13 und wartet hinfort, bis daß seine Feinde zum Schemel seiner Füße gelegt werden.

10:14 Denn mit einem Opfer hat er in Ewigkeit vollendet, die geheiliget werden.

10:15 Es bezeuget uns aber das auch der Heilige Geist. Denn nachdem er zuvor gesagt hatte:

10:16 Das ist das Testament, das ich ihnen machen will nach diesen Tagen, spricht der HErr: Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben, und in ihre Sinne will ich es schreiben,

10:17 und ihrer Sünden und ihrer Ungerechtigkeit will ich nicht mehr gedenken.

10:18 Wo aber derselbigen Vergebung ist, da ist nicht mehr Opfer für die Sünde.

10:19 So wir denn nun haben, liebe Brüder, die Freudigkeit zum Eingang in das Heilige durch das Blut JEsu,

10:20 welchen er uns zubereitet hat zum neuen und lebendigen Wege durch den Vorhang, das ist, durch sein Fleisch,

10:21 und haben einen Hohenpriester über das Haus GOttes:

10:22 so lasset uns hinzugehen mit wahrhaftigem Herzen, in völligem Glauben, besprenget in unsern Herzen und los von dem bösen Gewissen und gewaschen am Leibe mit reinem Wasser;

10:23 und lasset uns halten an dem Bekenntnis der Hoffnung und nicht wanken denn er ist treu, der sie verheißen hat.

10:24 Und lasset uns untereinander unser selbst wahrnehmen mit Reizen zur Liebe und guten Werken

10:25 und nicht verlassen unsere Versammlung, wie etliche pflegen, sondern untereinander ermahnen, und das viel mehr, soviel ihr sehet, daß sich der Tag nahet.

10:26 Denn so wir mutwillig sündigen, nachdem wir die Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben, haben wir fürder kein ander Opfer mehr für die Sünden,

10:27 sondern ein schrecklich Warten des Gerichts und des Feuereifers, der die Widerwärtigen verzehren wird.

10:28 Wenn jemand das Gesetz Mose's bricht, der muß sterben ohne Barmherzigkeit durch zween oder drei Zeugen.

10:29 Wieviel meinet ihr, ärgere Strafe wird der verdienen, der den Sohn GOttes mit Füßen tritt und das Blut des Testaments unrein achtet, durch welches er geheiliget ist, und den Geist der Gnaden schmähet?

10:30 Denn wir wissen den, der da sagte: Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der HErr. Und abermal: Der HErr wird sein Volk richten.

10:31 Schrecklich ist's, in die Hände des lebendigen GOttes zu fallen.

10:32 Gedenket aber an die vorigen Tage, in welchen ihr, erleuchtet, erduldet habt einen großen Kampf des Leidens,

10:33 zum Teil selbst durch Schmach und Trübsal ein Schauspiel worden, zum Teil Gemeinschaft gehabt mit denen, denen es also gehet.

10:34 Denn ihr habt mit meinen Banden Mitleid gehabt und den Raub eurer Güter mit Freuden erduldet, als die ihr wisset, daß ihr bei euch selbst eine bessere und bleibende Habe im Himmel habt.

10:35 Werfet euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat.
Wir haben erkannt, daß das wahre Vertrauen auch in dem unscheinbarsten Geschick Gottes Fügung und Leitung erkennt, daß aber dieses Vertrauen selten ist, ja, daß manche, von Stolz beherrscht, sich des wahren Vertrauens schämen. Heute laßt uns einen Blick in das Leben des Gottvertrauenden werfen. Der auf Gott Vertrauende ist vor allem ruhig und zufrieden mit seinem Schicksal.
Vielfach verschieden ist das Loos des Menschen. Dem einen ward ein Pallast, dem andern nur eine Hütte, dem einen der höchste Ueberfluß irdischen Gutes, dem andern nur das Nothwendigste zur Stillung der täglichen Bedürfnisse, dem einen ein großer, wichtiger Wirkungskreis, dem andern nur Gelegenheit zu saurer Arbeit, zu geringfügigem wenig geachteten Wirken. Wie auch dem Vertrauenden das Loos fiel, er ist zufrieden. Es leitet ihn der Glaube, Gott habe ihn dahingestellt, wo er steht, er bezieht die Worte seines Erlösers: wie mich mein Vater sendet, so sende ich euch, auch auf sich- Gab ihm Gott viel von irdischem Gute, so spricht er: von dir, o Gott, kommt alle gute und vollkommne Gabe, nicht mein, nur dein ist, was ich habe, ich bin viel zu geringe aller Barmherzigkeit und Treue, die du an mir gethan hast, hilf mir ein treuer Haushalter des mir Anvertrauten zu seyn. Gab ihm Gott wenig, so preiset er die Liebe dessen, der auch in Weniges unerschöpflichen Reichthum seines Segens legen kann und erwägt, daß es ein großer Gewinn ist, wer gottselig ist und lässet sich begnügen, wir haben nichts in die Welt gebracht, darum offenbar ist, wir werden auch nichts hinausbringen. Wenn wir aber Nahrung und Kleider haben, so lasset uns begnügen.
Er ist zufrieden mit dem Wirkungskreis, den Gott ihm zugetheilt. Ist dieser bedeutend, so ist es seine höchste Sorge, ein treuer Arbeiter im Weinberg des Herrn zu seyn und das Reich Gottes zu verbreiten durch Wort und That; ist er geringfügig, so ist es sein Trost, daß der Herr den, der im Kleinen treu war, einst über viel setzen wird. Wird ihm seine Arbeit leicht, so schaut er dankbar auf zu Gott, der das Werk seiner Hände gefördert, der da, wo gepflanzt und begossen wird, allein es ist, der Segen und Gedeihen gibt. Wird ihm sein Tagwerk sauer, so erfleht er sich die Hilfe dessen, der in dem Schwachen mächtig ist.
Wird ihm bange im Leben und hat er Leiden und Mißgeschick zu erdulden, so wirft er seine Sorgen auf den, der alle unsere Bedürfnisse kennt; er weiß es, daß, die mit Thränen säen, mit Freuden erndten; daß der Zeit Leiden nicht werth sind der Herrlichkeit, die einst an uns offenbar werden soll, ja daß unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, eine ewige über alle Maßen wichtige Herrlichkeit schafft und der Mann, der die Anfechtung erduldet, selig ist, denn nachdem er bewähret ist, wird er die Krone des Lebens entpfahen, welche der Herr verheißen hat denen, die ihn lieb haben. Und neigt sich sein Leben zur Erde, so vertraut er dem Allerbarmer, der ihn im Leben geleitet hat, auch im Tode. Der Herr ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollt ich mich fürchten? Der Herr ist meines Lebens Kraft; vor wem sollte mir grauen? Ob ich auch wanderte im finstern Thal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir. Leben wir, so leben wir dem Herrn; sterben wir, so sterben wir dem Herrn; wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn. Christus ist mein Leben und Sterben mein Gewinn.
Diese Ruhe, in Schmerz und Freude, in Sturm und Unglück, dieser Muth, in Kampf und Tod, das sind die Früchte, das die Belohnung rechten Vertrauens.
Ach Vater, daß kein Augenblick in meinem Leben wäre, wo ich dir nicht vertraute, ach daß du es gnädig geben möchtest, daß ich nie dich verliere, daß du mir allezeit nahe wärst, o daß ich fest, unerschütterlich fest an dir halten möchte im Leben und im Tode! Amen. (Christoph Goetz)
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Wir haben uns erst in unserer letzten Morgen-Andacht daran erinnert, daß die Tugend des Vertrauens so sehr dem Menschen Bedürfniß und auch wirklich so verbreitet ist, daß es den Anschein hat, als bedürfe es kaum einer Aufforderung zu dieser Tugend; doch sahen wir zugleich, daß wahres Vertrauen und die christliche Gesinnung, welche den Glauben fest hält, daß auch das Kleinste in unserm Leben von Gott geleitet werde, selten ist, ja wir finden sogar, daß sich viele schämen, auf Gott zu vertrauen, und über diese befremdende Erscheinung heute einige Worte.
Leider ist es nur zu wahr, daß sich Viele, Gott zu vertrauen, schämen.
Fragen wir, wie sich diese Scham äußert, so ist Folgendes darauf zu erwiedern. Sie äussert sich hauptsächlich darin, daß diejenigen, welche sich schämen, auf Gott zu vertrauen, Gott die Ehre nicht geben wollen, sie wollen es nicht anerkennen, daß, was geschieht, seiner Leitung zugeschrieben werde, daß sie selbst in seiner Macht stehen und rechte Hilfe nur bei ihm zu suchen und von ihm zu erwarten ist. Darum wenn ein Unglück hereinbricht, Mißgeschick, Leiden zu erdulden sind, trösten sie sich selbst und andere mit dem Gedanken, daß Alles nur eine Zeit lang daure. Daß es schon wieder anders werden würde, daß man in das Unvermeidliche sich fügen müsse, daß der Mensch gegen das Schicksal nichts thun könne, daß es eine Schande sey, zu zagen, ja, unvernünftig, das ändern zu wollen, was einmal so ist, und der Mensch durch seine eigene Kraft solche Kaltblütigkeit sich erwerben müsse, daß er Alles gelassen hinnehmen könne - dergleichen Redensarten vernehmen wir, die alle Wahrheit an sich haben, wenn sie auf dem Glauben, als auf ihrem Grunde, ruhen; aber keine tröstende und die Verzweiflung hemmende Wahrheit haben, wenn ihnen der Grund fehlt. Keiner von denen, die sich des Vertrauens schämen, tritt hin zu dem trauernden Bruder und sagt: Siehe, du hast dich schon oft des erwärmenden Strahles der Sonne gefreut und in ihrem Lichte deines Gottes Liebe erkannt, aber seine Sonne veranlaßt auch Dünste, Wolken und Stürme in der Atmosphäre, welche den Himmel verdunkeln, und sein Blitz fährt daher und zernichtet, und sein Hagel zerschmettert die Saat, und sein Sturm und seine Wasserwogen brausen Verderben bringend. Siehe, das ist Gottes Art, von ihm kommt Glück und Unglück, aber seine Liebe ist in beidem leicht zu finden, wie er ja auch im Blitz, Sturm und durch Wasserwogen unendlich mich segnet; darum vertraue du nur Gott, er erzieht weise, er erzieht auch dich und da bedarf es zuweilen auch des Ernstes, um recht zu erziehen. Das laß' dich nicht irre machen, er ist doch die Liebe; hat er dir im Sohne nicht alles gegeben und hast du nicht schon durch Vaters Mund gehört: Sehet die Vögel unter dem Himmel an, sie säen nicht, sie erndten nicht, sie sammlen nicht in die Scheunen, und euer himmlischer Vater ernähret sie doch, seyd ihr denn nicht viel mehr als sie? Wirf nur dein Vertrauen nicht weg. So sprechen sie nicht, aber wir, meine Geliebten, wollen also sprechen und mit dem Vorsatz, dem Herrn fest zu vertrauen, an unser Tagwerk gehen. Wenn wir aber wieder zur Andacht versammelt sind, dann wollen wir davon reden, worin das wohl seinen Grund haben mag, daß einige des Vertrauens sich schämen. Amen. (Christoph Goetz)

10:36 Geduld aber ist euch not, auf daß ihr den Willen GOttes tut und die Verheißung empfanget.

10:37 Denn noch über eine kleine Weile, so wird kommen, der da kommen soll, und nicht verziehen.

10:38 Der Gerechte aber wird des Glaubens leben. Wer aber weichen wird, an dem wird meine Seele kein Gefallen haben.

10:39 Wir aber sind nicht von denen, die da weichen und verdammt werden, sondern von denen, die da glauben und die Seele erretten.
Nachdem der Apostel im Anfange diese Kapitels nachgewiesen hat, wie die Bedeutung der Opfer theils in der stellvertretenden Genugthuung für die Sünde, theils in der wirklichen und wirksamen Hingabe des Opfernden an Gott bestand, beide Stücke aber allein durch das heilige Opfer Christi bewirkt wurden, und dadurch der 40ste Psalm buchstäblich ist erfüllt worden, knüpft er daran eine Reihe der inhaltsreichsten, lebendigsten Ermahnungen zur Standhaftigkeit im Glauben, zur Treue im Bekenntniß, zur Vermeidung aller vorsätzlichen und wissentlichen Sünden, zur Beharrlichkeit und Ausdauer in den größten Leiden und Gefahren, und erklärt jeden bewußten Abfall vom Evangelio für eine gegen den Sohn Gottes persönlich gerichtete Sünde, für welche es dann keine Versöhnung mehr giebt, sondern nur noch den Feuereifer des göttlichen Strafgerichts. Das mächtigste Mittel unserer Heiligung ist der Opfertod Jesu Christi, und wen dieses Mittel nicht bessert und heiligt, den bessert und heiligt nichts in der Welt. Offenbare denn die Kraft Deines Blutes auch in meiner Seele, Herr Jesu, und laß die Sonne Einer ewigen Liebe nie in mir untergehen. Schreibe es mir täglich tief in’s Herz, wie viel es Dir gekostet, daß ich erlöset bin. mache mich dadurch zu Deinem Jünger, der alle seine Kräfte, Leib, Seele und Geist, Gut und Blut, Ehre und Leben Dir völlig opfert, und Alles nur aus Dir und in Dir und für Dich sein will. O liebster Heiland, führe mich täglich hin an Dein Kreuz, und erweiche durch Deine unaussprechliche Liebe mein hartes, liebloses Herz, damit ich hinfort nicht mehr mir selber lebe, sondern Dir, der Du für mich gestorben und auferstanden bist. Laß Dein Leiden gelten als mein Leiden, Deinen Tod als meinen Tod, auf daß auch Dein Leben mein Leben, Deine Gerechtigkeit meine Gerechtigkeit werde. Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 11

11:1 Es ist aber der Glaube eine gewisse Zuversicht des, das man hoffet, und nicht zweifeln an dem, das man nicht siehet.

11:2 Durch den haben die Alten Zeugnis überkommen.

11:3 Durch den Glauben merken wir, daß die Welt durch GOttes Wort fertig ist, daß alles, was man siehet, aus nichts worden ist.

11:4 Durch den Glauben hat Abel GOtt ein größer Opfer getan denn Kain, durch welchen er Zeugnis überkommen hat, daß er gerecht sei, da GOtt zeugete von seiner Gabe; und durch denselbigen redet er noch, wiewohl er gestorben ist.

11:5 Durch den Glauben ward Enoch weggenommen, daß er den Tod nicht sähe, und ward nicht gefunden, darum daß ihn GOtt wegnahm; denn vor seinem Wegnehmen hat er Zeugnis gehabt, daß er GOtt gefallen habe.

11:6 Aber ohne Glauben ist's unmöglich, GOtt gefallen; denn wer zu GOtt kommen will, der muß glauben, daß er sei und denen, die ihn suchen, ein Vergelter sein werde.

11:7 Durch den Glauben hat Noah GOtt geehret und die Arche zubereitet zum Heil seines Hauses, da er einen göttlichen Befehl empfing von dem das man noch nicht sah; durch welchen er verdammte die Welt und hat ererbet die Gerechtigkeit, die durch den Glauben kommt.

11:8 Durch den Glauben ward gehorsam Abraham, da er berufen ward, auszugehen in das Land, das er ererben sollte; und ging aus und wußte nicht, wo er hinkäme.

11:9 Durch den Glauben ist er ein Fremdling gewesen in dem verheißenen Lande als in einem fremden und wohnete in Hütten mit Isaak und Jakob, den Miterben derselbigen Verheißung.

11:10 Denn er wartete auf eine Stadt, die einen Grund hat, welcher Baumeister und Schöpfer GOtt ist.

11:11 Durch den Glauben empfing auch Sara Kraft, daß sie schwanger ward, und gebar über die Zeit ihres Alters; denn sie achtete ihn treu, der es verheißen hatte.

11:12 Darum sind auch von einem, wie wohl erstorbenen Leibes, viele geboren wie die Sterne am Himmel und wie der Sand am Rande des Meeres, der unzählig ist.

11:13 Diese alle sind gestorben im Glauben und haben die Verheißung nicht empfangen, sondern sie von ferne gesehen und sich der vertröstet und wohl genügen lassen und bekannt, daß sie Gäste und Fremdlinge auf Erden sind.

11:14 Denn die solches sagen, die geben zu verstehen, daß sie ein Vaterland suchen.

11:15 Und zwar, wo sie das gemeinet hätten, von welchem sie waren ausgezogen, hatten sie ja Zeit, wieder umzukehren.

11:16 Nun aber begehren sie eines besseren, nämlich eines himmlischen. Darum schämet sich GOtt ihrer nicht, zu heißen ihr GOtt; denn er hat ihnen eine Stadt zubereitet.

11:17 Durch den Glauben opferte Abraham den Isaak, da er versucht ward, und gab dahin den Eingebornen, da er schon die Verheißung empfangen hatte,

11:18 von welchem gesagt war: In Isaak wird dir dein Same geheißen werden,

11:19 und dachte: GOtt kann auch wohl von den Toten erwecken; daher er auch ihn zum Vorbilde wieder nahm.

11:20 Durch den Glauben segnete Isaak von den zukünftigen Dingen den Jakob und Esau.

11:21 Durch den Glauben segnete Jakob, da er starb, beide Söhne Josephs und neigete sich gegen seines Zepters Spitze.

11:22 Durch den Glauben redete Joseph vom Auszug der Kinder Israel, da er starb, und tat Befehl von seinen Gebeinen.

11:23 Durch den Glauben ward Mose, da er geboren war, drei Monden verborgen von seinen Eltern, darum daß sie sahen, wie er ein schön Kind war, und fürchteten sich nicht vor des Königs Gebot.

11:24 Durch den Glauben wollte Mose, da er groß ward, nicht mehr ein Sohn heißen der Tochter Pharaos

11:25 und erwählete viel lieber, mit dem Volk GOttes Ungemach zu leiden, denn die zeitliche Ergötzung der Sünde zu haben,

11:26 und achtete die Schmach Christi für größeren Reichtum denn die Schätze Ägyptens; denn er sah an die Belohnung.

11:27 Durch den Glauben verließ er Ägypten und fürchtete nicht des Königs Grimm; denn er hielt sich an den, den er nicht sah, als sähe er ihn.

11:28 Durch den Glauben hielt er Ostern und das Blutvergießen, auf daß, der die Erstgeburten würgete, sie nicht träfe.

11:29 Durch den Glauben gingen sie durch das Rote Meer als durch trocken Land; welches die Ägypter auch versuchten und ersoffen.

11:30 Durch den Glauben fielen die Mauern Jerichos, da sie sieben Tage umhergegangen waren.

11:31 Durch den Glauben ward die Hure Rahab nicht verloren mit den Ungläubigen, da sie die Kundschafter freundlich aufnahm.

11:32 Und was soll ich mehr sagen? Die Zeit würde mir zu kurz, wenn ich sollte erzählen von Gideon und Barak und Simson und Jephthah und David und Samuel und den Propheten,

11:33 welche haben durch den Glauben Königreiche bezwungen, Gerechtigkeit gewirket, die Verheißung erlanget, der Löwen Rachen verstopfet,

11:34 des Feuers Kraft ausgelöscht, sind des Schwerts Schärfe entronnen, sind kräftig worden aus der Schwachheit, sind stark worden im Streit, haben der Fremden Heer daniedergelegt.

11:35 Die Weiber haben ihre Toten von der Auferstehung wieder genommen; die andern aber sind zerschlagen und haben keine Erlösung angenommen, auf daß sie die Auferstehung, die besser ist, erlangeten.

11:36 Etliche haben Spott und Geißeln erlitten, dazu Bande und Gefängnis.

11:37 Sie sind gesteiniget, zerhackt, zerstochen, durchs Schwert getötet; sie sind umhergegangen in Pelzen und Ziegenfellen, mit Mangel, mit Trübsal, mit Ungemach

11:38 (deren die Welt nicht wert war) und sind im Elend gegangen in den Wüsten, auf den Bergen und in den Klüften und Löchern der Erde.

11:39 Diese alle haben durch den Glauben Zeugnis überkommen und nicht empfangen die Verheißung,

11:40 darum daß GOtt etwas Besseres für uns zuvor versehen hat, daß sie nicht ohne uns vollendet würden.
Der Glaube ist die größte Kraft, welche der Seele zu Hülfe kommt, denn auch die Liebe, wenn es die rechte Liebe ist, hat im Glauben ihre Wurzel. Die Fundamente des Glaubens sind die unsichtbaren Dinge, welche die Seele aber aus freier Wahl so ergreift, als wären es sichtbare. Der Glaube steht siegreich auf der Sinnenwelt, auf den Berechnungen des Verstandes, auf allen Feindesheeren und Lebensbedrängnissen, er ist der Sieg, der die Welt überwunden hat. Freilich ist der Glaube nicht jedermanns Ding; man kann niemand zwingen zu glauben, aber wer nicht zum Glauben kommt, hat es dennoch anzusehen als seine eigne Schuld. Christus würde nicht sagen: „wer nicht glaubt, wird verdammet werden“ wenn der Unglaube eine bloße Kurzsichtigkeit oder Unbegabtheit wäre. Wer ungläubig ist, der ist es, weil er es will, nicht weil er nicht anders kann. Der Unglaube ist eine Sünde des Herzens, nicht des Verstandes; wer sich beugen will, der kommt auch zum Glauben. Alle Glaubenshelden, die Ebr. 11 uns vor’s Auge gestellt werden, hatten ihr eignes Leben dran gegeben und konnten darum glauben. Das eigne Leben aber ist nichts anders als Entfremdung von Gott, und diese Gottentfremdung will der Ungläubige nicht richten. Keiner jener Glaubensmänner war von Natur begabter als der andere, aber sie konnten brechen mit sich selber, weil sie es wollten, und diese Hingabe des Herzens öffnet es auch für die Güter, die kein Auge gesehn, kein Ohr gehört hat und die in keines Menschen Herz gekommen waren, die aber Gott bereitet hat denen, die Ihn lieben. Wahrlich, wollen wir Christen, nach all’ den Gottesthaten, die für uns geschehen sind, nicht glauben, so wird uns die Hure Rahab und der gemeinste Israelit beschämen an jenem Tage. Es werden Zeiten kommen, wo wir durch alle Macht, Reichthum, Kunst und Ansehn nichts ausrichten können und wo ein Quentlein Glaube mehr gelten wird als ein Centner Macht und Kunst. – O mein Heiland, auf Dich bin ich ja gewiesen als den Anfänger und Vollender des Glaubens. Kann ich nicht einen Heldenglauben bekommen, so gieb mir doch den Glauben, der Dich ergreift zur Seligkeit und jeder Sünde mit ganzem Ernst bis an’s Ende widersteht. Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 12

12:1 Darum auch wir, dieweil wir solchen Haufen Zeugen um uns haben, lasset uns ablegen die Sünde, so uns immer anklebt und träge macht, und lasset uns laufen durch Geduld in dem Kampf, der uns verordnet ist,

12:2 und aufsehen auf JEsum, den Anfänger und Vollender des Glaubens, welcher, da er wohl hätte mögen Freude haben, erduldete er das Kreuz und achtete der Schande nicht und ist gesessen zur Rechten auf dem Stuhl GOttes.

12:3 Gedenket an den, der ein solches Widersprechen von den Sündern wider sich erduldet hat, daß ihr nicht in eurem Mut matt werdet und ablasset.

12:4 Denn ihr habt noch nicht bis aufs Blut widerstanden über dem Kämpfen wider die Sünde

12:5 und habt bereits vergessen des Trostes, der zu euch redet als zu den Kindern: Mein Sohn, achte nicht gering die Züchtigung des HErrn und verzage nicht, wenn du von ihm gestraft wirst;

12:6 denn welchen der HErr liebhat, den züchtiget er; er stäupt aber einen jeglichen Sohn, den er aufnimmt.

12:7 So ihr die Züchtigung erduldet, so erbeut sich euch GOtt als Kindern; denn wo ist ein Sohn, den der Vater nicht züchtiget?

12:8 Seid ihr aber ohne Züchtigung, welcher sie alle sind teilhaftig worden, so seid ihr Bastarde und nicht Kinder.

12:9 Auch so wir haben unsere leiblichen Väter zu Züchtigern gehabt und sie gescheuet, sollten wir denn nicht viel mehr untertan sein dem geistlichen Vater, daß wir leben?

12:10 Und jene zwar haben uns gezüchtiget wenige Tage nach ihrem Dünken, dieser aber zu Nutz, auf daß wir seine Heiligung erlangen.

12:11 Alle Züchtigung aber, wenn sie da ist, dünkt sie uns nicht Freude, sondern Traurigkeit sein; aber danach wird sie geben eine friedsame Frucht der Gerechtigkeit denen, die dadurch geübet sind.
Wenn man sehr in die Enge geführt wird und darunter viel leidet, ist es eben in der Regel eine Züchtigung dafür, daß man nicht genug aufgemerkt hat, nicht einzig genug auf den HErrn geblickt, Seine Sache nicht genug im Auge gehabt, mehr sich selbst als Ihm gedient hat - ja wohl gar schwere Versündigungen sich hat zuschulden kommen lassen. Dabei verfängt man sich denn und kommt vor eine Wand, durch die man nicht hindurch zu kommen weiß; und so gibt's Pein, Kummer, Trübsal, Schmerz aller Art. Züchtigung ist's für die Untreue, die man sich erlaubt hat. Und schon bei dem Gefühl, daß es nicht mehr gehe, gibt's eine Traurigkeit über die andere, oder es kommt auch Gott mit einem Rutenschlag auf den andern. Dann ist's dem Menschen nicht mehr wohl und ist's ihm keine Freude. Indessen kommt's jetzt nur darauf an, wie man sich zu solchen Züchtigungen stellt. Vorerst nehme man sie eben als Züchtigung, wie ein Vater seinen Sohn züchtigt, und sage nicht, jetzt höre das Kindsein auf, wie's so viele sagen. Die sind dann Stiefkindern gleich, welche bei jeder Züchtigung, die sie um ihrer Unarten willen bekommen, häufig klagen und sagen, man sehe es wohl, daß sie nicht die rechten Eltern, sondern nur Stiefeltern hätten! Sie haben eben selbst kein rechtes Kindesgefühl. Machen doch wir's nicht so und denken wir nicht, die Züchtigungen seien vonseiten Gottes als ein Fortjagen gemeint! Werden wir vielmehr eben jetzt erst rechte Kinder und sagen wir: »Ich danke Dir, daß Du mich züchtigst!“
Wer denn alles Widrige, das vorkommt, als Züchtigung nimmt, behält auch das Zutrauen zu Gott und wird durch alle Züchtigungen hindurch immer besser, vernünftiger und tugendsamer. So kommt hernach eine Frucht zum Vorschein, die eine friedsame heißt, weil sie zum Frieden, zuletzt zum ewigen Frieden, dient.
Sie heißt auch eine Frucht der Gerechtigkeit, eben insofern als man immer lauterer und entsündigter wird vor Gott, immer gerechter und treuer, je mehr man sich die Züchtigungen gefallen läßt und durch sie geübt wird.
Die Übung aber geschieht, indem man einerseits vom lieben Gott recht viel gezüchtigt wird - warum willst du denn immer nur wenig geschlagen sein, wenn du selbst merkst, daß du ungeschlagen doch nicht aufmerken lernst? Die Übung geschieht andererseits, indem man an Glauben und Zutrauen zu Gott darunter zunimmt. Selbst dann, wenn man sich recht große Vorwürfe über Untreuen machen muß: Immer wieder dem HErrn vertrauen, sich Seiner Gnade und Güte immer wieder aufs neue versichern, immer wieder unter der Trübsal auch das ansehen und sich wichtig machen, daß der Heiland unsretwegen sich in den bittern Kreuzestod gegeben hat, damit uns aus allem Elend geholfen werde - das übt und macht fertig zu allem guten Werk in dieser Zeit und zu einem seligen Eingang in die ewigen Friedenshütten!
So wollen wir denn alle Trübsal als eine Züchtigung vom HErrn annehmen, als Kinder vom lieben Vater, und auch das Schwerste, das kommt, tragen - mit der Hoffnung, daß es eine Frucht bringe, die uns ewig erfreuen werde! (Christoph Blumhardt)
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Wir denken oft, es wären andere Leiden uns weniger schwer zu tragen als diejenigen, die der Herr uns eben auferlegt hat; allein ich glaube, daß dein Kleid dir nicht besser passen kann als das Kreuz, das du trägst, sich für dich schickt. Ein Kreuz müssen wir tragen, und das im Himmel gewählte eignet sich am besten für den Rücken des geliebten Heiligen; dasjenige hingegen, das wir in unserer Torheit uns selber machen, ist gewißlich das schwerste und härteste von allen.
Meistens macht der Herr aus dem Holz ein Kreuz, aus dem wir uns einen Götzen gemacht hatten - und wie ist nicht die Treue Gottes, die sich hierin offenbart, so anbetungswürdig! Kreuzträger passen ja besser in seinen Himmel als Götzendiener. Ist Gottes Hand gegen dich gerichtet, so ist sein Herz zu dir gewendet; er züchtigt nicht, um dich von sich zu entfernen, sondern um dich zu sich zu ziehen. Er trennt die Seele, die er liebt, durch die Züchtigung von der Sünde, die er haßt, und niemals raubt er uns ein irdisches Gut, ohne uns zu seiner Zeit etwas Besseres dagegen zu geben. Was wir in dem Geschöpf verlieren, finden wir hundertfach in Gott, und wenn wir dann in unseren Leiden in ihm unsere Kraft und unseren Trost gefunden haben, so werden wir mit dem Psalmisten sagen können: „Es ist mir lieb, daß du mich gedemütigt hast.“
Die Leiden sind dem Volke Gottes verheißen, nicht gedroht; daher heißt es auch, es werde dem, der aufrichtig wandelt, „an keinem Gute fehlen“, unerachtet ihm doch an vielen Stellen Trübsale angekündigt werden. (Hermann Heinrich Grafe)

12:12 Darum richtet wieder auf die lässigen Hände und die müden Kniee

12:13 und tut gewissen Tritt mit euren Füßen, daß nicht jemand strauchele wie ein Lahmer, sondern vielmehr gesund werde.

12:14 Jaget nach dem Frieden gegen jedermann und der Heiligung, ohne welche wird niemand den HErrn sehen.
Das paßt besonders gut auf das Vorige, welches uns eben den rechten Weg zur Heiligung durch etwas Bestimmtes gezeigt hat. Den HErrn aber möchten doch wohl wir alle einmal sehen. Die Verheißung ist da. Man kann Ihn einmal sehen, wenn man es überhaupt würdig ist, sehen von Angesicht zu Angesicht. Man denkt sich's häufig mehr als ein geistliches Sehen, indem man Gott fast zu Nichts macht, so Geist seyn läßt, daß Ihn Niemand soll sehen können. Das ist aber nicht biblisch. Denn wäre es bloß geistlich, so wäre es nicht etwas erst in Aussicht Gestelltes. Ihn einmal zu sehen, wirklich zu sehen, wie das nun seyn mag, ist verheißen denen, die Ihn lieb haben. Daß natürlich zugleich alle Herrlichkeit und Seligkeit mit eingeschlossen ist, die sich nur ein Mensch denken kann, versteht sich von selbst. Alles ist uns geschenkt, wenn uns das Sehen Gottes geworden ist.
Wie erlangen wir's nun? Keinesfalls ohne Heiligung, ohne Geschiedenheit von der sündlichen Art, die in dieser Welt von Natur an uns ist. Wohl hören wir, daß wir, wenn wir glauben, die Seligkeit und das ewige Leben ererben sollen. Ganz gut! Aber wir müssen so glauben, daß wir neue Menschen werden, andere Menschen werden, als wir von Natur sind. Ist's ein Glaube, der uns nicht umändert, nicht erneuert, der uns also allem Gelüste hingegeben seyn läßt, wie es nach dem Lauf dieser Welt geht, so reicht er nicht aus. „Ohne Heiligung wird Niemand den HErrn sehen!“
Den HErrn sehen wir übrigens doch auch bildlich schon in dieser Welt in Seinem Segen. Darum können wir sagen: Wollen wir Segen im Herzen und im Haus und in all unserm Wesen und Treiben haben, so ist es uns mit dem gleichen Wort: „Jaget nach der Heiligung!“ gesagt, wie solcher Segen uns nicht fehlen könne. Suchet alle eure Wege dem entsprechend zu machen, was der HErr im Himmel von euch fordert. Lebet und seid Ihm zu Gefallen, so ist Er auch euch zu Gefallen. O wie herrlich, wenn man je und je bei allerlei Erfahrungen und Begegnissen in seinem Leben auszurufen gedrungen ist: „Es ist vom HErrn! es ist der HErr, der mir begegnet!“ Im Himmel aber wird's völlig werden.
Das sei denn uns allen gesagt. Jeder Mensch, kann man immerhin mit einigem Recht sagen, macht sich selbst Glück, je nachdem er im Einverständnis mit seinem Gott bleibt, lebt und denkt. Es braucht dabei kaum viel Bittens für's Äußere, weil dann alles ihm so zu sagen zufällt, wie Christus sagt (Matth. 6, 33). Wenn wir richtig stehen, wenn wir aufrichtig uns nach Ihm richten, durch alles hindurch Ihn im Auge haben, nach Ihm blicken, in allem Ihm untertan sind, demütig auch in Trübsalstagen uns Ihm unterwerfen, - dann macht sich immer alles, wie es unser Glück erfordert, und kommt Friede, Wohlsein, Segen und Freude in Fülle über uns, - läßt sich gleichsam der HErr selber auf allen unsern Schritten sehen. Darum wollen wir's alle miteinander lernen, wie wir den HErrn auch hienieden sehen können, allerdings nicht mit Augen, und doch mit Augen, sofern Sein Segen sich auch mit Augen sehen läßt. Ach, wie viel könnten die armen Menschen auf Erden haben und erlangen, wenn sie nur wollten sich umdrehen und in's Licht blicken, auf Seine Gesetze und Gebote schauen, die zur Heiligung führen! Denn auch bei Schwächen hilft und vergibt der HErr. Man darf sich nur demütigen, so ist man schon wieder der Geheiligte, und läßt sich Seine segnende Hand fühlen. Gebe der liebe Heiland, daß wir heute einen Segen verspüren! Er wird uns werden, wenn wir gesammelten Gemütes bleiben, und auch unter der Freude Ihn, den Allerhöchsten, im Auge behalten. Wir wollen's wagen auf Ihn! (Christoph Blumhardt)

12:15 Und sehet darauf, daß nicht jemand GOttes Gnade versäume, daß nicht etwa eine bittere Wurzel aufwachse und Unfrieden anrichte, und viele durch dieselbige verunreiniget werden;

12:16 daß nicht jemand sei ein Hurer oder ein Gottloser wie Esau, der um einer Speise willen seine Erstgeburt verkaufte.

12:17 Wisset aber, daß er hernach, da er den Segen ererben wollte, verworfen ist; denn er fand keinen Raum zur Buße, wiewohl er sie mit Tränen suchte.

12:18 Denn ihr seid nicht kommen zu dem Berge, den man anrühren konnte, und mit Feuer brannte, noch zu dem Dunkel und Finsternis und Ungewitter

12:19 noch zu dem Hall der Posaune und zur Stimme der Worte, welcher sich weigerten, die sie höreten, daß ihnen das Wort ja nicht gesagt würde

12:20 (denn sie mochten's nicht ertragen, was da gesagt ward. Und wenn ein Tier den Berg anrührete, sollte es gesteiniget oder mit einem Geschoß erschossen werden.

12:21 Und also erschrecklich war das Gesicht, daß Mose sprach: Ich bin erschrocken und zittere),

12:22 sondern ihr seid kommen zu dem Berge Zion und zu der Stadt des lebendigen GOttes, zu dem himmlischen Jerusalem, und zu der Menge vieler tausend Engel

12:23 und zu der Gemeinde der Erstgebornen, die im Himmel angeschrieben sind, und zu GOtt, dem Richter über alle, und zu den Geistern der vollkommenen Gerechten

12:24 und zu dem Mittler des Neuen Testaments, JEsus, und zu dem Blut der Besprengung, das da besser redet denn Abels.

12:25 Sehet zu, daß ihr euch des nicht weigert, der da redet! Denn jene nicht entflohen sind, die sich weigerten, da er auf Erden redete, viel weniger wir, so wir uns des weigern, der vom Himmel redet,

12:26 welches Stimme zu der Zeit die Erde bewegete. Nun aber verheißet er und spricht: Noch einmal will ich bewegen nicht allein die Erde, sondern auch den Himmel.

12:27 Aber solches „Noch einmal“ zeigt an, daß das Bewegliche soll verändert werden, als das gemacht ist, auf daß da bleibe das Unbewegliche.

12:28 Darum, dieweil wir empfangen ein unbeweglich Reich, haben wir Gnade, durch welche wir sollen GOtt dienen, ihm zu gefallen, mit Zucht und Furcht.

12:29 Denn unser GOtt ist ein verzehrend Feuer.
Wenn Paulus im 11ten Kapitel vom Glauben handelte, so bespricht er im 12ten die Hoffnung und die ausharrende Geduld der Christen. Beide sind vereinigt im geistlichen Wettlaufe und im rechten Erdulden, Benutzen und Verstehen der segensvollen Vaterzüchtigungen Gottes; denn ohne Kreuz ist hienieden Niemand; wer ohne dasselbe geführt wird, hat schon darin ein Kreuz, daß er nicht weiß, wie dem leidenden Heilande zu Muthe war, und es wird daher in der Ewigkeit über heilsam ausgestandenes Kreuz mehr Freude sein, als über empfundene Freude, weil diese dort immer währt, jenes aber nicht mehr gekostet werden kann (V. 1-11.). – Beweggründe zum Fortschreiten im heiligen Hoffnungswandel und zur Standhaftigkeit fehlen uns überdies nicht, wenn wir an den höchsten Gnadensegen denken, daß wir ihn nicht verscherzen, noch in Bezug auf Gott uns selbst und den Nächsten nicht versäumen, was hintennach nicht so einzubringen ist, wie man manchmal meint (V. 12-17). Im neuen Testamente ist endlich Alles viel gnadenreicher, lieblicher, herrlicher, die Gemeinschaft mit Allem Himmlischen vielfacher als im alten Testament; die Kinder Gottes auf Erden und die Kinder Gottes im Himmel sind jetzt innig mit einander verbunden: sie haben ein gemeinsames Haupt, - Christum, einen gemeinsamen Namen, - Erstgeborne, Gerechte, Selige, Bürger und hausgenossen Gottes; einen gemeinsamen Streit und Sieg, ein gemeinsames Gebet, ein gemeinsames Erbe und eine gemeinsame Auferstehung; derer, die für sie sind, sind deshalb mehr als derer, die wider sie sind. Aber eben darum wird auch die Strafe der Verächter solcher Gnade schrecklich sein. Die Rede und Stimme des neuen Testaments wird Alles viel mächtiger erschüttern als die am Sinai (V. 18-29.). Das Gnadenreich Jesu Christi ist allein mitten in der allgemeinen Vergänglichkeit aller Staaten, Städte, Familien und einzelner Leben das Bleibende durch alle Jahrhunderte, und zwar sowohl seinem Wesen als Zweck und König nach. Darum gilt es, danach zu streben, den Blick auf Christum und sein Reich nie zu verlieren und in der genauesten Verbindung mit der oberen Gemeinde zu streiten und zu siegen über alle Lust und Furcht der Versuchung. Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 13

13:1 Bleibet fest in der brüderlichen Liebe!

13:2 Gastfrei zu sein vergesset nicht; denn durch dasselbige haben etliche ohne ihr Wissen Engel beherberget.

13:3 Gedenket der Gebundenen als die Mitgebundenen und derer, die Trübsal leiden, als die ihr auch noch im Leibe lebet.

13:4 Die Ehe soll ehrlich gehalten werden bei allen und das Ehebett unbefleckt; die Hurer aber und Ehebrecher wird GOtt richten.

13:5 Der Wandel sei ohne Geiz; und lasset euch begnügen an dem, was da ist. Denn er hat gesagt: Ich will dich nicht verlassen noch versäumen,

13:6 also daß wir dürfen sagen: Der HErr ist mein Helfer, und will mich nicht fürchten; was sollte mir ein Mensch tun?

13:7 Gedenket an eure Lehrer, die euch das Wort GOttes gesagt haben, welcher Ende schauet an und folget ihrem Glauben nach.

13:8 JEsus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.

13:9 Lasset euch nicht mit mancherlei und fremden Lehren umtreiben; denn es ist ein köstlich Ding, daß das Herz fest werde, welches geschieht durch Gnade, nicht durch Speisen, davon keinen Nutzen haben, so damit umgehen.

13:10 Wir haben einen Altar, davon nicht Macht haben zu essen, die der Hütte pflegen.

13:11 Denn welcher Tiere Blut getragen wird durch den Hohenpriester in das Heilige für die Sünde, derselbigen Leichname werden verbrannt außer dem Lager.

13:12 Darum auch JEsus, auf daß er heiligte das Volk durch sein eigen Blut, hat er gelitten außen vor dem Tor.

13:13 So lasset uns nun zu ihm hinausgehen außer dem Lager und seine Schmach tragen.

13:14 Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.

13:15 So lasset uns nun opfern durch ihn das Lobopfer GOtt allezeit, das ist, die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen.

13:16 Wohlzutun und mitzuteilen vergesset nicht; denn solche Opfer gefallen GOtt wohl.

13:17 Gehorchet euren Lehrern und folget ihnen; denn sie wachen über eure Seelen, als die da Rechenschaft dafür geben sollen, auf daß sie das mit Freuden tun und nicht mit Seufzen; denn das ist euch nicht gut.

13:18 Betet für uns! Unser Trost ist der, daß wir ein gut Gewissen haben und fleißigen uns, guten Wandel zu führen bei allen.

13:19 Ich ermahne euch aber zum Überfluß, solches zu tun, auf daß ich aufs schierste wieder zu euch komme.

13:20 GOtt aber des Friedens, der von den Toten ausgeführet hat den großen Hirten der Schafe durch das Blut des ewigen Testaments, unsern HErrn JEsum,

13:21 der mache euch fertig in allem guten Werk, zu tun seinen Willen, und schaffe in euch, was vor ihm gefällig ist, durch JEsum Christum, welchem sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.
Das ist ein schöner Konfirmationswunsch. Wie herrlich doch, wenn „wir bekehret sind zu dem Hirten und Bischof unsrer Seelen, die wir weiland wie die irrenden Schafe waren,“ wie Petrus sagt (1. Petr. 2,25)! Ach, daß unter den Kindern der Schafe viele wären, die Seine Stimme hören und Ihm folgen! Den großen Hirten der Schafe hat Gott von den Toten ausgeführt. Eben damit ist der Heiland unser Hirte geworden, als der, der „Viele als Kinder zur Herrlichkeit führen und der Herzog ihrer Seligkeit seyn sollte“. (Hebr. 2,10). Mit dem Gleichen ist auch Gott der Gott des Friedens geworden, weil nun der Fluch, der auf der Menschheit lastete, der Tod, zu Nichts geworden ist, also unser Zwiespalt mit Gott, der den Tod herbeigeführt hatte, in einen Frieden mit Gott sich aufgelöst hat. Solches ist durch das Blut des Neuen Testaments zu Stande gekommen.
Am Kreuze hat der Hirte etwas uns erworben, mit dem wir's auch erwarten können, aus dem Tod zum Leben zu kommen, nämlich den verheißenen Geist, der uns gegeben wird, dessen Gabe erstmals uns zukommt durch die heilige Taufe, und durch die Konfirmation erneuert und vermehrt wird, durch den Segensspruch, den die Kinder unter Handauflegung empfangen. Durch diesen Geist können wir den Wunsch und die Bitte aussprechen, Gott möge uns fertig machen in allem guten Werk.
Fertig sollen wir im Guten werden, nicht bloß so seyn, daß wir das zehnte Mal auch etwas Gutes tun. Eine Fertigkeit müssen wir bekommen, bei der wir nicht mehr anders können, als Gutes tun, bei welcher uns auch, was vor Gott gefällig ist, zur rechten Zeit einfällt, und die Art, wie wir' s zu machen haben, uns geläufig wird. Man muß es uns zutrauen können, daß es bei uns, wenn's an uns kommt, nicht fehlen werde. Ist doch das noch kein guter Schütze, der auf gut Glück auch einmal das Schwarze trifft; sondern der ist ein guter Schütze, der's immer trifft. Das muß uns freilich alles Gott geben. Er aber gibts, wenn wir unser erstes von heute nicht vergessen, allezeit unser Herz vor Ihm auszuschütten. (Christoph Blumhardt)

13:22 Ich ermahne euch aber, liebe Brüder, haltet das Wort der Ermahnung zugute; denn ich habe euch kurz geschrieben.

13:23 Wisset, daß der Bruder Timotheus wieder ledig ist, mit welchem, so er bald kommt, will ich euch sehen.

13:24 Grüßet alle eure Lehrer und alle Heiligen. Es grüßen euch die Brüder aus Italien.

13:25 Die Gnade sei mit euch allen! Amen.
Nach den Ermahnungen zum Glauben Kap. 11 und zur Hoffnung Kap. 12 schließt der Brief an die Hebräer Kap. 13 mit der Ermahnung zur Liebe und zum Wandel in der Liebe: „Bleibet fest in der brüderlichen Liebe!“ Sie ist unaufhörlich und das Größte im Christenthum. Sie war gerade zu Anfang unter den Christen in Palästina so inbrünstig gewesen. Der Apostel warnt deshalb vor ihrem Erkalten, dem Zeichen des Abfalls. Sie war überdies um so nöthiger, je mehr die Christen von allen andern verachtet und verfolgt wurden und nur auf ihre Mitchristen rechnen konnten. – Nun folgen auf dies einfache, letzte und erste Wort allerlei einzelne Ermahnungen, die der Brief als ein rechter Brief zum Schlusse zu bringen hat; insbesondere zuerst eine Warnung vor geiler und Geldliebe V. 1-16, dann eine Erinnerung, das Liebesgedächtniß ihrer seligverstorbenen geistlichen Leiter in Lehre, Glauben und Wandel festzuhalten, gegenüber allen jüdischen Nebenlehren, weil wir einen andern Altar, eine andere Stadt und andere Opfer haben V. 7-16; darauf eine Ermahnung zum Liebesgehorsam gegen die noch lebenden Vorsteher und zur Fürbitte für den Schreiber des Briefes V. 17-19; endlich ein Schlußwunsch in einer gedrängten Wiederholung des ganzen Briefes und liebevolle Grüße V. 20-15. Beobachten wir die apostolischen Ermahnungen zum Glauben, zur Hoffnung und zur Liebe, dann haben wir hienieden Frieden und gutes Gewissen, und die Gewißheit der künftigen Seligkeit. Denn alle Bedürfnisse des menschlichen Herzens gehen doch zuletzt auf etwas Kommendes und Zukünftiges; der Mensch lebt nicht von dem, was er hat, sondern von dem, was vor ihm liegt. Wer sagen kann: „Der Herr ist mein Gut und mein Theil, und Er erhält mir mein Erbtheil,“ wer Christum hat ganz und umsonst fest durch die Gnade, der hat auch die Heimath und fühlt sich zu Hause in jedem Winkel der Erde. In der Gewißheit: „Er ist mein und ich bin sein,“ liegt auch die andere: „Was Sein ist, das ist auch mein.“ Laß dann zerrinnen die irdischen Güter und Hoffnungen, eine bleibt uns, die lebendige Hoffnung, und in ihr haben wir jetzt schon das Angeld unseres unvergänglichen, unbefleckten und unverweltlichten Erbes. Amen. (Friedrich Arndt)

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