Clemen, Adolf - Andachten über den Brief an die Philipper

Clemen, Adolf - Andachten über den Brief an die Philipper

Philipper 4,4.

Freut euch im Herrn allewege, und abermals sage ich: Freut euch!

Freut euch, denn heute ist der Tag des Herrn, da Leib und Seele sich freuen dürfen in dem lebendigen Gott. Der Herr behüte unsern Eingang und Ausgang, dass wir nicht durch unsre Schuld uns den Segen dieses Tages verkümmern und zerstören. Freut euch im Herrn allewege - es gilt aber an diesem Sonntage in besonderem Sinn, denn der Herr ist nahe. Wohl ist er nie fern von den Seinen, sondern mitten unter ihnen, aber sein Nahesein tritt uns doch lebendiger vor die Seele und erquickt uns mehr in der festlichen Zeit, da wir seine gnadenreiche Menschwerdung feiern. Wo aber der Herr nahe ist, da ist Freude allewege. Christus macht nicht die Menschen traurig. Das Christentum ist nicht der Freude Feind. Vielmehr, der Heiland hat erst die Freude wiedergebracht vom Himmel auf die Erde. Denn er tilgt die Sünde und was ist Sünde anders als Traurigkeit! er schenkt uns Vergebung, Leben und Seligkeit, und verwandelt unsre Klage in einen Lobgesang. Er gibt uns Freude allewege. Die Freude im Herrn vergeht nicht. Die Freude, dass ich einen Heiland habe, die Freude, dass ich in ihm Gnade bei Gott gefunden; die Freude, dass Gott wieder mein Vater ist, und ich sein Kind - die Freude bleibt auch in Not und Tod. Diese Freude ist nun wieder da und will bei uns einkehren. O sage nicht: Ich kann mich nicht freuen, für mich ist jetzt Trauerzeit. Höre doch: Der Herr ist nahe! In ihm ist schon Alles überwunden; in ihm ist schon dein Sieg, deine Erlösung vorhanden. Halte es nur im rechten Glauben, dass in ihm die Erlösung von allem Übel nahe ist, dass mit ihm uns der Vater Alles schenken will, und Alles zum Besten wendet, so wirst du die selige Kunst lernen, dich in dem Herrn zu freuen allewege. Herr, unser Gott, du hast deinen eingebornen Sohn für uns Alle dahingegeben. O tue uns die Augen auf, die Größe dieser deiner Gabe, die Größe dieser deiner Liebe zu ermessen, damit diese Freude, die selige Freude im Herrn unser ganzes Herz und Leben erfülle und hindurchklinge durch alles Leid und alle Anfechtung der Welt, und wir in dieser Freude dir willig die Opfer unsres Dankes bringen, mit Herzen, Mund und Händen. Amen.

Philipper 4,5.

Eure Lindigkeit lasst kund sein allen Menschen.

Die Freude macht das Herz weich und weit, mild und sanft. Schon die irdische Freude tuts. Siehe den Geizigen, den Unversöhnlichen, dem das Geben und Vergeben so hart ankommt: an dem Tage, wo ihm eine große Freude zu Teil wird, da öffnet er Hand und Herz. Wenn ihr Freudentage in eurem Hause feiert, da könnt ihr gar nicht Andern ein Leid zufügen, hart und rau gegen sie sein. Schon die irdische Freude macht die Herzen lind; wie viel mehr aber die Freude im Herrn! Freuen wir uns doch in ihr der wunderbaren Lindigkeit Gottes; der Lindigkeit Dessen, der sanftmütig und von Herzen demütig ist. Diese seine Lindigkeit soll in uns übergehen, und ach, wie sehr bedürfen wir dessen! Wir sind ja von Haus aus nicht linden Herzens. Wir sind von Natur hart, stolz, anspruchsvoll, rechthaberisch, unbarmherzig. darum gesegnet das Weihnachtsfest, wo ein linder Hauch die Herzen berührt, die sonst kalt und hart sind. Ja die Freude am Herrn, sie soll alle Härte und Kälte unsres Herzens lösen. Und was das Herz erfüllt, es werde dann auch kund, kund im freundlichen Gesicht, kund in den Worten, dass in diesen Tagen Keiner den Andern erzürne und kränke, erbittre und verletze, kund in den Werken, im Geben, Vergeben und Dienen, und zwar gegen alle Menschen. Lasst eure Lindigkeit kund sein allen Menschen. Nun wohlan, so geh denn in diesen Tagen hin, und wo dir Einer weh getan, da vergib; und wo du Einen gekränkt, da versöhne ihn; wo du mit Einem im Streit gelebt, da sprich das freundliche Wort, nach dem er sich vielleicht schon so lang gesehnt, und lass denen vor allem deine Lindigkeit kund werden, an die Keiner denkt, für die keine Hand sich rührt. Am hellsten aber lass das Weihnachtslicht in deiner nächsten Nähe scheinen, in deinem Hause. Da, zwischen Mann und Weib, Eltern und Kindern, Brüdern und Schwestern, da weiche in diesen festlichen Tagen alles harte, zornige, mürrische Wesen, aller Unfriede; da walte Lindigkeit und Güte. O großer Friedefürst, der du wieder nahe bist, gib uns deinen Frieden. Ewige Liebe, die wir wieder schauen, erfülle also unsre Herzen, dass wir über der Krippe die Hände einander reichen in Vergebung und Liebe zum Preise deiner Herrlichkeit. Amen.

Philipper 4,6.

Sorgt nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitte im Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kund werden.

Was ist die Sorge anders, als dass der Mensch den verloren hat, der sein Schutz und seine Zuflucht ist? Nun muss er allein und einsam stehen gegenüber den dunklen Weltmächten, er in seiner Ohnmacht. Nun muss ihm ja wohl in der Welt angst werden; er hat ja Keinen, an den er sich halten könnte. Wo aber der Herr nahe ist, da muss alle Sorge weichen. Denn in ihm haben wir den, in dem wir die Welt überwinden. Und darum weil der Herr uns nun wieder nahe kommt, darum sorgt nichts! Und wenn ihr das ganze Jahr sorgtet, o an diesem Fest, da werft sie einmal ab, alle Sorge! Sorgt nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitte in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kund werden. Sorgt nichts, sondern betet. Wenn ihr Sorgen habt, verwandelt sie in Bitten! Schüttet euer Herz vor ihm aus, klagt ihm alle Not! Alle eure Sorgen werft auf ihn, er sorgt für euch. Gottes Sache ist's, Sorgen zu wenden, eure Sache, sie ihm anzubefehlen. Tut ihr das Eure, so wird er das Seine tun. „Weg hat er allerwegen, an Mitteln fehlt's ihm nicht.“ Und wenn das Herz euch noch so schwer wäre, sagt's ihm, klagt's ihm, und das Herz wird allemal frei werden, und still und getrost. Und wenn das noch nicht hilft, dann versucht das andere Mittel, dann danket! Großer Segen des Dankens, dass die Sorge vor ihm weicht. Wer noch danken kann, der sorgt nicht. Weil wir so undankbar sind, darum sind wir so sorgenvoll. O so lasst uns wider die Sorge, die traurige, finstre Macht, anlegen die doppelt heilige Rüstung, in der einen Hand das Gebet, in der andern den Dank. Sorgt nichts, sondern betet. Sorgt nichts, sondern dankt.


Du kannst nicht für den Anderen beten, ohne in der Liebe zu ihm reicher und stärker zu werden. Du kannst nicht sein Wohl und Wehe betend vor Gott tragen, ohne selber all das Deine für sein Wohl und Wehe zu tun. Bete für die Deinen, und wenn es ihnen selber auch keinen Segen brächte, den Segen bringt es unfehlbar, dass du selbst dadurch besser gegen sie wirst. Es ist ja nicht möglich, dass du die am Tage verachten und versäumen könntest, für die du am Morgen herzlich gebetet hast. Nun wohlan, so lasst uns ernster für einander beten. Was ist es doch, was uns die Fürbitte so erschwert? Es ist die Kälte und Selbstsucht unseres Herzens, Streit und Zwietracht, Neid und Unversöhnlichkeit. Davon kann nur Einer befreien, Jesus Christus, unser ewiger Erlöser. Er allein ist auch hier unsere Hilfe. Zu ihm lasst uns gehen. Ihn lasst uns ergreifen im Glauben, dass er uns von unserer Sünde und Schuld erlöse und mit seiner ewigen Liebe entzünde unsere Liebe. Wenn wir von uns selbst nicht recht beten können für einander, wir können es in seinem, in Jesu Namen. In der Kraft seines Kreuzes, in der Kraft seiner Fürbitte. Er ist ja unser Fürsprecher beim Vater, er vertritt uns, er bittet für uns. Das ist unser bester Trost, dass seine mächtige Fürbitte beim Vater uns selbst trägt, dass sie unsere schwachen Bitten für die Unseren angenehm macht vor Gott. In seinem Namen bringen wir getrost und freudig alle Anliegen unserer Liebe vor Gott. Durch sein fürbittendes Herz geht der sichere Weg zum großen Vaterherzen des ewigen Gottes für dich und alle Menschen. Herr Jesu, bitte du für uns am Thron des Vaters. Lehre uns selber recht bitten für die, die du uns gegeben hast, und lege deine Fürbitte zu unserer Fürbitte, dass sie Erhörung finde. Amen.

Philipper 4,7.

Der Friede Gottes, welcher höher ist, denn alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christo Jesu.

Hast du Frieden? - Auf Erden und im Menschenherzen ist von Natur kein Friede, sondern Krieg und Streit, Zwiespalt und innere Zerrissenheit. Darum gelobt sei Gott, dass er uns Jesum gesandt hat. Jesus ist der Friede, und ohne ihn gibts keinen Frieden auf Erden, singen die Engel; Frieden mit Gott, denn Er hat Gott versöhnt; Frieden zwischen den Menschen, Er hat die Sünde getilgt, die die Herzen trennt. Frieden im eignen Herzen, denn wer will uns verdammen, wer will uns scheiden von der Liebe Gottes: Christus ist hier, der uns gerecht macht. Dieser Friede ist höher, denn alle Vernunft. Er kommt vom Himmel, er bringt den Himmel. Selig, wer diesen Frieden hat. Aber unselig, wer ihn nicht kennt, wer in Zwiespalt mit Gott, in Zwiespalt ist mit sich selber. Dieser Friede, höher denn alle Vernunft, kehre am nahen Feste in unsre Herzen ein, in unser Haus! Dieser Friede bewahre unsre Herzen und Sinne in Christo Jesu. Der Friede Gottes in Christo Jesu, er sei uns ein starker Schutz, eine gute Wehr und Wacht, dass uns kein Übel treffe. Wenn wir diesen Frie den haben, sind wir wohl bewahrt, geborgen in aller Anfechtung und Feindschaft der Welt, in Not und Tod. Wo Vernunft und Welt verzagt, da stehen wir auf festem Grund. Ach, mein Herr Jesu, dein Nahesein bringt großen Frieden ins Herz hinein! Wir bitten dich, rufe hinein in alle Unruhe unsres Lebens das Wort deiner Gnade: Friede sei mit euch! Rufe hinein in alle Unruhe unsres Hauses: Friede auf Erden! Rufe hinein in alle Unruhe unsrer Herzen: Meinen Frieden gebe ich euch, meinen Frieden lasse ich euch. Dein Friede sei uns eine starke, gewisse Hut und Wacht, dass die Traurigkeit uns nicht erdrücke, die Feindschaft der Welt uns nicht fälle, die feurigen Pfeile des Versuchers uns nicht treffen, sondern Herzen und Sinne unbewegt und unversehrt bleiben in dir. Amen.

Philipper 4,8.

Weiter, lieben Brüder, was wahrhaftig ist, was ehrbar, was gerecht, was keusch, was lieblich, was wohl lautet, ist etwa eine Tugend, ist etwa ein Lob, dem denkt nach!

Wir sind Christi, der Tag ist für uns angebrochen, die Nacht vorbei, darum so lasst uns ehrbar wandeln als am Tage! Wir sind Christi, den Keiner einer Sünde zeihen konnte, dessen Gerechtigkeit die unsre ist, darum so lasst uns auch als die Gerechten leben. Wir sind Christi, dessen Leib und Seele allzeit ein reiner, heiliger Tempel Gottes war, darum so sollen auch wir keusch und züchtig leben in Gedanken, Worten und Werken. Heiligt Gott in eurem Herzen, indem ihr nach dem trachtet und sucht, was lieblich ist, was wohl lautet, ist etwa eine Tugend, ist etwa ein Lob. Was das heißt, seht es wiederum an dem Sanftmütigen und von Herzen Demütigen, dem Holdseligen und Freundlichen! Seht es an ihm, dem Urbild alles Guten, aller Tugend und aller Schönheit; seht es an ihm, dem Lobgesang der Engel und der Freude aller Kreaturen. Aber nicht bloß an ihm sehen und von ihm lernen sollt ihrs; er will euch seine Kraft geben, damit ihr nun auch die Heiligung erfüllen könnt, die der Wille Gottes an euch ist. Heiligt Gott in euren Herzen! So gilt's das ganze Jahr, aber besonders in dieser Adventszeit, wo der Ruf erschallt: „Der Herr ist nahe.“ Niemand kann Weihnachten feiern, ohne Heiligung. Niemand kann sich freuen über das heilige Gotteskind, der nicht entsagt hat aller Lust und Freude an der Sünde. Niemand kann nach Bethlehem gehen, und doch in der Sünde bleiben. Niemand kann den Weihnachtsfrieden und die große Freude empfangen, ohne Heiligung. Darum weil wieder der Herr nahe ist, lasst uns aller Sünde entsagen. Ja, liebe Brüder, was wahrhaftig ist, was ehrbar, was gerecht, was keusch, was lieblich, was wohl lautet, ist etwa eine Tugend, ist etwa ein Lob, dem denkt nach! Herr, unser Gott, bereite in dieser Gnadenzeit unsre Herzen durch deinen heiligen Geist zu einer reinen Wohnung deines lieben Sohnes, auf dass, wenn derselbige nun bei uns einkehrt, wir ihn mit Freuden aufnehmen und in seiner seligen Gemeinschaft dich allezeit rühmen können. Amen.

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