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1. Petrus, Kapitel 4

1. Petrus, Kapitel 4

4:1 Weil nun Christus im Fleisch für uns gelitten hat, so wappnet euch auch mit demselben Sinn; denn wer am Fleisch leidet, der hört auf von Sünden,

4:2 daß er hinfort die noch übrige Zeit im Fleisch nicht der Menschen Lüsten, sondern dem Willen Gottes lebe.

4:3 Denn es ist genug, daß wir die vergangene Zeit des Lebens zugebracht haben nach heidnischem Willen, da wir wandelten in Unzucht, Lüsten, Trunkenheit, Fresserei, Sauferei und greulichen Abgöttereien.

4:4 Das befremdet sie, daß ihr nicht mit ihnen laufet in dasselbe wüste, unordentliche Wesen, und sie lästern;

4:5 aber sie werden Rechenschaft geben dem, der bereit ist, zu richten die Lebendigen und die Toten.
Die Vorstellung, daß Jesus heute schon bereit ist zum Gericht aller Welt, weckt einem doch ernste Gedanken. Der Richter ist fertig, die Akten liegen da, das Gesetz, nach dem gerichtet werden soll, ist klar, nur der zu Richtende ist nicht bereit. Wer von uns wäre dafür bereit? Steht nicht blitzschnell vor unserer Seele noch manches, was wir anders machen möchten? Da ist eine alte Sache gut zu machen, hier muß noch eine Versöhnung zustandekommen, dort ist ein gefährlicher Zeuge durch Buße und Vergebung zu gewinnen, oder es muß eine Unterlassungssünde durch schnell nachgeholtes Tun beseitigt werden. Der Gläubige wird durch solche Gedanken an den fertig und bereit auf seinen Richterstuhl wartenden Herrn ernst und prüft sich mit Gebet und Beugung. Aber der christuslose Weltmensch ahnt und glaubt nichts davon: ist sein Dahinstürmen in Lust oder Schande, Schuld und Spott die Vorbereitung auf das nahe Gericht? Je ernster wir dergleichen für uns selbst nehmen, desto schärfer schmerzt uns der bodenlose Leichtsinn jener Masse, desto lebhafter wird unser Mitleid mit ihr und desto treuer müßte unsere Arbeit an ihrer Rettung werden. Wir wollen jeden Abend uns über dem verwichenen Tage richten lassen, damit nichts übrig bleibe für jenes Gericht.
O Herr Jesus, warte in Gnaden noch mit uns allen. Wir sind noch nicht bereit für dein Gericht. Laß vor dem Gericht deine Liebe uns gewinnen, deine Gnade uns züchtigen und dein Geist uns führen. Amen. (Samuel Keller)

4:6 Denn dazu ist auch den Toten das Evangelium verkündigt, auf daß sie gerichtet werden nach dem Menschen am Fleisch, aber im Geist Gott leben.

4:7 Es ist aber nahe gekommen das Ende aller Dinge.
Das Wesen dieser Welt vergeht, und ihr flüchtiger Genuß verkehrt sich in ewigen Verlust. Wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit. Nichts bewahrt uns so vor übermäßiger Wertschätzung des Irdischen, als der Gedanke an die Nähe des Endes. Die gewisse Erwartung der baldigen Wiederkunft des Herrn stärkte die ersten Christen zu schwersten Opfern und erhielt sie in größten Leiden geduldig und freudig. Eine Hauptursache der Verweltlichung der Christen in jener Zeit war gewiß die Erschlaffung und schließlich das Verschwinden dieser Erwartung. Freilich hat die Sehnsucht der apostolischen Zeit sich in der Zeitbestimmung dieses frohen Ereignisses geirrt, wie dies schon Paulus - mit Hindeutung auf notwendig vorhergehende Entwicklungen - den Thessalonichern nachweist; aber der unverrückte Blick auf diese selige Zukunft war doch für sie kein Schade; er war vielmehr die Grundlage eines echt himmlischen Wandels für sie - und bleibt es auch für uns. Vor dem Herrn sind tausend Jahre wie ein Tag und ein Tag wie tausend Jahre; Zeit und Stunde seiner herrlichen Wiedererscheinung wissen wir nicht. Das ist uns aber gesagt, daß er kommen wird wie ein Dieb in der Nacht, und daß der Knecht selig ist, den sein Herr wachend findet.
Und ob wir auch den großen Tag dieses Endes hienieden nicht erleben, dennoch bleibt es für jeden einzelnen dabei: Das Ende ist nahe! Das Ende meines und deines Lebens. In tausendfacher Wiederholung predigt uns das Leben: Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben; „und danach das Gericht“, fügt die Bibel hinzu. Lieber Leser, tritt täglich vor diese ernste Wahrheit hin; laß sie dich in alle Bewegung deiner Berufsarbeit, in allen Genuß deiner Erholungen begleiten und dir so oft vom Heiligen Geist zurufen, bis sie dir Gegenstand der Freude und des hohen Trostes wird und du mit Paulus sagen kannst: „Christus ist mein Leben, und Sterben ist mein Gewinn.“ (Phi. 1,21) (Hermann Heinrich Grafe)


Jedes Übermaß schadet. Ob wir bemittelt oder unbemittelt sind, kommt hier nicht in Betracht, unsere Kindschaft nur gibt den Ausschlag. Unmäßigkeit verdirbt Leib und Seele. Im Essen und Trinken, im ehelichen Umgang, im Reden, in Kleidung und Wohnung, im häuslichen und gesellschaftlichen Leben muss jede Üppigkeit gemieden und ausgeschlossen werden. Auch in der Freude und in der Trauer gilt es mäßig zu sein. Jedes Übermaß schadet auch auf diesen Gebieten. Wer allzu fröhlich ist, wird leichtsinnig und oberflächlich und löscht mit sinnlichei Freude den Geist aus. Traurigkeit kann leicht in Trübsinn und Schwermut umschlagen und dazu führen, dass wir unsere Pflichten gegen Mitjünger vergessen. Sobald Christen in dumpfes, stumpfes Wesen sinken, ist ihre Traurigkeit übermäßig. Lass dich durch die Gnade zum richtigen Maß führen. Auch in der Arbeit und in der Erholung gilt es mäßig zu sein. Lass dich von deiner Arbeit nicht verschlingen, du könntest schließlich an Leib und Seele zugrunde gehn. Dasselbe gilt von der Erholung, von Ruhe und Schlaf, von Ausspannung und Untätigkeit; wer hierin des Guten zu viel tut, versündigt sich. Darum sei mäßig in allen Dingen! Zucht müssen Gottes Kinder üben. Der Fortschritt im Geistesleben hängt wesentlich vom Gehorsam ab. Wer gehorchen kann, der kann auch regieren; wer aber dem Geiste Gottes eitel Mühe macht, aus dem wird nichts Rechtes. Der Herr will nüchterne und auf die Verwirklichung Seines Wortes hoffende Christen haben. (Markus Hauser)


Kann man denn auch unmäßig und unnüchtern im Gebet sein? Die Gefahr liegt auf den vom Gebet freien Zeiten, mögen das Augenblicke oder Stunden sein. (Ganze gebetslose Tage wird wohl kein Leser dieser Zeilen mehr kennen.) Wenn da ein hochfahrendes, übermütiges oder weltseliges Treiben, eine seelische Zuchtlosigkeit und Trunkenheit den Menschen gefangen nimmt, wird sich der zum Gebet abgerungene Augenblick auch nicht gleich mit den reinsten Gaben des Heiligen Geistes füllen. Darum ist die Mahnung: lebe so in allen Dingen, daß du allezeit beten könntest! Wer das Allezeit-Beten versäumt, wird bald in eine innere Verstimmung gegen das Beten überhaupt hineingeraten, so daß es ihm fremd und unmöglich wird zu beten. Dann kann leicht die Folge sein, daß er ohne Unterlaß versäumen wird zu beten, bis er den Schlüssel zum Gebetstürlein seiner Seele verliert und ein gebetsloses Leben führt. Daher ist die Mahnung berechtigt, sich für sein Beten zu rüsten und nicht selbst allerlei Schutt vor dem Gebetskämmerlein aufzuhäufen. Steht aber das sonstige Leben mit dem Beten in geradem, gesundem Verhältnis, so wird uns das Beten das selbstverständlichste Ding sein, das wir ohne Unterlaß treiben können.
Herr, lehre du mich bei meinem Leben und Treiben daran denken, daß ich ein Beter sein will. Erinnere mich draußen an das Geheimnis mit dir im Kämmerlein. Segne mein Gebet und gib mir den Geist des Gebetes. Amen. (Samuel Keller)

4:8 So seid nun mäßig und nüchtern zum Gebet. Vor allen Dingen aber habt untereinander eine inbrünstige Liebe; denn die Liebe deckt auch der Sünden Menge.1)
Wie Petrus, nachdem er seinen Herrn verläugnet hatte, an das Wort desselben dachte: „Ehe denn der Hahn krähet, wirft du mich drei Mal verläugnen!“ so hat er auch, nachdem er sich bekehrt hatte, an das Wort des Herrn gedacht: „Wenn du dermaleinst dich bekehrest, so stärke deine Brüder!“ Er ist wacker gewesen und hat seine Brüder gestärket mündlich und schriftlich. Seine beiden Briefe sind recht eigentlich zur Stärkung der Brüder geschrieben. So denn auch das Wort 1 Petr. 4, 8: „Seid mäßig und nüchtern zum Gebet.“ Für Christen, welche der Heiland beten gelehrt, und in deren Herzen Gott den Geist seines Sohnes gesandt hat, welcher schreiet: Abba, lieber Vater! sollte es weiter keiner besonderen Ermahnung zum Gebet bedürfen. Wie es ganz unkindlich wäre, wenn ein Kind nicht zu seinem Vater redete, ihm nicht seines Herzens Freude und Leid offenbarte, ihn nicht um Unterweisung, Trost, Rath und Hülfe anspräche, ihm nicht für das empfangene Gute dankte und für die begangenen Fehler Abbitte thäte: so unchristlich wäre es, wenn ein Christ nicht täglich seinem himmlischen Vater Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung opferte. Durch das Gebet wird man vor der Entfernung von Gott bewahrt, bleibt mit ihm in vertraulichem Umgang, lernt vor ihm wandeln und fromm sein, und wird stark in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke. - Aber des Apostels Zuspruch: „Seid mäßig und nüchtern zum Gebet!“ ist nicht sowohl eine Ermahnung zum Gebet, als eine Ermahnung zu dem, was erforderlich ist, um recht beten zu können, nämlich zur Mäßigkeit und Nüchternheit; wie denn der Heiland eben dazu ermahnt, wenn er vor dem Gegentheil warnt: „Hütet euch, daß eure Herzen nicht beschweret werden mit Fressen und Saufen!“ und der Apostel Paulus, wenn er schreibt: „Enthaltet euch von fleischlichen Lüsten, welche wider die Seele streiten.“ Zum Gebet macht nichts unlustiger und untauglicher als ein Herz voll irdischer Sorgen und weltlicher Lüste, ein Kopf voll eitler Gedanken und unreiner Bilder, und ein Leib voll Speisen und Getränken. Die Regel für des Leibes Gesundheit: „Mein Kind, prüfe, was deinem Leibe gesund ist, und was ihm ungesund ist, das gieb ihm nicht!“ nimm dir auch zur Regel für der Seele Gesundheit. Was ihr ungesund ist, das gieb ihr nicht, dessen enthalte dich. Was etwa andere vertragen können, das kannst du nicht vertragen. Es giebt auch im Christenthum verschiedene Lebensalter; Kinder, Jünglinge und Väter. Das nimm auch in Betracht bei der Prüfung dessen, was für deine Seele gesund oder ungesund ist. Alles, was dich so zerstreut, daß du deinen Gott hinterher im Gebet nicht wieder finden kannst; was dir den Geschmack am Worte Gottes verdirbt; was dich träge und lässig zum Guten macht.: das ist dir ungesund, es habe Namen, welchen es wolle, es sei nun von leiblicher oder von geistlicher Art. Darum seid mäßig und nüchtern, beides leiblich und geistlich. Leiblich, weil Leib und Seele in diesem Leibesleben zu genau verbunden sind, als daß der Geist von dem unberührt bliebe, was den Leib beschwert; geistlich, weil Zerstreuungen, Sorgen und Leidenschaften den Geist verwirren und berauschen. Seid aber beides leiblich und geistlich nüchtern zum Gebet, um wachen und beten zu können, daß ihr nicht vom Wege des Lebens abweichet und euer Ziel aus den Augen verliert. Betet, daß Gott seine Hand nicht von euch abziehe, daß er das in euch angefangene Wert durch nichts in der Welt wolle rückgängig werden oder in Stillstand gerathen lassen, sondern ihm einen guten Fortgang verleihe. Betet, daß er durch seinen Geist euch wachsen lasse in der Erkenntniß, und durch Erkenntniß alles des Guten, das ihr in Christo habet, euren Glauben vermehre, und die Liebe völlig werden lasse. Betet um christliche Weisheit und Besonnenheit im Glücke; um Geduld und Vertrauen in Trübsal; um Kraft, sowohl den Reizungen als den Drohungen des Bösen zu widerstehen. Kurz, weil jeder Tag große entscheidende Ereignisse über euch herbeiführen, jeder Tag eurer Tage Ende bringen kann, so finde euch jeder Tag mäßig und nüchtern zum Gebet. (Carl Johann Philipp Spitta)


Das Gebet ist das sicherste Mittel alles geistlichen Wachstums; aus dem Bekenntnis der Sünde wird die Demut immer neu geboren; der Glaube belebt sich in Ergreifung der Verheißungen Gottes; die Hoffnung wird freudiger im Vorgenuß ihres einstigen Besitzes, und im Anschauen dessen, den die Seele liebt, wird diese Liebe immer inniger und wächst mit der Erfahrung der Vergebung (Luk. 7,47).Je tiefer die Seele in das Geheimnis der ewigen Liebe hineinschaut, um so viel herrlicher, anbetungswürdiger wird ihr ihr Gott und Herr; sein Anschauen wird ihr liebe Lust, die Dinge der Welt erscheinen ihr mehr schal und wertlos, und ihr ganzes Verlangen geht dahin, mit ihrem Herrn völlig vereint zu sein. Darf es uns wundern, daß wir so wenig Christusähnlichkeit an uns haben, da wir so wenig beten, d.h. seine Gemeinschaft suchen, und es so oft zu vergessen scheinen, daß er alle seine Gaben an das gläubige Gebet knüpft? „Was ihr bitten werdet, das will ich tun.“, versichert er.
Damit wir ohne Unterlaß beten können, wozu uns Gottes Wort immer wieder ermahnt, gilt es mäßig, nüchtern oder wachsam zu sein. Die List des Satans geht vor allem dahin, die Quelle des Gebets in uns zu verstopfen, und er weiß, daß das sicherste Mittel dazu eine gewisse Berauschung ist. Sobald wir die ernste Aufmerksamkeit auf uns selbst verlieren und durch irgend einen Genuß unter die Herrschaft sinnlicher oder natürlicher Neigungen geraten, sind wir machtlos in der Versuchung. Wir verlieren die Fähigkeit der Prüfung und sind unzugänglich für die Leitung des Heiligen Geistes. O, seien wir wohl auf unserer Hut! Laßt uns meiden jede Zerstreuung, die - unter dem Vorgeben größerer Freiheit - den Ernst des inneren Lebens unterbricht. Die Nüchternheit und der Trieb zum Gebet sei uns der Maßstab des Erlaubten und Unerlaubten. Wehe uns, wenn wir diese innere Richterstimme betäuben! (Hermann Heinrich Grafe)


Nicht meine Liebe, nicht meine Sünden, nicht vor Gott. Der Zusammenhang zeigt deutlich, daß Bruderliebe gemeint ist, die nicht Wohlgefallen daran hat, des Bruders Sünden aufzudecken, sondern zuzudecken. Wer noch meint, er müsse andere herabsetzen und als Unreine darstellen, damit dadurch seine Reinheit gehoben werde, der kann gar nicht anders als nach geheimen Flecken des anderen spüren. Ist der andere noch dazu ein Nebenbuhler um Gunst oder Ehre vor den Brüdern, oder neidet man ihm seine unbestreitbaren Vorzüge, oder hat er uns sehr weh getan, so freut sich der lieblose Christ, jenen geheimen Schmutz ans Licht zu ziehen - auch wenn die volle Sicherheit des Beweises noch fehlt. Oder man möchte durch solche Offenbarung seine unbrüderliche Stellung entschuldigen und begründen; man protzt mit dem scharfen Gewissen, das einem nicht gestatte, dergleichen zu dulden. Wie hebt sich davon das schlichte Wort ab: Die Liebe deckt auch der Sünden Menge! Wie wohl tut es uns, wenn jemand trotz unserer Mängel uns sehr liebt und überall verteidigt. Wie weh taten wir manchem durch rücksichtsloses Aufdecken seiner schmerzenden Stellen. Hast du in diesem Punkte nichts zu bereuen?
Herr, gehe nicht ins Gericht mit mir, wie ich es mit meinem Nächsten oft getan habe. Vergib mir jene Härte und lehre mich die Liebe, die zudecken kann. Ich brauche solche Liebe; zünde sie in meiner Seele an. Amen. (Samuel Keller)

4:9 Seid gastfrei untereinander ohne Murren.

4:10 Und dienet einander, ein jeglicher mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes:
Ich schäme mich, daß über die (Ep. ad. Galat.) Heil. Schrifft meine Auslegung in Druck geben soll, weil sie gar weit zu gering, und viel zu wenig darüber ist. Denn ich weder diese hohe Sachen, davon gehandelt wird, gnugsam ausstreichen, noch den grossen mächtigen Ernst und Eifer so völlig darthun, und an den Tag vor augen stellen kan. Doch lasse ich meine Gedancken darum ausgehen, dass ich meinen lieben Christen damit diene, zweiffele auch nicht, sie werden mir für meinen gehabten und hertzlich wohlgemeinten Fleiß im HErrn gern dancken, wo ich ihnen zu ihrem Nutz gedienet habe, oder werden mir zu gut halten, ob ich mich etwas zu viel unterstanden, es nicht so wohl getroffen, und so gar gut machen können, als ich wohl gern gethan hätte, und sie vielleicht begehren möchten. Den Gottlosen aber solt mir hertzlich leid seyn, daß ihnen etwas hierinne zu gefallen gemacht wäre, sondern wolte nur das gern, daß sie mit ihrem Gott, dem Teuffel, aufs allerhefftigste erbittert würden. (Martin Luther)


Die Gaben des Herrn sind sehr verschieden, nicht nur der Art, sondern auch dem Maße nach. Aber diese verschiedenen Gaben werden nach dem Willen und der Ordnung Gottes durch eine tief begründete feste Einheit zusammengehalten: durch die ihres Ursprungs und die Einheit ihrer Bestimmung. Denn alle gute und vollkommene Gabe kommt von oben, vom Vater des Lichts, der in Mannigfaltigkeit seiner Segnungen nur einige Strahlen aus der Fülle seiner Herrlichkeit und Größe uns offenbart; und für alle gibt es nur ein Ziel: sie sollen von jedem zum eigenen und zu des Nächsten Heil treulich benutzt werden. Das gleiche wunderbare Gesetz, nach dem in dem weiten Gebiet der Schöpfung immer ein Teil vom andern abhängt und ihm dient, gilt in verstärktem Nachdruck auch in der geistlichen Schöpfung, dem Leibe Christi oder der Gemeinde der Gläubigen hienieden. Es ist ein trauriges Zeichen der Erstarrung des geistlichen Lebens, wenn die selige Pflicht gegenseitiger Hilfeleistung mit der vom Herrn empfangenene Gabe in der Gemeinde Christi versäumt wird.
Mancher versteckt sich gern hinter einer falschen Bescheidenheit, um sich solchem Dienst am Nächsten zu entziehen - aber im Grunde ist es Selbstsucht. Jeder hat irgend eine Gabe empfangen, die er nicht nur zu seinem eigenen Heil anwenden, mit der er auch andern dienen soll. Weil die Gabe nicht unser Eigentum ist, sondern ein anvertrautes Pfund, sind wir dafür Rechenschaft schuldig. Es kommt dabei nicht auf die Größe der Gabe an, sondern auf unsere Treue in ihrer Verwendung. Wir müssen wirken, solange es Tag ist; denn alles deutet darauf hin, daß die Nacht nicht mehr fern ist, wo niemand wirken kann. (Hermann Heinrich Grafe)

4:11 so jemand redet, daß er's rede als Gottes Wort; so jemand ein Amt hat, daß er's tue als aus dem Vermögen, das Gott darreicht, auf daß in allen Dingen Gott gepriesen werde durch Jesum Christum, welchem sei Ehre und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.2)
Das ist eine sehr nöthige Lehre in der Kirche, und wo sie wäre bisher gehalten worden, so wäre die Welt nicht mit des Antichrists Lügen und Verführung erfüllet; denn es ist hiemit allen denen, so in der Kirche Etwas sein und thun, wie hoch auch ihr Amt und Gaben sind, ein Ziel gestellet und gezeigt, wie fern sie in denselben gehen sollen, daß sie das Maaß nicht überschreiten. Denn es ist nicht also in der Christenheit gethan, wie in dem Welt - Regimente und denen Sachen, so äußerlich Ding und zeitlich Gut betreffen, da die Menschen, nachdem sie es verstehen und ihre Vernunft lehret, mögen regieren, Gesetz und Recht stellen und darnach gebieten, strafen, nehmen und geben; sondern es ist hier ein geistlich Regiment der Gewissen vor Gott, und was da geredet, gelehret, geheißen, oder gethan wird, das muß also gehen, daß man wisse, daß es vor Gott gilt und bestehet, ja, daß es von Ihm hergehet und fleußt, damit man könne sagen: Das hat Gott selbst geredet oder gethan; denn in seinem Hause (die Kirche), da Er regieret und wohnet, da soll und will Er auch, als der rechte Hausherr, Alles mit einander selbst reden und thun, ob Er wohl des Menschen Mund und Hand dazu gebrauchet. Darum muß hier am ersten und vor allen Dingen in der Lehre, beide, von Predigern und Zuhörern, darnach gesehen werden, daß man klar und gewiß Zeugniß habe, daß solche Lehre sei eigentlich das rechte Gottes Wort, vom Himmel offenbaret, den heil. Propheten, Vätern und Aposteln gegeben und von Christo selbst bestätiget und befohlen zu lehren. Denn es mit nichten zu leiden ist, daß man also mit der Lehre wollte Umgehen, wie es einem Jeden gelüstet, oder ihm gut und fein deuchte, und sich reimen wollte nach menschlichem Verstand und Vernunft, oder mit der Schrift und Gottes Wort spielen und gaukeln, daß sichs müßte deuten, lenken, dehnen und sticken lassen, wie sichs leiden wollte, um der Leute, oder Friedens und Einigkeit willen; denn damit wäre kein gewisser, noch beständiger Grund, darauf sich die Gewissen verlassen möchten. (Martin Luther) (Martin Luther)


Alles was wir haben an Leib und Seele, Gut und Ehre, das haben wir als Geschenk und Gnadengabe von Gott; ja, es ist uns nur geliehen für diese Welt, daß wir dessen zur Ehre des Gebers und zum Nutzen des Nächsten brauchen sollen. Wir sollen einander beistehen mit Rath und That, in christlicher Liebe, mit Aufopferung und treuer Hingebung; sollen als Glieder Eines Leibes unsere höchste Ehre darin finden, daß wir in den Brüdern dem Herrn Christus dienen können. Und über dieses unser Dienen sollen wir nicht viel reden, kein Aufsehen damit machen, unsere Verdienste nicht hoch rühmen. Die Sonne geht ohne Geräusch auf, und die Saat keimt und sprießet in stiller Verborgenheit. Christus, wenn er mit seiner Gottesmacht die Kranken und Gebrechlichen geheilt hatte, entzog sich der lobpreisenden Menge und sprach zu dem Geheilten: „Gehe hin und sag' es Niemand!“ Gott der Herr hat aber allen Menschen ihre besonderen Gaben zugetheilt, also, daß Einer an den Andern gewiesen ist, und Keiner für sich selbst etwas vermag. Das Meiste von dem, was ein Mensch ist und hat, ist er Andern schuldig; wollte er Alles selbst ausrichten, er würde bald Schiffbruch leiden. Darum haben wir uns gegenseitig zu tragen und zu helfen in aller Geduld und Sanftmuth, und auch da willig und gern Dienste zu leisten, wo weder Gegendienst noch Belohnung zu hoffen steht, so hat uns Gott die Liebe in's Herz gelegt, und durch dieses Band der Liebe im Dienste Anderer ihren Beruf und ihre Freude. So ging der hülfreiche Heiland umher und that wohl und machte gesund. „Des Menschen Sohn ist nicht gekommen, daß er ihm dienen lasse, sondern daß er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für Viele.“ Matth. 20, 28. So will auch ich dienen mit den Kräften, die Gott mir gegeben hat, die Meinen in Krankheit treulich pflegen, jedes Opfer, das die Liebe erheischt, willig bringen, nicht wieder schelten, wenn ich gescholten werde, Fehler und Mängel geduldig tragen, und überall im Dienste des Herrn wirken, so lange es Tag für mich ist. „So ein Bruder oder eine Schwester bloß wäre und Mangel hätte der täglichen Nahrung, und Jemand unter euch spräche: Gott berathe euch, wärmet euch, und sättigt euch, gäbet ihnen aber nicht, was des Leibes Nothdurft ist, was hülfe sie das?“ Jacobi 2, 15 und 16. Meine Liebe soll nicht bestehen in frommen Worten, in leeren Versprechungen, in kalten Tröstungen, sondern in der That und in der Wahrheit. Herr, stärke mich dazu mit deiner Gnade. Amen. (Christian Wilhelm Spieker)

4:12 Ihr Lieben, lasset euch die Hitze, so euch begegnet, nicht befremden (die euch widerfährt, daß ihr versucht werdet), als widerführe euch etwas Seltsames;

4:13 sondern freuet euch, daß ihr mit Christo leidet, auf daß ihr auch zur Zeit der Offenbarung seiner Herrlichkeit Freude und Wonne haben möget.

4:14 Selig seid ihr, wenn ihr geschmäht werdet über den Namen Christi; denn der Geist, der ein Geist der Herrlichkeit und Gottes ist, ruht auf euch. Bei ihnen ist er verlästert, aber bei euch ist er gepriesen.
Von den Richtern und Propheten Israels wird zuweilen gesagt, daß der Geist des HErrn über sie gekommen sei, das letzte Mal aber wird diese Redensart von Maria, der Mutter Jesu, Luk. 1,35. gebraucht. Es wird aber dadurch eine außerordentliche Wirkung des Heiligen Geistes ausgedrückt, welche nicht lange gewähret hat. Petrus aber sagte von den Glaubigen, an die er schrieb, der Geist der Herrlichkeit und Gottes ruhe auf ihnen. Als einen Geist der Kraft, der Liebe, der Zucht, der Weisheit, der Kindschaft u.s.w. haben sie Ihn empfangen; als einen solchen hat ihn Gott in ihre Herzen gesandt, und Er wohnet in ihnen; aber als ein Geist der Herrlichkeit und Gottes ruht Er auf ihnen. Er beschirmt sie, Er hat ein Aufsehen auf sie, und zwar mit einem liebreichen Wohlgefallen; denn die göttliche Ruhe schließt immer das göttliche Wohlgefallen in sich. Auch auf Jesu ruhte der Geist des HErrn, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Raths und der Stärke, der Geist der Erkenntniß und der Furcht des HErrn, Jes. 11,2. Und dieses wurde bei Seiner Taufe dadurch angezeigt, daß der Heilige Geist in einer Taubengestalt vom Himmel auf Ihn herab kam, und über Ihm blieb, Joh. 1,32., folglich Niemand diese Taubengestalt von Ihm wegweichen sah, so lange das Gesicht währete. Petrus nennt den Geist, der auf den Glaubigen ruht, den Geist der Herrlichkeit und Gottes, und gibt ihnen hiedurch zu verstehen, was für einen überschwänglichen Ersatz der Schmähungen sie haben, welche sie über den Namen Christi leiden müssen. Er ist ein Geist der Herrlichkeit, weil Er heilig ist, Seine Heiligkeit von sich ausstrahlen läßt, und deßwegen würdig ist, von den Menschen und von allen Geschöpfen hoch gepriesen zu werden. Diejenigen, auf denen Er ruht, werden dadurch auch zu Heiligen und Herrlichen gemacht, an denen der HErr Jesus alles Wohlgefallen hat, Ps. 16,3. Er ist der Geist Gottes, der Geist des Vaters und des Sohnes. Gleichwie nun der Geist des Menschen ein menschlicher Geist ist, und zu des Menschen Wesen gehört, also ist der Geist Gottes ein göttlicher Geist, und gehört zum göttlichen Wesen. Er ist nichts Erschaffenes, keine himmlische Materie, kein englischer Geist. Er wird auch nie der Geist der Glaubigen genannt, ob Er schon auf ihnen ruht, und in ihnen wohnet; hingegen heißt Er der Geist des Jehovah, Ezech. 36,27., der Geist deß, der Jesum von den Todten auferweckt hat, Röm. 8,11., und der Geist Christi, Röm. 8,9., oder des Sohnes Gottes, Gal. 4,6., welcher eben dadurch als der wahrhaftige Gott gepriesen wird. Dieser Geist ist’s also, der auch auf den Glaubigen ruht, so daß sie unter Seinem Schirm und unter Seiner Aufsicht stehen, wenn sie sich in den größten Gefahren befinden, ja wenn sie auch ihre Leiber in den Tod hingeben müssen. Bei der Schöpfung schwebete Er auf den Wassern, und hielt sei, ehe die anziehende Kraft des Abgrundes angerichtet war, zusammen; nun ruht Er aber auf den Glaubigen, und erhält ihre Herzen und Sinnen in der Ordnung, damit sie sich die Hitze der Versuchung, die ihnen widerfährt, nicht befremden lassen. Ach daß der Geist, der ein Geist der Herrlichkeit und Gottes ist, immer auch auf mir ruhe! Dieses wird mir ein reicher Ersatz der Schmach sein, die ich um Christi willen leide.(Magnus Friedrich Roos)

4:15 Niemand aber unter euch leide als ein Mörder oder Dieb oder Übeltäter oder der in ein fremdes Amt greift.

4:16 Leidet er aber als ein Christ, so schäme er sich nicht; er ehre aber Gott in solchem Fall.

4:17 Denn es ist Zeit, daß anfange das Gericht an dem Hause Gottes. So aber zuerst an uns, was will's für ein Ende werden mit denen, die dem Evangelium nicht glauben?

4:18 Und so der Gerechte kaum erhalten wird, wo will der Gottlose und Sünder erscheinen?
Petrus schrieb 1 Petr. 4,16.: leidet Jemand als ein Christ, so schäme er sich nicht, er ehre aber Gott in solchem Fall. Er setzt aber alsbald hinzu: denn es ist Zeit, daß anfahe das Gericht an dem Hause Gottes: so aber erst an uns, was will’s für ein Ende werden mit denen, die dem Evangelio Gottes nicht glauben! Und so der Gerechte kaum erhalten wird, wo will der Gottlose und Sünder erscheinen? Derjenige leidet als ein Christ, den die Welt nicht wegen begangener Uebelthaten (vor welchen Petrus V. 15 warnt), sondern wegen seines christlichen Glaubens und Wandels haßt und plagt. Eben dasselbe Leiden kann aber auch ein Gericht genannt werden, wenn man es so ansieht, wie es von Gott verhängt wird. Gott verhängt dieses Gericht über die Gerechten wegen der Trägheit, die etwa bei ihnen eingerissen ist, wegen des Mißbrauchs Seiner Gnade und Gnadenmittel, oder auch wegen anderer Unordnungen und Abweichungen, welche, wenn ihnen nicht gesteuert würde, einen völligen Rückfall aus der Gnade nach sich zögen. Petrus, der in seinem Alter die mannigfaltigen Mängel der Christen bemerkte, sagte: es sei Zeit, daß das Gericht am Hause Gottes anfahe, und deutete damit vermuthlich auf eine Verfolgung, die entweder schon angefangen hatte, oder nahe bevorstund. Das Haus Gottes ist die Kirche. Hier fängt das Gericht Gottes an, hier braucht Gott die Gottlosen als Leute Seiner Hand, oder als Seinen Stecken, mit denen Er Seine Kinder stäupet. Das Wort Gericht zeigt eine liebreiche Strenge und heilsame Schärfe an. Gott nimmt’s bei den Seinigen genau. Es dürfen nicht eben die groben Laster, die Petrus 1 Petr. 4,15. rügt, sondern nur läßige Hände und müde Kniee bei ihnen anzutreffen sein: so hat Gott schon eine Ursache, ein Gericht über sie ergehen zu lassen. So aber an uns, - sagt Petrus, der sich selbst nach der Weise der alten Propheten auch unter die unartigen Kinder, die scharf gezüchtigt werden, rechnet - , - sagt Petrus, der sich selbst nach der Weise der alten Propheten auch unter die unartigen Kinder, die scharf gezüchtigt werden, rechnet – was will’s für ein Ende werden mit denen, die dem Evangelio Gottes nicht glauben? – wenn nämlich Gott Sein heiliges und gerechtes Gericht über diese ausbrechen lassen wird. Bei diesen Leuten ist gar keine Gerechtigkeit, weil sie dem Evangelio Gottes nicht glauben. Das göttliche Gericht trifft also nicht nur ihre Fehler, sondern ihre Personen. Das Feuer läutert sie nicht, sondern verzehrt sie gar. Ihr Ende ist das Verderben. Denn so der Gerechte, wenn ein göttliches Gericht über ihn ergeht, kaum erhalten wird, wo will der Gottlose und Sünder bleiben? Der Glaubensmuth geht nämlich bei einem solchen Christen sehr nahe zusammen. Seine Seele ist nahe bei der Hölle. Er muß sich jetzt von dem HErrn schelten lassen, dessen Freundlichkeit er vorher geschmeckt hatte. Doch wird er erhalten, weil noch ein zappelnder Glaube in ihm ist, mit dem er Christum ergreift, und sich an Ihn hält. Aber da es ihm so hart geht, und er kaum erhalten wird, wo will der Gottlose erscheinen, der keine Ehrfurcht vor Gott hat, und der Sünder, der in seinem ganzen Leben des rechten Zweckes verfehlt? Dieser bleibt nicht im Gericht, er besteht nicht vor dem heiligen Gott. Ihm ist Gott ein verzehrendes Feuer.(Magnus Friedrich Roos)

4:19 Darum, welche da leiden nach Gottes Willen, die sollen ihm ihre Seelen befehlen als dem treuen Schöpfer in guten Werken.3)
„So der Gerechte kaum erhalten wird, wo will der Gottlose und Sünder erscheinen?“ Welche Donnerworte! Es muß gewiß etwas recht Schweres sein, selig zu werden. Wer das nicht findet, giebt zu verstehen, daß er den Weg der Seligkeit noch nicht einmal wisse, und er weder die Glaubens- noch die Lebens-Gerechtigkeit besitze, die dazu erforderlich ist. Kaum wird der Gerechte erhalten, das heißt, es geht ohne Mühe, Streit und Angst nicht ab, er muß dabei viele Arbeit, Trübsal und Anfechtung ausstehen. Hast du nicht vom Bußkampf des Gerechten, von dem täglichen Fleiß der Heiligung, von der harten Stunde der Anfechtung im Streite wider die Sünde, Welt und Teufel, in der Glaubensprüfung, in schweren Leibesleiden, in dem letzten Todeskampfe und dergleichen mehr gehört? kennst du sie nicht aus eigner Erfahrung? Erkenne daraus, welch einen Ernst das Christenthum erfordert! Aber die Erhaltung zur Seligkeit, worauf dies Alles angesehen ist, versüßt Alles wieder. Es ist wohl der Mühe werth, über diesem unbefleckten und herrlichen Erbe etwas zu leiden. Wenn aber der Gerechte kaum erhalten wird, wie will der Gottlose bestehen? Es ist gewiß, wenn er hier in der Zeit nichts zu leiden bekommt und durch solche Leiden zu Gott gebracht wird, daß sein Leiden erst an jenem Tage angehen und kein Ungerechter und Sünder vor Gott wird bestehen können. – Gieb daher, o Herr, daß ich mir den Weg zum Himmel nicht so leicht und eben mache, daß ich vielmehr mit Furcht und Zittern meine Seligkeit schaffen lerne, daß ich ringe und kämpfe, durch die enge Pforte einzugehen. Mit eigner Kraft und Gerechtigkeit ist’s freilich unmöglich; aber Du bist es ja, der uns die Gerechtigkeit Deines Sohnes zueignet und durch die Kraft des heiligen Geistes in uns Alles, was nöthig ist, wirkt, Wollen und Vollbringen nach Deinem gnädigen Wohlgefallen.
Herr, nach der Seligkeit laß mich mit Zittern trachten,
Und keine Gnadenzeit in dieser Zeit verachten;
Denn da der Fromme kaum in dem Gericht besteht,
Was will der Sünder thun, wenn Gott zum Urtheil geht!
Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)


Ist irgendwo in dem neuen Testament die Lehre vom Kreuz des Christen herrlich und schön vorgetragen, so ist es gewißlich am Anfang und Ende dieses Kapitels durch Petrus geschehen.
Denn erstlich zeiget er, daß Kreuz und Trübsal, Widerwärtigkeit, Schmach und Verfolgung der wahren und rechtschaffenen Christen täglich Brod sey, und führt zugleich die Ursache an, warum wir über gedachtes Kreuz und Leiden in der Welt uns nicht beschweren sollen, nämlich, daß Christus selbst in Seinem Fleisch für uns gelitten hat, nicht zwar etwa um eines Verbrechens willen, (denn Er hat nie Unrecht gethan, und niemand konnte Ihn irgend einer Sünde überführen), sondern um unsertwillen, damit Er uns von der Sünde und dem ewigen Leiden erlösete.
Darum sollen wir über das Leiden dieser Zeit nicht so heftig schreien und wehklagen, sondern uns vielmehr mit dem Sinn Christi wappnen, das ist, mit festem Muth und beständigem Vorsatz unter allen Leiden und Widerwärtigkeiten ritterlich und geduldig aushalten. Denn wofern wir bei Christo bleiben - und mit Ihm in seliger Gemeinschaft stehen wollen, so müssen wir auch Sein Kreuz gern und willig auf uns nehmen, eingedenk, daß der Jünger und Knecht nicht besser, denn sein Herr und Meister ist.
Damit aber die Christen diese Lehre gerne hören - und in die That und Uebung zu bringen sich befleißigen möchten, so gibt Petrus sehr feinen Unterricht von der heilsamen Frucht und dem Nutzen des Kreuzes, daß es nämlich ein treffliches Mittel gegen die Sünde sey, indem er spricht: „Wer am Fleisch leidet, der höret auf von Sünden.“ Denn das liebe Kreuz ist gleichsam ein Zaum, daß man den fleischlichen Lüsten und Begierden, welche der verderbten menschlichen Natur gewaltig anhangen, nicht folge - noch sich zur Vollbringung derselben hinreißen lasse.
Das Kreuz diene ferner dazu, fährt Petrus fort, daß man zu einem recht heiligen Wandel und gottseligen Leben aufgemuntert werde, sonderlich wenn man zurückdenke - und fein fleißig nachsinne, wie man die vergangene Zeit und die verflossenen Jahre im Dienst des Satans und der Sünden so schändlich zugebracht habe. Da werde man um so eifriger dahin trachten, daß man die übrige Zeit, die man etwa noch in dieser Welt zu leben haben möchte, zu Gottes Ehre anwende - und nach Seinem Willen zu leben sich bemühe.
Darum spricht Petrus nicht ohne Ursache: „Es ist genug,“ als wollte er sagen: Es ist der Sünde und des Bösen nur allzuviel geschehen - und deßwegen hoch vonnöthen, nachdem man in dem vorigen Sündenstand so verkehrt und nach den fleischlichen, heidnischen Lüsten gelebet habe, daß man nun ein heiliges, frommes und gottseliges Leben anstelle - und der Sünde ja nicht wieder Raum und Platz gebe, sondern daß wir, weil Kreuz und Trübsal dieselbe in uns dämpfen könne, deßwegen alles Leiden mit Willen und Geduld auf uns nehmen sollen.
Darnach erinnert Petrus sehr bedenklich, was für ein Unterschied zu machen sey zwischen der Strafe eines Gottlosen und zwischen dem Leiden der Frommen, und warnet diese insonderheit, sie sollten wohl zusehen, daß sie nicht als Uebelthäter leiden, wie zum Exempel die Diebe und Mörder seyen, denen das Unglück und Böse, so sie trifft, ein verdienter Lohn ist, sondern als Christen, wenn sie nämlich um Gottes und Seines heiligen Worts willen allerlei Schmach und Verfolgungen von den Feinden Christi und Seines Evangelii zu erdulden und auszustehen haben.
Solches Leidens sollen sie sich durchaus nicht schämen - oder sich's befremden und wundern lassen, warum ihnen die gottlose Welt so vielerlei Schmach und Plagen anthut. Denn es befremdet diese, daß sie nicht mit ihr in das wüste und unordentliche Wesen hineinlaufen. Denn wo dieses geschähe, und sie unter dem gottlosen Haufen fein mitmachten, würde man sie wohl mit Frieden lassen. Nun sie aber einen gottseligen Wandel führen - und der Gottlosen Thun verachten, verwerfen und verdammen, so könne nichts anderes als Haß, Lästerung und Verfolgung über sie kommen. Wer so leidet, der „leidet als ein Christ - und ehret Gott in solchem Fall“, das ist, er bleibet fest an der Hoffnung, daß ihm Gott werde helfen. Denn welche der Zusage Gottes nicht trauen, daß Er helfen wolle, die verunehren denselben und verrathen ihre Ungeduld.
Darum sollen die Christen in ihrem Leiden sich lieber freuen und sich selig preisen, auch Gott darüber loben, ehren und danken, zumal, da sie sich damit trösten können, daß sie nicht allein, sondern mit Christo und allen Gläubigen leiden, die jemals in der Welt gewesen sind, und daß von Gott alles zu ihrem Besten gemeint sey, der sie als Seine Kinder, die noch mit vielen Schwachheiten umgeben sind, unter der väterlichen Zucht erhalte, damit sie allezeit in Glauben, Liebe, Hoffnung, Geduld, Gebet und andern Tugenden mehr wohl geprüfet und rechtschaffen erfunden werden mögen.
Wenn aber die Christen so geduldig ausharren, so werden sie auch - zur Zeit der Offenbarung der Herrlichkeit Christi - mit Ihm der ewigen Freude und Seligkeit theilhaftig werden; wogegen sich die Gottlosen aus der Frommen Leiden leicht die Rechnung machen können, wenn Gott Seinen lieben Kindern und Hausgenossen so vielerlei Trübsal widerfahren lasse, was sie zumal an jenem letzten Gericht Gottes werden zu gewarten haben, wofern sie sich nicht noch in der Zeit der Gnade bekehren und Buße thun.
Solches Gericht schärft denn auch Petrus sehr nachdrücklich ein, wenn er davon schreibet, es sey „nahe kommen das Ende aller Dinge,“ und zugleich zeiget, wie man auf dasselbe wohl bereitet seyn soll. Man soll nämlich nicht nur die Liebe gegen alle Armen und Dürftigen - und besonders gegen die, so um der Religion willen im Elend herumziehen müssen, willig beweisen, soll nicht nur im Beruf, man sey ein Prediger oder sonst in einem Amt, mit seinen Gaben allen Menschen nach Vermögen dienen, sondern auch im rechtmäßigen Leben sich täglich und stündlich erfinden lassen, damit man einst mit Freuden vor des Menschen Sohn stehen möge.
Er, der treue Schöpfer guter Werke, lasse demnach allezeit auf uns ruhen den Geist der Herrlichkeit, der uns treibe. Ihm allezeit unsere Seelen zu befehlen, damit wir in allem Leiden Freude und Wonne haben - und immerfort allein nach Seinem heiligen Willen leben mögen, auf daß also Gott in allen Dingen von uns gepreiset werde durch Jesum Christ, welchem sey Ehre und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. (Veit Dieterich)

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