Fries, Nikolaus – Andachten über das 1. Buch Mose

Fries, Nikolaus – Andachten über das 1. Buch Mose

1. Mose 1,3-5

„Und Gott sprach: Es werde Licht und es ward Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war. schied Gott das Licht von der Finsternis, und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag!“

Das ist der allererste Advent, als das Schöpferwort Gottes durch das Wüste und Leere und durch die lagernde Finsternis schallte: Es werde Licht! - also kommt der Advent aus der Ewigkeit! Licht ist das Kleid, das Du anhast! Lobpreist der Psalmist. Mit Seines Kleides Saum hat der lebendige Gott das Geschaffene angerührt: da wards Licht! Kein Mensch, und wär's auch der gelehrteste Naturforscher, hat jemals entdeckt und erklärt, was das Licht ist, nach Seinem Wesen: sie wissen sich viel damit, dass sie in die Sonne gucken können und herausgebracht haben, dass da Etwas verbrenne, und daher entstehe Licht und Wärme. Gott aber hat das Licht vor der Sonne geschaffen, also ist das Licht Etwas auch ohne die Sonne! - Gott sei Dank, dass Solches den Weisen und Klugen verborgen ist! Damals lobten Gott die Morgensterne und jauchzten alle Kinder Gottes! lobe und jauchze Du nur auch immerhin im heiligen Advent! warum tun's denn nicht Alle? warum gab's eine Zeit, da Du es auch nicht tatest? siehe, so lange man nur dies natürliche Licht kennt, das damals in der Finsternis aufleuchtete, so lange kommt man nicht zum Loben und Jauchzen; hält auch nicht Advent; hier aber ist Einer, der spricht: Ich bin das Licht der Welt! kennst Du Den? - es ist Jesus Christus, der Herr! in Seinem Lichte sehen wir das Licht! (Ps. 36) durch das übernatürliche Licht geht's hindurch, dann kommst Du auch zum Erkennen und Danken für das natürliche Licht! - Gott aber schied das Licht von der Finsternis, und was Gott geschieden hat, das sollen wir geschieden bleiben lassen. Die Nacht ist keines Menschen Freund! auch nicht die Sünden-Nacht?? - ach, wenn's so wäre, dann könntest Du wohl auch mit der Nacht draußen gut Freund werden. O, Herr Gott! Der Du Licht anhast und Licht schaffst, wir bitten Dich für uns, für unsere Häuser, für unser Vaterland, für diese ganze Erdenwelt: lass es an diesem Abend des ersten Advents Tages über uns heißen: „Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag!“ (N. Fries)

1. Mose 1,14-18

Und Gott sprach: Es werden Lichter an der Veste des Himmels, die da scheinen Tag und Nacht, und geben Zeichen, Zeiten, Tage und Jahre, und seien Lichter an der Veste des Himmels und scheinen auf Erden. Und es geschah also. Und Gott machte zwei große Lichter; ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere, dazu auch Sterne. Und Gott setzte sie an die Veste des Himmels, dass sie schienen auf die Erde, und den Tag und die Nacht regierten, und schieden Licht und Finsternis. Und Gott sah, dass es gut war!

Wären nicht die Lichter an der Veste des Himmels, die da geben Zeichen und Zeiten, Tage und Jahre, dann käme auch nicht die liebe Adventszeit mit ihren Gnadenzeichen, und nicht dem Anbruch erneuter Freude und Bundschließung. Du gehst hin unter des Himmels Veste, im schönen Sonnenlicht bei Tage, und Mond und Sterne ziehen über Deinem Haupte stille ihre Bahnen bei nächtlicher Weile, aber hörst Du auch, was Sonne, Mond und Sterne Dir verkündigen? hast Du's im Sonnenaufgang gelernt zu singen: „Die Sonne, die mir lachet, ist mein Herr Jesus Christ!?“ und im Sonnenuntergang: „Fahr' hin, ein' andere Sonne gar hell in meinem Herzen scheint!?“ und wenn der Morgenstern vor Deinem Kammerfenster funkelt, gedenkst Du des ewigen Morgensterns, der da leuchtet am dunklen Ort? Gott sah, dass es gut war, als Er die Lichter an des Himmels Veste gestellt, Gott sah, dass es für die Erde und ihre Bewohner, auch für Dich, gut war - dann aber erst ist's wirklich gut für Dich, wenn die sichtbare Welt Dir predigt von der unsichtbaren, und wenn der Sonnen-Glanz vom Aufgang Dich zieht in den Aufgang Seiner Herrlichkeit. Das ist Advent; kennst Du solchen Advent? - O, lieber himmlischer Vater! Der Du so viele, unzählige große und kleine Lichter hast aufgehen lassen an des Himmels Veste, lass über uns aufgehen Dein allergrößtes Licht in Christo Jesu unserm Herrn! (N. Fries)

1. Mose 1,26 und 27

Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel, und über das Vieh und über die ganze Erde, und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht. Und Gott schuf den Menschen Ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf Er ihn!

Das ist die anerschaffene königliche Herrlichkeit des Menschen! Herrschen sollte er über alle Kreatur. Der allmächtige und allbeherrschende Gott hat den Menschen bekleidet mit Seiner eignen Macht, hat ihn neben sich auf den Thron Seiner Herrlichkeit gesetzt! Welch' eine Selbstentäußerung! das ist so, als wenn ein großer König seinen erstgeborenen Sohn zum Mit-Regenten einsetzt. Aber noch mehr: Sein eigen Bild hat Gott dem Menschen anerschaffen! So wie er dasteht: das Haupt aufgerichtet, das Auge sonnenhaft, dem Himmel zugewandt, das Ohr geöffnet für das Wunderreich der Töne, das Herz, eine klare Tiefe voll edler Perlen, der Geist, aufwärts fliegend wie ein Adler! so ist er das Bild Gottes, seines Schöpfers! Aber was ist aus all' dieser ursprünglichen Herrlichkeit geworden? Die Kreatur beherrscht den Menschen, denn er hat sich ihr verkauft durch die Sünde! das Bild Gottes ist verzerrt, entartet, verderbet! Ach, wenn's nicht Advent geworden auf Erden, dann wär's uns besser, dass wir nie geboren wären! Aber Gott sei Dank in aller Welt, hier ist ein Menschensohn, ein zweiter Adam, ein Weibes-Same, der hat es Alles wiedergebracht! Er herrscht, und wir sollen mit Ihm herrschen, denn unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat! Er ist der Abglanz der Herrlichkeit Gottes, das Ebenbild Seines Wesens, und Er lebt in uns und wir in Ihm: Christus verklärt in uns! So ist Gottes Bild wieder hergestellt! - und es ist noch nicht erschienen, was wir sein werden! Das ist Adventsfreude! Gelobt sei Gott! (N. Fries)

1. Mose 2,1-3

“Also ward vollendet Himmel und Erde mit ihrem ganzen Heer, und also vollendete Gott am siebten Tage seine Werke, die Er machte, und ruhte am siebten Tage von allen seinen Werken, die Er machte; und segnete den siebten Tag und heiligte ihn, darum, dass Er an demselben geruht hatte von allen seinen Werken, die Gott schuf und machte.“

Ein Ruhe-Tag, von Gott selber geheiligt und gesegnet! geheiligt, das will sagen: über alle andern Tage erhöht: hier heißt es nicht: da ward aus Abend und Morgen der siebte Tag! denn der siebte Tag ist überglänzt und verklärt vom Lichte der Ewigkeit, da ist der Abend wie der Morgen, und der Morgen wie der Abend! da heißt's: das ist die alte Sonne nicht, die täglich sich erneut! denn die Sonne des Ruhe-Tages verkündigt's mit ihren Strahlen aller Kreatur: Heilig! heilig! Heilig ist der Herr Zebaoth, alle Lande sind seiner Ehre voll! gesegnet, das will sagen mit Gott selbst in engere Gemeinschaft versetzt, oder angerührt von Seiner Hand, angeblickt von Seinen Augen. Also an diesem schönen Ruhe-Tage soll alles Geschaffene die Nähe Seines Schöpfers fühlen und Gaben und Gnaden von Ihm empfangen. Der erste heilige Sabbat, an welchem Gott ruhte von allen Seinen Werken, ist also im besondern Sinne ein erster Advent gewesen, denn das Auge Gottes hat zum ersten Mal mit Wohlgefallen geruht auf Seinen Werken und Seine Hand hat Alles, was da lebt, erfreut. Dies Alles ist sehr hoch und herrlich, und doch ist es erst vollendet, als Jesus, Gottes und Marien Sohn, von den Toten auferstanden ist! und vollendet sich jedes Mal, wenn die Gemeinde der Gläubigen dem Advents-Könige Palmen streut mit Gebet und Liedern und Ihm ein volltönendes Hosianna! anstimmt, ein „Hosianna in der Höhe!“ O Herr, barmherzig und gnädig, lass uns zu dieser heil'gen Zeit einkommen zu deiner Ruh', die noch vorhanden ist dem Volke Gottes! (N. Fries)

1. Mose 2,6-7.

Aber ein Nebel ging auf von der Erde und feuchtete das Land. Und Gott der HErr machte den Menschen aus einem Erdenkloß, und Er blies ihm ein den lebendigen Odem in seine Nase. Und also ward der Mensch eine lebendige Seele.

Durch Gottes eingehauchten Odem eine lebendige Seele! Das ist des Menschen höchster Adel! er ist „von Gott!“ Seine Seele ist Gottes eigen. Welch ein Kommen des allerhöchsten Gottes, als Gottes Odem zum Erdenkloß kam und ward nun eine lebendige Seele! Vorher ging ein Nebel auf von der Erde. Das größte Schöpfungswunder sollte wie hinter dem Vorhang geschehen. Es hängt auch noch immer wie ein Wolken-Vorhang darüber und wir können es nicht durchschauen, dass Gottes Odem und die Menschenseele Eins sind. Aber das wissen wir wohl, dass die Seele unruhig bleibt in uns, bis dass sie ruht in Gott. Woher kommts? Weil sie zurücktrachtet zu ihrem Ursprung; weil sie ist wie ein Kind in der Fremde, voll Bangen und Sehnen, bis sie zu Hause ist.

Gehts deiner Seele auch so, Lieber? Dann ist sie lebendig. Doch gibt es viele arme Seelen, die sind erstorben und verdorben. Sie atmen freilich, d. h. die Luft zieht aus und ein in der Brust, aber mehr ists nicht, es ist nur ein leiblicher Vorgang; Seele, Odem Gottes ist nicht dran zu spüren! Wir wollen uns doch recht prüfen, wie es mit unserer armen Seele beschaffen ist: der Odem Gottes trachtet immerdar nach oben; solches Atmen lautet: „Nur selig! nur selig!“ Amen. (N. Fries.)

1 Mose 3,1-5:

Und die Schlange war listiger denn alle Tiere, die Gott der Herr gemacht hatte, und sprach zu dem Weibe: Ja, sollte Gott der Herr gesagt haben, ihr sollt nicht essen von allerlei Bäumen im Garten? Da sprach das Weib zu der Schlange: Wir essen von den Früchten der Bäume im Garten. Aber von den Früchten des Baums mitten im Garten hat Gott gesagt: Esst nicht davon, rührt es auch nicht an, dass ihr nicht sterbt! Da sprach die Schlange zum Weib: „Ihr werdet mitnichten des Todes sterben; sondern Gott weiß, dass, welches Tages ihr davon esst, so werden eure Augen aufgetan, und werdet sein wie Gott, und wissen, was gut und böse ist!“

Groß Macht und viel List sein grausam Rüstung ist! das sehen wir hier am Anfang und Luther singt's noch nach Jahrtausenden, wird auch so bleiben, bis der alte Drache mit ewigen Ketten an den Abgrund geschmiedet wird, und Gott sein wird Alles in Allem, und durch den Himmel erschallen wird der Lobgesang: Nun ist das Reich unseres Gottes und Seines Christus geworden! Zum heiligen Advent aber singen wir: Tritt den Schlangenkopf entzwei! soll nun das Singen Kraft haben, so müssen wir's wohl bedenken, dass die Sünde noch immer in die Welt und ins Menschenherz kommt, gerade so wie sie damals gekommen ist. Weil wir törichten Menschen das immer wieder vergessen, darum wachsen der alten Schlange immer wieder neue Köpfe, obgleich der Weibessame ihr ganz gewiss und unzweifelhaft den Kopf zertreten hat, damals, als sie ihn in die Ferse stach. Lieber, der O Du dies liest, bedenk's doch, ob es nicht noch immer Macht über Dich habe, dieses: „Ja, sollte Gott gesagt haben?“ - jedes Mal, wenn Dein Fleisch lüstern ist wider den Geist, und Du Dir vorredest: es tut nichts! es schadet mir nicht! es ist mir erlaubt! und schadet Dir doch, und tut Dir sehr viel. - Bedenke doch, ob's nicht noch immer eine satanische Verführung für Dich sei: „Sein wie Gott!“ jedes Mal, wenn Deine aufgeblasene Vernunft und Afterklugheit sich erhebt wider das heilige und unsträfliche Wort. All' die trunkene Wissenschaft ist ja nur dadurch trunken, dass sie aus dem Taumelkelch trinkt, den der Feind Gottes ihr kredenzt mit den Worten: „Ihr werdet sein wie Gott!“ Lasst uns doch mit aller Macht und Inbrunst zum heiligen Advent dagegen beten: Erlöse uns von dem Übel! und ein dreifaches Kreuz davor schlagen!

1 Mose 3,6 und 7

Und das Weib schaute an, dass von dem Baum gut zu essen wäre, und lieblich anzusehen, dass es ein lustiger Baum wäre, weil er klug machte; und nahm von der Frucht und aß und gab ihrem Manne auch davon und er aß. Da wurden ihre beiden Augen aufgetan und wurden gewahr, dass sie nackt waren, und flochten Feigenblätter zusammen, und machten ihnen Schürzen.

Augenlust - Fleischeslust - hoffärtiges Wesen, - das ist das dreifaltige Kleeblatt der ersten Sünde, das ist der dreifache Strick, an welchem Satan die Seelen mordet und verderbet ewiglich, bis dahin, dass Sünde und Sündensold verschlungen werden in den Sieg. Das Weib schaute an, und weil sie dem Widersacher Gottes ihr Ohr geliehen, und nicht sofort gesprochen: Hebe dich von mir, Satan! so entbrennt jetzt in ihr die böse Lust. Der Anblick des Verbotenen reizt und lockt sie. „Gut davon zu essen,“ flüstert es in ihr. - „Klug sein, wie Gott sein!“ das ist hoffärtiges Trachten! So nimmt sie und isst, und gibt dem Mann und er isst! Wehe! wehe! zur bösen Lust kam der Wille, die Lust empfing und gebar die Sünde, und die Sünde gebar den Tod! - Nun ist es vorbei mit der Kindes-Unschuld: ihre Augen werden aufgetan, sie sehen, dass sie nackt sind, sie schämen sich! Das will sagen: ihr Gewissen ist befleckt, verunreinigt so verwirrt und betört sie nun die Sünde, dass sie meinen, nun sei auch ihr Leib befleckt, und mit unreinen Augen sehen sie Unreinigkeit! Nun wollen die armen Toren mit Feigenblättern zudecken, was sich doch gar nicht zudecken lässt; nun wollen sie selber nicht offenbart sehen, was sie doch heimlich sehen wollten! - Ach wir armen Kinder solcher Sünder und Erben solches Verderbens! wo finden wir Hilfe? wo Rettung? Seht auf Jesum! In der Wüste ist Er, vierzig Tage hat Er gefastet, Ihn hungert! da kommt derselbe alte, üble Teufel zu Ihm und sagt: Sprich, dass diese Steine Brot werden. Er aber schlägt ihn zurück: Der Mensch, wohl zu beachten: der Mensch lebt nicht vom Brot allein! - Nun lockt Ihn der Feind auf des Tempels Zinne, dass Er sich herablasse und allem Kreuz, Leiden, Schmach und Scham entfliehe! Er aber will Gott seinen Herrn nicht versuchen! - Endlich zeigt Ihm der Versucher alle Reiche der Welt und bietet sie Ihm an; Er aber verschmäht sie und will Gott den Herrn allein anbeten. Also hat Jesus sich aller Macht entäußert und als wahrhaftiger Mensch und zweiter Adam den dreifachen Sünden-Strick zerrissen. Nun sind wir frei! Lob sei Dir, o Jesu, nun und in Ewigkeit! Amen.

1 Mose 3,9-13

Und Gott der Herr rief Adam und sprach zu ihm: Wo bist du? Und er sprach: Ich hörte deine Stimme im Garten, und fürchtete mich, denn ich bin nackt, darum versteckte ich mich. Und er sprach: wer hat dir's gesagt, dass du nackt bist? hast du nicht gegessen von dem Baum, davon ich dir gebot, du solltest nicht davon essen? Da sprach Adam: das Weib, das du mir zugesellt hast, gab mir von dem Baum, und ich aß. Da sprach Gott der Herr zum Weibe: Warum hast du das getan? Das Weib sprach: Die Schlange betrog mich also, dass ich aß!

Ach, des großen Jammers! die Stimme, welche ihnen die allerliebste sein sollte, erschreckt sie und sie fürchten sich vor Dem, der ihnen von Seinem Odem gegeben und zu Seinem Bild gemacht hat! Ach, der großen Verstörung! unter Bäumen glauben sie sich verstecken zu können vor den alldurchdringenden Gottes-Augen! Und doch ist das Alles noch nicht das Schlimmste! die Verstocktheit des unbußfertigen Herzens ist es, die sich selbst nicht anklagen, sondern die Schuld von sich abschieben will, der Mann auf das Weib und das Weib auf die Schlange; ja, im letzten Grund in Frevel ausartet, da der Mensch spricht: Das Weib, das Du mir zugesellt hast! Ja, wahrlich, es hat sich in furchtbarster Weise erfüllt: Des Tages, da ihr davon esst, werdet ihr des Todes sterben: hier ist der geistliche Tod vollendet, und damit das Sterben vorhanden. Leib, Seel' und Geist sind davon ergriffen: der Leib verunreinigt und also der Verwesung anheim gefallen! Die Seele verwirrt und verstört in Irrtum und Torheit; der Geist in offener Empörung gegen seinen Urheber! Da möchten wir wohl wehklagen: Ich weiß vor großer Traurigkeit nicht, wo ich mich hinwende! Aber nicht also, meine Seele! hier ist Jesus! „Dein König kommt in niederen Hüllen!“ siehe, wie Er sich Dir darbietet, ein Wiederhersteller und benedeiter Arzt für all' Deine Sündenkrankheit! Du schämst Dich Deiner Nacktheit, denn Du bist bloß und befleckt! nun, hier hängt Er nackt am Kreuz! so hat Seine heilige Blöße Deine Nacktheit gesühnt! Du bist in Deiner Seele verfinstert und sehr dunkel! hier ist Er: klar und hell, von Licht durchleuchtet, und wer Ihm nachfolgt, wird nicht wandeln in Finsternis! Du bist in Deinem Geist aufrührerisch und voll Ungehorsam; hier ist Er mit Seinem Und allerheiligsten Seufzen: Nicht mein, sondern Dein Wille geschehe! ein Solcher hat sich uns zum Bruder gegeben! ja, Er ist unser himmlisches Haupt geworden. O Du königliches Haupt im Himmel! lass von Dir Lebensströme auf uns fließen, so müssen die Bäche Belials verrauschen!

1 Mose 3,14 und 15

Da sprach Gott der Herr zu der Schlange: Weil du solches getan hast, seist du verflucht vor allem Vieh, und vor allen Tiere auf dem Felde; auf deinem Bauch sollst du gehen und Erde essen dein Leben lang. Und ich will Feindschaft sehen zwischen dir und dem Weibe, und zwischen deinem Samen und ihrem Samen, derselbe soll dir den Kopf zertreten und du wirst ihn in die Ferse stechen.

Die alte Schlange von Gott verflucht! und dem Schlangensamen soll der Weibessame den Kopf zertreten! so ist die Ehre des einigen und ewigen Gottes wieder hergestellt, und dem Rebellen der Hölle gezeigt: Bis hierher und nicht weiter! Hier sollen sich legen Deines Stolzes Wellen! Da haben zum ersten Mal Advents-Glocken geläutet, aber freilich noch wie aus weiter, weiter Ferne! und die Menschen hatten noch einen weiten, weiten Weg vor sich, bis sie in Adventsfreude Lobsingen konnten: Hosianna, Dem, der da kommt in dem Namen des Herrn! bis sie dem Weibessamen Palmen streuen durften, da Er hin ging, der Schlange den Kopf zu zertreten. Doch haben sie das Geläute von nun an gehört, und es brachte ihnen Trost der Hoffnung in die arme Seele! und wenn sie's nicht gehabt hätten, wären sie nimmer ans Ziel gekommen, denn es wies ihnen den Weg, den sie gehen sollten, um wieder in die Heimat zu kommen, in ihres Vaters Haus. Ach, sie waren ja ganz verirrte Leute geworden, waren wie in öder, pfadloser Wüste. Nacht lag rings umher, sternenlose Nacht! Aber wenn nun Solchen der bekannte Glockenton, den sie aus frühester Kindheit kennen, ans lauschende Ohr dringt, da falten sich die Hände, ja, da ist Mancher schon auf seine Knie gefallen; nun weiß er, wo er ist, und wohin er sich zu wenden hat und richtet die müden Füße neubelebt der Heimat zu! So haben's gemacht alle Heiligen und Auserwählten des alten Bundes und sind unterm Glocken-Geläute solcher Weissagung heimgegangen. Seitdem ist nun die Zeit erfüllt und der Advent längst angebrochen. Und doch gibt es deren noch so Viele, die in der Irre und Wüste gehen und Sünden - Nacht liegt auf ihren Wegen. Gott läutet mit all seinen Glocken! zu dem ersten tiefen Ton ist's von allen Seiten hinzugekommen! vollstimmig, wunderbar harmonisch! Hast Du's läuten hören, dann freue Dich! - ach, dass sie's Alle, Alle hörten bis zu den fernsten Inseln, und nach Haus kämen!

1 Mose 3,16-19

Und zum Weibe sprach Er: Ich will dir viele Schmerzen schaffen, wenn du schwanger wirst; du sollst mit Schmerzen Kinder gebären; und dein Wille soll deinem Manne unterworfen sein und er soll dein Herr sein. Und zu Adam sprach Er: Dieweil du hast gehorcht der Stimme deines Weibes, und gegessen von dem Baum, davon ich dir gebot, und sprach: Du sollst nicht davon essen; verflucht sei der Acker um Deinetwillen, mit Kummer sollst du dich darauf nähren dein Leben lang. Dornen und Disteln soll er dir tragen und sollst Kraut auf dem Felde essen. Im Schweiß deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis dass du wieder zu Erde werdest, davon du genommen bist. Denn du bist Erde und sollst zu Erde werden!

So ist denn die Erde ein Jammertal geworden! statt des Paradieses ein verfluchter Acker, statt der Bäume voll Früchte und Schatten Dornen und Disteln. Dazu Mühe und Arbeit, Schmerzen und Wehen und zuletzt der bittere Tod und die Verwesung. Das konnte nicht anders sein. Es ist nicht Strafwillkür, sondern unausbleibliche und selbstverschuldete Folge der Empörung wider Gott. Aber seht doch die große Milde des Vaterherzens! nicht vermochte Er es über sich, mit Fluch und Strafe anzufangen, - zuvor musste Er die trostreiche Verheißung geben! so sehen wir denn wohl die milde Träne im Auge des Vaters, wenn er's seinem Kinde nicht ersparen kann, gestraft zu werden, und tut ihm selbst weher, als dem Kinde; o, Du Herr mein Gott, wie bist Du doch viel größer als unser Herz! Aber noch mehr. Mitten in der Rute stecket verborgen eine Süßigkeit. Den Sündern tut es wohl, im Schweiß des Angesichts das Brot der Erde zu essen! sonst wäre ja Müßiggang erst recht des Teufels Ruhebank geworden. Auch lernen unter den Geburts-Wehen das Weib und seine Schmerzenskinder das Stillehalten und Geduldigsein. Und endlich bringen Tod und Grabesstille das erwünschte Ausruhen, danach schon Mancher geseufzt hat: Ach, Herr, wie so lange! - Nun aber gehen wir durchs Jammertal und machen uns daselbst Brunnen, denn der Boden ist jetzt quellenreich geworden, seitdem Einer gesprochen: „wen da dürstet, der komme zu Mir und trinke und ich werde ihm lebendiges Wasser geben!“ Mit solchem Wasser macht man den verfluchten Acker wieder zu einem Gottes-Garten; ist auch ein Universal-Mittel gegen alle Krankheit und Schmerzen, und ein Lebens- Elixier wider den Tod! So grabe Dir denn unverdrossen Brunnen, liebe Seele, und trinke bis zur Genüge!

1 Mose 3,21-24

Und Gott der Herr machte Adam und seinem Weibe Röcke aus Fellen, und zog sie ihnen an. Und Gott der Herr sprach: Siehe, Adam ist geworden als unser einer und weiß, was gut und böse ist. Nun aber, dass er nicht ausstrecke seine Hand und breche auch von dem Baum des Lebens und esse und lebe ewiglich; da ließ ihn Gott der Herr aus dem Garten Eden, dass er das Feld baute, davon er genommen ist. Und trieb Adam aus, und lagerte vor den Garten Eden den Cherubim mit einem bloßen hauenden Schwert, zu bewahren den Weg zum Baum des Lebens!

Und das Alles aus lauter väterlicher, göttlicher Güte und Barmherzigkeit, ohn all unser „Verdienst und Würdigkeit“, das mögen wir hier wahrlich wohl empfinden und ausrufen! Die Nackten kleidet Er, da sie sich schämen, ihre Sündenblöße zu decken; den Weg zum Baum des Lebens versperrt Er, denn wo Sünder davon wollten essen, das hieße ihre Sünde verewigen; und das Feld soll der Mensch bauen, damit die Arbeit sein Trost und Labsal werde im Jammertal! So musste es geschehen nach Gottes Vaterherzen, als die Sünde in die Welt gekommen war. Wie denn aber nun, da ein Sünder-Heiland in die Welt gekommen ist? Ja, lieber Leser, Gott der Herr hat von Anbeginn Erlöser-Gedanken in Seinem Herzen bewegt. Bei den Röcken aus Fellen hat Er gedacht an den ungenähten Rock Seines lieben Sohnes, darüber die Kriegsknechte das Los warfen; bei dem verbotenen Lebens-Baum im Garten Eden an den Kreuzes-Baum auf Golgatha, zu welchem Jedermann der Zugang offen stehen sollte, dass sie Alle kämen, davon zu essen die Früchte des Lebens und der Seligkeit in der Vergebung der Sünden! und da der Mensch das Feld baute, bereitete Gott der Herr sich das Menschen-Herz zu einem Acker, darauf zu säen den edlen Samen Seines heiligen Worts. Das sind die ewigen Gottes-Gedanken! wahrlich nicht Gedanken des Leides, sondern Gedanken des Friedens! Aber wie denn nun unsere Gedanken! ach, leider sind Gottes-Gedanken nicht unsere Gedanken! - Wie wilde Rosse, die sich nicht Zaum und Zügel gefallen lassen wollen, so sind unsere Gedanken von Jugend auf, und es gehört sehr viel dazu, um sie einzufangen, zu bändigen und auf den rechten Weg zu bringen. Dein Gott selber will Dich kleiden, und Dir den Rock der Gerechtigkeit anziehen, halt' Ihm doch still, und lass Ihn machen! Das Kreuz Jesu steht da, komm doch und genieße seiner edlen Früchte! der Säemann ist längst ausgegangen, zu streuen Seinen Samen, wann willst Du zum guten Lande werden?

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