Hofacker, Ludwig - Andachten über das Evangelium nach Johannes

Hofacker, Ludwig - Andachten über das Evangelium nach Johannes

Johannes 4,47.

Und es war ein Königischer, des Sohn lag krank zu Kapernaum. Dieser hörte, dass Jesus kam aus Judäa in Galiläam und ging hin zu ihm.

Ich halte es schon für viel Gnade, dass er nur zum Heiland kam; und wahrscheinlich, wenn ihn die Not nicht getrieben, er hätte es nimmermehr getan. Er war einer, der da weiche Kleider hatte, ein vornehmer, geachteter Mann; denkt euch nur einmal in seine Lage hinein; welche Gedanken mussten in ihm aufsteigen: Was werden die Leute denken? Was wird Herodes und der Hof sagen, wenn ich mich so weit erniedrige und zu dem Zimmermann von Nazareth gehe? Reimt sich das auch mit der feinen Bildung, die ich genossen habe, dass ich einen Menschen, der nicht einmal studiert hat, dem die Schriftgelehrten so gar feind sind, den sie als einen Ketzer verschreien, um seine Hilfe anspreche und ihm sogar mehrere Stunden Weges nach Cana nachlaufe? Ach, der Glaube an den Heiland findet noch jetzt mächtige Hindernisse im Stand und Amt und Titel so mancher Menschen! Man ist ein vornehmer Mann oder eine vornehme Frau; man hat Leute um sich, die einem schmeicheln; man steht, ohne gerade zu den Vornehmen zu gehören, in Achtung als klug, als witzig, als rechtschaffen und ehrlich, als reich, als gelehrt und was dergleichen mehr ist: da ergeht die äußere oder innere Aufforderung an das Herz: du solltest dich doch recht gründlich dem Heiland ergeben! Ei, heißt es da im Herzen, was werden die Leute, was wird der oder jener, der dich um dieser oder einer anderen Eigenschaft willen achtet, - was wird dein Vorgesetzter, was wird deine bisherige Gesellschaft sagen, wenn du den Heiland suchst und, wie man so sagt, auch fromm wirst? - Und dergleichen Menschenfurcht, dergleichen Vorurteile, die in Herzen Raum gewonnen haben, sind schon Manchen zum Strick und Fall geworden. Den Königischen trieb die Not, die herbe Not, und diese Not lehrte ihn über alle Vorurteile und Bedenklichkeiten hinüberblicken; aber doch haben vielleicht dergleichen Vorurteile und Bedenklichkeiten seinen Geist nicht zum rechten Glauben, - wohl zu einigem Glauben, aber nicht zum rechten, hindurchbringen lassen.

Johannes 4,48.

Und Jesus sprach zu ihm: wenn ihr nicht Zeichen und Wunder seht, so glaubt ihr nicht.

Der Glaube des Königischen war klein und schwach, beschränkte sich bloß darauf, dass er eben Hilfe für das Leben seines Sohnes begehrte. Aber der Heiland stieß diesen kleinen Glauben nicht zurück, sondern er suchte ihn zu stärken. Das ist das Wichtige, das ist das Große bei dieser Erzählung. Mit beiden Händen sollten wirs fassen, dass der Heiland so gnädig war, dass er sich zu der Schwachheit des Mannes jo tief herabließ, dass sein treues Herz noch jetzt so gerne sich zu unserer Schwachheit herablässt und Mitleiden hat, dass er das zerstoßene Rohr nicht zerbricht und den glimmenden Docht nicht auslöscht, bis dass er das Gericht hinausführe zum Siege! Zwar schien es, als ob der HErr den aufkeimenden Glauben des Königischen zertreten wollte mit dem Wort: „Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder seht, so glaubt ihr nicht!“ Ei, wie demütigend, wie beschämend war dies für den vornehmen Mann! Da musste er sich in die Klasse der übrigen ungläubigen Juden hineinwerfen lassen, - eine harte Schule für einen solch vornehmen Mann, eine harte Rede, wie es scheint! Sie wars aber nicht; sie floss aus dem tiefsten Erbarmen des Heilandes gegen den kleingläubigen Königischen. Gleich einem weisen Arzt suchte er dem schwachgläubigen Manne nicht nur seinen Schaden, sondern auch die Ursache desselben zu zeigen: du hast noch geringe Gedanken von mir in deinem Herzen! - dies ist etwa der Sinn dieser Worte, - aber die Ursache davon liegt in deiner bisherigen Denkweise. Hättest du und deinesgleichen indessen mehr auf Moses und die Propheten geachtet, dass ihr der Stimme Gottes, die dort spricht, euer Herz und Gewissen geöffnet hättet, statt dass ihr nur immer nach äußeren Zeichen und Wundern gehascht habt, so würde dein Glaube jetzt wohl stärker sein! Wahrscheinlich sah der Herzenskündiger wohl, dass dadurch der Glaube des Königischen nicht niedergeschlagen, sondern erhöht werde; darum redete er in solcher Weise zu ihm; er wollte eben den Glaubensfunken, der in ihm lag, noch mehr anfachen, damit er tiefer ins Bitten hineinkäme. „Sie nötigten ihn,“ heißt es vom Heiland (Lukas 24,29.), und so war es oft; man musste ihn gewissermaßen nötigen, nicht weil er nicht helfen wollte, sondern weil er dadurch dem Glauben eine Probe auflegte.

Johannes 6,29.

Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Das ist Gottes Werk, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat.

Es ist auf den Glauben ausgelegt. Wer es glaubt, dass Jesus Christus, der eingeborne Sohn Gottes von Ewigkeit, als ein armer Mensch gelebt habe, und dass er für die Sünden der Welt am Kreuz gestorben sei; wer dies glaubt, nicht wie man eine Zeitungsnachricht glaubt, wobei das Herz meistens unberührt bleibt, wer dies glaubt, nicht weil er es auswendig weiß von seiner Jugend an, sondern weil ihm dies die allerwichtigste, die allerunentbehrlichste Geschichte ist; wer es mit völliger Zustimmung seines Herzens ergreifen und in den Grund seines Gemüts dann sinken lassen, dass dies eine wahre Geschichte sei; mit andern Worten: wem diese Geschichte offenbar wird durch den heiligen Geist, dass er nicht mehr so gleichgültig darüber hinwegsehen kann, sondern sie in der Tiefe seines Herzens bewegt und Nahrung daraus zieht, - der hat in solchem Glauben Vergebung seiner Sünden. Im Herzen muss es sich offenbaren, dass Jesus Christus, Gottes Lamm, wahrhaftig starb am Kreuzesstamm; wem dies klar ist im Herzen, der glaubt an den Sohn Gottes und hat in solchem Glauben Vergebung der Sünden.

Aber eben dieser Glaube wächst nicht auf unserm Grund und Boden; er will erbeten sein; er ist eine Gabe des Vaters, von dem alle gute und vollkommene Gabe kommt, ein Geschenk und eine Wirkung des Geistes, der Jesum verklärt. Wir können diese große Geschichte wissen; wir können die Wahrheiten, die darin liegen, in eine schlussmäßige Form bringen; wir können darüber vernünfteln und daran uns ärgern, wir können darüber stutzen und fluchen, - dies Alles kann die Natur: aber wahrhaftig glauben an das Kreuz des Sohnes Gottes, das können wir nicht aus uns selbst; das ist eine Schöpfung des neugebärenden Geistes Jesu Christi selber. Und weil wir hierin so gar ohnmächtig und schwach sind, so tut es not, sich aufs Bitten zu legen und sich um nichts so sehr zu bekümmern, als dass in unsern armen Herzen der Glaube möchte gewirkt werden, weil wir ohne ihn arm, elend, blind, gnadenlos bleiben in Zeit und Ewigkeit.

Heil'ger Geist im Himmelsthrone,
Gleicher Gott von Ewigkeit
Mit dem Vater und dem Sohne,
Der Betrübten Trost und Freud!
Der du in mir angezünd't,
So viel ich von Glauben find':
Über mir in Gnaden walte,
Ferner deine Gab erhalte! Amen.

Johannes 15,5.

Ohne mich könnt ihr nichts tun.

Ach! es ist so gar nichts um ein Menschenleben, wenn es nicht mit dem Heiland geführt wird. Da wirds Winter und Sommer, Tag und Nacht, man arbeitet auf seiner Hantierung, im Weinberg, auf dem Acker, man will etwas erwerben, man kann nicht; man will wenigstens sich schuldenfrei machen, es geht wieder nicht; dazwischen hinein kommt viel Summer und Elend, viele Sorgen und Sünden; es ist nichts elender und jämmerlicher als ein solches Leben, man ist nichts als ein Lasttier. Wer aber Jesum kennt, der geht durch diese Zeit hindurch, und weiß auch, warum er auf der Erde ist. Und am Ende wirft man die ausgetretenen Schuhe der modernden Lebenszeit hinweg und fährt zu Jesus, den die Seele liebt, an dem das ganze Herz hängt. O dass wir weiser würden zur Seligkeit!

HErr, verkläre in uns deinen Namen, bekehre uns ganz zu dir, so sind wir bekehrt! Wir wissen nicht, was du über uns beschlossen hast, wissen nicht, was dieses Jahr mit sich bringen wird nach deinem allweisen Ratschluss; nur deinen Namen verkläre in uns, auf dass wir uns allezeit gerüstet und bereit halten, vor dir zu stehen! Dein, du seliger und allein gewaltiger König aller Könige und HErr aller Herren, der allein Unsterblichkeit hat, der da wohnt in einem Licht, wo Niemand zukommen kann, müsse unsere Seele sein als dein teuer erkauftes Gut; dein müsse sie sein im Leben und im Tod, in der Zeit und in der Ewigkeit, hienieden im Lande der Prüfung und dort in deiner neuen Stadt, wohin du uns, um deiner Gnade willen, nach wohl durchlaufener Kampfesbahn führen wollest, o HErr, unser Gott!

Nicht nach Welt, nach Himmel nicht
Meine Seele wünscht und sehnet:
Jesum wünscht sie und sein Licht,
Der mich hat mit Gott versöhnet,
Der mich frei macht vom Gericht;
Meinen Jesum lass ich nicht.

Jesum lass ich nicht von mir,
Steh ihm ewig an der Seiten;
Denn er wird mich für und für
Zu den Lebensbächlein leiten.
Selig, der mit mir so spricht:
Meinen Jesum lass ich nicht!

Johannes 16,33.

Solches habe ich mit euch geredet, auf dass ihr in mir Friede habt.

Wandelt uns nicht eine Art Heimweh an, wenn uns der Heiland verspricht, dass wir in ihm Friede haben sollen? In einer Welt voll Unfrieden, voll Angst, voll Krieg, voll Zwietracht, in einer Welt, wo Satan seinen Thron aufgeschlagen hat, verspricht uns der Heiland, dass wir in ihm sollen Friede haben. Ach wie Mancher muss sein ganzes Leben im Unfrieden zubringen! wie Mancher möchte mit dem Psalmisten sagen: es wird meiner Seele lange, zu wohnen unter denen, die den Frieden hassen. Aber siehe da, was der Heiland sagt: in mir habt ihr Frieden; ihr braucht euch nicht so abzumühen und abzukümmern, sucht nur mich, ruht nur nicht, bis ihr mich gefunden habt, so werdet ihr Frieden finden für eure Seelen. Und so ist es auch.

Gewiss, mein Freund hat solche edle Gaben, Die alle Welt mir nicht verschaffen kann. Schau an die Welt, schau ihren Reichtum an, Er kann ja nicht die müden Seelen laben, Mein Jesus tuts, er tuts im Überfluß, Wenn alle Welt zurückstehen muss. Lasst uns diese Gnade nicht versäumen, lasst uns hier nicht schlafen und träumen, sondern wacker sein, dass wir hierin nicht dahintenbleiben. Sollen wir denn allein das haben, unter dem die ganze Menschheit seufzt, die Angst (in der Welt habt ihr Angst)? Ach, nein, wir wollen auch den Frieden, der der ganzen Welt angeboten ist in Jesu, unserem HErrn, den Frieden, durch welchen wir dann die kurze Angst dieser Tage überwinden können. Denn wer den Frieden findet und besitzt in dem Überwinder der Welt, der hat genug auf Zeit und Ewigkeit, der kann das ihm zugeschiedene Teil Plage wohl tragen, ja er erkennt dann in dieser Plage eine heilsame Vorübung auf die Ewigkeit. Schließen wir uns also recht an an den Freund unserer Seelen; lassen wir die gekreuzigte Liebe nicht aus dem Gesicht; je öfter wir vor Jesu Gnadenthron treten, desto offener wird uns der Zugang zu ihm, desto lieblicher geht er uns auf als der helle Morgenstern, desto tiefer kommen wir in seinen Frieden hinein und können das, um was sich die Menschen so sehr plagen, das Sichtbare und Vergängliche, für nichts achten und auf das Unsichtbare sehen.

Liebe und übe, was Jesus dich lehrt, und was er dich heißt, dasselbige tu'! Hasse und lasse, was sein Wort verwehrt, So findest du Frieden und ewige Ruh'! Ja selig, die also sich Jesu ergeben Und gläubig und heilig nach seinem Wort leben!

Jesu, du Herzog der Friedensheerscharen, O König des Friedens, ach zeuch uns nach dir, Dass wir den Friedensbund treulich bewahren, Im Wege des Friedens dir folgen allhier! Ach lass uns doch deinen Geist kräftig regieren Und dir nach im Frieden zum Vater hinführen.

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