Murray, Andrew - Die Schule des Gebets - Fünfzehnte Lektion.

Murray, Andrew - Die Schule des Gebets - Fünfzehnte Lektion.

Die Kraft des ausharrenden Gebets.

ER sagte ihnen aber ein Gleichnis davon, dass man allezeit beten, und nicht lass werden sollte, und sprach: Es war ein Richter in einer Stadt, der fürchtete sich nicht vor Gott und scheute sich vor keinem Menschen. Es war aber eine Witwe in derselben Stadt, die kam zu ihm und sprach: Rette mich von meinem Widersacher. Und er wollte lange nicht. Danach aber dachte er bei sich selbst: Ob ich mich schon vor Gott nicht fürchte, noch vor keinem Menschen scheue, dies weil aber mir diese Witwe so viele Mähe macht, will ich sie retten, auf dass sie nicht zulegt komme und übertäube mich. Da sprach der HErr: Hört hier, was der ungerechte Richter sagt. Sollte aber Gott nicht auch retten Seine Auserwählten, die zu Ihm Tag und Nacht rufen, und sollte Geduld darüber haben? Ich sage euch: ER wird sie erretten in einer Kürze. Doch wann des Menschen Sohn kommen wird, meinst du, dass ER auch werde Glauben finden auf Erden? Lukas 18,1-8.

In dem Gebetsleben ist die Notwendigkeit des anhaltenden Gebets, eines der größten Geheimnisse. Dass der HErr, der so gnädig ist, manchmal Woche um Woche, Jahr für Jahr, angefleht werden muss, ehe ER Erhörung schenkt, ist nicht leicht zu verstehen. Es ist eines der Leiden in der Übung des Gebets. Wenn nach langem Anhalten unser Gebet unerhört bleibt, dann ist es für das träge Fleisch das Leichteste, besonders weil es den Schein frommer Unterwerfung hat, zu denken, dass wir ablassen müssen, dass Gott Seine geheimen Ursachen haben könne, um uns nicht zu erhören; aber so spricht der Glaube nicht. Wer sich auf Gottes Wort gestellt und durch Gottes Geist sich hat leiten lassen, um Gottes Willen und Seine Ehre zu suchen, der wird durch die Verzögerung der Erhörung nicht entmutigt. Er weiß aus der Schrift, dass das Gebet des Glaubens unwiderstehliche Kraft hat. Er weiß, dass, wie das Wasser eingedämmt und gesammelt werden muss, damit die Strömung ihre volle Gewalt ausüben kann, also auch manchmal eine Aufhäufung von Gebeten stattfinden muss, bis Gott das Maß voll erfindet, und die Antwort gibt. Der gläubig Betende weiß, dass jedes Glaubensgebet Kraft und Geltung im Himmel hat, und dass Erhörung aufbewahrt ist für die, welche bis zum Ende ausharren. Er weiß, dass er es nicht mit menschlichen Gedanken und Erfindungen zu tun hat, sondern mit dem Wort des lebendigen Gottes. Und wie Abraham so viele Jahre auf Hoffnung gelebt und geglaubt hat und durch Glauben und Geduld die Verheißung erlangt hat, so achtet auch der Beter die Geduld Seines HErrn für seine Seligkeit, und wartet und eilet entgegen der Ankunft des HErrn zur Erfüllung Seiner Verheißung.

Um in der Übung des Gebets, wenn dasselbe scheinbar nicht erhört wird, mit fröhlichem Mut und stiller Geduld verharren zu können, müssen wir vor Allem die zwei Worte recht verstehen, durch welche der HErr die Gesinnung und die Weise Gottes kennzeichnet. „Ich sage euch, ER wird Geduld darüber haben, und sie in einer Kürze erhören.“ Der Segen ist schon bei Ihm bereit. ER ist nicht nur willig, sondern sehr begierig uns zu geben, was wir bitten. Die ewige Liebe brennt vor Verlangen sich ihren Geliebten zu offenbaren, und ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Der HErr wird keinen Augenblick länger warten als notwendig ist. ER wird das Äußerste tun, um den Segen zu beschleunigen.

Aber warum währt es denn bisweilen so lange, bis das Gebet erhört wird. Und warum müssen die Auserwählten inmitten von Schmerz und Kampf Tag und Nacht rufen. Damit Gottes Geduld offenbar werde. „Siehe, der Landmann erwartet die köstliche Frucht der Erde und ist geduldig darüber, bis er den Frühregen und Spätregen empfängt.“ Er verlangt sehr nach seiner Ernte, aber er weiß, dass sie ihre volle Zeit mit Sonnenschein und Regen nötig hat, um zu reifen und vollkommen zu werden, und er ist geduldig darüber. Der Mensch steht im Geistlichen auch unter dem Gesetz des Wachstums, das über alles geschaffene Leben herrscht. Er erreicht seine göttliche Bestimmung auf dem Weg der Entwicklung. Das Kind will so gern die Frucht halb reif pflücken, der Landmann weiß bis zum rechten Augenblick Geduld zu üben. Also weiß es auch der Vater allein, wenn die einzelne Seele oder die Gemeinde in ihrer Gemütsstellung dazu herangereift ist, um die Gebetserhörung als einen Segen empfangen und bewahren zu können.

Die Einsicht in diese Wahrheit leitet den gläubigen Beter in die wartende und eilende Stellung ein, und bildet den Schwerpunkt seines anhaltenden Bittens. Im Glauben an das Wort weiß er, dass er empfängt, was er bittet, so er glaubt. Der Glaube ergreift die Verheißung und deren Segen, als eine unsichtbare himmlische Gabe, und freut sich über deren Besitz. Der Glaube hält sich an das Vertrauen in die Macht Gottes und ist versichert, dass die Erhörung geschenkt ist. In diesem freudigen, überwindenden Glauben bittet er jeden Tag mit der festen Gewissheit, dass der Vater, der die Gabe schon geschenkt hat, keinen Augenblick länger mit der Offenbarung des Segens warten wird, als es äußerst nötig ist. So verbindet der Beter, was so gegensätzlich scheint, die Geduld so lang die Verheißung sich noch nicht erfüllt, und den Glauben, der in der Verheißung lebt, als ob er bereits im Besitz derselben stände.

Bei Verzögerung der Gebetserhörung ist es je und je eine große Versuchung, zu denken, Gott wolle uns vielleicht nicht geben, was wir begehren. Wenn aber nur unser Gebet nach Gottes Wort ist, so brauchen wir eine solche Furcht nicht zu hegen. Lasst uns nur lernen, dass Gott Zeit nötig hat, und wir sie Ihm lassen müssen. Je klarer uns das ist, je weniger wird die Verzögerung unseren Glaubensmut schwächen. Die Verzögerung soll unser Gebet anfeuern, damit wir jedes Mal dem Steg einen Schritt näher kommen. Jedes Gebet, das in die Übung des Aufschubs gläubig eingeht, dient dazu, Frucht zu bringen und das nur Gott bekannte Maß des Gebets und des Glaubens voll zu machen, die Hindernisse in der unsichtbaren Welt zu überwinden und den Segen zu beschleunigen. Christen! gebt Gott Zeit; ER ist geduldig über euch. ER will uns so haben, dass wir einen reichen und bleibenden Segen ererben können; gebt Ihm nur Zeit, wenn ihr auch Tag und Nacht mit Rufen anzuhalten habt. ER wird Sein Werk herrlich hinausführen. Ja, und ER wirds eilends tun.

Nichts vermag das Herz so zu durchsuchen, und nichts vermag es so zu heiligen als das anhaltende Gebet. Es bringt uns tiefer in Jesu Gebetsschule. Da suchen wir und finden es aus, was noch Verkehrtes und Unheiliges an uns ist, und betrauern es, und legen alles ab, was gegen die Bestimmungen verstößt, die der Vater in Bezug auf das Gebet getroffen hat. Dies nötigt uns, in innige Gemeinschaft mit Dem zu treten, Der uns beten lehren muss, und treibt uns völliger unter die Deckung Seines Blutes und Seines Geistes zu kommen. Christen, gönnt Gott Zeit, so lange als ihr bittet und noch nicht empfangen habt. ER wird Sein Werk an euch herrlich hinausführen. Geduldig sein und doch eilen, das ist Gottes Losung; es sei auch die eurige. So sei es, wenn ihr für euch selbst etwas erbittet. Und wenn es Jahre lang dauert, bis der eine oder andere Segen kommt, haltet nur an. Lasst es auch also sein, wenn ihr für Andere bittet. Wenn euer Gebet nach dem Wort Gottes ist und im Geist geschieht, so muss die Antwort kommen. Alle Arbeit, die irdische sowohl, als die himmlische erheischt Zeit und Anspannung. Wie die Natur ihre Geheimnisse und Schätze nur der fleißigen und verständigen Arbeit erschließt, so ist auch auf dem Boden himmlischen Lebens, so wenig wir dies verstehen können, anhaltende Arbeit nötig. Lasst uns mit fester Beflissenheit und heiliger Überlegung täglich mehr anhalten und bitten um das, was wir für uns und Andere nach der Verheißung und nach dem Wort Gottes begehren dürfen; die Antwort kommt gewiss.

Und das vor Allem in unserem Gebet für die Gemeinde des HErrn. Sie ist die Witwe, die, in Abwesenheit ihres Herrn, der Ungerechtigkeit scheinbar preisgegeben ist, und keine Macht besitzt, zu ihrem Recht zu gelangen. O, wenn wir bitten, dass der HErr zu Seiner Gemeinde oder zu einem Teil derselben eintrete, mit kräftigen Ausgießungen Seines Geistes, um sie auf Seine gelobte und verheißene Wiederkunft zuzubereiten, dann lasst uns glauben, das Gebet hilft, das anhaltende Gebet wird erhört. Gott will nur Zeit haben. Ruft Tag und Nacht. Hört, was der ungerechte Richter sagt: Und soll nun Gott Seinen Auserwählten nicht Recht verschaffen, da sie Tag und Nacht zu Ihm rufen? Ich sage euch, dass ER Geduld darüber hat, und dass ER sie erhören wird in einer Kürze.

HErr, lehre uns beten.

HErr, unser Gott! gib mir Deinen Weg recht zu erkennen, und lehre mich glauben das Wort Deines Sohnes: „ER wird sie erretten in einer Kürze.“ Lass mir Deine Liebe, Dein Verlangen zu segnen, Deine Treue in Erfüllung Deiner Verheißung die Bürgschaft sein, dass das Gebet erhört ist, und dass die Antwort zu rechter Stunde sicher kommt. HErr! Wir verstehen die Zeichen in der Natur, und wissen mit der Ernte zu warten, bis die Frucht reif ist. O, lehre uns Dir zu trauen, dass, sobald Alles bereit ist, die Antwort in Kürze da sein wird.

HErr Jesus! Du sagst uns, dass es ein Kennzeichen von Gottes Auserwählten ist, dass sie Tag und Nacht rufen. Gib Gnade, HErr, dass ich mit all Deinen Kindern dies beherzige. Du weißt, wie leicht uns, wenn wir gebeten haben, der Gedanke kommt, dass es genug ist. Es scheint uns, als ob Gottes Liebe und Majestät so sehr erhaben ist, dass es uns nicht ziemt, in so dringendem Flehen anzuhalten. HErr! Ich bitte dich, lehre mich, dass ebenso, wie ich, wenn ich etwas auf Erden erreichen will, das mir nicht gleich gelingt, desto mehr Zeit und Mühe daran wenden muss, das Verharren im Gebet, das Versenken des ganzen Gemüts in dasselbe, der Weg zur Erhörung ist. HErr, lehre mich mit Deinen Gläubigen aller Zeiten bitten im Glauben auf die feste Verheißung, und dann mit Geduld harren, bis ich erlange. HErr, lehr mich allezeit bitten, ohne müde zu werden. Amen!

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