Luther, Martin - Über die Hoheit und Würde des Elternstandes

Luther, Martin - Über die Hoheit und Würde des Elternstandes

Woraus ersehen wir die Hoheit und Würde des Amtes, das den Eltern aufgetragen ist?

a. Gott hat dem Ehestand die Ehre angetan, daß er ihn allernächst nach seiner Ehre gesetzt hat in das Gebot, das er gebeut: Du sollst Vater und Mutter ehren. - Wenn Gott nicht mehr hätte vom ehelichen Leben lassen hören, denn dies Gebot, so sollte man ja genugsam daraus genommen haben, daß kein höher Amt, Stand, Wesen und Werk vor Gott sei, als der elterliche Stand. Denn er gebietet nicht nur schlechthin, die Eltern lieb zu haben, sondern sie zu ehren. Gegen Br4üder, Schwestern und den Nächsten insgesamt befiehlt er nichts Höheres, als sie zu lieben; Vater und Mutter aber sondert er ab, zieht sie allen anderen Personen auf Erden vor und setzt sie neben sich. Denn es ist etwas vie3l Höheres, jemanden ehren, als ihn lieben. Jenes begreift nicht nur die Liebe in sich, sondern auch eine gewisse Zucht, Demut und Scheu, gleich als wie gegen eine Majestät, die allda verborgen sei. Kurz, man soll die Eltern nächst Gott für die Obersten halten, als welche an Gottes Statt stehen, ob sie gleich gering, arm und gebrechlich sind, daß sie dennoch Vater und Mutter sind, von Gott geordnet und gegeben. - Aber weil wir alle Vater und Mutter haben, ist der Stand ein gemein veracht Ding geworden; wird nicht viel davon gehalten, wie Gottes Werken allen geschieht; wenn sie gemein werden, wird man ihrer müde, suchet nur, was neu und seltsam ist. Die Welt muß blind und verstockt bleiben, daß sie nicht sehe, welch ein fein köstlich Gotteswerk es ist, Vater und Mutter zu sein, Kinder haben und ihrer warten. Es glänzet und gleißet nicht, darum gilt es auch vor der Vernunft nicht. Wenn eine junge Frau in dem Schmucke einer Königin daherginge - das wäre ein herrlich und köstlich Ding vor der Welt, da jedermann das Maul über aufsperrte. Und doch, wenn ein Weib die Kindlein fein wohl ziehet; gegen einen solchen Schmuck sind Perlen, Samt und gülden Schmuck wie ein alter, zerrissener, geflickter Bettlersmantel.

b. Wir sehen aber auch aus Mat. 18, 1-10, welch ein hohes Amt den Eltern aufgetragen ist, weil selbst die Engel den Kindern herzlich gern dienen und tun, was ihr Bestes ist; die großen Geister, die vor Gottes Augen stehen, ihn stets hören und sehen. Wenn wir nicht mehr hätten als diesen einen Spruch, da Christus sich hören läßt, wie Gott, seinem Vater, so viel an dem jungen Volk gelegen sei, so sollten wir schließen, es wäre unter allen guten Werken kein größeres noch besseres, als junge Leute recht ziehen. Denn wer wollte es nicht groß halten, denen dienen, welchen die Engel dienen, so stets vor Gottes Angesicht sind? Darum sollen Vater und Mutter, Knechte und Mägde, Schulmeister und Prediger und alle, die mit jungem Volk umgehen, von Herzen willig und lustig zu solchem Dienst sein und sich nichts verdrießen lassen, sintemal die Engel sich nicht schämen, dem jungen Gesinde zu dienen und auf sie zu sehen.

c. Weiter spricht Christus: Wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf. Da stehet es klar, wer eines Kindes sich recht annimmt und es zieht, daß es Gott lernet erkennen, nicht lernet fluchen, schwören, stehlen etc., dem, spricht Christus hier, sage ich es zu, daß er mich selbst aufnimmt, und mir so liebes tut, als trage er mich auf seinen Armen und pflegte mein, wie meine Mutter mein gepfleget hat. Daher kommt denn das gemeine Sprichwort und ist auch wohl wahr, daß Vater und Mutter können an den Kindern den Himmel verdienen und die Hölle, wenn sie denselben wohl oder übel vorstehen. Denn Vater und Mutter müssen sorgen und gedenken, wie sie die Kinder versorgen mit Essen, Trinken, Schuh und Kleidern und auch an der Seele, daß sie Gott recht erkennen lernen durch sein Wort. Also gehören auch die Seelen der Kinder, welche Vater und Mutter zu versorgen haben, zu den Hungrigen, Durstigen, Nackenden, Gefangenen, Kranken etc., von welchem Christus spricht Mat. 25,50:„Was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ Da machet also Gott aus eines jeglichen Hausvaters Hause, der da Kinder hat, ein Spital und setzet ihn zum Spitalmeister, daß er seiner Kinder warten soll, sie speisen und tränken und mit guter Lehre und Exempel vorstehen, daß sie lernen Gott vertrauen, glauben, ihn fürchten und ihre Hoffnung auf ihn setzen - seinen Namen ehren, nicht schwören und fluchen - wachen, arbeiten, des Gottesdienstes und des Worts warten und ihm den Sabbat feiern, daß sie zeitlich Ding lernen verachten, Unglück mit Sanftmut und Geduld tragen, das Leben nicht lieb haben und den Tod nicht fürchten.

d. Es fließet auch aus der Familie alle gute Sitte und gut Regiment. Denn wo in Häusern Gehorsam nicht gehalten wird, wird man es nimmermehr dahin bringen, daß eine gnaze Stadt, Land, Fürstentum oder Königreich wohl regieret werde. Denn in dem Hause ist das erste Regiment, davon alle anderen Regimente und Herrschaften ihren Ursprung haben. Wo nun die Wurzel nicht gut ist, da kann weder Stamm, noch gute Frucht folgen. Denn was ist eine Stadt anders, als ein Haufen Häuser? Wie sollte denn eine ganze Stadt wohl regieret werden, wo in den Häusern kein gut Regiment ist, da weder Kind, Knecht noch Magd gehorsam ist? Ebenso ist ein ganzes Land, was ist es anders, als ein Haufen Städte, Märkte und Dörfer? Wo nun die Häuser übel regieret werden, wie kann ein ganzes Land wohl regiert werden? Ja, da muß nichts andres daraus werden denn eitel Tyrannei, Morden, Dieberei und Ungehorsam. - Wo also Vater und Mutter übel regieren, lassen den Kindern ihren Mutwillen, da kann weder Dorf, Markt, Stadt, Land, Fürstentum noch Königreich wohl und friedlich regiert werden. Darum hat Gott als am nötigsten angefangen, daß man im Hause wohl regiere. Denn wo das Regiment im Hause wohl und rechtschaffen gehet, ist den andern allen wohl geraten.

Quelle: Gärtner - Eine Wochenschrift für Gemeinde und Haus 1923

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