Schlachter, Franz Eugen - Samuel und Saul - 12. Wie Saul Eselinnen gesucht und ein Königreich gefunden hat.

Schlachter, Franz Eugen - Samuel und Saul - 12. Wie Saul Eselinnen gesucht und ein Königreich gefunden hat.

1. Sam. 9.

Der HErr hat an des Volkes Wunsch Sein Missfallen bezeugt. Dennoch führt ER ihnen nun auf so wunderbare Weise einen König zu. Sein Missfallen war eigentlich mehr auf die Besinnung gerichtet, in welcher das Volk nach einem König verlangte, als auf die Einsetzung eines Königs selbst. Und da sie nun doch eine mal einen haben müssen, so soll dies nach Seinem Willen ein möglichst guter sein. Doch sei zum Verständnis der Geschichte Saul von Anfang an bemerkt, dass Gott Sich bei der Wahl dieses Königs mehr von dem Wohlgefallen des Volkes, als von Seinem eigenen bestimmen lässt. Saul war ein König nach dem Herzen des Volkes, während David ein Mann nach dem Herzen Gottes war. Das Volk wollte einen König, so gab ihm denn Gott einen solchen, der nach seinem Willen war. Es wird sich nun zeigen an der Geschichte Sauls, ob nach jenem bekannten Sprichwort Volkesstimme wirklich Gottesstimme ist.

Saul ist gewiss ein Mann, der, mit menschlichen Augen betrachtet, vorzüglich zu einem König passt. Er war nach der Aussage der Schrift ein so ausgezeichneter Mann, dass kein besserer unter den Kindern Israels zu finden war. Freilich geht dieses Urteil mehr auf sein Äußeres, als dass es seine Charaktereigenschaften betrifft. Er war eine imponierende Gestalt, ein schöner junger Mann und eines Hauptes länger als alles Volk, für einen Heerführer eine ganz vorteilhafte Qualität. Darum, als er dem Volk zum ersten Mal vorgestellt ward, jauchzte auch alles Volk und rief: „Es lebe der König!“ denn es war ihm keiner gleich unter dem ganzen Volk, Kap. 10,24. Er besaß auch keineswegs bloß äußerliche Schönheit, sondern erwies sich mit der Zeit als mutiger Feldherr, und aus der Geschichte seiner Berufung lernen wir ihn schätzen als einen edlen Charakter, der den Schmuck echter Demut trug. Er dachte nicht im Entferntesten daran, dass er zu einem König geboren sei. „Ist doch mein Geschlecht das kleinste unter allen Geschlechtern Benjamins und der Stamm Benjamins der geringste unter den Stämmen Israels; warum sagst du mir denn solches?“ fragte er verwundert den Samuel, als dieser ihm die erste Andeutung von der ihm zugedachten Ehre gab. Und als er dem Volk vorgestellt werden sollte, versteckte er sich unter das Gerät.

Noch schöner aber, als diese seine Demut, ist sie göttliche Führung, durch welche er zum Königtum kam. Wie lieblich, dass der Mann, der verlorene Eselinnen suchte, ein Königreich gefunden hat! Wir lernen daraus, dass auch ein scheinbarer Verlust das Mittel zu einem großen Gewinn werden kann. Und da auch uns ein Königreich bereitet ist, so können wir Hoffnung schöpfen aus diesem Erlebnis Sauls. Nicht nur ein irdisches Königreich wie ihm, sondern das Königreich Gottes ist uns bestimmt, ja der HErr sagt uns sogar, wir sollen vor allem andern trachten danach. Und da kommt es nun gar oft vor, dass man zuerst etwas verlieren muss von dem, was man bisher besaß, ehe man dieses Königreich finden kann. Kis, der Vater Sauls, hatte Eselinnen verloren, die sein Sohn suchen ging, und auf diesem Weg wurde ihm die Salbung zum König zuteil. Es geschieht nicht selten, dass ein Verlust, der den Vater trifft, den Kindern zum Segen, ja zum großen Gewinn wird. Der Verlust der Eselinnen bedeutete für Kis einen Vermögensverlust. So schwer nun ein solcher zu tragen ist, bringt er doch sehr oft einer Familie an himmlischen Gütern Gewinn. Wie gut war es auch, dass Saul mit seinen Begleitern die verlorenen Eselinnen an vier verschiedenen Orten vergeblich suchte, denn dieses vergebliche Suchen führte ihn an den rechten Ort, wo er etwas viel Besseres gefunden hat, als was er suchte. Vielleicht findest du, dass es dir auch so gegangen ist; du hast Glück, Vergnügen und Reichtum vergeblich da und dort gesucht, überall hieß es: sie fanden es nicht. Das ist ein großes Glück, wenn man in der Welt nirgends das Verlorene und schmerzlich Gesuchte finden kann, das wird am Ende doch der Anlass, dass man, wie Saul, „Gott zu fragen“ geht (Vers 9). Sieh zu, wenn du deine Eselinnen vergeblich gesucht hast, ob der HErr nicht zu finden sei! Das hat Saul erfahren und noch Viele außer ihm, dass man den Herrn nicht vergeblich sucht.

Des vergeblichen Suchens nach den verlorenen Eselinnen müde, will Saul umkehren zu seinem Vater, weil er ihn durch das lange Ausbleiben nicht in Besorgnis versetzen will, da wird er von dem ihn begleitenden Knecht hingewiesen auf den Seher Samuel, der eben in der Nähe ist. Der Knecht hat von ihm gehört, dass alles, was er sagt, gewiss geschieht, und er meint deshalb nicht mit Unrecht, dass der Prophet auch ihnen den rechten Weg zu zeigen imstande sei. Wer Gott suchen will, geht gewöhnlich zu denen, die Ihn kennen und er tut auch recht, denn Gott hat Seine menschlichen Werkzeuge, deren ER Sich bedient. Vor Zeiten in Israel, wenn man ging, Gott zu fragen, sprach man: Kommt, lasst uns zu dem Seher gehen, und so geht man noch heute, wenn man Gott fragen will, dahin, wo Sein Wort verkündigt wird. Saul spricht nun freilich gegen diesen Vorschlag des Knechtes ein Bedenken aus: „Siehe, wenn wir schon hingehen, was bringen wir dem Mann“ Er geht von dem Bewusstsein aus, dass man nicht mit leeren Händen vor Gott erscheinen soll; aber was haben wir zu fragt er den Begleiter. Diese Frage steigt einem auf, wenn man Gott suchen will. Man wird sich seiner Armut bewusst, dass man nichts vor Ihm zu bringen hat. Doch der Knecht hat ja noch ein kleines Silberstück, etwa 50 Cts. in der Tasche und er ist gerne bereit, sein letztes Geld zu opfern, wenn er nur eine göttliche Antwort erhalten kann. Dieser Zug ist uns wohl erzählt, um zu zeigen, wie wenig das, was wir Gott bringen können, gegenüber von dem ist, was ER uns gibt, wenn man zu Ihm kommt. Was sind 50 Cts., die Saul dem Manne Gottes bringt, im Vergleich zu dem Königreich, das er von Gott durch Samuel erhält! Und doch verschmäht der HErr unsere geringen Gaben nicht und es ist gut, wenn wir uns auch fragen: was haben wir Ihm zu bringen?

Saul findet den Seher, oder vielmehr, der Prophet findet ihn, denn er hat bereits einen Tag zuvor vom HErrn die Anzeige erhalten, dass ER ihm um diese Zeit einen Mann schicken wolle, den er zum Fürsten über Sein Volk Israel salben soll. Und wie er daher eben zur bestimmten Zeit den Jüngling auf sich zukommen sieht, als er zur Stadt hinaus auf die Höhe zur Opfermahlzeit gehen will, wird es ihm durch göttliche Offenbarung klar, dass dies der vom HErrn bestimmte zukünftige Herrscher sei. Es ist nicht von ungefähr, dass Saul gerade auf ihn hinzutreten muss mit der Frage: „Sage mir, wo ist hier des Sehers Haus?“, sondern in diesem wunderbaren Zusammentreffen tut sich die göttliche Führung kund. Es zeigt sich in dieser Führung, wie für die Erwählten des HErrn alles zuvorbereitet ist, sodass ihnen alles zum Besten dienen muss, selbst der Verlust von Eselinnen und das vergebliche Suchen danach, durch dieses wird Saul gerade im richtigen Zeitpunkt zu Samuel geführt. Er ist bereitet für das, was ihm der Prophet zu sagen hat, und dieser bereitet für ihn, zu seinem Empfang. Denn er kann ihm, ohne erst noch auf die Frage Sauls zu warten, alles sagen, was in seinem Herzen ist und noch mehr als das, er überrascht ihn mit einer Eröffnung, von der Saul keine Ahnung gehabt, nämlich, dass er es sei, auf den gegenwärtig alles Sehnen Israels gerichtet sei. Richtig übersetzt lautete die Frage Samuels in Vers 20: „Und nach wem geht alles Sehnen Israels, ist es nicht nach dir und nach deines Vaters ganzem Haus?“ Das Sehnen Israels war aber in jenen Tagen auf einen König gerichtet, mit dieser Frage sagte also Samuel nichts geringeres, als dass Saul der Mann sei, der dieses Sehnen Israels befriedigen soll.

Dem harmlosen Saul wird freilich erst am andern Morgen die Bedeutung dieses inhaltschweren Wortes des Propheten klar. Schon die Auszeichnung, die ihm am Tag zuvor bei der Opfermahlzeit zuteil geworden ist, wo er den ersten Platz und das beste Stück erhielt, musste ihm zwar zeigen, dass Samuel etwas ganz Besonderes im Sinn habe mit ihm. Auch redete Samuel an jenem Abend noch mit ihm auf dem Dach des Hauses, in welchem er zu Gast war. Aber erst am andern Morgen in der Frühe, als Samuel ihn zur Stadt hinaus begleitete, tat er ihm das Wort Gottes kund, zeigte ihm seine Berufung zum König Israels an und salbte ihn.

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