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1. Korinther, Kapitel 2

1. Korinther, Kapitel 2

2:1 Und ich, liebe Brüder, da ich zu euch kam, kam ich nicht mit hohen Worten oder hoher Weisheit, euch zu verkündigen die göttliche Predigt.

2:2 Denn ich hielt mich nicht dafür, daß ich etwas wüßte unter euch, als allein Jesum Christum, den Gekreuzigten.1)
Die christlichen Völker haben viele Wissenschaften unter sich, welche zur guten Einrichtung des bürgerlichen und häuslichen Lebens, oder zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit dienen: diese Wissenschaften aber machen ihre Religion nicht aus, und wer sie gelernt hat, weiß wohl, daß er noch eine andere Weisheit zur Beruhigung der Seele und zur Erlangung des ewigen Lebens nöthig habe. Was ist es denn für eine Weisheit? Diejenige ist’s, die man durch die heilige Schrift erlangt, von welcher Paulus 2 Tim. 3,15. sagt: daß sie den Menschen zur Seligkeit weise mache. Wie aber? wenn ich weiß und für wahr halte, was die heilige Schrift von der Schöpfung, vom Sündenfall, von den Eigenschaften, Wegen und Gerichten Gottes, von den guten und bösen Engeln, von den Geboten Gottes, und von dem Tod, jüngsten Gericht und Ende der Welt lehrt; wenn ich dieses Alles weiß und für wahr halte, und nichts Weiteres mit meiner Erkenntniß fasse: werde ich wohl beruhigt, geheiligt und selig werden? Nein, alsdann wird dies geschehen, wenn ich dieses Alles in der Verbindung mit Christo dem Gekreuzigten fasse und glaube. Er ist derjenige, um deßwillen ich der Schöpfung froh werde. Um Seinetwillen sind mir die Eigenschaften, Wege und Gerichte Gottes nicht schrecklich, sondern tröstlich und heilsam. Darum liegen und schützen mich die guten Engel, weil Er mein Erlöser und Fürsprecher ist: und von der Gewalt der bösen Engel macht Er allein frei. Um Seiner Erlösung und Fürsprache willen empfängt ein glaubiger Christ den Heiligen Geist, der ihn zur Haltung der Gebote Gottes tüchtig macht. Er macht denen, die an Ihn glauben, den Tod zu einem Gewinn, das jüngste Gericht zu einer öffentlichen Ehrenerklärung, und das Ende der Welt zu einem Anfang seliger Ewigkeiten. Darum nannte Paulus seine ganze lehre eine Predigt von Christo, und sagte 1 Kor. 23.: er predige den gekreuzigten Christum, ja er habe bei den Korinthern nicht dafür gehalten, daß er etwas wüßte, ohne allein Jesum Christum, und zwar den Gekreuzigten. Er hatte zwar den Korinthern, da er bei ihnen war, auch die Auferstehung Christi, die Auferstehung der Todten, das letzte Gericht, und alle übrigen Glaubensartikel vorgetragen, wie er es auch in seinen Briefen zu thun gewohnt war; da er dann diejenigen, an die er schrieb, durch die Redensart: wisset ihr nicht? an dasjenige, was er ihnen mündlich gesagt hatte, mahnte: allein er konnte doch sagen, daß er nichts als Christum den Gekreuzigten gepredigt habe; weil er alle Artikel in der Verbindung mit Christo vortrug, oder weil Christus der Gekreuzigte in alle Artikel einfloß; weßwegen er auch 2 Tim. 3,15. von der heiligen Schrift sagt, daß sie durch den Glauben an Christo Jesu zur Seligkeit weise mache. Wenn also dieser Glaube nicht entstünde, so erreichte die heilige Schrift ihren Zweck nicht. Gleichwie in der Bibel alles Gute von Christo hergeleitet wird, also fließt aus dem Glauben an Ihn die Rechtfertigung vor Gott, der Friede mit Gott, das Wachsthum in der Heiligung, und die Vollendung derselben. In diesem Glauben befestige und erhalte uns der heilige Geist bis an unser Ende. (Magnus Friedrich Roos)


Die Korinther waren nach ihrer Bekehrung, und nachdem Paulus von ihnen weggezogen war, in einen Zwiespalt unter sich gerathen. Weil aber in Sachen, die das Christenthum betreffen, immer eine Unordnung aus der andern entspringt, so waren sie auch darauf verfallen, wie sie die christliche Religion durch Weglassung oder Verbergung der verhaßten und verachteten Lehre von Christo dem Gekreuzigten den weisen Heiden, ja auch sich selbst angenehmer machen könnten. Es ist nämlich dem fleischlichen Sinn der Menschen gemäß oder wenigstens erträglich, wenn man eine Sittenlehre vorträgt, die aus der Natur der Menschen und der menschlichen Gesellschaften hergeleitet wird. Auch kann es ihm gefallen, wenn man ihm von dem göttlichen Wesen, von der Welt, von Geistern, von Körpern u. dgl., allerlei ungemeine Dinge vorträgt, wie die weisen Heiden wirklich gethan, und dadurch etwas zur Verbesserung des irdischen Lebens beigetragen haben. Allein zur Erlangung der ewigen Seligkeit reicht dieses Alles bei weitem nicht zu, und wenn es aufblähet, so hindert es sogar daran. Was ist’s denn, wodurch die menschliche Seele Ruhe, Kraft, Sättigung, eine wahre Heiligung und endlich die ewige Seligkeit erlangt? Es ist die Lehre von Jesu Christo dem Gekreuzigten. Paulus erinnerte also die nach andern Sachen lüsternen Korinther an die Zeit, da er unter ihnen war, und durch seinen Dienst ein großes Volk unter ihnen bekehrt wurde, und sagte: ich hielte mich nicht dafür, daß ich etwas wüßte unter euch, ohne allein Jesum Christum, den Gekreuzigten. Dem Paulus war sowohl die pharisäische Theologie als auch die griechische Weltweisheit bekannt, denn jene hatte er in seiner Jugend studirt, und diese auf seinen Reisen kennen gelernt. Auch wußte er, was einzelne kleinere Sekten, welche das Heidenthum, Judenthum und Christenthum vermengten, von Sachen, welche sie nie gesehen hatten, und sich doch einbildeten, zur Reizung des Vorwitzes vortrugen: allein er bezeugte, er habe nicht dafür gehalten, daß er unter den Korinthern etwas wüßte, ohne allein Jesum Christum, und zwar den gekreuzigten Jesum Christum. Diesen habe er den Korinthern gepredigt, aus diesem habe er Alles hergeleitet. Paulus that dieses so, daß seine Predigt den Griechen eine Thorheit zu sein schien. Hätte er nun den gekreuzigten Jesum nur als einen weisen Mann gepredigt, der wegen seiner Sittenlehre (wie Sokrates) getödtet worden wäre, so hätten die Griechen seine Lehre nicht für thöricht gehalten. Allein er redete von Christo als einen Gottmenschen, und von Seinem Kreuzestod als einem Versühnopfer, und leitete das ganze Heil der Sünder daraus her. Dieses schien aber den Griechen eine Thorheit zu sein. Wollen wir nun rechtgläubig sein, so müssen wir das Evangelium von dem gekreuzigten Christo so annehmen, wie es von Paulo gepredigt, und von den Griechen als eine Thorheit verspottet worden ist. Wenn Jemand einen andern Christum predigt, so sollen wir dieses Fremden Stimme nicht hören, wie er denn selbst nach Pauli Ausspruch, Gal. 1,8.9., verflucht ist. Der Heilige Geist verkläre Jesum Christum den Gekreuzigten, wie Er in dem wahrhaftigen Evangelio vor die Augen gemalt wird, in unsern Herzen, damit Er uns armen Sündern göttliche Kraft und göttliche Weisheit werde. (Magnus Friedrich Roos)


Den Glanz des großen Denkers und des hinreißenden Redners tat Paulus mit bewusstem Entschluss auf die Seite, obwohl er ihn leicht erreicht hätte. In Korinth hat er seine Wirksamkeit unter die Regel gestellt: Ich weiß nur eines, dieses weiß ich aber mit gesicherter Gewissheit, und dieses eine ist, dass der Christus gekommen und dass er gekreuzigt worden ist. Wenn wir unser Denken anspornen, dass es in die Weite fährt, oder uns dem künstlerischen Trieb hingeben, überschreiten wir immer die Grenzen unseres Wissens. Jeder Philosoph hat unvermeidlich viel mehr gesagt als er wusste, und die Redner erliegen derselben Gefahr. Sowie wir aus unserer Erkenntnis etwas Ganzes machen wollen, füllen wir ihre Lücken mit unseren Vermutungen aus, erfinden zu dem, was uns gezeigt ist, Hintergründe und begleiten das, was geschieht, in seine verborgenen Anfänge. Das verschafft uns aber nicht mehr ein Wissen, sondern stellt uns zur Schar der Dichtenden. Paulus dagegen entschloss sich, streng bei dem zu bleiben, was er wusste. Denn sein Ziel war, in seinen Hörern Glauben zu erwecken. Zum Glauben gelangen wir nur durch eine Wahrnehmung, die uns Gewissheit gibt. Wer in der bunten Fülle seiner Gedanken glänzt und sie mit dichterischer Kraft verschönt, wird Bewunderung ernten, den Menschen aber nicht da fassen, wo die Entscheidung über sein ganzes Denken und Wollen erfolgt. Soll ich fürchten, Paulus mache sein Evangelium eng und klein, wenn es nur aus dem Einen bestehen soll, was Er weiß? Christus kennen, das ist nichts Enges, das ist die gewusste Gnade Gottes in ihrer alles neu machenden Größe, und nun erst noch wissen, dass Christus des Kreuz getragen hat, das ist ein Lichtquell, der alles beleuchtet. Nun weiß ich, was Gerechtigkeit und was Gnade ist, weiß, was Sünde und was Vergebung ist, weiß, was Gehorsam und was Liebe ist. Welch ein Reichtum von Erkenntnissen ist mir damit geschenkt! Sie sind so reich, dass mir durch sie die Kraft und die Pflicht zum Glauben gegeben sind.
Deine Weisheit, Herr Gott, reicht uns dar, was uns heilsam ist. Ich erkenne mit großem Dank, wie Deine Hand befestigt, was in uns schwankt. Den eitlen Drang, der ins Geheimnis führt, bändigst Du. Die Unruhe, die da nicht stille stehen will, wo Du Dich offenbarst, nimmst Du uns weg, und heilst das trübe Auge, das sich nicht zum Kreuze unseres Herrn erheben mag. Du gibst uns die Gewissheit, die uns trägt, das Ziel, das uns bewegt, die Kraft, die Dir uns unterwirft. Amen. (Adolf Schlatter)

2:3 Und ich war bei euch mit Schwachheit und mit Furcht und mit großem Zittern;

2:4 und mein Wort und meine Predigt war nicht in vernünftigen Reden menschlicher Weisheit, sondern in Beweisung des Geistes und der Kraft,

2:5 auf daß euer Glaube bestehe nicht auf Menschenweisheit, sondern auf Gottes Kraft.

2:6 Wovon wir aber reden, das ist dennoch Weisheit bei den Vollkommenen; nicht eine Weisheit dieser Welt, auch nicht der Obersten dieser Welt, welche vergehen.
Paulus hatte das Evangelium von dem Kreuz unsers HErrn Jesu Christi 1 Kor. 1,21. eine thörichte Predigt, und die Erlösung der Menschen durch einen gekreuzigten Heiland V. 25. eine göttliche Thorheit genannt; damit man aber diese Ausdrücke nicht mißdeute, sagt er 1 Kor. 2,6.: das, wovon wir reden, ist dennoch Weisheit, und zwar bei den Vollkommenen, und wird von diesen dafür erkannt. Die Juden und Griechen hatten Rabbi, Weltweise und Oberste unter sich: aber bei uns, sagt Paulus, gibt es Vollkommene, deren Urtheil mehr gilt, als das Urtheil jener. Welche sind aber diese Vollkommenen? Diejenigen Christen sind vollkommen, welchen starke Speise gehört, und die durch Gewohnheit (oder Geistes-Stärke) geübte Sinne haben zum Unterschied des Guten und des Bösen. Hebr. 5,14. Diese sind so gesinnet, wie Paulus nach Phil. 3,7-14. gesinnet war, und haben also eine überschwängliche, oder Alles überwiegende Erkenntniß Jesu Christi nach den verschiedenen Verhältnissen Seines Mittler-Amts. Bei diesen ist also das Evangelium vom Kreuz eine Weisheit. Wenn der Mensch zuerst gläubig wird, so ist er nach Kraft und empfindlichem Trost begieriger als nach Licht, und ist froh, wenn er durch jene von der Herrschaft der Sünde frei gemacht, und durch diesen von der Vergebung seiner Sünden versichert wird. Wenn er aber in der Gnade fest wird und noch mehr Licht bekommt, so kann er die Erlösung durch das Kreuz Jesu ruhig betrachten, und erkennt alsdann, ob er sie gleich nicht übersehen noch ergründen kann, daß sie mit den Eigenschaften Gottes und mit dem Bedürfniß der Menschen unvergleichlich schön harmonire, daß sie die größte Offenbarung der Liebe, Weisheit und Kraft Gottes sei, daß sie den Menschen, der sie glaubt, gegen alles gegenwärtige und zukünftige Uebel sicher stelle, und daß alle anderen Mittel, die Menschen gerecht und fromm zu machen, oder Gott zu versöhnen, und ein ewiges Heil zu erlangen, ganz unkräftig und thöricht ausgedacht seien. Er preiset also Gott wegen dieser Weisheit, hält sich hoch und glaubt sie von Herzen. Freilich trifft aber hier der vollkommene Christ keine Weisheit der gegenwärtigen Welt an, welche Jakobus Kap. 3,15. irdisch, menschlichund teuflisch nennt. Und weil die Welt sich auf ihre Obersten beruft, welche Staatskluge, Gelehrte, und Gönner dieser oder jener unglaubigen und eitlen Gelehrten sind, so sagt Paulus, die Weisheit, welche ein vollkommener Christ in dem Evangelio von dem gekreuzigten Jesu erblicke, sei auch nicht die Weisheit der Obersten der Welt, deren Ansehen Niemand blenden dürfe, weil keiner von ihnen die heimliche verborgene Weisheit, welche Gott vor der Welt verordnet, erkannt habe; den wenn sie erkannt hätten, hätten sie (oder ihres Gleichen Männer) den HErrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt. Ach es gibt noch jetzt Oberste der Welt, welche den HErrn Jesum gekreuzigt hätten, wenn sie an des Caiphas und Pilatus Stelle gewesen wären. Ihre Weisheit ist eben diejenige, welche Caiphas und Pilatus hatten. Man wird aber sehen, daß solche Weisen doch sterben, sowohl als die Thoren und Narren umkommen, und müssen ihr Gut Andern lassen Ps. 49,11. Die wahre Weisheit macht heilig und selig.(Magnus Friedrich Roos)

2:7 Sondern wir reden von der heimlichen, verborgenen Weisheit Gottes, welche Gott verordnet hat vor der Welt zu unsrer Herrlichkeit,
Vergeblich trachtet man das Evangelium von Jesu Christo so auszuwickeln und aufzuklären, daß es auch den natürlichen Menschen faßlich werde, und daß überhaupt keine dunkle Tiefe oder unübersehliche Höhe dabei übrig bleibe. Wer dieses thun will, kann es nicht anders thun, als durch Verfälschung und Schmälerung des Evangelii, und betrügt also sich und Andere damit. Paulus nennt 1 Kor. 1,21. das Evangelium eine thörichte Predigt, weil es den Weisen und Obersten der Welt eine solche zu sein scheint. Er sagt K. 2, V. 6., nur die Vollkommenen erkennen es als eine Weisheit, bekennt aber doch V. 7., es sei eine Weisheit Gottes im Geheimniß, oder es sei eine Weisheit, die in ein Geheimniß eingehüllt sei, folglich ihre Dunkelheit mit sich führe. Man könne dabei nicht Alles auswickeln, nicht von Allem Grund geben, nicht alle Fragen, die man aufwerfen möchte, beantworten. Sie sei überdieß den Weisen und Klugen dieser Welt verborgen, wie auch Christus Matth. 11,25. gesagt hat. Uebrigens sei es fest, nothwendig und heilsam, denn Gott habe dieses Evangelium oder diese Seine weise Lehre vor der Welt zu unserer Herrlichkeit verordnet, daß wir nämlich die ewige Herrlichkeit dadurch erlangen.
Wer nun auch durch angestellte Proben überzeugt werden will, daß die Weisheit, oder der weise Rath Gottes von unserer Seligkeit, wie er in dem Evangelio von dem gekreuzigten Christo enthalten ist, den Weltmenschen verborgen, an sich selbst aber und in Ansehung aller Menschen in ein Geheimniß eingehüllt sei, versuche es erstlich bei den Weltmenschen, und sage ihnen, wenn sie gutes Muths sind, etwas davon vor. Wenn sie nicht spotten, so werden sie es doch mit Ekel hören, für etwas Altes und Unkräftiges halten, und sich mit ihrem Gemüth alsbald davon wegwenden. Was ist die Ursache hievon? Sie wird Matth. 11,25. angezeigt, ingleichem 1 Kor. 2,14., wo Paulus sagt: der natürliche Mensch vernimmt nichts von dem Geist Gottes, es ist ihm eine Thorheit, und kann es nicht erkennen, denn es muß geistlich beurtheilt sein. Wenn aber auch ein vollkommener oder erleuchteter Mensch dieses Evangelium hört, und für eine göttliche Kraft und Weisheit hält, so muß er Vieles glauben, das man ihm nicht erklären kann. Wie ist’s möglich gewesen, daß alle Fülle der Gottheit hat in dem Menschensohn Jesu wohnen können? Wie war’s möglich, daß Christus Gott blieb, und Sich doch erniedrigte und ausleerte? Wie hat Sein Leben von nicht gar 33 Jahren und sonderlich Sein letztes Leiden von nicht gar 24 Stunden eine Erstattung für alle Sünden der ganzen Welt und eine Erduldung des ganzen Fluches des Gesetzes sein können? Dergleichen Fragen könnte man noch viele machen. Wer kann aber hier alles ausrechnen, auslegen und aufklären? Gewißlich ist das Evangelium eine Weisheit Gottes im Geheimniß. Allein der Glaube stößt sich nicht daran. Man muß ja nicht Alles deutlich wissen, was man glauben soll: das Klare und das Dunkle, das daran stößt, nimmt der Glaube als eine lautere und kräftige Wahrheit und Weisheit zugleich an, und thut es desto billiger, da auch bei den natürlichen und sichtbaren Dingen, an deren Dasein Niemand zweifelt, überall unerklärliche Geheimnisse anzutreffen sind. Gott ist allein weise. Ihm ist nichts ein Geheimniß. (Magnus Friedrich Roos)

2:8 welche keiner von den Obersten dieser Welt erkannt hat; denn so sie die erkannt hätten, hätten sie den HERRN der Herrlichkeit nicht gekreuzigt.

2:9 Sondern wie geschrieben steht: „Was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben.“
Paulus führt hier Worte an, worin Jesaias von der zukünftigen Gnade, die dem Volk Gottes widerfahren werde, geweissagt hat, s. Jes. 64,4. Weil nun Paulus die gnadenreiche Zeit des Neuen Testaments wirklich erlebt hatte, so deutete er die Weissagung Jesaiä auf die in Christo Jesu erschienene heilsame Gnade, deren ein Christ bei Leibesleben durch den Glauben theilhaftig werden kann, deren völliger Genuß aber auf die selige Ewigkeit aufgespart ist. Er sagt von derselben, Gott habe sie denen bereitet, die Ihn lieben. Es habe sie aber kein Auge gesehen, und kein Ohr gehöret, und sie sei in keines Menschen Herz gekommen, das ist, es habe Niemand einen Gedanken oder eine Vorstellung davon bekommen. Uns aber, setzt er hinzu, hat es Gott geoffenbart durch Seinen Geist, V. 10. Ob er also gleich dasjenige, was Gott bereitet hat, als etwas Verborgenes beschreibt: so bezeugt er doch, daß es von Gott geoffenbart worden sei. Es ist den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber geoffenbart, Matth. 11,25. Es ist zu der Zeit, da Paulus lebte, vielen Juden und Griechen, und auch den Klugen, Schriftgelehrten, Weltweisen und Obersten unter ihnen verborgen geblieben, den Aposteln aber, und durch sie den Berufenen durch den Geist geoffenbart worden, 1 Kor. 20. 2,8. 1,24. Es ist endlich allen natürlichen Menschen verborgen, und was man davon redet, dünkt sie eine Thorheit zu sein; den geistlichen Menschen aber ist es entdeckt, und wird von ihnen als eine göttliche Kraft und als eine göttliche Weisheit erkannt, 1 Kor. 2,14. Paulus deutet bei dieser ganzen Lehre auf den gekreuzigten Heiland, welcher den Berufenen göttliche Kraft und göttliche Weisheit ist, oder welcher ihnen von Gott zur Weisheit, und zur Gerechtigkeit, und zur Heiligung, und zur Erlösung gemacht ist. Kein natürliches Auge hat Ihn als den einigen Weg zum Vater entdeckt, kein Ohr hat von den Weisen dieser Welt gehört, was für eine Gnade den Menschen in Christo Jesu bereitet sei, auch hat sich kein natürlicher Mensch jemals davon eine Vorstellung in seiner Seele machen können. Man bemerke aber, daß Paulus nicht nur von der Erlösung Jesu Christi rede, insofern sie außer uns durch die Aufopferung Seiner selbst am Kreuz geschehen ist, sondern, daß er zugleich auch auf die Kraft und Wirkung derselben deute, die ein Glaubiger auf Erden in seinem Herzen erfährt, und in jener Welt ewiglich erfahren wird.
Das wahre Christenthum oder das geistliche Leben ist also, ob es schon durch Werke sich offenbart, nach einer andern und innerlichen Seite etwas Geheimes, Verborgenes und der Welt Unbegreifliches. Die Welt fährt, wenn sie von geistlichen Empfindungen und Erfahrungen reden hört, schnell zu, und nennt Alles Einbildung, fanatisches Wesen und Thorheit. Allein so urtheilt ein Blinder von der Farbe. Kein Weltmensch, er sei so klug oder gelehrt als er wolle, kann sich vorstellen, was in den Herzen derer vorgehe, die den HErrn Jesum lieben, und Seine Gnade genießen. Die äußerlichen Sinnen des Weltmenschen haben noch nichts davon entdeckt, und in sein Herz ist noch kein richtiger Gedanke und keine Empfindung davon gekommen.(Magnus Friedrich Roos)

2:10 Uns aber hat es Gott offenbart durch seinen Geist; denn der Geist erforscht alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit.2)
Paulus beweist 1 Kor. 2. die Wichtigkeit des Evangeliums so, daß er sagt, es handle von Dingen, die kein Auge gesehen und kein Ohr gehöret habe, und die in keines Menschen Herz gekommen seien, die aber Gott geoffenbaret habe durch Seinen Geist. Von diesem Geist nun sagt er: Er erforsche alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit, folglich habe Er den himmlischen Rath Gottes von unserer Seligkeit, welchen er V. 7. eine verborgene Weisheit Gottes nennet, die auch nach ihrer Entdeckung in ein Geheimniß eingehüllt sei, den Menschen, die Er auch ganz kenne, offenbaren können. Er erläutert solches hernach durch das Beispiel eines Menschen der einen Geist habe und sagt: welcher Mensch weiß, was im (andern) Menschen ist, ohne der Geist des Menschen, der in ihm ist? Also auch weiß Niemand, was in Gott ist, ohne der Geist Gottes. In dieser Lehre Pauli sind folgende Wahrheiten enthalten: 1) Gleichwie in einem jeden Menschen viele geheime Gedanken, Anschläge und Begierden sind, die Niemand weiß, als sein eigener Geist, also ist auch Vieles in Gott, das man eine verborgene Weisheit nennen kann, ja es sind Tiefen in der Gottheit, welche Niemand erforschen noch wissen kann, als der Geist Gottes. 2) Gleichwie aber der Geist des Menschen seine Gedanken, Anschläge und Begierden durch Worte entdecken kann, also hat auch Gott durch Seinen Geist Seine verborgene Weisheit oder Seine Tiefen geoffenbart, so viel den Menschen nöthig ist. Dieser Geist hat die Worte gelehrt, mit welchen jener weise Rath Gottes von den Menschen gelehrt, V. 13., folglich auch gedacht werden soll. 3) Gleichwie der Geist, der in dem Menschen ist, eine menschliche Natur hat, also hat auch der Geist Gottes eine göttliche Natur, und es wäre sehr thöricht, wenn Jemand denken wollte, Gottes Geist habe ein geringeres Wesen als das göttliche ist. 4) Der Geist des Menschen ist in dem Menschen, er ist sich alles dessen bewußt, was in dem Menschen ist, und siehet es als sein Eigenes an, weil er zum Wesen des Menschen gehört: also ist der Geist Gottes nicht als ein Geschöpf außer Gott. Er ist nicht in demjenigen Verstand der Geist Gottes, wie erschaffene Dinge Gottes sind, sondern Er ist der göttliche Geist, der die Tiefen Gottes als Seine Tiefen erforschet, und die Weisheit Gottes als Seine Weisheit offenbaret. 5) Paulus unterscheidet aber doch den Menschen und den Geist des Menschen; da dann das Wort Mensch alles dasjenige in dem menschlichen Wesen bedeutet, was nicht Geist ist. Also ist auch der Geist Gottes von Gott unterschieden, da dann das Wort Gott dasjenige in dem göttlichen Wesen bedeutet, das nicht der Heilige Geist ist, nämlich den Vater und den Sohn. Gleichwie aber der Mensch und sein Geist das ganze menschliche Wesen ausmachen, also sind der Vater und der Sohn und der Heilige Geist das ganze göttliche Wesen, oder die ganze Fülle der Gottheit. 6) Das Wort erforschen darf hier Niemand anstößig sein, denn es wird auch Ps. 139,1 23. von Gott gebraucht, und bedeutet die Erkenntniß dessen, das Andern verborgen ist. Der Geist Gottes erforscht auch alle Dinge, die außer Gott sind, insofern sie zukünftig sind, und viel Verborgenes in sich haben. Nun der ewige und allwissende Geist Gottes mache mich tüchtig, dasjenige, was Er den Propheten und Aposteln geoffenbart, folglich aus den Tiefen der Gottheit zum Heil der Menschen herausgegeben hat, zu verstehen, zu glauben und zu genießen.(Magnus Friedrich Roos)

2:11 Denn welcher Mensch weiß, was im Menschen ist, als der Geist des Menschen, der in ihm ist? Also auch weiß niemand, was in Gott ist, als der Geist Gottes.
Unser Geist hat nicht nur die Kenntnis aller inneren Vorgange in uns, als einer, der sie kontrolliert, sondern er ist sich auch seiner Verantwortlichkeit über dieselben Gott und Menschen gegenüber bewußt. Nur durch seine Schuld können seelische oder sinnliche Eindrücke sich zu solchen Gefahren auswachsen, daß Sünden daraus werden. Wenn er jede von außen anfliegende oder von innen (aus dem Unterbewußtsein) aufsteigende Regung sofort abweist, verliert sie ihre Entwicklungsmöglichkeit. Das kann man an mancher Lust, mancher Verliebtheit, manchem Zweifel, mancher Versuchung sehr deutlich beobachten. Daher muß unser Geist seine Oberleitung vom Geiste Gottes erhalten; anders kann der letztere über unsere Persönlichkeit keine Herrschaft ausüben. Die Vermittlung zwischen dem Heiligen Geist und unserer Persönlichkeit ist unser eigener Geist. Zu einem Geistesmenschen wird man nur dadurch, daß Gottes Geist immer mehr Besitz ergreifen kann von unserem Geist, daß unser Geist dem Geiste Gottes gehorsam ist. Heiligung heißt dann vor allen Dingen, daß man Raum im eigenen Geist schaffe für Gottes Geist.
Lieber Heiland, erbarme dich unser! Hier liegt viel Unterlassung und Versäumnis von unserer Seite vor, Unlust, uns deinem Geist zu überlassen. Vergib solche Schuld und überströme uns mit deiner Liebe, daß wir immer mehr Verlangen bekommen, uns für dich offen zu halten. Amen.(Samuel Keller)

2:12 Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, daß wir wissen können, was uns von Gott gegeben ist;
Lieber Freund, hast du empfangen den Geist aus Gott, der durch den Heiligen Geist in deiner Seele geboren ist? Wie notwendig das Wirken des Heiligen Geistes in der Seele ist, ergibt sich ganz deutlich aus der Tatsache, dass alles, was Gott der Vater an uns getan hat, und alles, was Gott der Sohn für uns vollbracht hat, unwirksam an uns vorüber geht, wenn nicht der Heilige Geist es unserem Herzen offenbart und nahe bringt. Welche Wirkung übt die Lehre von der Gnadenwahl auf den Menschen aus, wenn nicht der Geist Gottes bei ihm einkehrt?
Die Erwählung bleibt ein toter Buchstabe in meinem Gewissen, solange nicht der Geist Gottes mich beruft aus der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht. Dann aber erkenne ich durch meine Berufung auch meine Erwählung, und so erkenne ich, dass ich von Gott berufen bin, so weiß ich auch gewiss, dass ich nach dem ewigen Vorsatz Gottes auserwählt bin. Gott der Vater hat mit dem Herrn Jesus einen Bund und Testament gemacht; aber was nützt uns dieser Bund, ehe uns der Heilige Geist seiner Segnungen teilhaftig werden lässt und unsre Herzen auftut, dass wir sie empfangen können? Dort hängt der Inhalt aller dieser Segnungen am Fluchholze: Jesus Christus; aber da wir so klein sind, so können wir nicht bis zu diesem kostbaren Gut hinaufreichen; der Geist Gottes aber reicht es uns herab und übergibt es uns, und so wird es wirklich unser Eigentum. Bundesgüter sind an und für sich, wie das Manna in den Wolken, sterblichen Händen unerreichbar, aber der Geist Gottes öffnet die Fenster des Himmels und streut das lebendige Brot herab auf das Lager des geistlichen Israels. Christi vollendetes Werk ist Wein in Fässern, unser Unglaube hindert uns, den Wein herauszulassen und zu trinken, da taucht der Heilige Geist unser Gefäß in diesen köstlichen Wein, und alsdann trinken wir; aber ohne den Geist des Herrn sind wir ebenso tot in Übertretung und Sünden, als ob der Vater uns nie erwählt, als ob der Sohn uns nie erkauft hätte mit seinem Blut. Der Heilige Geist ist unumgänglich notwendig zu unserem Wohlergehen. So wollen wir denn wandeln in der Liebe zu Ihm und Ihn nie betrüben. (Charles Haddon Spurgeon)


Paulus hatte 1 Kor. 2,1. geschrieben: er sei zu den Korinthern nicht mit hohen Worten oder hoher Weisheit gekommen, da er ihnen das Zeugniß Gottes verkündigt habe, und V. 4.: sein Wort und seine Predigt sei nicht in rednerischen Worten einer menschlichen Weisheit bestanden, und V. 6.: er habe keine Weisheit dieser Welt, auch zu theuerst nicht der Obersten dieser Welt vorgetragen. Dieses Alles schrieb er an die Korinther, welche vor Andern wußten, was erhabene und rednerische Worte, und was die Weisheit dieser Welt und der Obersten dieser Welt sei, weil sie dieses Alles in der Nähe hören konnten, und sich nur allzuviel daran vergafften. Jakobus sagte Kap. 3,15. von der Weisheit dieser Welt, sie sei irdisch, menschlich, teuflisch. Irdische ist sie, weil ihr Zweck und Nutzen auf das irdische Leben eingeschränkt ist, menschlich, weil die menschliche Seele ohne den Geist Gottes sie ausbildet, und teuflisch, weil oft die abgefallenen Engel sie einblasen und aufblasen, in welchem Fall sie geradezu dem Wort Gottes widerspricht, und die Menschen in das Verderben führt. Paulus sagte aber 1 Kor. 2,12.: er und die anderen Apostel haben den Geist der Welt nicht empfangen, folglich sei ihre Weisheit keine irdische, menschliche und teuflische Weisheit, und, kurz zu sagen, keine Weisheit dieser Welt, welche zur Ueberredung Anderer rednerischer Worte bedarf, was von Gott geschenkt sei. Der Geist der Welt will Alles auch wissen, bildet sich ein, Vieles zu wissen, und weiß auch Dinge, welche die natürliche Vernunft erreichen kann, und welche in das irdische Leben hinein gehören. In diesen Dingen sind oft die Kinder der Welt klüger als die Kinder des Lichts. Doch weiß der Geist der Welt nicht, was Gott den Menschen aus Gnaden schenke und geschenkt habe, und daran ist doch Alles gelegen. Gott hat Seinen eingebornen Sohn gegeben, auf daß Alle, die an Ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Er gibt Seinen Geist, daß man an Seinen Sohn glauben könne, offenbart Sich und Seinen Sohn durch diesen Geist in den Herzen, und richtet dadurch schon hier den Anfang des ewigen Lebens an, welches endlich völlig wird. Dieses Alles zu erkennen, ist der Geist aus Gott nöthig. Paulus, der nicht von Menschen und auch nicht durch Menschen ein Apostel wurde, und in Ansehung des Evangelii keinen menschlichen Unterricht empfangen hatte, wurde durch den Geist aus Gott unmittelbar von demjenigen, was Gott den Menschen geschenkt hat und schenken will, folglich von dem ganzen Inhalt des Evangelii belehrt. Aber auch wir müssen den Geist aus Gott empfangen, wenn wir erkennen wollen, was uns von Gott gegeben sit, denn der natürliche Mensch vernimmt nichts von demjenigen, was der Geist Gottes lehrt, ob es gleich im Wort Gottes schon geoffenbart ist; es ist ihm eine Thorheit, und kann es nicht erkennen, denn es muß geistlich, oder mit einem geistlichen Sinn, den der natürliche Mensch nicht hat, beurtheilt sein V. 14. Der Weltgeist offenbart sich zu allen Zeiten nicht nur durch eine irdische und menschliche, sondern auch durch eine teuflische Weisheit. Er widerspricht der Wahrheit, und streut Lügen aus, welche die Herzen der Menschen verkehren. Weil er sich nun auch zu unserer Zeit gewaltig regt, so haben wir nöthig, um den Geist aus Gott, der ein Geist der Wahrheit ist, zu bitten, und Seine Schüler zu sein.(Magnus Friedrich Roos)


Johannes redet 1 Joh. 4,1. von Geistern, die man prüfen solle, ob sie von Gott seien, und v. 3. von dem Geist des Widerchrists, von welchem die Glaubigen, an die er schrieb, gehört haben, daß er kommen werde, der aber schon zur selbigen Zeit in der Welt sei. Auf eine ähnliche Weise redet Paulus 1 Kor. 2,12. von dem Geist der Welt, den er und andere Knechte Gottes nicht empfangen haben. Das Wort Geist bedeutet hier nicht den Teufel; denn man sagt nicht, daß der Teufel in die Welt komme, oder daß ihn Jemand empfange: sondern die Fähigkeit und den Trieb böser Menschen, einzelne Lehrpunkte oder ganze Lehren und Künste auszubilden, da dann freilich der Teufel oft als ein unsichtbarer Lehrer und Treiber dahinter steckt. Wer den Geist der Welt empfangen hat, ist ein natürlicher Mensch, V. 14., und redet mit Worten, welche menschliche Weisheit lehren kann, V. 13.; da dann dasjenige, was er denkt und redet, entweder so beschaffen ist, daß es keinen andern Nutzen hat, oder daß es der seligmachenden Wahrheit entgegen gesetzt, folglich höchst schädlich ist. Auch im ersten Fall hat der natürliche Mensch, so lange er ein solcher bleibt, die wahren Begriffe von den Worten der heiligen Schrift nicht, und ist also in sich selbst blind, zu geschweigen, daß seine Weisheit oft nur auf irdische Dinge gerichtet ist. Wer aber sich von seine Trieb und Witz sogar hinreißen läßt, der Lehre von Christo zu widersprechen, oder einen andern Christum zu predigen, als Paulus gepredigt hat, hat den Geist des Widerchrists. Nicht der Geist der Welt, sondern der Geist aus Gott, nämlich der Heilige Geist, der vom Vater und Sohn ausgeht, macht die Menschen tüchtig zu wissen, was ihnen von Gott gegeben ist. Viele denken zwar, sie bedürfen dieses göttlichen Geistes nicht, weil doch in de Bibel deutlich gesagt sei, daß Gott Seinen eingebornen Sohn für uns Alle dahin gegeben, und daß Er uns um Seinetwillen das ewige Leben schenken wolle: folglich könne ein Jeder, der einen natürlichen Verstand, oder wohl gar auch einige Gelehrsamkeit hat, leichtlich wissen, was uns von Gott gegeben und zugesagt sei. Allein zu geschweigen, daß bei dieser Vorstellung einer hohen und edlen Gabe Gottes, nämlich der Gabe des Heiligen Geistes, welche Niemand erkennt, als wer sie hat, vergessen ist: so erinnert uns Paulus 1 Kor. 8,2., daß nicht ein jedes Wissen rechter Art sei. Weiß ich recht, daß Gott Seinen eingebornen Sohn in den Tod hingegeben hat, um mich zu erlösen, so ist’s unmöglich, daß ich nicht mein Vertrauen auf die Liebe des Vaters und die Gnade des Sohnes setze und dafür herzlich, mündlich und thätig dankbar sei. Weiß ich recht, daß mir Gott das ewige Leben in Seinem Sohn gegeben hat, so ist’s unmöglich, daß ich noch irdisch gesinnt sei, und den Bauch zum Gott mache. Ueberhaupt versteht derjenige noch nichts vom Evangelium, ob er’s gleich liest, hört und selber predigt, der dabei ein trockenes, todtes und fühlloses Herz behalten, und in der Eitelkeit des Sinnes dahin gehen kann. Der Geist aus Gott, welcher der Geist der Wahrheit heißt, lehre uns das wahrhaftige Wort Gottes recht verstehen, damit wir selig werden. (Magnus Friedrich Roos)


Es ist vergeblich, wenn die Menschen sich bemühen, den Sinn Gottes allein durch ihre Vernunft zu erkennen; wie denn Paulus 1 Kor. 2,16. und Röm. 11,34. fragt: wer hat des HErrn Sinn erkannt? Die christlichen Weltweisen haben zwar allerhand Feines von der gütigen Gesinnung des höchsten Wesens geschrieben, weil sie schon vorher durch das Wort Gottes daran gemahnt worden waren. Es trägt aber doch sehr wenig aus, wenn man beweist, daß das göttliche Wesen überhaupt ein gütiges Wesen sei; denn da das menschliche Geschlecht jetzt aus lauter Sündern besteht, so liegt uns daran, zu erkennen, wie Gott gegen Sünder gesinnt sei: und hier ist es sonnenklar, daß Niemand für sich selbst den Sinn Gottes erkannt habe. Doch die Menschen wollen nicht nur ruhig speculiren, sondern wollen auch Gottes Rathgeber sein, und Ihn unterweisen; das ist, sie wollen und wünschen sehr, daß Er so oder so gesinnt sei, so oder so handle. Sie machen Ihm gleichsam Vorschläge, und zürnen, wenn Gott Sich nicht nach denselben richtet. Allein Paulus fragt hier wiederum: wer ist Sein Rathgeber gewesen? wer will Ihn unterweisen? Was ist’s aber nun? Sollen wir in Ansehung des Sinnes Gottes in der Ungewißheit bleiben? Das sei ferne. Paulus sagt (1 Kor. 2.) V. 10.11.: der Geist erforschet alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit; denn welcher Mensch weiß, was im Menschen ist, ohne der Geist des Menschen, der in ihm ist? Also auch weiß Niemand, was in Gott ist, ohne der Geist Gottes. Hier ist also Derjenige genannt, der den Sinn Gottes weiß, wie er in Gott ist, oder wie er in den Tiefen der Gottheit verborgen lag, und der ihn auch entdecken kann. Dieser Geist lehrt auch die Worte, mit welchen man den Sinn Gottes den Sündern erklären soll; da die menschliche Weisheit solche nicht lehren könnte; s. V. 9.10.13. Aus diesem Allem ist klar, daß der Geist Gottes eine allwissende göttliche Person sei, weil Ihm ein Erforschen, und Wissen und Lehren zugeschrieben wird. Er wird von Gott, dessen Tiefen Er erforscht, unterschieden, und gehört doch selbst zum göttlichen Wesen, gleichwie der Geist des Menschen zu dem menschlichen Wesen gehört. Ferner schließen wir mit Recht aus den Worten Pauli, daß eine gewisse und klare Offenbarung des göttlichen Sinnes vorhanden sein müsse, wenn anders die Menschen in Ansehung desselben nicht in einer ewigen Unwissenheit bleiben sollen. Diese Offenbarung muß in Worte verfaßt sein, die der Geist Gottes auch gelehrt hat, und welche Zum Ausdruck neuer Dinge auch neue Bedeutungen bekommen haben; denn ungeschickte Worte würden die ganze Offenbarung für die Menschen unbrauchbar machen. Sie muß auch so, wie sie in Worte verfaßt ist, lauter sein, so daß die Menschen sie geradezu annehmen, und keine Auswahl machen dürfen; denn wer diese machen sollte, müßte schon vorher den Sinn Gotte erkannt haben, damit er die Auswahl oder Prüfung nach seiner vorhergefaßten Erkenntniß anstellen könnte. Gott sei nun gedankt, daß eine solche Offenbarung durch den Geist Gottes geschehen ist. Die Apostel empfingen den Geist aus Gott, und konnten deßwegen wissen und lehren, welche Gnade und welch‘ herrliches Erbe uns von Gott zugedacht sei. O Gott mache uns nun durch eben diesen Geist tüchtig, das Evangelium zu verstehen und zu glauben, damit wir wissen, was uns von Dir zu unserm Heil gegeben ist! Oeffne uns die Schrift durch eben denselben Geist, durch welchen sie geschrieben ist!(Magnus Friedrich Roos)

2:13 welches wir auch reden, nicht mit Worten, welche menschliche Weisheit lehren kann, sondern mit Worten, die der heilige Geist lehrt, und richten geistliche Sachen geistlich.

2:14 Der natürliche Mensch aber vernimmt nichts vom Geist Gottes; es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen; denn es muß geistlich gerichtet sein.
Wen der Heilige Geist nicht hat, der mag Christus zwar im Kopfe haben, gewiss aber nicht im Herzen. Im Heiligen Geiste kann und will Jesus in den Glaubenden wohnen, in ihnen will Er stets gegenwärtig sein. Wie die Luft das Element ist, in dem die Sonne die Erde beleben und erwärmen kann, also vermittelt der Geist die Gegenwart des Herrn, in Ihm ist es möglich, Gott zu erkennen. Darum kann der Mensch, der nicht an den Heiligen Geist glaubt, nichts von Gott wahrnehmen, und darum kann der im Herrn leben, der in der Gemeinschaft des Geistes steht. Wir glauben an die Allgegenwart Gottes; warum aber macht sich Sein Dasein im Leben vieler so wenig geltend? Der Heilige Geist bringt den Glaubenden die bewusste Gegenwart des Vaters und des Sohnes, die Innewohnung und Durchwohnung des lebendigen Gottes. Du verspürst etwas von Gott, wenn du in Gemeinschaft mit geistgetauften Christen stehst. Es ist deshalb ein Unterschied, ob du dich aus Schriften und Büchern geistgesalbter Christen erbaust, oder ob du mit ihnen persönliche Gemeinschaft pflegst. Der Geist im Wort und durch das Wort macht lebendig, das gesprochene Wort muss aber viel stärker wirken als das geschriebene, weil die Lebenswärme und Geisteskraft der Person unmittelbar an dein Herz tritt. Geisterfüllte Christen sind lebendige Organe des Herrn. Gott wohnt in ihnen, darum kann Er durch sie wirken und um sie her Seine Gegenwart kund werden lassen. Komm, wohn' und leb' in mir, Du wahrer, lebendiger Gott! (Markus Hauser)


d.i., alle natürliche Kräfte in uns, Seele und Herz, so sie ohne Gott sind, sind sie voll Zweifels, und ist nicht fester Glaube in ihnen zu Gott; sie achten nicht Gottes Zorn, sind sicher und hart, und so sie gleich die Strafe fühlen, wenn sie nicht durch das Evangelium und heiligen Geist getröstet werden; und ist allein natürlicher Kräfte Wirkung in ihnen, so ists eitel Verzweifelung und ewiger Tod, wie in Saul, Ahitophel, Juda, und sind oft schreckliche dergleichen Exempel zu sehen. (Philipp Melanchthon)


„Der natürliche Mensch vernimmt nichts vom Geiste Gottes,“ sagt Paulus, 1. Cor. 2,14; und so verhält sich's in der That. Der natürliche Mensch lebt nur in der Sinnenwelt und für dieselbe; er glaubt nur, was er mit seinen Augen sehen, mit seinen Händen betasten, mit seiner Vernunft begreifen kann. Die übersinnliche Welt ist für ihn nicht vorhanden. In seinem Leben waltet die Willkür, der Zufall oder das Gesetz der Nothwendigkeit. Von der Berufung des Menschen zur ewigen Seligkeit ahnet er nichts. Freuden des Geistes und Herzens, die aus der Hingabe des Herzens an Gott quellen, kennt und liebt er nicht. Sein vereitelter Sinn ergötzt sich an dem Irdischen, Naheliegenden und Nichtigen. Seine Losung und Lebensweisheit ist: „lasset uns essen und trinken, denn morgen sind wir todt.“ Wie will ein solches Weltkind den Geist der Religion fassen, die ihren Freunden ein unablässiges Ringen nach Heiligung, ein ernstes Trachten nach dem Höhern und Ew'gen gebietet, die uns über Zeit und Raum hinaus in das Reich des himmlischen Vaters führt, die ein demüthiges, bußfertiges, heilsbegieriges Herz verlangt, die uns das Kreuz der Trübsal und des Kampfes mit der Welt auflegt, damit wir für das Himmelreich erzogen, gestärkt und tüchtig gemacht werden!
Wie will der natürliche Mensch das große Wort verstehen: „und das Wort ward Fleisch und wohnete unter uns.“ I. Joh. 1, 1. 2 u. 14. Wie will er in Christo den armen, verachteten, an's Kreuz geschlagenen Menschensohn, den Abglanz der ewigen Herrlichkeit, das Ebenbild des lebendigen Gottes sehen? Ihm muß das Evangelium von der Erlösung eine Thorheit und ein Aergerniß sein. Kennt er doch keinen andern Maßstab für den Werth einer Sache, als den ihm das sinnliche Gefühl darreicht. Das Angenehme ist ihm allein das Gute; das sucht und schätzt und genießt er, und er glaubt das Höchste erreicht zu haben, wenn er alle Tage herrlich und in Freuden leben kann. Ach, halte mich fest, o Herr, in deiner Gnade, daß ich zu dieser unwürdigen und niedrigen Ansicht des Lebens, zu dieser unseligen Verblendung des Geistes, zu dieser jammervollen Selbstvernichtung in keinem Augenblicke meines Lebens herabsinke, Erhalte mich in der Wachsamkeit und im Gebet; der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach. Ich vermag alles durch Den, der mich mächtig macht, Christus. Philipp. 4, 13. Amen. (Spieker, Christian Wilhelm)

2:15 Der geistliche aber richtet alles, und wird von niemand gerichtet.

2:16 Denn „wer hat des HERRN Sinn erkannt, oder wer will ihn unterweisen?“ Wir aber haben Christi Sinn.
Dreierlei lerne ich aus diesem Kapitel: 1) daß der natürliche Mensch, wie Bewundernswürdiges er auch leiste auf dem Gebiete der natürlichen Dinge, auf dem Gebiete der geistlichen Dinge voll Blindheit und Thorheit ist. Kein Wunder, daß ihm die meisten Wahrheiten und Begebenheiten der heiligen Schrift als unbegreiflich und unsinnig erscheinen, oder als Thorheit und Aergerniß, und wie die Lehre Christi ihm thöricht ist, auch das geistliche Leben ihm als solches erscheint, welches verborgen ist mit Christo in Gott. 2) daß der Christ und der christliche Prediger nichts wissen darf als Jesum Christum, den Gekreuzigten, durch welchen allein die Seelen zur ewigen Seligkeit erbauet werden; denn es ist in keinem andern Namen Heil als in dem seinigen, die Engel selbst gelüstet, in das Geheimniß des Kreuzes Christi hineinzuschauen, und Betrübte und Angefochtene, Leidende und Sterbende können mit nichts wirksamer getröstet werden, als mit dem Blut und Verdienste unseres Heilandes. 3) daß diese Botschaft nicht erst menschlicher Weisheit und Beredtsamkeit bedarf, um wirksam zu sein, sondern durch ihren großen und ewigen Inhalt allein schon im Stande ist, Seelen zu erwecken und zu bekehren. Das Wort des Herrn braucht nicht erst bewiesen zu werden, es beweist sich selbst; es ist eine Kraft Gottes, selig zu machen alle, die daran glauben; es ist an sich ewige Wahrheit und wird jeden Tag von neuem als solche durch das Zeugniß des heiligen Geistes in den Herzen lebendig. Heil dem Worte, dem, wenn es verkündigt wird, das eigne Herz des Predigers und das Herz der Zuhörer Amen zuruft! Dazu mache auch mir Dein göttliches Wort, o Herr; es sei mein Licht, das meine Finsterniß verscheuche; es sei mein Heil, das mich von der Sünden Gewalt erlöse; es sei mein Trost, der mich im Leiden aufrichte; es sei der Anker meiner Hoffnung im Augenblick des Scheidens. Dann ist die Verheißung mein: „Ich will Israel wie ein Thau sein, daß er soll blühen wie eine Rose; und seine Wurzeln sollen ausschlagen wie Libanon; und seine Zweige sich ausbreiten, daß er sei so schön als ein Oelbaum; und soll so guten Geruch geben wie Libanon. (Hosea 14,6.7.) Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)

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