Lassenius, Johann - Heilige und erbauliche Passions-Andachten - Vierte Woche

Lassenius, Johann - Heilige und erbauliche Passions-Andachten - Vierte Woche

vorstellend Sieben widerwillige Wahrheiten
und
Sieben muthwillige Lügen der Freunde und Feinde des gekreuzigten Jesu.

Aufrichtige Liebe verdient wieder geliebt zu werden, und ein guter Freund ist unsers Gedenkens werth. Das gefangene Israel wollte beim Herrn vergessen sein, wenn Jerusalem nicht stets in ihrem Andenken bliebe, Ps. 137. V. 5.: Vergesse ich dein Jerusalem, so werde meiner Rechten vergessen.

Vaterland bleibt allezeit ein süßes Land, doch giebt es kein süßeres Gedächtniß als das wir dem gekreuzigten Jesu behalten. Er verdient das mit der unschätzbaren Liebe, damit er uns geliebt, liebt und ewig lieben wird. Und es ist ein Geringes, wenn wir in Ermangelung andern Dankes außer ihm von nichts Anderem wissen wollen. Doch ist solches so hoch bei ihm geachtet, daß er unser endliches Gedächtniß mit seinem unendlichen Andenken an uns bezahlt, wovon des liebsten Freundes gegebene, geschriebene, auf alle Welt gerichtete und mit seinem eignen Blute versiegelte Handschrift öffentlich zu lesen ist, Jes. 40. V. 16.: Ich will deiner nicht vergessen, denn siehe, in meine Hände habe ich dich gezeichnet.

Alphons von Aragonien verschrieb sich an seine irdische Neigung unter dem Zeichen der Sonne und des Mondes, sie zu lieben einmal, gleichmal und allemal. Solche sich gleichbleibende Ewigkeit des Andenkens sind wir schuldig, unsrer himmlischen Liebe, dem für uns geopferten Gotteslamme, beständig zu erhalten, auch den Tag verloren zu achten, daran wir sein Kreuz und seinen Tod nicht betrachtet haben.

Er war unserthalben, so lange er auf Erden lebte, eine Rose unter den Dornen, Hohesl. Salom. 2. V. 2. Halten wir die Rose, weil wir leben, im Herzen und Gedächtniß, so werden die Dornen unsers Verdrusses durch ihn zu Rosen werden und alle bittern Wermuths-Kelche einen lieblichen Beischmack bekommen. Was duldet man nicht um eines Freundes halben, und wie leicht vergißt man des, was dahinten bleibt, über dem Guten, das für uns behalten wird im Himmel, da unser Schatz und unser Herz ist?

Gottes Sohn, der ewig herrscht
in dem hohen Himmelsthrone,
Trug nicht, wie es ihm gebührt,
eine güldne Königskrone;
Sondern, weil er ward für uns
als ein Fluch ans Holz gehenket,
Ward sein dreimal heil'ges Haupt
mit der Dornenkron' gekränket.
Wer in seinem Jesu will
ohne Schein gottselig wallen,
Den wird, eh er sich's versieht,
die Verfolgung überfallen,
Darum faß' er seine Seel'
in dem Leiden mit Geduld,
Auch in Dornen siehet man
Gottes reiche Vaterhuld.

Es erinnert das Gedächtniß des blutigen Leidens Christi

  1. An die Liebe GOttes. Denn Gott preiset seine Liebe gegen uns, daß Christus für uns gestorben ist, da wir noch Sünder waren, Röm. 5. V. 8. und seine Liebe erschien darin, daß er seinen eingebornen Sohn gesandt hat in die Welt, damit wir durch ihn leben sollten, Joh. 4. V. 9.
  2. An die Liebe Christi, der seine Gemeine geliebt und sich selbst für sie dahin gegeben hat, auf daß er sie reinigte und heiligte, Eph. 5. V. 25. 3) An unsere Liebe zu Gott, daß wir ihn lieben, weil er uns geliebt hat, l Joh. 4. V. 19. weil durch das blutige Versöhnungsopfer unsers Hohenpriesters Jesu Christi sein Zorn gestillt, die Sünde versöhnt, der Fluch in Segen verwandelt, des Satans Reich zerstört, Gerechtigkeit aber, Leben und Seligkeit wiedergebracht worden ist.

Und wie ich E. L. vorher die Merkwürdigkeiten des Oelbergs zu beständiger heiliger Ueberlegung in der dritten Fastenwoche vorgestellt habe, also liefere ich für die vierte Woche und deren Frühstunden:

Sieben widerwillige Wahrheiten der Unschuld Jesu,

von Freunden und Feinden in der Zeit seines allerheiligsten Leidens ausgesprochen.

Und ersuche Euch um unsers mitten unter seinen Feinden dennoch triumphirenden und herrschenden Jesu willen in dankbare Betrachtung zu nehmen

I. Das gute Uebel.

Da versammelten die Hohenpriester und die Pharisäer einen Rath und sprachen: Was thun wir? Dieser Mensch thut viele Zeichen. Lassen wir ihn also, so werden sie alle an ihn glauben, so kommen dann die Romer und nehmen uns Land und Leute. Einer aber unter ihnen, Caiphas, der desselbigen Jahres Hoherpriester war, sprach zu ihnen: Ihr wisset nichts, bedenket auch nicht: Es ist besser, ein Mensch sterbe für das Volk, denn daß das ganze Volk verderbe. Solches aber redete er nicht von sich selbst; sondern weil er desselbigen Jahres Hoherpriester war, weissagte er, denn Jesus sollte sterben für das Volk, Joh. 11. V. 47 - 51. Bileams Eselin redete auch einmal weislich, 4 Mos. 22. V. 28. Jenes war die erste Wahrheit, die Caiphas sagte. Freilich war es besser, daß Christus stürbe, denn daß das menschliche Geschlecht verdürbe und um der Sünde willen ewig verdammt würde, was ohne seinen Tod unumgänglich geschehen wäre. Es war gut, daß er starb, 1 Cor. 15. V. 3. 1 Petr. 3. V. 18. Röm. 4. V. 25. 1 Tim. 2. V. 6., denn damit hat er allen, die an ihn glauben, das höchste Gut, den Himmel und die Seligkeit erworben. So bezeugte der Feind des Heilandes von unserem Freunde, wiewohl unwissend, die Wahrheit, daß das Uebel des Todes,. so dem Herrn erwiesen wurde, seinen Söhnen und Töchtern das ewige Gut des Himmels zu Wege langen würde. Betet:

Gütigster HERR JESU! Ich umfasse dem Kreuz mit Schmerzen in meinem Herzen und trage Mitleiden mit deinem herben und bittern Leiden. Ich danke dir aber, mein HERR! daß es dir gefallen, für mich das zu büßen, um dessen willen ich ewig hätte verloren sein müssen. Ach JESU! wie gut ist es mir, daß du für mich gestorben, damit ich nicht zum ewigen Tode verdammt würde. Was Caiphas Blindheit zur Erhaltung des Jüdischen Staates für gut hält, ist ihm zu seinem und ihrer aller Untergang gediehen. Mir aber und allen Gläubigen hat er eine Wahrheit geredet, die mir in allem meinen Leiden, auch im letzten Scheiden von der Welt Trost und Erquickung überflüssig geben kann. Ach JESU! rufe mir zu in meiner letzten Leidens- und Todesstunde: Es ist dir gut, daß ich für dich gestorben; so will ich alles meines Leides vergessen, getrost in deinem und auf deinen Tod sterben, denn dein Tod wird mein Leben werden. Und was ich versehen oder Uebels gethan, wirst du. o JESU, für mich alles gut machen. Du hast es allbereits gethan, da du mir zu gut gestorben; so sterbe ich dir, mein höchstes Gut, und erbe von deiner Gnade und Güte das Leben bei dir in der ewigen Seligkeit. Darum bin ich freudig mitten in allen Leibes - und Seelenschmerzen, denn du allein erquickest mein Gemüth mit deiner ewigen Güte. Amen.

II. Den dankbaren Verräther.

Da Judas sahe, wie es Jesu erging, reuete es ihm und er brachte wieder die dreißig Silberlinge den Hohenpriestern und den Aeltesten und sprach: Ich habe übel gethan, daß ich unschuldig Blut verrathen habe, Matth. 27. V. 3. Der Kuckuck ist ein unreiner Vogel und darum im Gesetz Mosis zu essen verboten, 5 Mos. 14. V. 15. Ebenso bezeugt die Erfahrung der Natur, daß er seine Mutter, die ihn ausgebrütet, sehr übel lohnt. Judas war ein solcher Vogel, der mit Undank und Verrätherei seinem Herrn das Gute bezahlte, welches er von ihm mit andern Aposteln gleichmäßig empfangen. Doch treibt ihn sein Gewissen zuletzt, für seine vorige Untreue noch diesen Dank zu hinterlassen: Christo das Zeugniß der Unschuld zu geben, sich. selbst aber das ewige Zeugniß eines Menschen, der auf die rechte Art zu sterben nicht werth war, weil er himmlisch zu sein nimmer getrachtet, auch da er mit dem Himmel selbst auf Erden gewandelt, die Erde und das Geld lieber gehabt hatte als ihn. Darum ging er hin und erhenkte sich selbst. In Christi Munde war niemals Betrug erfunden worden, 1 Petr. 2. V. 22. und niemand hatte ihn einer Sünde zeihen können, Joh. 8. V. 46. denn er war ein unschuldiges und unbeflecktes Lamm, 1 Petr. 1. V. 19. Darum redet der böse Mensch eine gute Wahrheit und ist zu loben, daß er sich nicht schämt, seine Sünde zu erkennen, die er sich nicht gescheut hatte zu begehen, auch daß er die dreißig Silberlinge, den Lohn der Ungerechtigkeit, Apost. Gesch. 1. V. 18. wieder in den Tempel bringt. Scheltwürdig aber und unselig, daß sein Bekenntniß nicht geschah im Glauben an Christum, denn er hatte schon langst dem Teufel Raum gegeben und nicht geglaubt. Deshalb war seine Sünde keine Schwachheit, wie die Petri, sondern eine Bosheit; darum konnte ihm nichts als die Verzweiflung übrig bleiben, denn wie gnädig Gott ist, so gerecht bleibt er auch, Sir. 5. V. 7. Wehe ihm, daß er an Gott verzagt, Sir. 2. V. 14. und meint, das Meer der Barmherzigkeit Gottes könne nicht sowohl die hohen Berge überschwemmen als die niedrigen Hügel, da doch, wo die Sünde mächtig, Gottes Barmherzigkeit viel mächtiger geworden ist, Röm. 5. Er erhenkte sich selbst, wider das Gesetz: Du sollst nicht tödten; wider die Natur, die sich selbst nicht haßt, Eph. 5. V. 29. wider Gottes Ehre, der allein den Menschen sterben läßt zur bestimmten Zeit, Ps. 90. V. 4. und wider sein ewiges Heil, denn die Bösewichte, die ihnen selbst Schaden thun, Sprüch. 24. V. 8. haben kein Theil an jenem Leben, weil man keinen Mörder zur Himmelspforte einlassen wird. Lasset uns beten:

HERR JESU! Es mußte deine Unschuld auch selbst von deinem ungetreuen Jünger, der dich angeklagt, ausgesprochen werden. So ist's, mein Freund! du littest für Andere und warst ein Hoherpriester, der unbefleckt, heilig und von de n Sündern abgesondert nicht nöthig hatte, für sich ein Opfer zu bringen. Es gefiel dir aber, für mich zu thun, was du selber für dich nicht nöthig hattest. Du trägst meine Schuld mit großer Geduld und bezahlst meine Sünden deinem Vater. Ach JESU! gedenke stets an mich. Es möchte geschehen, daß mich ferner Schwachheit überfiele: laß sie mit gebüßt sein in deinem einmal für die Sünde gebrachten Opfer. Unschuldiges Lamm Gottes) erbarme dich über mich schuldigen Sünder und erzeige mir Barmherzigkeit, die ich suche, daß ich sie finde. Judas konnte sie nicht finden, weil er ihr nicht vertraute. Bei dir ist immer mehr Gnade als bei mir Sünde sein kann. Erbarme dich über mich, du unschuldiges Gottes-Lamm und laß deine Unschuld mir ewige Huld und dein Sterben auch mir ewiges Leben erwerben. Amen.

III. Das höllische Zeugniß.

Des eignen Hausgenossen gestandener Wahrheit folgt die eines Fremden, eines Heiden und diesmal Richters selbst, des Pilatus. Ich finde keine Schuld an ihm, Joh. 18. VI 30. Kap. 19. V. 6. Ich nenne diesen Spruch höllisch, denn es steht nichts im Wege, den höllisch zu heißen, der den Gottlosen und des Teufels Werke thut. Die verrichtete Pilatus, als er wider Wissen und Gewissen einen Unschuldigen in die Hände seiner Feinde zum Tode durch ein Urtheil übergab: wird aber zu einem gewaltigen Zeugen und verkündet laut des Heilandes Unschuld, so, daß wir wider Juden, Teufel und Andere sagen können: Wir haben es aus des Richters eignem Munde gehört, daß Jesus unschuldig gewesen; zum Trost der Sünder, die einen solchen Sündentllger haben müßten, der selbst keine Sünde hat und ein unbeflecktes Lamm ist. Betet:

Gütigster HERR JESU! Es hatte dein Vater um unsrer Sünde willen dich dahin gegeben und es war in dem Rathe deiner Verfolger beschlossen, daß du viel Schmach, Marter und Schmerzen leiden sollest, bis du stürbest. Doch gefiel es auch dem Vater, deine Unschuld überall verkündigen zu lassen; und das mußte gar dein eigner grausamer Richter thun. Ja HERR JESU! deine Weisheit und Gerechtigkeit kann überall der Unschuld das Wort reden, sollte die Welt gleiches Urtheil über mich in gerechter Sache ergehen lassen. Hilf, daß mein Herz unschuldig bleibe von böser Tücke und ich mich allezeit deines Leidens getroste damit ich auch bei dir dermaleinst, wo nicht eher doch im Himmel, Zeugen der Unschuld finde. Indeß laß deinen heiligen Geist mir deine Unschuld allezeit ins Herz rufen, daß ich durch sie gestärkt festiglich glaube, sie habe alle meine Schuld völlig abgetragen und ich werde durch dich ewig selig werden. Amen.

IV. Die träumende Wahrsagerin.

Wir dürfen im Neuen Testamente auf Träume oder himmlische außerordentliche Offenbarungen in Glaubenssachen nicht hoffen, denn es sind keine versprochen; wir bedürfen ihrer auch nicht, denn in dem geoffenbarten und geschriebenen Worte Gottes ist uns Gottes Wille zu unsrer Seligkeit zur Genüge verkündigt. Zuvor im Alten Testamente offenbarte sich Gott den Propheten durch Träume, 4 Mos. 12. V. 6. befahl auch also seinen Willen dem Joseph, Matth. 1. V. 20. und offenbarte dem Pharao, was zukünftig war, 1 Mos. 41. V. 1. auch dem Nebucadnezar, Dan. 2. V. 29. Nunmehr aber werden wir allein auf Mosen und die Propheten verwiesen, Luc. 16. V. 29. und auf Christum, den wir hören sollen, Matth. 17. V. 5. Er selbst aber weist uns auf die Schrift, Joh. 5. V. 39. und auf seine Jünger und Apostel, Luc. 10. V. 16. Was Gott außerordentlich thun will, dazu hat er allezeit freie Hand; weil er aber das nicht zugesagt hat, ist's sehr mißlich, eignen Träumen zu trauen, weil der Teufel auch in einen Engel des Lichts sich verwandeln kann, 2 Cor. 11. V. 14. Und dazu ist es auch durchaus nicht nöthig: denn so die Offenbarung mit der Schrift übereinkommt, ist sie überflüssig: wo nicht, an ihr selbst verwerflich und verdammlich, Gal. 1. V. 8. Von wem das Weib Pilati die Offenbarung gehabt hat, daß sie zu ihrem Ehemann schickte und ihm sagen ließ: Habe du nichts zu schaffen mit diesem Gerechten, denn ich habe seinethalben viel erlitten im Schlafe; darauf läßt sich eher antworten: von dem Heiligen Geiste als von dem Teufel. Dieser war deswegen in den Judas gefahren, daß er Jesum verrathen und dieser sterben sollte, Joh. 13. V. 2. Es wollte aber der Vater, daß sein Sohn von Manns- und Weibspersonen, die vor ihm ohne dem eins sind, ein Zeugniß der Unschuld hätte; darum muß hier ein heidnisches Weib die Wahrheit sagen und zum Spott und zur Verdammung der Juden wie zur Ehre Christi ihn als einen Gerechten preisen. Dazu aber ist sie außer allem Zweifel durch den heiligen Geist getrieben worden. Betet:

Freundlichster HERR JESU! Ich erkenne deine Gerechtigkeit und ehre deine Gottheit. Gieb mir aus Barmherzigkeit die Gerechtigkeit, die vor deinem himmlischen Vater gilt. Du bist mir ja gemacht zur Heiligung und zur Erlösung. Laß deine Gottheit meiner Menschheit zu Hülfe kommen, daß ich als ein ungerechter Mensch durch dich, du heiliger Gottmensch, Gerechtigkeit und ewiges Leben habe. HERR JESU! bekleide mich mit deiner Gerechtigkeit, daß ich nicht nackt und bloß erfunden werde vor deinem und meinem Vater. Gieb mir, mein himmlischer Bruder, was ich auf Erden nimmer haben kann: Ich erwarte von dir, mein Heil, das Kleid, das mich zieret; ein Herz, dir gefällig, ein Leben, dir angenehm und einen Wandel, der nach dir sei. Verdamme mich nicht nach deiner Gerechtigkeit, mache mich aber selig nach deiner Güte. Doch so ja deine Gerechtigkeit vorgehen soll, so züchtige mich mit Maßen als ein Vater, und verwirf mich nicht als ein Richter. Dich rufe ich an, o JESU! übe deine Kraft nicht an einer unfruchtbaren Rebe; laß mich aber Saft und Kraft haben von dir, du Baum meines Lebens. Und weil du gerecht bist, so theile mit mir dieses Kleinod, ohne welches ich nicht in den Himmel kommen kann. Ist dein Herz mein, so werde ich nimmer verloren sein. Mein Herz aber ist dein und du bist mein, so werde ich durch dich ewig selig sein. Amen.

V. Die ruhmwürdige Beschimpfung.

Es war oben über ihm geschrieben die Ueberschrift in Griechischen, Lateinischen und Hebräischen Buchstaben: Das ist der Juden König, Luc. 23. V. 38. Matth. 27. V. 37. Das schrieb Pilatus, Christum zu beschimpfen und als einen Bettelkönig kundzumachen; die göttliche Weisheit aber hatte es verordnet zu einer gewaltigen Wahrheit des Amtes Christi und seiner unsterblichen Ehre unter den Menschen, um desto herrlicher, weil sie von seinem eignen Richter ihm gegeben werden mußte. Jesus war sein Name, denn er sollte uns selig machen, Matth. 1. V. 21. So sollte er Nazarenus heißen, Matth. 2. V. 23. ein Geheiligter, der sich für uns Gotte heiligen und aufopfern könnte, Joh. 17. V. 19. So war er ein König von Gott verordnet und der Tochter Zion als ein König verkündigt, Sach. 9. Betet:

HERR JESU! mein König, in dessen Namen sich beugen sollen alle Kniee derer, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind: deine Gnade müsse über mich walten von nun an bis in Ewigkeit. Es ist alles unter deine Füße gethan und alle Lande sollen deiner Ehre voll sein; aller Augen sehen auf dich, du gewaltiger König der Ehren. Gieb mir, HERR JESU, die Kraft deines guten Geistes, dein getreuer und beständiger Unterthan bleiben, deines Schutzes mich getrösten und deines Scepters mich allezeit erfreuen zu können. Ich bete an deinen heiligen Purpur, mein König! nimm mich gnädig auf und sei mein Beistand, mich zu erretten vom Tode der Hölle und der ewigen Verdammniß. Laß mich, mein Herr und König, von deiner Gnade wegen Theil haben an deinem ewigen Reiche. Erhöre mich, mein König, denn ich bete vor dir. Amen.

VI. Die wohlklingende Lästerung.

Die vorüber gingen, lästerten ihn und schüttelten ihre Köpfe; und etliche sprachen: Er hat Gott vertrauet, der erlöse ihn nun, Matth. 27. V. 39. 43. Der Gottlosen Rachen ist ein offnes Grab, woraus nichts als Moder und Eiter kann kommen. Darüber klagt David, Ps. 42. V. 4., daß man ihm vorwirft: Wo ist nun dein Gott? und es ist von dergleichen Schmach des Heilandes geweissagt worden Ps. 22. V. 7. Ps. 69. V. 9. Jes. 53. V. 3. Jedoch wird diese Schmach zu einem guten Geruche; denn was kann man von einem Gottes - Menschen Vortrefflichers sagen als daß er Gott vertraue. Christus war in die Welt gekommen, seinem Vater gehorsam zu sein bis zum Tode am Kreuz; unter dem kindlichen Vertrauen, dieses sein Kreuz würde allen, die an ihn glauben, eine Leiter zum ewigen Leben werden. So reden die Feinde wider ihren Willen die Wahrheit von unserm Freunde, und wir sind schuldig, der auch von seinen Widersachern ihm bezeugten Wahrheit zu folgen, mit ihm Gotte zu vertrauen in Lieb und Leid., in der unverrückten Hoffnung: Wer Gott vertraue, habe wohl gebaut im Himmel und auf Erden. Betet:

HERR JESU! der Sünden Frucht ist Schmach. und Scham, und wir, unsere Könige, Fürsten und Väter müssen uns schämen, daß wir uns an dir versündigt haben. Wir gestehen gern, daß wir alle die Schmach, die du erlitten, viel tausend Mal verdient haben, und werth sind, daß wir vom Teufel und allen seinen Gesellen verspottet und verhöhnt würden, da wir deiner Gebote gespottet und sehr oft mit Willen dein Gesetz übertreten. Ach JESU! ich falle dir zu Fuße und bitte dich um Vergebung für den großen Theil, den ich deiner Schmach mit zugelegt habe. HERR, mein Heiland! erbarme dich des armen Geschöpfes deiner Hände. Vergieb mir, was geschehen, und regiere hinfort mein Herz, dir allein zu gehorsamen. Dein Spott und Hohn aber müsse meine Ehre sein an jenem Tage und meine Seligkeit befördern. Und weil du meine Schuld auf dich genommen, so laß mich frei sein von allem Spott der Hölle und ihrer Forderung, damit, was einmal von dir gebüßt worden, nimmer von mir wieder gefordert werde. Ich vertraue dir, wie du deinem Vater vertraut hast. Ach HERR! laß deinen Knecht nimmer zu Schanden werden. Amen.

VII. Die weitläufige Kürze.

Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn und ein frommer Mensch gewesen, Matth. 27. V. 54. Marc. 15. V. 35. Luc. 23. V. 47. Solche Leichenpredigt thut der Hauptmann, der den Heiland sterben gesehen, und die Wunder, welche bei seinem Absterben geschahen. Kurze Worte, die von großem Sinne sind und zwei Wahrheiten mit einem Male reden. Jesus war freilich Gottes Sohn, wie der Vater dies öffentlich am Jordan bezeugt und vom Himmel gerufen. So war er auch ein frommer Mensch, der niemand etwas Böses, allen Menschen aber alles Gute erwiesen, nach dem eignen Geständniß seiner Feinde, Matth. 11. Marc. 7. Hier wurde erfüllt, was der Herr selbst gesagt Matth. 8. V. 11. Viele werden kommen vom Morgen und vom Abend und mit Abraham, Isaak und Jacob zu Tische sitzen. Denn wenn Gottes Recht im Lande gehet, lernen die Einwohner Gerechtigkeit, Jes. 26. V. 9. So wurde demnach Christi Unschuld mit sieben Wahrheiten von seinen eignen Feinden erwiesen, und es blieb der Herr, wie es sein sollte, weiß und roth, Hohesl. Sal. 5. V. 10. Roth, wegen seines Leidens; weiß, wegen seiner Unschuld. Betet:

Süßester HERR JESU! frommer Heiland, du bist gestorben als ein Gerechter für die Ungerechten, als ein Unschuldiger für die Schuldigen. Du hast getragen unsere Krankheit und auf dich geladen alle unsere Schmerzen. Wer will uns nun beschuldigen, da du uns gerecht gemacht? Wer will uns verdammen, da du uns selig gemacht? HERR JESU! wenn der Satan etwa in der letzten Stunde meines Abschieds mir meiner Sünden wegen hart zusetzen sollte, laß mich hören dein freundlich Wort: Ich bin Gottes Lamm, das der Welt Sünde getragen. So lange ich aber leben soll, hilf mir einen frommen Wandel führen, auf daß ich den Namen deines Kindes nimmer verliere. HERR, laß mich vor dir stehen allezeit, auch so es die Roth erforderte, dich nimmer vor Menschen verläugnen, sondern dich und deine Wahrheit frei bekennen und dagegen wider alle Feinde Schutz von dir erwarten. Den wollest du mir geben und deinen heiligen Geist nimmer von mir nehmen, o JESU! Amen.

Die Abendstunden

dieser Woche in der Furcht des Herrn zu verbringen gebe ich E. L. heiligem Gedenken anheim

Sieben muthwillige Lügen der Feinde sowohl als der Freunde Christi.

I. Den wohlverthanen Unrath.

Da nun Jesus war zu Bethanien im Hause Simonis des Aussätzigen, trat zu ihm ein Weib, das hatte, ein Glas mit köstlichem Wasser und goß es auf sein Haupt, da er zu Tische saß. Da das seine jünger sahen, wurden sie unwillig und sprachen: Wozu dienet dieser Unrath? Matth. 26. V. 6. Maria aber nahm ein Pfund Salbe von ungefälschter köstlicher Narde und salbte die Füße Jesu. Da sprach. Judas Ischarioth, der ihn hernach verrieth: Warum ist diese Salbe nicht verkauft worden um dreihundert Groschen und den Armen gegeben? Joh. 12. V. 30. Christus aber bezeugt, daß es diesem Weibe zur Ehre und zum Ruhm gedeihen werde vor Gott und Menschen. Das Geld, welches wir für Christum, das Haupt, und seine Glieder, die Armen oder Kirchen und Schulen, verwenden, ist sehr wohl ausgethan und fest niedergelegt, das trägt vom Hundert hundertfältig ein, Matth. 13. V. 29. Solchen Gewinn giebt man in der Welt nicht, im Himmel allein zahlt man also. Was für Lüge also, daß die Werke der Barmherzigkeit ein Unrath wären. Wohl dem, der giebt, denn ihm wird gegeben werden. Wir können nimmer zu viel von dem Irdischen geben, weil es alles Gottes ist und kein Reicher mehr über seine Güter zu sagen hat als ein Haushalter, der auf Rechnung sitzt und künftig wird Rechnung geben müssen, wie er hausgehalten. Es ist seliger geben denn nehmen. Ein jeder ist schuldig, willig und mit freudigem Herzen alles Eigenwesens sich zu enthalten, aller unnöthigen Dinge sich zu entschlagen und das Notwendigste für sein Geld und Gut zu kaufen, einen Vorrat!) für die Armen. So wird ein kleines aber wohlgemeintes Capital der Liebe große Interessen zeitlicher und ewiger Glückseligkeit eintragen. Gott ist auch mit Wenigem zufrieden, wenn der Vorrath nicht mehr und ein Vieles geben kann. Tauben sind ihm alsdann so wohl ein Opfer als Schafe und Rinder. Will jemand ein Bußwasser bereiten, Jesu die Füße zu waschen, so nehme er alle seine Sünden, wie sie Namen haben mögen und zerstoße sie wohl in dem Mörser seines Gewissens, begieße sie mit heißen Thränen einer wirklichen und eifrigen Buße und lasse sie mit feuriger Reue über alles begangene Böse wohl gemischt werden. Soll's ein Andachtswasser sein, so nehme er alle Wohlthaten Jesu, ihm im Leben, Lieben und Leiden erwiesen, lege sie in das Gedächtniß seines Herzens, begieße sie mit dem Freudenöl einer andächtigen Erinnerung und mache es wohlriechend mit einem herzlichen Dankopfer. Soll's eine Liebessalbe sein, so nehme er alle Noth der Armen und Elenden, lege dazu sein brüderliches Erbarmen und laß es feurig werden im Mitleiden und freigiebig in Mildthätigkeit. So thut er, was Magdalena that, und wird nimmer Unraths thun, immer aber erlangen, daß, indem er Jesum und seine Glieder mit ihm salbt und ehrt, er Ehre habe bei Gott und die Wiedervergeltung in der seligen Ewigkeit. Betet:

Liebster HERR JESU! ich habe wenig Vorrath für einen König wie du bist. Weil aber große Leute nicht so sehr auf die Gaben als auf den Geber und sein redliches Herz sehen, so bringe ich dir mit redlichem Willen all mein Vermögen. Nimm alles zu deinem Dienste an. Du kennst mein Herz und weißt mein Vermögen. Was ich von dir dafür begehre, geschieht auf dein Geheiß: Bittet, so werdet ihr nehmen. Darum bitte ich allein, Herr! gieb mich dir und dich an mich, so habe ich genug an dir, und was dir an mir mangelt, ersetze durch deine Gnade. Laß mich ja nichts für Unrath achten, was ich zu deiner Ehre zu verwenden schuldig bin. Du bist mein Alles, so nimm Alles hin. was ich habe und bin, und erhalte mein Herz bei dem Einigen, daß ich dich fürchte. So habe ich mit Maria das beste Theil erwählt, das nimmer wird von mir genommen werden. Amen.

II Die ungemessene Vermessenheit.

Petrus sprach: Wenn ich mit dir sterben müßte, so will ich dich nicht verleugnen; desgleichen sagten auch alle Jünger, Matth. 26. V. 35. Wer stehet, sehe zu, daß er nicht falle, 1 Cor. 10. V. 12. und ein Jeder schaffe seine Seligkeit mit Furcht und Zittern, Phil. 2. V. 12. Vermessenheit ist die nächste Stufe zum Fallen. So fiel durch Sicherheit Noah in Trunkenheit, Loth in Blutschande, David in Todtschlag und Ehebruch, auch Salomo in Abgötterei. So oft der Mund: ich will das thun, spricht, betrügt er sein Herz; auf Ich verlasse ich mich nimmer. Ich bin ein zerbrechliches Gefäß. Mit Gottes Hülfe und in der Kraft seiner Stärke vermag Paulus alles, sonst nichts. Hätte Petrus das zuvor bedacht, so würde die Vermessenheit ihn niemals von seinem Ich reden gemacht haben, und er, der gesandt war die Wahrheit zu predigen, selbst nicht ein Lügner geworden sein. Der Geist kann den Willen und das Fleisch die Kräfte nicht vollkommen haben; wie bestehen wir denn? Der sicherste Weg mit Christo zu gehen ist, ihn zu bitten, daß er Geist und Fleisch nimmer verlasse. So gehen wir getrost vorwärts, sonst bleiben wir zurück und am Wege stehen und werden aus Vielwollenden Nichtskönnende. Betet:

Ach GOTT! die Heiligen haben ihre Fehler und vor dir ist niemand vollkommen. So will wohl der Geist viel Gutes und vermag doch, weil er in der Hütte des Leibes wohnt, wenig oder nichts auszurichten. Habe doch Geduld, liebster Vater, mit deinen kranken Kindern. Zerstoße das schwache Rohr nicht, und so wir ja mit unserm guten Willen nicht allezeit weiter kommen können, so erbarme dich über uns und siehe gnädig an unsere Schwachheit. Laß uns aber nimmer vermessen werden, ein Mehreres zu wollen als wir können. Stärke uns in allem guten Vorsatze und hilf ihn durch deine Kraft vollbringen. Sollen wir mit deinem Sohne den Weg der Armuth gehen oder den der zeitlichen Schmach oder auch gar den des Todes, ach GOTT! so gieb du uns Füße, Herz und Freudigkeit. Ohne dich ist alles verloren; mit dir ist alles gewonnen. Darum bleibe bei uns, o HERR, und verlaß uns nicht. So werden wir stark sein in deiner Kraft und was wir zusagen halten. Das hilf uns und mir, o mein König und Herr. Amen.

III. Den verleugnenden Glaubenshelden.

Und Petrus leugnete und schwur dazu: Ich kenne den Menschen nicht, Matth. 26. V. 72. Israel siel nicht so geschwind zum goldenen Kalbe ab, Exod. 32. V. 4. als Petrus auf einer schnöden Magd Rede seinen Herrn und Meister verleugnet, abschwört lind verssucht. Was man auch sagen wollte, die Sünde ist zu groß, denn daß sie zugedeckt oder verantwortet werden könnte. Wenngleich Furcht, Schrecken oder Unbedachtsamkeit sie verursacht, war es doch eine offenbare Lüge, den nicht mehr zu kennen, welchen man vor wenig Stunden noch gesehen. Thun das die Felsen, haben dann die Hügel und Thäler ihre Furcht und Gefahr vor Augen? Die oft meinen, sie wollen nicht unterliegen, Ps. 30. V. 7. fallen am ersten. Wer Pech angreift, der besudelt sich, Sir. 1. V. 13. Wäre Petrus von böser Gesellschaft fern geblieben, so wäre es mit ihm so arg nicht geworden. Wohl dem, der nicht wandelt im Rathe der Gottlosen, Ps. 1. V. 1. Böse Geschwätze verderben gute Sitten, 1 Cor. 15. V. 33. und wer in Gefahr sich wagt, kommt gemeiniglich darin um. Betet:

Ach, herzliebster HERR JESU! bewahre mich durch deine Macht im Glauben zur Seligkeit und behalte mich fest bis ans Ende. Setze meinen Fuß auf den Weg des Friedens und behüte ihn, daß er nicht gleite. Ach HERR! verlaß mich nicht, daß ich dich nimmer verlasse. Latz mich keine Gefahr suchen, ehe die Stunde kommt, die du dazu beschieden; wann die Stunde aber da ist, auch nicht vor Menschen Furcht haben, die den Leib nur tödten, aber der Seele nichts anhaben können. Laß mich allezeit ähnlich werden deinem Ebenbilde, und ob ich gleich um deinetwillen sterben sollte, glauben, der Tod der Heiligen sei werth geachtet vor dir, und wer sein Leben um deinetwillen in dieser Welt verliere, werde es wiederfinden an jenem Tage. Ach HERR! laß mich Menschen nicht furchten, daß ich nicht aus deiner Furcht falle, sondern dich vor Menschen bekennen, daß du auch mich vor deinem himmlischen Vater erkennest. So gieb mir Beständigkeit im Glauben an dich zu meiner Seelen Seligkeit. Amen.

IV. Die uneinigen Zeugen.

Die Verurtheilung des Heilandes war mit dem Urtheile angefangen worden, darum suchte man so sorgfältig nur scheinbare Ursachen, dem Volke genug zu thun und Christum zum Tode zu bringen. Deshalb stellte man wider ihn auf allerhand unverschämte und gewissenlose Zeugen. Aber ihr Zeugniß stimmte nicht überein, Marc. 14. V. 55. ob sie schon sonst einig genug waren und sich zum Zweck gesetzt hatten, Jesum durch ihre Lügen ans Kreuz zu bringen. So ungereimt aber auch ihr Zeugniß war, mußte es doch herhalten, weil kein anderes vorhanden, und die Lügen wider Christum obsiegen, weil mit der Wahrheit ihm nicht beizukommen war. Hatte Christus von dem Tempel seines Leibes geredet, so mußte es von dem Tempel zu Jerusalem zu verstehen sein, Joh. 2. V. 19. Er sollte das Volk durch seine Lehre verführt haben, und es war dieselbe Lehre, die Moses und die Propheten vor ihm vorgetragen hatten, und über dem war er gekommen, die Verführten auf den rechten Weg zu bringen, wie ihm die Juden selbst das Zeugniß gegeben: Du bist ein Lehrer von Gott gesandt und lehrest den Weg Gottes recht, Joh. 3. V. 2. Er sollte verboten haben, dem Kaiser den Zins zu geben, den er selbst willig erlegt hatte, Matth. 22. V. 21.; er gäbe sich für einen König aus. da sie ihn aber hatten dazu machen wollen, war er entwichen, Joh. 6. V. 15. Es heißt hier von den Feinden Christi: Ihr hasset das Gute und liebet das Arge. Die Gewaltigen rathen nach ihrem Muthwillen, Schaden zu thun, und drehen's, wie sie wollen, Mich. 3. V. 1. Betet:

Holdseligster HERR JESU! du bist für uns zum Sünder gemacht worden, daß wir in dir die Gerechtigkeit würden, die vor Gott gilt. Erbarme dich meiner Schuld, die ich begangen, und laß mich das Verdienst deiner Bezahlung genießen, die du dafür abgestattet. Mein Gewissen zeugt wider mich, und es hat recht. Der Teufel redet wider mich, und ich kann ihn nicht Lügen strafen. Ich habe gesündigt und aller gottlosen und ungehorsamen Söhne Strafe von Rechts wegen verdient. Ich fliehe aber zu dir, HERR JESU! und suche Gnade. Laß deine Gerechtigkeit meiner schonen und deine Barmherzigkeit mich erquicken, daß meine Feinde es sehen und sich schämen müssen, wenn deren keiner zu Schanden wird, die auf dich hoffen. Sollten meine Feinde, weil ich lebe, wider mich falsch Zeugniß reden, meine Worte mir muthwillig verkehren, auch erhalten, was sie wollten, so laß mich, o du geduldiges und sanftmüthiges Gottes-Lamm. alles mit stillem Muthe hinnehmen. Es achten als eine Strafe meiner Sünden, mich aber trösten, daß du der Unschuldigen Sache führst, allen Lügen feind bist und auch die, so wider mich geredet, werdest zu Schanden machen. Laß mich kein besseres Glück in der Welt suchen als du selbst gehabt, und meine Freude in allem Leid die sein, daß ich dadurch dir ähnlich werde. Hilf mir, JESU! überwinden den Teufel und allen seinen verläumderischen Anhang, und vor dir allezeit reines Herzens bleiben. Um alles Andere möge sich kein Haar auf meinem Haupte krümmen. Amen.

V. Die beschuldigte Unschuld.

Sie antworteten und sprachen: Er ist des Todes schuldig, Matth. 26. V. 66. Unter den schändlichen Lügen ist dies die allergröbste. Dieses Urtheil läuft wider Wissen und Gewissen und nimmt schlechten Beweis daher, daß der Heiland sich selbst zu Gottes Sohne gemacht habe. Der Vater hatte ihn ja von Ewigkeit gezeuget, Ps. 2. und seine Thaten redeten seine Gottheit im ganzen Jüdischen Lande. Nicodemus hatte früher das Urtheil der Synagoge dem Seligmacher geoffenbart, daß man ihn für göttlich ansehen müßte, weil ihm Niemand die Wunderwerke, die er thäte, nachthun könne. Dem allen entgegen heißt es dennoch: Er ist des Todes schuldig. So sind die Gerechten; ihnen geht es, als hätten sie Werke der Gottlosen, Pred. 8. V. 14. Daher kommt ihre Klage: Soll's denn umsonst sein, daß mein Herz unsträflich lebt und ich meine Hände in Unschuld wasche? Ps. 73. V. 12. Aber Gott stürzt die Gottlosen zu Boden, sie gehen unter und nehmen ein Ende mit Schrecken. Betet:

Unschuldiges Gottes Lamm! die Lügen, so wider dich geredet worden, sind Wahrheit für mich. Ein Irrthum wäre hier in deiner Person nicht begangen worden, wenn die Bosheit nicht deiner Feinde Herz, Seele, Mund und Zunge eingenommen gehabt. Ich war schuldig des Todes, und du mußtest für mich sterben. So war es von Ewigkeit her von deinem Vater beschlossen, daß der Gerechte für die Ungerechten leiden sollte, und du warst gekommen, alle armen Sünder selig zu machen. Das konnte ohne Blut' und Tod nicht geschehen. Darum mußtest du und wolltest du sterben- du Unschuldiger für die Schuldigen. Du bist um unsertwillen verwundet und um unserer Missethat willen getödtet worden. Wehe den Richtern, die dich wider alles Recht verurtheilt! Aber wohl mir, daß ich durch dein unschuldiges Leiden und Verurtheiltwerden dem Teufel, der Hölle und der ewigen Verdammniß entgangen. HERR JESU! du littest das gern für mich, daß ich nicht ewig leiden dürfte. Du hattest die Deinigen zu lieb, denn daß du dich der Gewalt und dem Unrechte deiner falschen Richter entziehen wolltest. Ach HERR JESU! deine Unschuld deckt alle meine Schuld und dein ungerechtes Urtheil hat mir himmlisches Heil gebracht. Ich bitte dich demüthigst: Laß mich das Urtheil der Welt nimmer betrüben, wo es mir wie dir zufallt. Das Gedächtniß deiner Unschuld müsse mir allezeit Geduld geben, daß ich wenig achte, ob ich von einem menschlichen Tage gerichtet würde, wenn mein Herz mich nicht verdammt und mein Werk und Leben mich beschämt. Davor behüte mich, mein HERR, und sei mit mir durch deinen Heiligen Geist an allen Orten und wider alle meine Feinde, geistliche und leibliche überall. Amen.

VI. Den eitlen Prahler.

Pilatus sprach zu ihm: Redest du nicht mit mir? Weißt du nicht, daß ich Macht habe, dich zu kreuzigen, und Macht habe, dich loszulassen? Joh. 19. Diesem eitlen Prahler und Lügner antwortet Jesus: Du hättest keine Macht über mich, wenn sie dir nicht wäre von oben herab gegeben worden. Es ist keine Obrigkeit ohne von Gott, Röm. 13. V. 1. Aber jede ist auch unter Gott. Gott hat ihr Macht gegeben auf Erden, die Allmacht aber im Himmel über sie und den ganzen Erdkreis sich vorbehalten. Die Obrigkeit hat das Schwert, daß sie es gebrauche und nicht mißbrauche. Geschieht das, so wird das Scepter der Gottlosen nicht ewig bleiben über dem Haufen der Frommen, Psalm 125. V. 3. Betet:

HERR JESU! gefällt es dir, daß ich mit dir leiden soll, so laß mich nicht sehen auf die Hand, die mich schlägt, sondern auf dich allein, von dem mein Leid und meine Freude kommt. Du hast die Herzen der Menschen in deiner Hand und leitest sie wie Wasserbäche. Ich will mich nimmer vor jemand fürchten, weil auch die größte Macht auf Erden von dir Vollmacht haben muß in allem, was sie thut. Soll ich etwas Widriges dulden, so glaube ich, daß du es über mich zur Strafe verhängt hast; kommt etwas Gutes, so soll der Dank allein dein sein. Gib auch Allen, die Macht unter den Menschen haben die Selbstverläugnung, in Demuth ihre Herrschaft dir zu unterwerfen und so hauszuhalten, daß das Böse gestraft und das Gute befördert werde, daß ihre Augen auf dich sehen und ihre Hände den eignen Kräften nicht trauen. Setze fest den Stuhl derer, die dich ehren. Erhebe deine Knechte und mache aller deiner Feinde Anschläge zu Schanden, auf daß die Welt erfahre, daß du allein Gott bist und alles, was Mensch heißt, nichtig sei vor deinem Angesicht; daß deine Anschläge allein bestehen und gottlose Menschen zu Grunde gehen. Amen.

VII. Den thörichten Weisen.

Pilatus nahm Wasser und wusch seine Hände vor dem Volk und sprach: Ich bin unschuldig an dem Blute dieses Gerechten, Matth. 27. Marc. 15. Luc. 23. Vorher sagte er, er hätte Macht, Christum loszulassen; und nun verurtheilt er ihn doch zum Tode wider sein Gewissen als ein ungerechter Richter und besudelt seine vorige Weisheit mit einer garstigen Thorheit, sonderlich in dem, daß er meint, durch die Reinigung der Hände auch das Herz zu säubern. Wie konnte er unschuldig sein, der an allem Schuld hatte, und so er zum Lügner wird, wie rein war er, der inwendig voll Zanks und voller Unruh war! Matth. 23. V. 23. Wie konnte er seine Hände in Unschuld waschen, Ps. 26. V. 6. dem so viel Schuld beizumessen? Und so stellt er sich der ganzen Welt als einen thörichten Weisen dar, der Reinigkeit sucht, da sie nicht ist, und das an sich rein heißt, was bei ihm ewig unrein geblieben. Betet:

Allerliebster HERR JESU! wie klug auch die Kinder dieser Welt sich selbst scheinen, so thöricht sind sie vor deinem Angesicht. Laß mich nimmer so blind werden, daß ich nicht sehen sollte, was zu meinem Frieden dient. Es ist kein Wasser, das mich von Sünden und meiner Unreinigkeit reinigen kann, außer dem, welches aus deiner allerheiligsten Seite floß. Das fasse ich auf, o allerreinstes Kind Gottes und werde von aller meiner Schuld ewig befreit werden. Hilf nur auch ferner, daß ich meine Hände in Unschuld wasche und sie nimmer zu dir aufhebe, wenn sie voll Blut sind; durch dein Blut aber reinige du mich von aller meiner Uebertretung. Laß mich außer dir keine Brunnen suchen, die löchericht sind und kein Wasser haben. Gieb mir deshalb erleuchtete Augen meines Verstandes, den Weg allein zu dir weislich zu suchen und getröstet zu finden. Laß mich auch kein Aergerniß nehmen an der Welt, wenn sie ihre böse Sache mit Heuchelei bedeckt. Ich weiß, daß diese übertünchten Gräber inwendig nur Todtengebeine hegen. Laß mich dem Beispiele der Bösen nimmer folgen noch den Regeln der Gottlosen nachleben, allezeit aber auf dich sehen, den Anfänger und Vollender meines Heils. Decke zu meine Schuld und vergieb die mir, welche ich selbst zu bezahlen ohnmächtig bin. Es sage dann wer wolle, daß ich schuldig sei des ewigen Todes, wenn du nur, o JESU! mir eine Ursache des ewigen Lebens geworden bist. In der Hoffnung laß mich dir leben und sterben. Amen.

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