Ahlfeld, Johann Friedrich - Das heilige Abendmahl das Geschenk der höchsten Liebe.

Ahlfeld, Johann Friedrich - Das heilige Abendmahl das Geschenk der höchsten Liebe.

(Gründonnerstag.)

Die Gnade unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi, die Liebe Gottes des Vaters, und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch Allen. Amen. Text: Evang. St. Marci; Cap. 14, V. 17-26:
Am Abend aber kam er mit den Zwölfen. Und als sie zu Tische saßen, und aßen, sprach Jesus: Wahrlich, ich sage euch, einer unter euch, der mit mir isst, wird mich verraten. Und sie wurden traurig, und sagten zu ihm, einer nach dem andern: Bin Ichs? Und der andere: Bin Ichs? Er antwortete, und sprach zu ihnen: Einer aus den Zwölfen, der mit mir in die Schüssel tauchet. Zwar des Menschen Sehn gehet hin, wie von ihm geschrieben stehet; wehe aber dem Menschen, durch welchen des Menschen Sohn verraten wird. Es wäre demselben Menschen besser, dass Er nie geboren wäre. Und indem sie aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach es, und gab es ihnen und sprach: Nehmet, esset; das ist mein Leib, Und nahm den Kelch, und dankte, und gab ihnen den; und sie tranken alle daraus. Und er sprach zu ihnen: Das ist mein Blut des neuen Testaments, das für viele vergossen wird. Wahrlich ich sage euch, dass ich hinfort nicht trinken werde vom Gewächs des Weinstocks, bis auf den Tag, da ich es neu trinke in dem Reich Gottes. Und da sie den Lobgesang gesprochen hatten, gingen sie hinauf an den Ölberg.

In Christo Jesu geliebte Gemeinde. Wenn der Sturm auf dem Meere tobt und die Schiffe wie schwache Schalen zerschellen will; wenn die Notsignale nach dem Lande herüber um Hilfe rufen: dann fährt der Lotse auf seinem Rettungsschifflein kühn durch die Wellen, um das gefährdete Schiff in den Hafen zu geleiten. Er denkt kaum daran, dass die Wellen, welche an den Planken des gefährdeten Schiffes rütteln, auch auf das seine eindringen, und dass sein kleiner Kahn noch schneller ihr Raub werden kann. Er gibt getrost sein Leben in Gefahr, um fremdes Leben und Gut zu retten. Ähnlich steht es um den Krieger, der die Grenzen des Vaterlandes verteidigt. Er schützt den heimischen Herd, er schützt Weib und Kind gegen die Wut und Wüstheit des Feindes. Dabei vergisst er fast, dass er selbst ein Opfer dieser Treue werden kaum, dass er vielleicht die Freiheit der Seinen mit dem eignen Leben bezahlen muss. - Wir ehren solche Tapferkeit und Treue, mag sie nun zu Wasser oder zu Lande geübt werden. Aber doch ist sie verglichen mit der Liebe und Treue des Herrn, verglichen mit seiner Liebe und Selbstlosigkeit in der Nacht, von der unser Text handelt, kaum nennenswert. Der Lotse wie der Krieger hoffen wieder hereinzukommen. Sie haben wenigstens die Möglichkeit, dass sie von keiner Welle verschlungen und von keiner Kugel getroffen werden. Unser Herr wusste gewiss, dass er sterben würde; er kannte die diese Notwendigkeit seines Todes; er hatte ihn auch seinen Jüngern mehr denn einmal voraus verkündigt. Jene haben ihre Ehre, ob sie sterben oder leben. Dem Kämpfer, der zu Land oder Meer in seinem Beruf oder für sein Vaterland gefallen ist, den begleitet der Dank zu Grabe und der Kranz der Ehren wird ihm noch auf den Sarg gelegt. Unser Herr wusste, dass sein Tod ein Tod der Schmach sein würde. Morgen sollte das Wort des Propheten Jesaias an ihm erfüllet werden: „Er hatte keine Gestalt noch Schöne. Wir sahen ihn, aber da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte. Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, dass man das Angesicht vor ihm verbarg; darum haben wir ihn Nichts geachtet.“ Und über diesen Tod greift unser Heiland still hinaus; er greift so über ihn hinaus, wie wenn ihn dieser Tod Nichts anginge, und vermacht allen denen, die ihn in den Tod bringen - auch dir und mir - in dem heiligen Sakrament das Leben. Das ist die größte Liebestat, welche je in der Welt geschehen ist; und das heilige Abendmahl ist das seligste Geschenk, welches je dem Menschen gegeben werden konnte. Wir behalten daher für unsere Andacht den Grundgedanken:

Das heilige Abendmahl das Geschenk der höchsten Liebe.

  1. Die Liebe gibt es;
  2. Der Glaube nimmt es;
  3. Die Liebe dankt dafür.

O Herr Jesu, wir beten alle Tage: „Unser täglich Brot gib uns heute.“ Wir beten auch, dass du es uns wollest erkennen lassen, und wir mit Danksagung empfangen unser täglich Brot. Nun Herr, du hast uns zur Speisung und Erquickung unserer Seelen dein heiliges Sakrament eingesetzt. Deine ersten Jünger nahmen es auch als das tägliche Brot. Sie waren täglich und stets einmütig bei einander in dem Tempel und brachen das Brot hin und her in den Häusern. Herr, gib deiner Gemeinde wieder einen rechten Hunger nach dem Brote des Lebens. Erquicke uns arme Pilger mit dieser Himmelsspeise. Erfreue das Herz und lass die Gebeine fröhlich werden, die du zerschlagen hast. Lass uns aber auch Alle dies Himmelsbrot recht erkennen und empfangen mit Danksagung. Ja mit dem Danke der Lippen, und noch mehr mit dem Danke eines in Dir geheiligten Wandels! Erhöre uns um Deiner Barmherzigkeit willen, und segne Alle, die sich in Demut und Wehmut und Glauben heute zu deinem Altare nahen. Amen.

I.

Die Liebe gibt es. Wir haben, in dem Herrn geliebte Gemeinde, vorhin begonnen in Nacht und Sturm und Kampf. Nacht, Sturm und Kampf umgab den Herrn, als er das heilige Abendmahl einsetzte. Alle Mächte der Finsternis sind gegen ihn losgelassen. Als der Teufel ihn in der Wüste versucht hatte und zurückgeschlagen war, da verließ er ihn. Aber der Evangelist Lucas fügt hinzu: „Er wich von ihm eine Zeitlang.“ Später sagt der Herr selbst: „Es kommt der Fürst dieser Welt und hat keinen Teil an mir.“ Er kommt in dieser Nacht, er will den Einsamen erdrücken durch die Macht der Bosheit und Schwachheit, welche auf allen Seiten um ihn stehet. Es erheben sich gegen Jesum die Obersten seines Volkes. Juden und Heiden haben ein Bündnis geschlossen, ihren Heiland zu verderben. Die Obersten der Juden haben auch die römische Schaar in ihren Dienst genommen, um ihn desto gewisser zu fangen. Sie sind bereits auf dem Wege. Judas, auch einer von den Zwölfen, der auch einmal einen Zug zu dem Herrn gehabt, aber daneben dem Mammonsdienst den Hauptplatz in seinem Herzen eingeräumt hat, ist schon bei den Feinden, um ihr Führer und seines Herrn Verräter zu werden. Vor seinen Augen blinken die Silberlinge, die er als Sündenlohn bekommen sollte. Und vor den Augen der Elfe, die um den Herrn geblieben sind, da glänzt der erste Platz in dem Reiche des Herrn. Sie zanken sich, wer von ihnen der Vornehmste in seinem Reiche sein soll. Und das sind die Besten, das sind seine Erwählten in der damaligen Welt. Er aber weiß das Alles; er weiß, welche Wege die draußen gehen; er weiß, was für Gedanken die da bei ihm sind, in ihren Herzen haben. Er wusste ja, was in dem Menschen war. Er weiß, dass morgen sein Todestag ist. Er kennt seinen Verräter, seinen Verleugner und seine Mörder. Auf ihm allein liegt das Elend der ganzen Welt. Er steht da wie die einzige trockene erhabene Stelle in der wilden Flut. Von allen Seiten dringen die Wogen an, um diese heilige Höhe zu überfluten. - Und was tut der Herr, der auf ihr steht, der morgen sterben muss? Er blickt nicht allein fest in den Tod hinein, fester als der Lotse in seine Fluch, fester als der Krieger auf das feindliche Heer. Er blickt auch über den Tod hinaus. Er behandelt seinen Tod, wie wenn er nicht sein wäre, wie wenn er schon gestorben wäre. Er sinnt und denkt, wie er die Frucht seines Sterbens der ganzen Gemeinde auch für die spätesten Zeiten zu einer Arznei der Seelen vermache.

Ja liebe Christen, das ist die höchste Liebe, welche je da gewesen ist! Hell leuchtete in dieser Nacht der Mond am blauen Himmel, - es waren ja die Tage des Vollmondes - aber unendlich heller leuchtet aus jenem Saale herauf seine Liebe. Sie leuchtet über die ganze Erde dahin, ihr Glanz wird nie untergehen. Er wollte uns nicht allein erlösen, sondern uns auch die Frucht seiner Erlösung fest und gewiss und Jedem persönlich zueignen. Wir armen Menschen bestehen aus Leib und Seele. Unser Herr, der uns in Allem gleich geworden ist außer in der Sünde, will dem Menschen eine himmlische Nahrung geben, die so recht zu seiner Person passt. Er vereinigt durch das Wort Wein und Brot und seinen Leib und sein Mut zu einer heiligen Seelenspeise. Er gibt der Gnade eine Gestalt und eine Leiblichkeit, damit du sie ja ganz gewiss haben sollst.

Die Erlösung ist für alle Völker geschehen. Über die ganze Erde lässt der Herr ausrufen: Friede und Freude. Er lässt große Freude verkündigen, die allem Volk wiederfahren wird. Gott will, dass allen Menschen geholfen werde. Aber woraus weiß ich, dass mir geholfen ist? Woraus weißt du, dass dir geholfen ist? Wo hast du Einzelner die Gewissheit deines Heils? - In den heiligen Sakramenten. Jeder von uns ist getauft. Jeder von uns kann rühmen: „Ich bin ein Kind Gottes und ein Bruder und ewiger Reichsgenosse seines lieben Sohnes.“ Wer vom Abendmahlsaltare kommt, kann sagen: „Mir sind meine Sünden vergeben. Was mich hat gekränkt, hat mir Gott geschenkt.“ Jesus selbst hat in eigner Person nie das Elend der Entfremdung von Gott und die Schuld gefühlt. Nur für uns hat er sich in diese Tiefe hineingedacht und hineingefühlt. Das ist auch Liebe. - Siehe hinaus in die Natur. Für jede Pflanze, die dort wächst, für jedes Tier, das dort fliegt oder kriecht oder geht, hat Gott eine Nahrung bestellt. Er tränket aus seinen Wolken jedes Gewächs. Er gibt allem Fleisch seine Speise, den jungen Raben, die ihn anrufen. Nun ist der aus Gott geborene Mensch in uns, der neue Mensch in uns die edelste Kreatur auf der ganzen Erde. Er ist aus Gott geschaffen in rechtschaffener Gerechtigkeit und Heiligkeit. O lieben Freunde, er bedarf der Nahrung auch! Er kann in der verderbten Welt, die nur zu tief im Argen liegt, gar leicht verdorren und verkommen. Hat denn Gott für ihn keine Nahrung erschaffen? O liebe Christen, sie ist da. Der Herr spricht in unserm Texte: „Nehme! hin und esset, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird. Nehmet hin und trinket Alle daraus. Dieser Kelch ist das neue Testament in meinem Blut, das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“ Das ist die himmlische Seelenspeise. Das ist die heilige Nahrung, die den armen sündigen Menschen stark machen kann bis zum Siege über den Tod. - Wie man aus einem See auf einer Hochebene Kanäle herniederzieht in die Ebene, damit die dürren Fluren ringsum getränkt werden, so sind die heiligen Sakramente auch Kanäle, welche die Wasser des Lebens hinführen müssen an jede durstige und schmachtende Seele. Jedem wird die Gnade angeboten. Wenn wir dennoch in eigner Schwachheit und Schuld verschmachten, so ist es nicht die Schuld des Herrn, sondern die unsere. Und nun bedenke noch einmal, wann der Herr diese Stiftung macht. Und bedenke noch einmal, was er darin vermacht. Und er vermacht diese Gaben nicht lieben Freunden, die ihm bis in den Tod zur Seite gestanden und ihm sein Todesleiden nach Kräften erleichtert haben. Im Gegenteil, er vermacht diese heilige Stiftung denen, die ihn durch ihre Sünde und Schuld in den Tod gebracht haben. Da musst du denn wohl bekennen: „Ja die Liebe gibt dies höchste Geschenk, die Liebe, wie sie nur einmal auf der Erde gewesen ist.“ Bei ihr, liebe Abendmahlsgenossen, geht ihr heut zu Gaste.

Ihr müsst aber kommen im Glauben, denn nur:

II.

Der Glaube nimmt jenes Geschenk der höchsten Liebe. In dem Herrn geliebte Gemeinde. Der Glaube ist eine gewisse Zuversicht des, das man hoffet, und nicht zweifelt an dem, das man nicht sieht. Alles was im Bereiche des Göttlichen und Himmlischen liegt, ist Sache des Glaubens. Durch den Glauben merken wir, dass die Welt durch Gottes Wort fertig ist, und dass Alles, was man sieht, aus Nichts geworden ist. Durch den Glauben erfahre ich, dass mich mein Herr erlöset hat von allen Meinen Sünden, vom Tode und der Gewalt des Teufels. Durch den Glauben steht das Kreuz als der Lebensbaum mitten in der Welt und gibt seine Frucht dem armen verschmachteten Volke. Durch den Glauben wird uns das heilige Abendmahl ein Mahl der Vergebung der Sünden und des Heils. - Von Anfang an hat der Herr gerade bei diesem heiligen Geheimnis dem Glauben eine rechte Arbeit gegeben. Da steht ganz besonders geschrieben: „Selig sind die nicht sehen und doch glauben.“ Der Herr sitzet noch lebend und gegenwärtig unter seinen Jüngern. Sein Leib ist noch nicht gebrochen, sein Blut noch nicht vergossen, und doch spricht er, indem er ihnen das Brot reicht: „Nehmet hin und esset, das ist mein Leib, der für euch gebrochen wird. Nehmet hin und trinket Alle daraus. Dieser Kelch ist das neue Testament in meinem Blut, das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“ Und keiner der Jünger zweifelt. Auch Thomas erhebet sich nicht mit der Frage: „Herr, wie soll das dein Leib und Blut sein, da ich es doch nicht sehe, da du doch beides noch in dir und an dir trägst?“ Sie glaubten, ob ihnen gleich der Glaube viel schwerer wurde als uns. Warum aber glauben sie, und wem glaubt man am Ersten? Der Liebe, die sich an uns bewähret hat. Und die Liebe Christi hat sich an den Jüngern und an dir bewähret. Wollen wir zählen, was der Herr, ehe wir geboren wurden, und dann wieder von Kindesbeinen an an uns getan hat, so bekennen wir, dass mit seiner Liebe keine andere zu vergleichen ist und dass uns dieselbe niemals getäuscht hat. Und sollte sie uns täuschen in diesem großen Wort? in dieser großen Stunde? Sodann glauben wir am Ersten der Macht, welche Taten tut, die kein Mensch tun kann, es sei denn Gott mit ihm. Der Herr, welcher das leibliche Brot gemehrt hatte, also dass von wenig Broten und Fischen fünftausend Menschen gespeist wurden und noch zwölf Körbe Brocken übrig blieben, der kann in der Verklärung auch seinen Leib und sein Blut mehren, dass alle Geschlechter der Menschen, welche hungert nach der Gerechtigkeit Gottes, damit gespeist werden.

Nein Vernunft, die muss hier weichen,
Kann dies Wunder nicht erreichen.
Dass dies Brot nie wird verzehret.
Ob es gleich viel Tausend nähret.
Und dass mit dem Saft der Reben
Uns wird Christi Blut gegeben.
O der großen Heimlichkeiten,
Die nur Gottes Geist kann deuten!

Was sollst du aber glauben, wenn du würdig zu der Gnadentafel deines Herrn kommen willst? Zuerst, dass Jesus Christus sich auch für dich in den Tod gegeben hat, und dass, da der Leib des Herrn gebrochen und sein Blut vergossen worden ist, er auch deine Schuld und Strafe auf sich genommen und für dieselbe bezahlet hat. Zum Andern, dass er das heilige Abendmahl eingesetzt hat, damit die selige Frucht dieses Leidens und Sterbens in seinem Leibe und Blute allen Christen geschenkt werde. Und zum Dritten, dass sie heute, ja heute dir geschenkt werde. Heute in dieser Stunde will er dir unter dem Brote und Weine seinen Leib und sein Blut, will er dir sich selbst schenken und mit sich und seiner Gerechtigkeit die Vergebung aller deiner Sünden. Er will dich in dem zweiten heiligen Sakramente so rein hinstellen, wie du nach dem ersten, nach dem Bade der Wiedergeburt und Erneuerung des heiligen Geistes warst. Er will dies so gewiss tun, wie wenn er selbst gegenwärtig dir ins Angesicht sagte: „Mein Sohn, meine Tochter, dir sind alle deine Sünden vergeben. Friede sei mit dir.“ - O so kommt denn mit Ehrfurcht und Zittern vor der Majestät der Liebe, die uns vor dem Tode das Heil vermacht, welches sie uns im Tode erwerben wollte. Kommt mit jenem Kindesglauben, der die Vergebung der Sünden so gewiss nimmt, als handelte es unser Herr Jesus selber mit uns im Himmel. Kommt ihr Alten, die ihr schon oft erfahren habt, welche Barmherzigkeit der Herr in dem Gnadenmahle schenkt. Je öfter ihr kommt, um so tiefer möget ihr seine Liebe schmecken und fühlen. Ihr Kinder aber, die ihr zum ersten Male die Stufen des Altares hinaufsteiget, sehet und schmecket, wie freundlich der Herr ist. Betet aber vorher mit unserem alten Sänger Joh. Franck:

Jesu, meines Lebens Sonne,
Jesu, meine Freud' und Wonne,
Jesu, du mein ganz beginnen,
Lebensquell und Licht der Sinnen:
Hier fall' ich zu deinen Füßen,
Lass mich würdig genießen
Dieser deiner Himmelsspeise,
Mir zum Heil und dir zum Preise.

Und über diesem Altare und dem Kreuzbilde darauf, und über dieser Gnadentafel schauet hinauf in das Reich der Herrlichkeit, wo Jesus seine Treuen gesammelt hat zu dem ewigen Abendmahle. Dort trinket er es neu in seines Vaters Reich mit den Seinen. Dort hat er ein Mahl zugerichtet von Fett und Mark und Wein, das nach seinen Gaben und nach der Gesellschaft, in der wir es genießen, hoch über alle Freude und Erquickung der Erde gehet. Selig sind die zu diesem Abendmahle berufen werden. Herr, hilf, dass ich wie jetzt auf Erden Mög' dein Gast im Himmel werden. - Aber dieweil wir auf der Erde sind, wollen wir auch dem Herrn für sein Opfer und für sein Gnadenmahl recht von Herzen danken. Und wer dankt?

III.

Die Liebe dankt dafür.

In dem Herrn geliebte Gemeinde. Wo die Sonne vom Himmel hernieder scheint und Tau und Regen auf die Erde fallen, da dankt die Erde in dem Gewächs, das sie aufgehen lässt, und alles Gewächs dankt mit seinem Grün und seiner Blüte. Was ist nun aller Sonnenschein gegen die Liebe Christi, die vom Himmel auf die Erde, die an diesem Abend, wo er das heilige Abendmahl einsetzt, über die ganze Welt, die vom Kreuz in unsere Schuld, in unsern Tod, Gericht und Verdammnis geschienen hat? Was ist aller Tau und Regen gegen das teuer vergossene Blut unseres Herrn Jesu Christi? Da muss es ja wohl wachsen und grünen im Menschenherzen. Die dürre Heide, in welcher es da nicht anfängt zu grünen, die mag wohl ewig dürre bleiben. Es muss grünen und blühen zuerst in seligen Lobliedern:

Ich danke dir von Herzen,
O Jesu, liebster Freund.
Für deine Todesschmerzen,
Da du's so gut gemeint.
Ach gib. dass ich mich halte
Zu dir und deiner Treu,
Und wenn ich nun erkalte,
In dir mein Ende sei.

Es muss grünen und blühen in Liebe zu dem Herrn. „Eine Liebe ist der andern wert,“ pflegen wir von der armen Menschenliebe zu sagen. Und wie ist dann seine Liebe, Christi Liebe der unsern wert! Jeder Stein wird warm, wenn ihn die Sonne anscheint; und dein Herz sollte nicht warm werden unter dieser Liebe? Warum aber werden denn so Viele nicht warm? Warum schmelzen denn so viele innerlich nie mit ihrem Heiland zusammen? Weil wir zu wenig leben in der Anschauung und Betrachtung der heiligen Passion, weil wir uns zu wenig vertiefen in das heilige Sakrament. Das Wort, dass sich Christus für unsere Sünden selbst geopfert und uns Vergebung der Sünden, Gerechtigkeit und Leben erworben hat, das klingt durch die apostolische Kirche hindurch als der einzige große Freudenruf, als das Evangelium im Evangelio. Und diese Liebe Christi hat die Herzen untrennbar an ihn gebunden. - O Herr, lass die Zeiten wiederkehren, wo die Gemeinde in Wahrheit singt:

Herzlich lieb hab' ich dich, o Herr,
Ich bitt, wollst sein von mir nicht fern
Mit deiner Hilf und Gnaden;
Die ganze Welt nicht freuet mich.
Nach Erd' und Himmel frag' ich nicht.
Wenn ich nur dich kann haben.
Und wenn mir gleich mein Herz zerbricht.
So bist du doch mein' Zuversicht.
Mein Heil und meines Herzens Trost,
Der mich durch sein Blut hat erlöst.
Herr Jesu Christ
Mein Gott und Herr, mein Gott und Herr,
In Schanden lass mich nimmermehr.

Dazu seht die Liebe der ersten Christen unter einander. Selbst die Heiden, ihre bittersten Feinde, brachen flugs aus in die Worte: „Sehet, wie sie sich lieb haben!“ Woher kam das? Es möchte wohl Jemand antworten: „Die große Zeit, da der Ausgang aus der Höhe geoffenbart ward, war ihnen näher. Der Wandel, das Leiden und Sterben Jesu Christi, die Ausgießung des heiligen Geistes fiel in ihre Lebenszeit. Sie lebten noch in dem nahen Scheine des heiligen Gnadenfeuers.“ Das ist Alles wahr, aber auch diese Wärme wäre erkaltet, wenn sie die Gemeinde nicht mit allem Ernst genährt hätte. Und wodurch? Gerade durch das heilige Abendmahl. Sie waren täglich beieinander im Gebet und im Brotbrechen. Täglich stand ihnen die Liebe ihres Herrn lebendig vor Augen. Täglich sagten sie sich: „Der gesegnete Kelch, welchen wir segnen, ist er nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist es nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi?“ - Und welche Folgerung ging daraus gleich für ihre eigene Gemeinschaft hervor? „Ein Brot ist es, so sind wir viele ein Leib, dieweil wir Alle eines Brotes teilhaftig geworden sind.“ Die zusammen zum heiligen Abendmahl kommen, kommen in einer Demut, denn sie sind Alle arme Sünder. Sie werden erquickt aus der einen Gnadenquelle, der Gerechtigkeit Jesu Christi. Sie singen dem Herrn ein Danklied. Sie sind Alle von dem Herrn geliebt, daraus lernen sie lieben. Ihnen wird ihre Schuld von dem einen Herrn vergeben, daraus lernen sie vergeben. Christus hat ihre Schuld getragen, daraus lernt Einer die Last des Andern tragen. - O liebe Gemeinde, wenn es in einer Familie schlecht steht, wenn Mann und Weib, die Gott zusammengetrauet hat, von einander getrennt und gegen einander dauernd verbittert sind: fraget sie dann einmal: „Wie lange seid ihr nicht mit einander zum heiligen Abendmahl gewesen?“ Und die Antwort lautet in den meisten Fällen: „Lange Jahre nicht,“ oder: „In unserer ganzen Ehe nicht.“ Nun, liebe Christen, wo soll der Friede herkommen, wenn man den Friedefürsten nicht haben will? Der Gott und Menschen mit einander versöhnet hat, will auch die Menschen mit einander versöhnen. - Herr, lass uns heute und alle Tage deine Liebe erfahren, lass uns aber auch dir danken mit der Liebe, die aus dir geboren ist. Zünde das heilige Opfer in jedem Herzen an. Amen.

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