Lambs, Jean-Philippe - Die Jung St. Peter-Kirche in Straßburg. - §. 4. Glocken.

Lambs, Jean-Philippe - Die Jung St. Peter-Kirche in Straßburg. - §. 4. Glocken.

Johann Andreas Silbermann besuchte im Jahr 1780 auch den Glockenthurm, und berichtet Folgendes über die vier dort befindlichen Glocken1):

  1. Die erste und größte hat im Durchschnitt nach französischen Schuhen: 4 Schuh 2 1/4 Zoll. Darauf ist ein Muttergottesbild gegossen. Die Schrift hat gothische Buchstaben; die Jahrzahl ist: Mille quintesimo quaterno2).
  2. Die zweite hat im Durchschnitt 3 Schuh 7 3/4 Zoll. Die Jahrzahl ist 1586. Oben ist die Umschrift mit römischen und unten mit gothischen Buchstaben.
  3. Die dritte hat im Durchschnitt 3 Schub 1/3 Zoll.
  4. Die vierte 2 Schuh 5 1/4 Zoll.

Um der beim Ausbruch der Revolution immer noch währenden Finanznoth des Landes zu steuern, wurden nicht nur die Kirchen- und Klostergüter verkauft, sondern auch durch ein Decret vom 3. August 1791 den Kirchen und Klöstern die Glocken entnommen, um Scheidemünze daraus zu prägen. Ein Ansuchen dieser Art erging auch an den Kirchenvorstand unserer Kirche am 6. März 1792, viertes Jahr der Freiheit3). Deshalb berief am 24. März 1792 der Kirchenvorstand die Gemeindeglieder nach der Amtpredigt, um über das an ihn gerichtete Begehren ihre Meinung auszudrücken, worauf der Beschluß der Gemeinde dahin ging, die zweite der vier Glocken herzugeben4). Schon am 30. März erschien ein Dankschreiben für die Bereitwilligkeit, mit welcher der Kirchenvorstand und die Gemeinde eine ihrer Glocken anbot. Wenn und wohin die andern gekommen sind, ist aus keinem Protocol oder einer andern Schrift ersichtlich. Sie sind ebenfalls, wie noch vieles andere aus unserer Kirche, in den Stürmen der Revolution verschwunden.

Als endlich im Jahr 1801 der Gottesdienst wieder hergestellt und das Läuten der Glocken zu den Versammlungen in den Kirchen wieder gestattet worden war, wünschte die Jung St. Peter Gemeinde sich auch wieder in den Besitz einer Glocke gesetzt zu sehen. Der Kirchenvorstand beschloß dem Verlangen der Gemeinde zu willfahren, in so fern sie durch freiwillige Beiträge zur Anschaffung einer Glocke sich verstehen würde. Demnach wurde eine Subscriptionsliste unter den Gemeindegliedern herumgetragen, deren Ertrag aber, bei der ohnehin wenig begüterten Gemeinde so gering ausfiel, daß kaum der vierte Theil der Kosten daraus hätte bestritten werden können5). Weil aber die Gemeinde auf ihrem Begehren bestand und gegen andere Kirchen in dieser Rücksicht nicht zurückbleiben wollte, so sah sich der Kirchenvorstand genöthigt, zwei noch gerettete Capitalien von 2400 Livres einzuziehen und zu besagtem Zweck anzuwenden6).

Unsere jetzige Glocke wurde von Matthäus Edel, Glockengießer allhier gegossen. Nach einem mit demselben, am 28. Floreal X abgeschlossenen Akkorde7), sollte die neue Glocke 1000 Kilogr. wiegen, und die Summe von 3600 Fr. kosten. Würde sie aber schwerer werden, so wäre für jedes halbe Kilogr. noch 1 Fr. 50 C. mehr zu entrichten. Die Glocke als sie fertig war, wog aber 1039 Kilogr. (20 Zentner 78 Pfund). Mit allen hinzugekommenen Unkosten hatte die Kirche eine Ausgabe von 4027 Fr. 35 C.

Ringsherum oben steht folgende Inschrift: „Me fecit Matthäus Edel, civis argentinensis, assistentibus filiis Daniele et Ludovico.

Weiter unten auf der einen Seite: Auf Kosten der Kirche und aus den Beiträgen der evangelischen Gemeinde zum Jungen St. Peter, im Jahr Christi 1802, der Republik 10..

Und auf der andern gegenüberstehenden Seite: „Auch den spätesten Nachkommen müsse mein Schall verkündigen, daß die Freiheit des Gewissens glücklich wieder befestigt ist.“

Im Monat Juli des genannten Jahres 1802 wurde die Glocke an Ort und Stelle gebracht, und den 11. Juli als den folgenden Sonntag das erstemal zum Gottesdienst geläutet.

1)
Silbermanns handschriftliche Sammlung. Carton H. (Stadtbibliothek).
2)
Dies ist wahrscheinlich diejenige Glocke, welche 1633 angeschafft wurde. Im Jahr 1627 nämlich zersprang die große Glocke in Jung St. Peter. Mehrere Jahre vergingen bevor an die Ersetzung derselben gedacht werden konnte. Im Jahr 1633 befaßte sich der Rath damit, und Kirchenpfleger Ingoldt trug vor, daß das Capitel sich mit der Unmöglichkeit entschuldige, eine neue an die Stelle der gespaltenen zu schaffen, und er schlug vor, diejenige Glocke, welche dem Kloster Stephansfeld abgekauft worden war und die auf dem Zeughof stand, gegen die alte zu vertauschen, welcher Vorschlag vom Rath angenommen wurde. (Rathsprotocoll v. 1633. Stadtarchiv).
3)
Siehe den Brief in den Beilagen III.
4)
Sie wog 1350 Pfund, laut einer Note: La cloche provenant de l'église de St-Pierre-le-jeune s'est trouvée peser, sauf vérification de M. le Commissaire du Directoire du Département du Bas-Rhin, 1350 livres.
5)
Die Beiträge der Gemeinde beliefen sich auf die Summe v. 1184 Livres.
6)
Sie wurden später wieder ersetzt.
7)
Archiv der Kirche.
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