Oehninger, Friedrich - Wahrheiten für unsere Tage - Liebe, Pflicht und Gesetz

Oehninger, Friedrich - Wahrheiten für unsere Tage - Liebe, Pflicht und Gesetz

Liebe und dann tue, was du willst, - sagte Augustinus - und Luther: Christus ist in uns nicht untätig, sondern wirksam.

Die alte heidnische Welt kannte die höchste aller Tugenden, die allen andern Wert verleiht, die barmherzige Liebe, nicht. Das Tragen und sich Annehmen der Schwachen ist eine christliche Tugend.

Die Aufopferung in barmherzigem Liebesdienst, welche in Lazaretten, usw. der Welt Bewunderung abnötigt, ist ein Gewächs am Baume des Christentums. Nur im Gebet, im Verein der Rebe mit dem Weinstock, konnten diese Früchte reifen; nur der Hinblick und die Hoffnung auf das jenseitige Leben können die arme Menschenseele mitten in dieser vor Augen liegenden Not und Bedrängnis im Dienst der Nächstenliebe aufrecht erhalten.

Plinius sagt: Sehr unrecht sucht man sich Achtung durch Furcht zu verschaffen; weit kräftiger als Furcht ist Liebe zur Erreichung einer Absicht.

Es gibt nach Hebr. 6,1. 9,14 auch tote Werke, die keine Frucht des neuen Wandels, kein Erweis wahrer Liebe sind. Darüber schrieb seiner Zeit Beck: „Was ohne inneres Leben, ohne Salz und Licht von oben, von Hunderten statt von Einem geschehen kann und geschieht, das überlass du diesen als etwas, das für dein und anderer wahres Leben nichts austrägt; überlass es als ein totes Werk der unerweckten Menge. Du aber hilf Toten zum Leben, statt Toten ins Grab zu helfen. Der HErr will nicht, wie heute viele, alles vereinigen. Er hält sich an die Realität der gemessenen Kräfte.“

Kempis: Gut ist die Lektüre über Gott, besser das Gebet zu Gott, am besten Tätigkeit um Gottes Willen. - Derselbe Kempis: Bald gehorchen, oft beten, fleißig arbeiten, das Herumlaufen meiden, die Einsamkeit lieben, - das macht einen andächtigen Menschen und fromm Gemüt. Clemens Alexandrinus: Bald verfällt ins Tun des Unerlaubten, der alles tut, was erlaubt ist.

Vor dreihundert und mehr fahren, als die Christenheit in den Fesseln menschlicher, kirchlicher Knechtschaft lag, ließ Gott das Evangelium von der Freiheit eines Christenmenschen durch Luther und seine Genossen verkünden. Heute, nach unsäglichem Missbrauch jener Freiheit, nachdem nicht nur menschliche, sondern göttliche Bande von den Völkern abgeworfen worden sind zu ihrem Schaden und Verderben, heißt der rettende Weg: Gehorsam! Rückkehr zum sanften Joch Christi. Schon Calvin betonte Luther gegenüber mehr die Abhängigkeit und Unterwerfung des Menschen unter Gott, wie er denn bereits einem durch die Reformation mit entfesselten Libertinismus gegenüber stand. Dieser Libertinismus wird, wozu es jetzt allen Anschein hat, nach der Weissagung der heiligen Schrift gegen das Ende bis zur völligen Anarchie sich steigern, und diese darin bestehen, dass die Menschen über alles göttliche Gesetz und alle höhere Autorität, die ihre Wurzel in Gott hat, sich hinwegsetzen. - Dem gegenüber gilt es, unser Geschlecht daran zu erinnern, dass Christus gekommen ist, nicht aufzulösen, sondern zu erfüllen, und dass nach seiner Lehre kein Pünktlein und Strichlein des Geleges vergehen wird, bis dass es alles erfüllt ist. Christus ist des Gesetzes Ende, d. h. Ziel, weil es durch Ihn und in Ihm allein erfüllt wird. In Christo Jesu ist das göttliche Gesetz, der Wille des Höchsten personifiziert erschienen und wirkt beides, Erkenntnis der Sünde und vermittelst der Gnade und Kraft Christi, der in uns wirkt, auch die Gerechtigkeit, die das Gesetz verlangt. Augustin sagt mit Recht: Lex data est, ut gratia quaereretur; gratia data est, ut lex implereatur (d. h. das Gesetz wurde gegeben, dass die Gnade gesucht würde; die Gnade wurde gegeben, dass das Gesetz erfüllt würde).

Eitel ist es, eine Sittenlehre aufzustellen ohne ein Gesetz und den Menschen in seinem sittlichen Handeln auf sich selbst zu stellen. „Das darf nicht biegsam sein, was zum Richtscheit dienen soll“ - hat schon der alte Aristoteles richtig gesehen. - Ist schon das, was Norm und Leitstern sein sollte für unser Denken und Handeln, biegsam, schwankend, in unser Belieben gestellt, was wird so erst aus dem Menschen werden? Ein Wesen, dessen Sinn durch Duplizität und Wandelbarkeit unheilbar abgestumpft wird. - In der wahren Weisheit liegen Einfalt und Unwandelbarkeit, Simplizität und Perpetuität. Und bei solchem Wesen allein, das sich an Gott und die Gerechtigkeit bindet und das Menschenleben als ein Gramen des Gehorsams betrachtet, ist wahre Freiheit von innerer und äußerer Unordnung möglich. Deo servire summa libertas! Gott zu dienen ist die höchste Freiheit.

Mit den neuesten philosophischen Systemen kann meistens keine feste und wahre Moral zusammenbestehen. So hat z. B. Hartmann, kein wahres ethisches Prinzip. Seine Moral ist subjektiv. Den Urwillen des Unbewussten kann er schon deshalb nicht zum Prinzip machen, weil derselbe schon mit der Weltschöpfung eine Dummheit gemacht hat. Philosophie und Religion sind nach Hartmann unversöhnlich, weil erstere den sittlichen Stolz fordere, auf eigenen Füßen zu stehen, und letztere die Demut. - Die Neue sei schädlich.

Wenn der Inbegriff der christlichen Ethik Liebe zu Gott und Liebe zu den Menschen ist und wenn Liebe das Einssein in sich begreift, so ergibt sich von hier aus, dass dem christlichen Gebote folgen zum Kreuze, zu Leiden führt. Denn mit Gott und Menschen zugleich Eins sein, kann nicht ohne Leiden geschehen.

„Eine christliche Sittenlehre setzt auch den Willen voraus. Nur im Willen ist Rat, - nämlich im übergebenen Willen der Demut des verlornen Sohnes, im Willen des Gehorsams des Knechtes, der Kind werden, - im Willen des Kindes, das zur ewigen Vermählung heranreifen möchte, durch Gottes Gnade und neuschaffendes Wunderwerk zu seinem ewigen Lob.“ Joh. Claassen.

Wie eine Regel für den Christen, und wie ein Riegel für die Völker und Staaten, so ist Gottes Gesetz auch ein Spiegel, durch den wir zur Selbst- und Sündenerkenntnis kommen. Dies führt St. Paulus besonders in Röm. 7,9-13 aus. Schon die negative Fassung der göttlichen Gebote: „Du sollst nicht!“ deutet die Verkehrung des menschlichen Willens an, sowie die Notwendigkeit der befreienden und stärkenden Gnade des Erlösers. „Ich lebte ohne Gesetz; da aber das Gesetz kam, ward die Sünde lebendig und ich starb.“ - Die Sünde ist schon da, ohne Gesetz; sie lebt nur auf im Bewusstsein durch das Gesetz, und in solchem Heraustreten der früher toten Sünde stirbt das alte Ich. - „Dass die Sünde überaus Sündig würde durch das Gebot.“ Das Gesetz erhält uns in der fortgesetzten Selbstprüfung, diesem wesentlichen Stück des Heiligungskampfes, und zeigt uns den Zusammenhang unserer besten Werke mit der Sünde und die Notwendigkeit der Vergebung der Sünden.

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