Ursinus, Zacharias - Artikel, in denen die Evangelischen Kirchen im Handel des Abendmahls einig oder spänig sind

Ursinus, Zacharias - Artikel, in denen die Evangelischen Kirchen im Handel des Abendmahls einig oder spänig sind

Gestellt durch Dr. Zachariam Ursinum den 4. Febr.Anno 1566

Einig sind sie in diesem Stück:
  1. Daß das Abendmahl sowohl als die Taufe ein sichtbares, von Christo an die Verheißung der Gnaden gehängtes Pfand und Zeugniß sei; vornemlich dazu, daß unser glaube an dieselbe Verheißung gestärket und gekräftiget werde.
  2. Daß im rechten Gebrauch des hl. Abendmahls sowohl, als in allen Sakramenten zweierlei Dinge uns von Gott gegeben und empfangen werden, die irdischen, äußerlichen, sichtbaren Wahrzeichen, als nämlich Brod und Wein, und die himmlischen, innerlichen, unsichtbaren Gaben, nämlich der wahre Leib Jesu Christi, sammt allen seinen Wohlthaten und himmlischen Schätzen.
  3. Daß wir im Abendmahl nicht allein des Geistes Christi, seiner Genugthuung, Gerechtigkeit, Lebenskraft und Wirkung, sondern auch der Substanz und des Wesens seines wahrhaften Leibes und Blutes theilhaftig werden, so für uns am Kreuz in den Tod gegeben und vergossen ist, und damit wahrhaftig zum ewigen Leben gespeiset werden, und solches uns Christus durch die Nießung des sichtbaren Brodes und Weins im Abendmahl anzeigen und bezeugen will.
  4. Daß das Brod und Wein nicht in das Fleisch und Blut Christi verwandelt werden, sondern wahres natürliches Brod und Wein bleiben; auch der Leib und das Blut Christi nicht in das Brod und den Wein eingeschlossen sind und derntwegen dieß Brod und Wein von Christo in diesem Verstand sein Leib und Blut genannt werden, daß sein Leib und Blut nicht allein dadurch bedeutet und uns für Augen gebildet, sondern auch, wenn wir dieses Brod und Wein im rechten Brauch nießen, uns wahrhaft zur Speise und zum Tranke des ewigen Lebens von ihm selbst gegeben werden.
  5. Daß außer dem rechten Brauch die Nießung des Brods und Weins kein Sakrament sei, sondern nichts denn eine vergebliche und zum Gericht mißbrauchte Ceremonie und Spectacel sei.
  6. Daß kein rechter Brauch des Abendmahls sei, ohne der, so von Christo selbst eingesetzt und geordnet ist, nemlich, daß dieß Brod und Wein zu seiner Gedächtniß und Verkündigung seines Todes genossen werde.
  7. Daß Christus keine heuchlerische, sondern ein solches Gedächtniß und Verkündigung seines Tods in seinem Abendmahl gebeut und fordert, welche mit wahrem lebendigem Glauben und herzlicher Dankbarkeit sein Leiden und Sterben und alle damit uns erworbenen Wohlthaten annimmt und dem Nießenden zueignet.
  8. Daß Christus allein in den Gläubigen und in denen, so nicht aus Verachtung, sondern aus Noth nicht zum Abendmahl kommen mögen, ja auch in allen Gläubigen von Anbeginn der Welt eben so wohl und eben also, bis in Ewigkeit will wohnen, als in denen, so zum Abendmahl kommen.
Spänig ist man in diesen:
  1. Der eine Theil will, man müsse die Worte Christi: „Dies ist mein Leib“ etc. nach dem Buchstaben verstehen, welches sie doch selbst nicht thun. Der andere aber, man müsse sie Sacramentsweise, nach Art aller Sacramente, nach Christi und Pauli Erklärung und gewisser Richtschnur der Artikel unseres christlichen Glaubens verstehen.
  2. Der eine Theil will, der Leib und das Blut Christi seien wesentlich In oder Bei dem Brode und Weine, und werde also gegessen, daß er mit dem Brod und Wein aus der Hand des Dieners durch den Mund der Nießenden in ihren Leib eingehe. Der andere Theil aber, daß der Leib Christi, der im ersten Abendmahl am Tische bei den Jüngern saß, jetzund nicht auf Erden, sondern droben im Himmel über und außer dieser sichtbaren Welt und Himmel sei und bleibe, bis er von dannen wieder herabkomme zum Gericht, und dennoch wir allhie auf Erden, wenn wir dieß Brod mit wahrem Glauben nießen, wahrhaftiglich mit seinem Leib und Blut also gespeiset und getränket werden, daß wir nicht allein mit seinem Leiden und Blutvergießen von Sünden gereiniget, sondern auch seinem wahren, wesentlichen, menschlichen Leib durch seinen in ihm und in uns wohnenden Geist also verbunden und und eingeleibet werden, daß wir aus seinem Fleisch und Beinen und mit ihm viel genauer und fester vereinigt sein, denn die Glieder unseres Leibes mit unserem Haupt und also das ewige Leben in und aus ihm haben.
  3. Daß der eine Theil will, alle die zum Abendmahl gehen und das Brod und den Wein nießen, sie seien gläubig oder ungläubig, die essen und trinken auch leiblich und mündlich das Fleisch und Blut Christi, die Gläubigen zum Leben und zu Seligkeit, die Ungläubigen zum Gericht und Tode. Der andere aber, daß die Ungläubigen wohl die äußerlichen Zeichen Brod und Wein zu ihrem Gericht mißbrauchen, aber den Leib und das Blut Christi allein die Gläubigen zum ewigen Leben durch wahren Glauben und obgemelte Wirkung des Geistes Christi essen und trinken können.

Die aber den Buchstaben der Worte,die mündliche Nießung der Gläubigen und Gottlosen vertheidigen, sind selbst in diesen Punkten mannigfaltig untereinander uneins.

Denn erstlich, Heßbusius und Andere streiten, man müsse die Worte Christi stracks nach dem Buchstaben ohne alle Erklärung verstehen, also, daß das Brod wesentlich der wahre, natürliche, wesentliche Leib Christi selbst sei.

Dagegen will Illyricus, daß nicht das Brod, sondern dasselbe so mit, oder in, oder unter dem Brod mit der Hand unsichtbarlich dargereichet wird, sind und werden von Christo genannt sein Leib und mit dem Wörtlein Das angezeigt und gemeint.

Zum andern, Paulus Eberus und Nicolaus Selneccer streiten heftig, daß mit dem Wörtlein Das, Christus nichts anders denn das sichtbare Brod und Wein gemeint und seinen Leib und Blut genennet habe.

Dagegen wollen jetzund die württembergischen Theologen, daß mit nichten das Brod und Wein allein, sondern das Brod sammt dem Leib, und der Wein sammt dem Blut, der Leib und das Blut Christi genennt und durch das Wörtlein Das verstanden werden.

Zum Dritten, Paulus Eberus schreibt, daß vor und nach der Nießung nichts, dann Brod allda sei und wolle Christus nicht mit seinem Leibe gegenwärtig sein, außerhalb des Brauchs.

Dagegen wollen die württembergischen Theologen, daß Christus nicht allein diesem sondern auch in allem andern Brod allezeit mit seinem Leibe gegenwärtig sei; der Unterschied aber stehe allein in diesem, daß er in diesem Brod sich zu essen gibt, in anderem aber nicht.

Zum Vierten, Paulus Eberus verwirft und widerlegt noch lang die Ubiquität des Leibes Christi, und disputirt darwider Nicolaus Hemmingius. Deßgleichen verwerfen sie auch Selneccerus, Kemnicius, Mörlinus und der mehrer Theile der evangelischen Theologen und Kirchen.

Es vertheidigen sie aber die Württembergischen Theologen und Marbach.

Zum Fünften, Eberus, Kemnicius, Heßbusius und alle, die in Sachsen die leibliche Gegenwart und die Nießung Christi im Brod vertheidigen, wollen derhalben keinen andern Grund nicht haben, noch suchen, denn allein das Wort Christi: „Das ist mein Leib.“

Dagegen schreiben an vielen Orten Johann Brentius und Jakobus Andreae, da man die Ubiquität nicht setze, könne man die leibliche Gegenwart und mündliche Nießung nicht behaupten. Denn die Worte Christi machen nur einen Unterschied zwischen diesem und anderem Brod, daß nemlich mit diesem der Leib Christi gegessen werde, und mit anderem nicht; daß er aber leiblich in diesem und anderem Brod gegenwärtig sei, und nicht allein geistlich, sondern auch mündlich in und unter dem Brode gegessen werde, müsse man aus dem einigen Grund der Majestät(wie sie die Ubiquität nennen) beweisen und erhalten.

Zum Sechsten, Eberus beweist stark und nach der Länge, daß die öffentlichen Gotteslästerer und Verächter, oder auch epicurische Gleißner, wenn sie zum Abendmahl gehen, nicht den Leib Christi, sondern allein das Brod nießen.

Wider ihn haben mit Namen geschrieben Wigandus, Judex, Museus, welche streiten, daß ohne Unterschied alle Gottlosen, so nur das Brod des Abendmahls nießen, auch den Leib Christi essen.

Zum Siebenten, Eberus, Selneccerus und Andere verdammen die Anbetung oder Verehrung Christi im Brod, als eine schreckliche Abgötterei.

Westphalus und etliche Andere wollen, daß man ihn darinnen anbeten solle.

Quelle: Sudhoff, Karl - C. Olevianus und Z. Ursinus Leben und ausgewählte Schriften

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