Hofacker, Ludwig - Predigt am Feste der Erscheinung Christi oder Epiphaniä

Hofacker, Ludwig - Predigt am Feste der Erscheinung Christi oder Epiphaniä

Wie in Christus der Welt der Tag angebrochen sey

Text: Matth. 2,1-13

Da JEsus geboren war zu Bethlehem im jüdischen Lande zur Zeit des Königs Herodes, da kamen die Weisen vom Morgenlande gen Jerusalem, und sprachen: Wo ist der neugeborne König der Juden? Wir haben Seinen Stern gesehen im Morgenlande, und sind gekommen, Ihn anzubeten. Da das der König Herodes hörete, erschrack er, und mit ihm das ganze Jerusalem; und ließ versammeln alle Hohepriester und Schriftgelehrten unter dem Volk: und er forschete von ihnen, wo Christus sollte geboren werden. Und sie sagten ihm: Zu Bethlehem im jüdischen Lande. Denn also stehet geschrieben durch den Propheten: und du Bethlehem im jüdischen Lande, bist mit nichten die kleinste unter den Fürsten Juda; denn aus dir soll mir kommen der Herzog, der über mein Volk Israel ein HErr sey. Da berief Herodes die Weisen heimlich, und erlernete mit Fleiß von ihnen, wann der Stern erschienen wäre; und wies sie gen Bethlehem, und sprach: Ziehet hin, und forschet fleißig nach dem Kindlein; und wenn ihr es findet, so saget mir's wieder, daß ich auch komme und es anbete. Als sie nun den König gehöret hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie im Morgenlande gesehen hatten, gieng vor ihnen hin, bis daß er kam und stand oben über, da das Kindlein war. Da sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreuet; und giengen in das Haus, und fanden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder, und beteten es an, und thaten ihre Schätze auf; und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhen. Und Gott befahl ihnen im Traum, daß sie sich nicht sollten wieder zu Herodes lenken. Und zogen durch einen andern Weg wieder in ihr Land. Da sie aber hinweggezogen waren, siehe, da erschien der Engel des HErrn dem Joseph im Traum und sprach: Stehe auf, und nimm das Kindlein und Seine Mutter zu dir, und fliehe in Egyptenland, und bleibe allda, bis ich dir sage; denn es ist vorhanden, daß Herodes das Kindlein suche, dasselbe umzubringen. Und er stand auf, und nahm das Kindlein und Seine Mutter zu sich bey der Nacht, und entwich in Egyptenland; und blieb allda bis nach dem Tode Herodes, auf daß erfüllet würde, das der HErr durch den Propheten gesagt hat, der da spricht: Aus Egypten habe ich meinen Sohn berufen. Da Herodes nun sahe, daß er von den Weisen betrogen war, ward er sehr zornig, und schickte aus, und ließ alle Kinder zu Bethlehem tödten, und an ihren ganzen Gränzen, die da zweijährig und drunter waren, nach der Zeit, die er mit Fleiß von den Weisen erlernet hatte. Da ist erfüllet, das gesagt ist von dem Propheten Jeremia, der da spricht: Auf dem Gebirge hat man ein Geschrey gehöret, viel Klagens, Weinens und Heulens: Rahel beweinte ihre Kinder, und wollte sich nicht trösten lassen, denn es war aus mit ihnen. Da aber Herodes gestorben war, siehe, da erschien der Engel des HErrn dem Joseph im Traum im Egyptenland, und sprach: Stehe auf, und nimm das Kindlein und Seine Mutter zu dir, und ziehe hin in das Land Israel; sie sind gestorben, die dem Kinde nach dem Leben standen. Und er stand auf, und nahm das Kindlein und Seine Mutter zu sich, und kam in das Land Israel. Da er aber hörete, daß Archelaus im jüdischen Lande König war anstatt seines Vaters Herodes, fürchtete er sich dahin zu kommen. Und im Traum empfieng er Befehl von Gott, und zog in die Oerter des galiläischen Landes; und kam, und wohnete in der Stadt, die da heißet: Nazareth; auf daß erfüllet würde, das da gesagt ist durch den Propheten: Er soll Nazarenus heißen.

Abend-Lection: Jes. 60,1-6.

Mache dich auf, werde Licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des HErrn gehet auf über dir. Denn siehe, Finsterniß bedecket das Erdreich und Dunkel die Völker; aber über dir gehet auf der HErr, und Seine Herrlichkeit erscheinet über dir. Und die Heiden werden in deinem Lichte wandeln, und die Könige im Glanze, der über dir aufgehet. Hebe deine Augen auf, und siehe umher: diese Alle versammelt kommen zu dir. Deine Söhne werden von ferne kommen, und deine Töchter zur Seite erzogen werden. Dann wirst du deine Lust sehen und ausbrechen, und dein Herz wird sich wundern und ausbreiten, wenn sich die Menge am Meer zu dir bekehret, und die Macht der Heiden zu dir kommt. Denn die Menge der Kameele wird dich bedecken, die Läufer aus Midian und Epha. Sie werden aus Saba Alle kommen, Gold und Weihrauch bringen, und des HErrn Lob verkündigen.

Der Prophet Jesaias in unserer Abend-Lection, der sechshundert Jahre vor Christus geweissagt hat, verkündet mit großer Kraft und Klarheit das Licht, welches über Israel und über die ganze Welt aufgehen werde. „Mache dich auf, und werde Licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des HErrn gehet auf über dir!“ So ruft er der Stadt Jerusalem, der Tochter Zion, zu. Aber er setzt hinzu: dieses Licht wird nicht allein in Judäa bleiben, sondern auch die Heiden werden darin wandeln, und die Könige (der Heiden) im Glanz, der über dir aufgeht. Dann geht er mit seinem Blick noch weiter hinaus bis fast auf die gänzliche Vollendung des Reiches Gottes. Davon heißt es: „zu dieser Zeit wird dich die Menge der Kameele bedecken, die Läufer aus Midian und Epha; sie werden Alle zusammen kommen in der neu gebauten Stadt Gottes, aus Saba werden sie kommen, Gold und Weihrauch bringen, und des HErrn Lob verkündigen.“

Wir feiern heute das Heidenfest. Die Männer, welche man nach dem heutigen Evangelium die Weisen aus Morgenland nennt, welche JEsum, den neugebornen König der Juden, suchten, fanden und anbeteten, waren Häuptlinge der Heiden. Kein Mensch in Jerusalem, oder nur wenige Menschen wußten von dem Heile der Welt, das von Bethlehem aufgegangen war; ferne Heiden mußten aus entlegenen Ländern viele Meilen weit herkommen und sagen: „der König der Juden ist geboren; wir haben Seinen Stern gesehen.“ Dieses, was nach dem heutigen Evangelium geschehen ist, war ein Vorbild des Zukünftigen; denn wie die Heiden, die Weisen aus Morgenland, das Volk Israel auf den König der Juden aufmerksam machten, so werden die Heiden, die ursprünglich nicht zu dem Volke Gottes gehören, in der letzten Zeit die Juden auf ihren Messias aufmerksam machen.

Bei stillem Nachdenken über das heutige Evangelium und unsere heutige Abend-Lection war dießmal meinem Herzen der Gedanke am wichtigsten, daß in Christus der Welt das Heil, oder das Licht und der Tag angebrochen sey. Ich will also unter dem Beistande Gottes darüber:

wie in Christus der Welt der Tag angebrochen sey,

weiter zu euch reden; zuvor aber wollen wir den HErrn um Seinen Segen anrufen.

Lieber Heiland, Du König der Heiden! der Du den Heiden aufgegangen bist als der helle Stern, gehe auch in unsern Herzen auf, und räume alle Finsterniß aus denselben hinaus, damit wir sehen mögen. Oeffne die Augen der Heiden, und laß sie im Glanze Deiner Herrlichkeit wandeln! Erleuchte uns mit Deinem Licht in dieser wichtigen Zeit! Amen.

Wir reden also davon: wie in Christo der Welt der Tag angebrochen sey. Das beweisen viele Stellen der Heiligen Schrift; darauf weiset auch unsere Abend-Lection hin, wenn es heißt: „mache dich auf, und werde Licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des HErrn gehet auf über dir! denn siehe, Finsterniß bedecket das Erdreich und Dunkel die Völker; aber über dir gehet auf der HErr, und Seine Herrlichkeit erscheinet über dir. Und die Heiden werden in deinem Lichte wandeln, und die Könige im Glanze, der über dir aufgehet.“ So weiset also der Prophet darauf hin, daß der Heiland den Juden, aber nicht allein diesen, sondern allen Völkern geboren sey. So spricht auch Paulus, wenn er vom Heil in Christo JEsu redet: „die Nacht ist vergangen, der Tag ist herbeygekommen.“ So sagt der Heiland selbst: „Ich bin das Licht der Welt; wer mir nachfolgt, der wird nicht in der Finsterniß wandeln, sondern das Licht des Lebens haben.“ Er vergleicht sich also mit der Sonne; wie man sich nicht stößt, will Er sagen, wenn man am Tag, im Sonnenlicht wandelt, also bin ich das Licht der Welt; wer mir nachwandelt, wer das Licht, das ich ausstrahle, faßt und ergreift, der wird sich nicht stoßen, sondern das Licht des Lebens haben. Davon zeugt bis auf die heutige Stunde noch jegliche Seele, die durch Christum, durch Seine Gnade, durch die von Ihm erworbenen Kräfte gerettet wird aus der Obrigkeit der Finsterniß, und anfängt, im Lichte der Wahrheit und Liebe, im Lichte des Neuen Bundes zu wandeln; jede Seele dieser Art ist ein deutliches Zeichen und ein heller Beweis des Ausspruches: „die Nacht ist vergangen, der Tag ist herbeygekommen.“ Das haben auch alle Apostel gepredigt. Was war es, das sie verkündigten. Höret es, ihr armen, sündigen, elenden, in dem Bann der Finsterniß gehaltenen Menschen! Der Tag ist angebrochen! JEsus Christus, euer Heiland, ist darum in die Welt gekommen, hat darum gelitten, ist darum gestorben und auferstanden, damit Er euch das Licht brächte und die Finsterniß zerstörte. Die Teufelswerke, die alten Sündenknoten, welche Satan zusammengeschlungen hat, welche Niemand aus einander reißen kann, da es von einer Schlangengeburt in die andere hineingeht - diese alten Sündenknoten kann Er zerreißen; kann helle machen, wo es finster war; kann Freiheit schaffen, wo Knechtschaft des Todes war; kann helfen, wo sonst Niemand helfen kann“ Kommet zu Ihm, die Nacht ist verschwunden, der Tag ist aufgegangen! Das Nämliche predigen noch jetzt alle Zeugen Jesu, und man darf es allen Seelen verkündigen: der Tag ist angebrochen: Christus, euer Heiland, ist geboren! Siehe, wir verkündigen euch große Freude, der ihr eure Herzen öffnen, der ihr euch hingeben, deren Licht ihr in euch eindringen lassen müsset, denn sonst bleibet ihr in der Finsterniß!

Freilich, wenn man in die Welt, wenn man in die Christenheit und in so manche Gemeinde hineinsieht, da könnte man denken: das Licht ist nicht aufgegangen, der Tag ist nicht angebrochen, denn Viele wandeln, das sage ich mit Wehmuth, nicht als Kinder Gottes, nicht als Kinder Lichts, sondern sie wandeln in der Finsterniß; ihre Worte und Werke sind Worte und Werke der Finsterniß, und doch sind sie nach dem Namen Jesu genannt. Und ach, wenn man in manche Seele, von welcher man glaubt, sie sey im Lichte, hineinsehen könnte, wie würde man erschrecken und denken: wenn da noch solche Finsterniß ist, so kann man ja fast nicht glauben, daß das Licht, daß JEsus, die Sonne der Gerechtigkeit, aufgegangen seyn soll. Allein das darf uns nicht abschrecken; die Sonne ist dennoch aufgegangen, und es ist dieses nur ein Beweis für die Wahrheit der Schrift: „das Licht scheinet in die Finsterniß, und die Finsterniß hat es nicht begriffen.“ Ich will's euch sagen, warum in so Vielen, welche Christen heißen, das Licht Christi nicht scheint; das kommt von dem Teufel, denn so spricht der Apostel: „der Gott dieser Welt hat der Ungläubigen Sinne verblendet, daß sie nicht sehen das helle Licht des Evangeliums von der Herrlichkeit Christ, welcher ist das Ebenbild Gottes.“ Sehet, wir sollen uns daran nicht stoßen; wenn die ganze Welt blind ist, so ist doch der Tag angebrochen; wenn alle Menschen blind wären und das Sonnenlicht nicht sähen, und ein einziger Mensch hätte helle Augen zum Sehen, wem würden wir glauben? Den Blinden, welche einmüthig sagten: es gibt keine Sonne; oder dem Sehenden, welcher spräche: die Sonne scheint? Natürlich dem, welcher offene Augen hat. So ist jede Seele, die dem Strahl der Herrlichkeit ihr Herz öffnet, die im Lichte wandelt, ein Beweis davon, daß die Nacht vergangen ist und der Tag angebrochen, trotz der blinden Welt.

Ist aber die Sonne aufgegangen, ist der Tag angebrochen, so setzt dieß voraus, daß es vorher Nacht gewesen seyn muß. Und so ist es auch. Vor der Erscheinung Christi war es Nacht in der Welt. Ehe die Sonne der Gerechtigkeit in eine Seele hinein scheint, ist es stockfinstere Nacht darin, und wenn sie alle Weisheit der Welt besäße. Ich will nicht von den Heiden reden, die in der Eitelkeit ihres Sinnes, in Blindheit und ohne Gott in der Welt leben, und die Herrlichkeit des unvergänglichen Schöpfers in todte Bilder der Kreatur verwandelt haben. Den Zustand der Heiden, ihre Abgötterey, ihre Sünden, ihre Trostlosigkeit, ihr Elend, wovon sie darniedergedrückt werden, faßt der Prophet kurz in den Worten zusammen: „Finsterniß decket das Erdreich und Dunkel die Völker.“ Er stellt sich gleichsam auf einen erhabenen Ort hin, sieht umher in der Welt, und was erblickt er? Dunkelheit, die dickste Finsterniß; er kann die Gegenden kaum unterscheiden, auf welchen solche dicke Nacht liegt. Sehet, in dieser Nacht haben alle Heiden gewandelt, und noch jetzt wandeln ihrer viele Millionen darin; in dieser Nacht sind auch unsere Väter einst dahin gegangen; o wie traurig sah es in den alten Jahrhunderten in Deutschland aus, in den deutschen Eichenwäldern! Nichts als Abgötterey, Grausamkeit, Trink- und Spielsucht, die größte Rohheit und Sittenlosigkeit war da zu finden, wo jetzt Tempel des lebendigen Gottes stehen, wo der Name Gottes und des Lammes jetzt angebetet wird. In dieser Nacht haben auch diejenigen Völker vor Christo gewandelt, welche man für gebildet hält. Unter dem gemeinen Volke herrschte der elendeste Aberglaube, die jämmerlichste Abgötterey, keine Liebe zu Gott, keine Anbetung Gottes im Geist, keine wahre Liebe des Nächsten, keine wahre Demuth, sondern Hoffart und Stolz, und Gräuel der Finsterniß waren bey ihnen an der Tages-Ordnung; ihre verschiedenen Götter, welche sie anbeteten, waren nach ihrer eigenen Religion die lasterhaftesten, sittenlosesten Wesen: Hurer und Huren, Ehebrecher und Ehebrecherinnen, Lügner, Betrüger, Diebe und Mörder. Diejenigen aber, so etwas weiter dachten, die die Thorheit dieses Götzendienstes einsahen, was hatten sie für Götter? Antwort: Sich selber, ihr eigenes Ich war zuletzt ihr Gott. - „Finsterniß bedeckte das Erdreich und Dunkel die Völker.“

Aber auch bey dem Volke Israel war es Nacht. Zwar hatten sie die Offenbarung des Gesetzes und große Verheißungen; große Anstalten zum Heil waren unter ihnen vorhanden; Gott, der HErr, hatte sich ihnen nicht verborgen wie den andern Heiden, die in der völligen Eitelkeit ihres Sinnes dahin giengen, und wo der HErr sich offenbaret, da ist es nicht Nacht, sondern Licht; da kann der Tag nicht ausbleiben. Aber es blieb eben doch stets eine unvollkommene Offenbarung: die Klarheit des HErrn war noch nicht recht da; sie waren auf den hellen Tag wohl vertröstet, der im verheißenen Messias aufgehen sollte: aber die Decke Mosis hieng noch vor der Sonne, so daß man nicht in das Himmlische hindurchschauen konnte. Es blieb noch bey dem unvollkommenen Schatten- und Vorbild auf die zukünftigen Güter. Es kommt mir die Haushaltung des Alten Bundes vor, wie wenn in tiefer Finsterniß hin und wieder Feuer angezündet werden; die Leute, die um das Feuer her sind, können sehen, aber nicht ganz deutlich, nicht wie wenn es Tag wäre; denn die Feuer sind ein Beweis, daß es noch Nacht ist, und wenn es Tag geworden ist, bedarf man ihrer nicht mehr. So war es bey den alten Vätern: sie sind im Glauben an das Wort der Verheißung entschlafen, wie Paulus im „Brief an die Hebräer“ sagt, da er ihren Glauben rühmt: „diese Alle haben durch den Glauben Zeugniß überkommen, und nicht empfangen die Verheißung, darum, daß Gott etwas Besseres zuvor für uns versehen hat, daß sie nicht ohne uns vollendet würden.“ Es gieng durch das ganze Alte Testament ein tiefes Seufzen nach dem großen Erlösungs-Tage, nach dem Anbruch des Reiches des Messias; da waren die Väter des Alten Bundes wie solche, die in einer langen Nacht auf den Tag harren: ach, daß der Tag käme! daß die Morgenröthe einmal aufgienge: „Hüter, ist die Nacht schier hin?“ - Das steht fast auf allen Blättern des Alten Testaments, immer in einer andern Gestalt. Es war, wie wenn ein Gefangener sich nach der Freiheit sehnt, und man ihm zuruft: warte nur! du sollst bald frey werden! - Dieß ist das Bild des Alten Bundes; immer mußten die Väter seufzen:

Ach, daß der HErr aus Zion käm',
Und uns're Bande von uns nähm';
Ach, daß die Hülfe bräch' herein,
So würde Jakob fröhlich seyn!

Die große Stunde des Heils kam inzwischen näher und näher; durch große Trübsale und Prüfungen bereitete der HErr die besseren Herzen im Volke vor auf Seinen großen Tag, und verstärkte ihre Sehnsucht, so daß vor der Geburt des Heilandes schon Viele die Versicherung oder wenigstens eine lichte Ahnung in ihrem Innern hatten: jetzt wird kommender Trost Israels, und wir werden es noch erleben. Einem Simeon war schon die Antwort durch den Heiligen Geist geworden: er sollte den Tod nicht sehen, bevor er den Christ des HErrn gesehen hätte; und da er nun das JEsus-Kind im Tempel auf die Arme nahm, rief er aus: „HErr, nun lässest Du Deinen Diener im Frieden fahren, denn meine Augen haben Deinen Heiland gesehen“, den Heiland, auf den ich so lange gewartet habe. Es war unter denen, die auf die Stimme Gottes merkten in Israel, ein großes Warten auf das Heil Gottes, auf Den, der da kommen sollte, wie dieß auch im Lobgesang des Zacharias (Luc. 1.) ausgesprochen ist.

Endlich ward Christus geboren; das Licht der Welt erschien in Armuth und Niedrigkeit, in geringer Gestalt, als ein armes Menschen-Kind; da war keine Nahrung für den fleischlichen Sinn, für die Augenlust; nur wer Augen hatte zu sehen, erkannte das Licht. Aber neben dieser äußersten Niedrigkeit lief doch von Anfang bis an's Ende eine großer Herrlichkeit her; so arm, und doch so reich! Während die Eltern für das Kind keinen Raum finden in der Herberge, kommen Engel vom Himmel zu den Hirten, loben Gott und sprechen: „Ehre sey Gott in der Höhe, und Friede auf Erden, und an den Menschen ein Wohlgefallen!“ Warum das? Alles wegen des Kindes, das ärmlich in der Krippe liegt! Und Einer von den Engeln tritt hervor, macht den ersten Evangelisten des Neuen Bundes, und spricht: „siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volke widerfahren wird, denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der HErr, in der Stadt Davids.“ So wuchs das Kind auf, und wenige Juden wußten, daß dieses der Messias, Gottes Sohn sey; aus der Ferne mußten Männer kommen, und Ihm Gold, Weihrauch und Myrrhen bringen, und den Juden zeigen, daß dieß ihr neugeborner König sey. Sie scheueten sich nicht, diesem armen Kinde als einem Könige ihre Anbetung darzubringen; - welch' eine Ueberzeugung mögen sie in ihren Herzen gehabt haben! - Aber es währte noch dreißig Jahre, bis das ganze Volk von seinem Heiland und Erretter Kunde erhielt. Indessen waren die Väter entschlafen; ein Simeon hatte sich zur Ruhe gelegt, denn er hatte seinen Heiland gesehen; der Sohn Gottes selbst lebte stillverborgen in Nazareth wie ein anderer Mensch, ja als ein armer Handwerksmann; kein Mensch dachte mehr daran, daß so Großes im Anbruch sey; wer böse war, der war immerhin böse, und wer unrein war, der war immerhin unrein; wer aber fromm war, der war immerhin fromm, und wer heilig war, der war immerhin heilig. Da trat auf einmal ein Mann hervor, Johannes der Täufer, ein Mann im Geist und in der Kraft Elias, und predigte: „thut Buße! das Himmelreich ist nahe herbeygekommen; bereitet den Weg des HErrn, und machet Seine Steige richtig, denn Er ist mitten unter euch getreten, aber ihr kennet Ihn nicht.“ Und als er einmal am Jordan stand, der Menge des Volkes predigend, sah er JEsum von Nazareth am Ufer heraufwandeln, und wußte, daß Er der Messias sey - (denn der Vater im Himmel hatte bey der Taufe gezeugt: „dieß ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe!“) - da reckte der große Zeuge und Vorläufer seines HErrn die Hand aus, und deutete auf Ihn, und rief: „siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt.“

Nun war der HErr dem Volke angekündigt; nun trat Er selber auf, und lehrte und predigte vom Reiche Gottes, und that große Wunder und Zeichen, und verherrlichte den Vater, und bewies sich in der Kraft Gottes als Den, der gekommen sey, „den Elenden zu predigen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu predigen den Gefangenen eine Erlösung, den Gebundenen eine Oeffnung, zu verkündigen das angenehme Jahr des HErrn.“ Seine Fußstapfen troffen von Segen, und Seine Hände von Barmherzigkeit; Er war der liebevolle, segensreiche JEsus, der Heiland der Sünder, der Freund der Armen, nur den Lügnern gram; darum sagt der Apostel Johannes, wenn er den ganzen Wandel des Sohnes zusammenfaßt: „wir sahen Seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als das eingebornen Sohnes vom Vater voller Gnade und Wahrheit.“ - Aber wie gieng es mit den Menschen? - „Er kam in Sein Eigenthum, und die Seinigen nahmen Ihn nicht auf“; die Finsterniß haßte das Licht; die Kinder der Finsterniß mochten das Licht nicht leiden, sie suchten es auszulöschen, und Gott ließ es zu, damit Sein ewiger Rathschluß vollendet würde. Da ergriffen sie den Sohn des Vaters, führten Ihn vor die Stadt hinaus, und hängten Ihn an das Holz. Nun schien es, als wäre das Licht erloschen, und die Sonne der Welt untergegangen; aber es geschah wie bei Joseph: „Ihr gedachtet es böse zu machen, Gott aber gedachte es gut zu machen.“ - Gerade aus dieser Bosheit und Grausamkeit ist der Menschheit das Heil erwachsen; die Finsterniß hat unwissend das ewige Licht emporgebracht. In Gethsemane, wo Er Gebet und Flehen opferte mit Thränen und starkem Geschrey; auf Golgatha, da Er am Kreuze in der größten Verlassenheit und Verachtung hieng, wo Er als ein Betrüger von Jedermann angesehen wurde, wo es mit Seinem Werk auf immer aus zu seyn schien, - da ist das Licht erst recht aufgegangen; dahin weiset der Heilige Geist alle Seelen, die nach göttlichem Lichte dürsten; denn dort ist es hell! Auf Golgatha ist die Sonne der Welt aufgegangen, und Heil unter ihren Flügeln für Alle, die den Namen des HErrn fürchten. Licht und Leben fließt von dort in die Herzen der armen Sünder! O wie selig sind die, welche es recht fassen, daß dort die Klarheit des HErrn wohnet! Was in unserer Abend-Lection steht: „mache dich auf, werde Licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir“, das hat seine Erfüllung hauptsächlich auf Golgatha gefunden, nirgends anders als hier ist erfüllt worden, was JEsus sprach: „ich bin gekommen, daß ich ein Feuer anzünde auf Erden, und was wollte ich lieber, denn es brennete schon? Aber ich muß mich zuvor taufen lassen mit einer Taufe, und wie ist mir so bange, bis sie vollendet werde!“ - „Denn also mußte Christus leiden, und auferstehen am dritten Tage, und predigen lassen in seinem Namen Buße und Vergebung der Sünden unter allen Völkern.“ Nun ist das heutige Wort des Propheten, nun sind andere Weissagungen erfüllt: „Zion, du Predigerin, steige auf einen hohen Berg! Jerusalem, du Predigerin, hebe deine Stimme auf mit Macht, hebe auf und fürchte dich nicht: sage den Städten Juda: siehe, da ist euer Gott! Mache dich auf, mache dich auf, Zion, zeuch deine Stärke an, schmücke dich herrlich, du heilige Stadt Jerusalem, denn es wird hinfort kein Unbeschnittener oder Unreiner in dir regieren! Mache dich aus dem Staube, stehe auf, du gefangene Tochter Zion! mache dich los von den Banden deines Halses, du gefangene Tochter Zion!“ - Das Feuer Gottes, das auf Golgatha angezündet wurde, hat am Pfingstfeste gebrannt, du von da an bis in unsere Tage; da hieß es: „wie lieblich sind auf den Bergen die Füße der Boten, die da Frieden verkündigen, Gutes predigen, Heil verkündigen, die da sagen zu Zion: dein Gott ist König!“

Dieß war der Tag, der die finstere Nacht vertrieb; nun fieng an die Fülle der Heiden einzugehen. Unzählige aus allen Nationen und Geschlechtern, von Morgen, von Abend, von Mittag und Mitternacht kamen und wandelten im Lichte, das über Jerusalem aufgegangen war. Von Gott getröstet und erleuchtet im Glauben an das Versöhn-Opfer JEsu Christi, geheiliget mit dem Geiste der Wahrheit, sind schon Unzählige eingegangen, und stehen bereits seit achtzehn, siebzehn, sechszehn Jahrhunderten vor dem Throne Gottes, angethan mit weißen Kleidern, und Palmen in ihren Händen, und rufen: „Heil sey Dem, der auf dem Stuhle sitzt, unserm Gott und dem Lamm!“ - Lauter Arbeitslohn JEsu, lauter Lichts-Kinder, die im Glanz der ewigen Lebens-Sonne gewandelt haben durch die irdische Trübsal, und den Eingang erlangt in die ewigen Hütten durch das Blut der Versöhnung; und noch täglich werden immer neue hinzugethan.

Denk' ich an jene Himmels-Chöre,
Die vor dem Thron des Lammes steh'n,
Und Gottes und des Mittlers Ehre
Mit ew'ge Preisgesang erhöh'n,
So wünscht mein Geist: o hört' ich nah',
Was ich hier glaube; - wär ich da!

Aber es ist noch nicht vollendet. Zwar brennt das Feuer Gottes an vielen Orten in der Welt, bald hier, bald dort; auch zu uns, Gott Lob! ist es hindurch gedrungen, auch in unsern Ländern ist das Panier des Kreuzes aufgerichtet; schon eine lange Reihe von Jahrhunderten haben wir das Evangelium, das Licht, das über Jerusalem aufgegangen ist, und in der That, es wird einst schwere Rechenschaft gefordert werden, wie wir das Licht angewendet haben; aber es ist doch noch nicht vollendet; der Rath Gottes über die gefallene Menschheit ist noch nicht ganz ausgeführt. Sag' es selber, o Mensch, wie könnte Sein Herz Ruhe haben, da du, der du auch JEsum Sein Blut gekostet hast, der du auch in Seinen Priesterschild gegraben bist, - da du noch ferne von Ihm stehst? Sünder, kann es Ruhe werden, kann der Rath Gottes vollendet heißen, so lange nicht alle Reiche der Welt Gottes und Seines Christus geworden sind?

Es kann nicht Ruhe werden,
Bis Seine Liebe siegt,
Bis dieser Kreis der Erden
Zu Seinen Füßen liegt;
Bis Er in neuen Leben
Die ausgesöhnte Welt
Dem, der sie Ihm gegeben,
Vor's Angesicht gestellt!

Daher kommt es, daß in unsern Tagen so viele Evangelisten hinausgehen in die arme Welt, um ihr von dem Heile zu sagen, das in Christus ist, um denen, die in Finsterniß und Schatten des Todes sitzen, den Tag anzurufen, und von dem Lichte zu zeugen, das ihre Herzen erleuchtet hat, und das alle, alle Sünder erleuchten möchte. Liebe Brüder und Schwestern! sehet und bedenket doch, was in unsern Tagen geschieht; schließet doch eure Augen und Ohren nicht zu; leset die Nachrichten von dem Werke Gottes unter den Heiden; beherziget sie, und erkennet daraus, daß unsere Zeit groß, wichtig und bedenklich ist! Leset und erkennet, daß in unserer Zeit das Reich Gottes, wie das des Satans unaufhaltsam vorwärts schreitet! Mit welchem Reiche willst du vorwärts schreiten? zur Hölle oder zum Himmel? - Leset und erkennet daraus die große Liebes-Absicht Gottes, der da will, daß allen Menschen geholfen werde, wie Er die entferntesten Heiden zur Hochzeit des Lammes ruft! Ach, uns hat Er schon so lange gerufen! Lasset uns auch endlich hören!

Im schönen Hochzeit-Kleide,
Von allen Flecken rein,
Führt Er zu Seiner Freude
Der Heiden Fülle ein;
Und welchen nichts verkündigt,
Kein Heil verheißen war,
Die bringen jetzt, entsündigt,
Ihm Preis und Ehre dar!

O Christ! bleibe doch nicht zurück! Die Heiden können dir weit vorankommen; ja, sie sind dir schon vorangekommen. - Sehet, wie in unsern Tagen die Heiden und Könige der Heiden das Lamm anbeten, das geschlachtet ward; leset es, wie sie ihre Kronen niederlegen zu Seinen Grüßen! - Was hast du schon zu den Füßen deines Heilandes niedergelegt? Hast du auch schon ein Vergnügen, einen Gewinn verläugnet um Seinetwillen? - Die Heiden gehen uns weit voran.

Aber es ist noch nicht vollendet. Noch schmachten sechs- bis achthundert Millionen unserer Brüder in der Finsterniß, und während unter uns das Brod des Lebens mit vollen Händen ausgetheilt wird, hungern sie nach dem Worte Gottes, und haben nichts als Trostlosigkeit, Elend und Nacht im Leben, Leiden und Sterben. Soll und wird dieses so fortgehen? Nein! der Vater hat zum Sohne gesagt: „Heische von mir, so will ich dir die Heiden zum Erbe geben, und der Welt Ende zum Eigenthum!“ O was wird das für eine Zeit werden, wenn die Weissagung in der heutigen Abend-Lection ganz wird erfüllt seyn, wenn alle Reiche der Welt Gottes und Seines Christus geworden sind! Da wird man singen vom Sieg in den Hütten der Gerechten; da werden sie das Lied Mosis singen und des Lammes; von einem Ende der Erde bis zum andern wird Ein geistlicher Tempel seyn, Ein Tempel, darin der Name Jehovah verehrt und angebetet wird, und alle Kniee werden sich in JEsu Namen beugen, und alle Herzen bekennen, und alle Zungen rufen: „Ehre, Preis und Anbetung sey dem Lamme, das geschlachtet ist, und unserem Gott!“ - Große, selige Zeit!

Was wollen wir hiezu sagen, liebe Zuhörer? Zweierley habe ich hier zu bemerken.

Gott hat uns in diese Welt hereingeboren werden lassen; was ist's, wollen wir nicht auch das Unsrige beytragen zum Bau Zions? Was saget ihr dazu? wie haben wir uns indessen gegen diese große Reichssache JEsu betragen? Frage dich: ist es dir in deinem Gebet seither auch ein Herzensanliegen gewesen, daß über die Heiden das Licht aufgehen möchte? Frage dich: hast du indessen auch mit Rath und Tath geholfen, oder bist du von ferne gestanden? - Lasset mich deutlich mit euch reden. Was könnte gethan werden; wenn Jeder von seinem Ueberfluß etwas hergäbe, wenn er eine überflüssige Ausgabe weniger machte im Monat? Was könnte da geschehen? - Wie vieles Geld wird verschwendet im Dienste der Eitelkeit und des Teufels! Willst du nicht auch etwas deinem Heiland anleihen? Hieher gehört Sein Wort: „was ihr gethan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr Mit gethan. Ich bin hungrig gewesen, und ihr habt Mich gespeiset; ich bin durstig gewesen, und ihr habt Mich getränket.“ - Das gehört vorzüglich hieher. - Entschuldige sich doch Keiner mit der Armuth. Viele haben wohl; aber hiefür haben sie nichts, weil sie nicht wollen. Wenn du aber wirklich nichts geben kannst, so kannst du doch beten, wie Moses wider die Amalekiter stritt, als er die Hände emporhob. O es könnte dich noch in der Ewigkeit freuen, wenn dir dort vor Augen geführt würde, was das verborgene Gebet heiliger Seelen gewirkt hat. Und wie? könntest du denn nicht zuweilen einen Groschen oder Pfennig erübrigen, und dem HErrn geben! nicht, daß Er's bedürfte; aber Er will dich dessen aus Gnaden würdigen. O liebe Zuhörer! ich achte dafür, an der großen Sache der Heiden will der HErr Seine verschlafene Christenheit auf die Probe stellen; wenn wir hier nicht Hand anlegen, wenn wir müßig und träge dafür sind, so wird, wie ich achte, das Evangelium uns genommen und den Heiden gegeben werden.

Das ist die Hauptsache, aber noch nicht das Ganze. Sehet, dadurch, daß wir von unserem Ueberfluß Etwas darreichen und zur Ausbreitung des Reiches Gottes beytragen, können wir den Himmel nicht verdienen, sondern wir, wir selbst sollen Licht werden! Was in unserer Abend-Lection zunächst den Juden verkündigt wird, was die Apostel predigten, was unsern Vätern gesagt ward, was man den Heiden zuruft, das gehet auch uns an, und ich stehe hier, um jeglicher Seele unter uns, sie sey alt oder jung, vornehm oder gering, zu sagen: Mache dich auch, denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des HErrn gehet auf über dir! Du hast vielleicht in andern Dingen, in Menschenweisheit und Menschenlob dein Licht gesucht, aber nicht gefunden, sondern bist nur von einer Verdunklung in die andere gerathen; - aber:

Das Vernunftslicht kann das Leben
Dir nicht geben,
JEsus und Sein heller Schein,
JEsus muß das Herz anblicken
Und erquicken;
JEsus muß die Sonne seyn!

O ihr, die ihr bisher die Welt lieb gehabt, und wenn ihr auch nur noch an einem feinen Faden an ihr hänget: machet euch auf! Satan kann euch nicht mehr gefangen halten; er geht euch nichts mehr an; zerreißet seine Stricke, und gebet der Welt und ihrer Lust und euren bösen Herzensgedanken gute Nacht, so werdet ihr euch wundern über das Licht, das über euch aufgeht, so werdet ihr von Kraft zu Kraft, von Licht zu Licht, von Leben zu Leben steigen, und hineindringen in die ewigen Hütten! - Ach, und wenn irgend eine mühselige und beladene Seele unter uns ist, solcher rufe ich zu:

Solltest du dein thränendes Gesicht
Nur stets auf deine Sünden lenken,
An die der Vater selbst nicht
Um Seines Sohnes Blut will denken:
Du fändest keine Freudigkeit,
Und weder Muth noch Kraft zum Streit,
Du müßtest dich mit Furcht und Zagen
Zu deines Heilandes Unehr' plagen. -
Nein, lieber froh hinaufgeschaut,
Wo dir dein Heiland Hütten baut!

Lieber hinaufgeschaut! Dein Heiland kommt zu dir! Das Licht ist über dir aufgegangen. Ach, gehe ihm entgegen:

Wie die zarten Blumen willig sich entfalten,
Und der Sonne stille halten,

so stelle dich auch hin!

Ach, daß das Licht, welches über Jerusalem erschienen ist, in Aller Herzen aufgienge! Wie oft ist schon Allen davon gesagt worden, und wie Viele sind noch in der Finsterniß, daß sie, wenn man ihnen von einem JEsus sagt, glauben, man habe von einem Manne geredet, der tausend Stunden von ihnen entfernt sey! Wie Viele sind, die Ihn nicht kennen, denen Er noch niemals nahe geworden ist!

Ach, Er erbarme sich über Alle, und lasse doch Seine Lichtsherrlichkeit auf sie nieder, so werden sie erstaunen über dieses Licht, und sich wundern, was die Gnade thut! „Mache dich auf, und werde Licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des HErrn gehet auf über dir!“ JEsus selbst kommt zu dir; und wenn du in der dicksten Finsterniß liegst, wenn du mit Leib und Seele in der Sünde gefangen bist: Er kann dich herausreißen, denn Er ist die Herrlichkeit des Vaters selbst!

Treuer Heiland! Du bist das Licht der Welt. Ach, wecke uns auf! laß doch keines unter uns seyn, das nicht den Ruf innerlich vernommen hätte: „mache dich auf, und werde Licht! HErr JEsu! wecke uns auf, damit wir in dieser bedenklichen, wichtigen, herrlichen Zeit, wo Alles voranschreitet, auch vorwärtsschreiten mit Deinem Reiche, damit wir nicht in Finsterniß bleiben, und wenn Satan uns von Ruhetagen sagt in den Kämpfen und Mühseligkeiten dieser Tage, es nicht glauben, sondern mit ganzem Ernst ringen um unsere Seligkeit. Ach,

Wecke uns recht auf,
Daß wir unsern Lauf
Unverrückt mit dir fortsetzen,
Daß uns nicht in seinen Netzen
Satan halte auf;
Förd're unsern Lauf!

Amen!

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