Müller, Heinrich - Vom Mangel der christlichen Liebe.

Müller, Heinrich - Vom Mangel der christlichen Liebe.

Wer reit der reit.

Wer liegt, der liegt. Ein jeder für sich selbst, Gott für uns alle. Das beste ist, daß man in die Kirche geht, Sacrament empfängt, ehrbar lebt, für sich selbst ist, mit andern Leuten sich nicht beladet, Niemand leihet, Niemand borgt, kärglich gibt. Das ist unser heutig Christenthum. Gott seis geklagt! Ich diene Gott, sprichst du; ist gut, beweis es. Ein Diener liebt seinen Herrn; ich liebe Gott, sprichst du. Ist gut, beweis es. Wer Gott liebt, hält sein Wort. Wie lautet Gottes Wort? Du sollst den Nächsten lieben als dich selbst. Dein Nächster ist hungrig, du speisest ihn nicht; er ist dürftig, du leihst noch gibst ihm nichts. Heißt das Gottes Wort halten? Wie bleibt die Liebe Gottes bei dir? So jemand dieser Welt Güter hat, und sieht seinen Bruder darben und schließt sein Herz vor ihm zu, wie bleibt die Liebe Gottes bei ihm? 1. Joh. 3, 17. Wer Gott liebt, liebt auch sein Kind. Ist nicht dein Nächster Gottes Kind? Hat er nicht Jesum in der Taufe angezogen? Sind nicht deine Güter seines Vaters? Hat er nicht eben so viel Recht daran als du? Was dünket dich? Wenn zwei Brüder ihres Vaters Erben würden; der eine wollte vom Erbgut sich weidlich tractiren, köstlich kleiden, großen Handel treiben; der andere sollte verschmachten, nackt gehen, Noth leiden; wärs recht oder unrecht? Wer liebt, der gibt. Liebst du Gott, wo bleiben deine Gaben? Du sprichst, Gott darf mein nicht, er ist reich genug. Es sei so. Gott darf dein nicht für seine Person, so darf er doch dein in seinen armen Kindern, die er dir täglich vor Augen stellt. Was du ihnen gibst, das gibst du ihm; was du ihnen versagst, das versagst du ihm. Deine Thür schlägst du ihm vor der Nase zu, wenn er kommt, deine Brocken zu sammeln, und du willst doch zu ihm durch die Himmelsthür eingehen? Ach nein! der arme Lazarus wird dir im Wege liegen, daß du nicht hinein kommen kannst. Ei, sprichst du, warum versorgt Gott seine Armen selbst nicht? Er wills freilich thun, aber durch dich. Der Herr versorgt ja das Haus, aber durch den Haushalter. Er gönnt dir Gutes. Die Ehre soll sein, der Nutzen dein sein. Weißt du nicht, daß die Reichen im Volk sind, wie der Magen im Leibe, der zwar alle Speise empfängt, aber ihm nicht behält, sondern einem jeden Glied das Seine davon zutheilt? Du bist Haushalter und nicht Herr; gute Haushalter theilen mit allen, die im Hause sind. Summa: Kirchengehen, Abendmahlnehmen, Weltehrbarleben, macht dich nicht selig. Viele tausend brennen schon in der Hölle, die sich deß auch gerühmt. Gehe hin und lerne, was das sei: Ich habe Gefallen an Barmherzigkeit und nicht am Opfer. Lerne, was Paulus schreibt: In Christo gilt allein der Glaube, der durch die Liebe thätig ist. Gal. 5, 6. Wo man sich nicht des Nächsten annimmt, als sein selbst, da ist weder Liebe noch Glaube, noch Christenthum. Gott für uns Alle; ist wahr, aber in der Liebe sollst du deines Nächsten Gott und Gutthäter sein. Mein Nächster ist mein Fleisch und Blut, und mein Mitglied am Leibe Christi, darum soll sein Weh mein Weh, mein Wohl sein Wohl, seine Noth meine Noth, mein Vermögen sein Vermögen sein. Sind wir doch Brüder, ein Herz und eine Seele.

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