Spitta, Carl Johann Philipp - Seid mäßig und nüchtern zum Gebet!

Spitta, Carl Johann Philipp - Seid mäßig und nüchtern zum Gebet!

Wie Petrus, nachdem er seinen Herrn verläugnet hatte, an das Wort desselben dachte: „Ehe denn der Hahn krähet, wirft du mich drei Mal verläugnen!“ so hat er auch, nachdem er sich bekehrt hatte, an das Wort des Herrn gedacht: „Wenn du dermaleinst dich bekehrest, so stärke deine Brüder!“ Er ist wacker gewesen und hat seine Brüder gestärket mündlich und schriftlich. Seine beiden Briefe sind recht eigentlich zur Stärkung der Brüder geschrieben. So denn auch das Wort 1 Petr. 4, 8: „Seid mäßig und nüchtern zum Gebet.“ Für Christen, welche der Heiland beten gelehrt, und in deren Herzen Gott den Geist seines Sohnes gesandt hat, welcher schreiet: Abba, lieber Vater! sollte es weiter keiner besonderen Ermahnung zum Gebet bedürfen. Wie es ganz unkindlich wäre, wenn ein Kind nicht zu seinem Vater redete, ihm nicht seines Herzens Freude und Leid offenbarte, ihn nicht um Unterweisung, Trost, Rath und Hülfe anspräche, ihm nicht für das empfangene Gute dankte und für die begangenen Fehler Abbitte thäte: so unchristlich wäre es, wenn ein Christ nicht täglich seinem himmlischen Vater Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung opferte. Durch das Gebet wird man vor der Entfernung von Gott bewahrt, bleibt mit ihm in vertraulichem Umgang, lernt vor ihm wandeln und fromm sein, und wird stark in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke. - Aber des Apostels Zuspruch: „Seid mäßig und nüchtern zum Gebet!“ ist nicht sowohl eine Ermahnung zum Gebet, als eine Ermahnung zu dem, was erforderlich ist, um recht beten zu können, nämlich zur Mäßigkeit und Nüchternheit; wie denn der Heiland eben dazu ermahnt, wenn er vor dem Gegentheil warnt: „Hütet euch, daß eure Herzen nicht beschweret werden mit Fressen und Saufen!“ und der Apostel Paulus, wenn er schreibt: „Enthaltet euch von fleischlichen Lüsten, welche wider die Seele streiten.“ Zum Gebet macht nichts unlustiger und untauglicher als ein Herz voll irdischer Sorgen und weltlicher Lüste, ein Kopf voll eitler Gedanken und unreiner Bilder, und ein Leib voll Speisen und Getränken. Die Regel für des Leibes Gesundheit: „Mein Kind, prüfe, was deinem Leibe gesund ist, und was ihm ungesund ist, das gieb ihm nicht!“ nimm dir auch zur Regel für der Seele Gesundheit. Was ihr ungesund ist, das gieb ihr nicht, dessen enthalte dich. Was etwa andere vertragen können, das kannst du nicht vertragen. Es giebt auch im Christenthum verschiedene Lebensalter; Kinder, Jünglinge und Väter. Das nimm auch in Betracht bei der Prüfung dessen, was für deine Seele gesund oder ungesund ist. Alles, was dich so zerstreut, daß du deinen Gott hinterher im Gebet nicht wieder finden kannst; was dir den Geschmack am Worte Gottes verdirbt; was dich träge und lässig zum Guten macht.: das ist dir ungesund, es habe Namen, welchen es wolle, es sei nun von leiblicher oder von geistlicher Art. Darum seid mäßig und nüchtern, beides leiblich und geistlich. Leiblich, weil Leib und Seele in diesem Leibesleben zu genau verbunden sind, als daß der Geist von dem unberührt bliebe, was den Leib beschwert; geistlich, weil Zerstreuungen, Sorgen und Leidenschaften den Geist verwirren und berauschen. Seid aber beides leiblich und geistlich nüchtern zum Gebet, um wachen und beten zu können, daß ihr nicht vom Wege des Lebens abweichet und euer Ziel aus den Augen verliert. Betet, daß Gott seine Hand nicht von euch abziehe, daß er das in euch angefangene Wert durch nichts in der Welt wolle rückgängig werden oder in Stillstand gerathen lassen, sondern ihm einen guten Fortgang verleihe. Betet, daß er durch seinen Geist euch wachsen lasse in der Erkenntniß, und durch Erkenntniß alles des Guten, das ihr in Christo habet, euren Glauben vermehre, und die Liebe völlig werden lasse. Betet um christliche Weisheit und Besonnenheit im Glücke; um Geduld und Vertrauen in Trübsal; um Kraft, sowohl den Reizungen als den Drohungen des Bösen zu widerstehen. Kurz, weil jeder Tag große entscheidende Ereignisse über euch herbeiführen, jeder Tag eurer Tage Ende bringen kann, so finde euch jeder Tag mäßig und nüchtern zum Gebet.

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