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1. Korinther, Kapitel 11

1. Korinther, Kapitel 11

11:1 Seid meine Nachfolger, gleichwie ich Christi!

11:2 Ich lobe euch, liebe Brüder, daß ihr an mich denkt in allen Stücken und haltet die Weise, wie ich sie euch gegeben habe.

11:3 Ich lasse euch aber wissen, daß Christus ist eines jeglichen Mannes Haupt; der Mann aber ist des Weibes Haupt; Gott aber ist Christi Haupt.

11:4 Ein jeglicher Mann, der betet oder weissagt und hat etwas auf dem Haupt, der schändet sein Haupt.

11:5 Ein Weib aber, das da betet oder weissagt mit unbedecktem Haupt, die schändet ihr Haupt, denn es ist ebensoviel, als wäre es geschoren.

11:6 Will sie sich nicht bedecken, so schneide man ihr das Haar ab. Nun es aber übel steht, daß ein Weib verschnittenes Haar habe und geschoren sei, so lasset sie das Haupt bedecken.

11:7 Der Mann aber soll das Haupt nicht bedecken, sintemal er ist Gottes Bild und Ehre; das Weib aber ist des Mannes Ehre.

11:8 Denn der Mann ist nicht vom Weibe, sondern das Weib vom Manne.

11:9 Und der Mann ist nicht geschaffen um des Weibes willen, sondern das Weib um des Mannes willen.

11:10 Darum soll das Weib eine Macht auf dem Haupt haben, um der Engel willen.

11:11 Doch ist weder der Mann ohne das Weib, noch das Weib ohne den Mann in dem HERRN;

11:12 denn wie das Weib vom Manne, also kommt auch der Mann durchs Weib; aber alles von Gott.

11:13 Richtet bei euch selbst, ob es wohl steht, daß ein Weib unbedeckt vor Gott bete.

11:14 Oder lehrt euch auch nicht die Natur, daß es einem Manne eine Unehre ist, so er das Haar lang wachsen läßt,

11:15 und dem Weibe eine Ehre, so sie langes Haar hat? Das Haar ist ihr zur Decke gegeben.

11:16 Ist aber jemand unter euch, der Lust zu zanken hat, der wisse, daß wir solche Weise nicht haben, die Gemeinden Gottes auch nicht.

11:17 Ich muß aber dies befehlen: Ich kann's nicht loben, daß ihr nicht auf bessere Weise, sondern auf ärgere Weise zusammenkommt.

11:18 Zum ersten, wenn ihr zusammenkommt in der Gemeinde, höre ich, es seien Spaltungen unter euch; und zum Teil glaube ich's.

11:19 Denn es müssen Parteien unter euch sein, auf daß die, so rechtschaffen sind, offenbar unter euch werden.
Seiner Weisheit, Güte und Macht das Uebel zu einer Gelegenheit machen, etwas Gutes darzustellen. Paulus hoffte dergleichen etwas bei der korinthischen Gemeinde, in welcher nach V. 18. Spaltungen entstanden, wenn die Christen zusammen kamen. Die Wirkungen derselben aber waren die Rotten. Wenn sie nämlich mit Worten unter einander stritten, wenn der Eine dieses, der Andre jenes behauptete, so war das Ende des Streites dieses, daß ein jeder Haufe bei seiner Meinung blieb, und eine besondere Rotte oder Parthei ausmachte. Ist es nun recht, wenn es so zugeht? Ist es Gott wohlgefällig, wenn bei Zusammenkünften Trennungen entstehen, und die Leute nach der Trennung in Rotten zertheilt bleiben? Nein, denn Paulus sagt V. 17., solche Zusammenkünfte bessern nichts, sondern machen den Zustand einer Gesellschaft ärger. Hier denkt aber eine jede Rotte, die Andern alle sollten sich zu ihr schlagen, damit eine Einigkeit entstehe; allein die andere Rotte denkt auch so. Eine jede Rotte denkt, diejenigen, die zu ihr gehören, seien die Rechtschaffenen; allein Paulus gibt in seinem ganzen ersten Brief an die Korinther zu verstehen, daß die Rechtschaffenen nicht diejenigen seien, welche sagen: wir sind paulisch, wir sind kephisch, wir sind apollisch, sondern daß diese Alle noch fleischliche Leute und junge Kinder in Christo seien, und nach menschlicher Weise wandeln, 1 Kor. 3,1.2.3. Welches sind also die rechtschaffenen oder bewährten und reifen Christen? Diejenigen sind es, welche mit den Schwachen, die sich trennen und Partheien machen, Geduld haben, sie wegen ihres Eifers, Zanks und Zwietracht freundliche bestrafen und warnen, sich unverrückt an Christum als das Haupt halten, Andere auch auf Ihn weisen, und dabei sanftmüthig warten, bis Alle zu einerlei Glauben und Erkenntniß des Sohnes Gottes gelangen, und ein vollkommener Mann werden, der nach dem Maß des vollkommenen Alters Christi sei. Der Sinn der Rechtschaffenen besteht nicht in der Gleichgiltigkeit gegen die Wahrheit, sie halten vielmehr ein jedes Brosamlein derselben für kostbar, und opfern keines derselben der brüderlichen Liebe auf: doch drängen sie auch kein Stück der Wahrheit Andern auf, und wenn sie davon zeugen, so thun sie es ohne Herrschsucht und Zank. Paulus redet freilich, da er von dieser Sache handelt, von erweckten Leuten, unter denen auch der Schwächste begnadigt war; wie denn die Rechtschaffenen, die bei den Rotten offenbar wurden, den jungen Kindern in Christo, die noch viel Fleischliches an ich haben, entgegen gesetzt sind. Wenn unter Leuten die ganz fleischlich sind, Rotten entstehen, so ist insgemein die Hoffnung, daß sie bald vergehen, weil sich solche Leute vom Geist Gottes nicht strafen lassen. HErr Jesu, erhalte uns in dem Glauben der Wahrheit und in der Liebe. Bringe, was zertrennt ist, zur Einigkeit. Entdecke durch Dein Licht, was echte und unechte Weisheit und Gerechtigkeit sei, und mache zur Ehre Deines Namens aus jungen Kindern, die noch viel Fleischliches an sich haben, rechtschaffene und gegründete Christen!

11:20 Wenn ihr nun zusammenkommt, so hält man da nicht des HERRN Abendmahl.1)

11:21 Denn so man das Abendmahl halten soll, nimmt ein jeglicher sein eigenes vorhin, und einer ist hungrig, der andere ist trunken.

11:22 Habt ihr aber nicht Häuser, da ihr essen und trinken könnt? Oder verachtet ihr die Gemeinde Gottes und beschämet die, so da nichts haben? Was soll ich euch sagen? Soll ich euch loben? Hierin lobe ich euch nicht.

11:23 Ich habe es von dem HERRN empfangen, das ich euch gegeben habe. Denn der HERR Jesus in der Nacht, da er verraten ward, nahm das Brot,

11:24 dankte und brach's und sprach: Nehmet, esset, das ist mein Leib, der für euch gebrochen wird; solches tut zu meinem Gedächtnis.
Es scheint hieraus beinahe, als ob Christen könnten Christum vergessen! Es wäre ja diese liebevolle Ermahnung nicht vonnöten gewesen, wenn nicht die schreckliche Voraussetzung vorhanden wäre, dass unser Gedächtnis uns untreu werden könnte. Und das ist keine grundlose Voraussetzung; sie ist, leider! in unsrer Erfahrung zu tief begründet, nicht als eine Möglichkeit, sondern als eine beklagenswerte Wirklichkeit. Es scheint beinahe unmöglich, dass diejenigen, die versöhnt worden sind durch das Blut des geschlachteten Lammes, und geliebt mit einer ewigen Liebe vom Sohne Gottes, sollten ihren gnädigen Heiland vergessen können; aber, wie befremdend es auch dem Ohre klingt, so fällt es, ach! zu deutlich in die Augen, als dass wir uns erlauben könnten, das Verbrechen abzuleugnen.
„Wie könnt‘ ich sein vergessen,
Der mein noch nie vergaß!“
Ihn vergessen, der sein teures Blut für unsre Sünden vergoß! Ihn vergessen, der uns liebte bis in den Tod! Wär‘s möglich? Ja, es ist nicht nur möglich, sondern das Gewissen bekennt, wie es bei uns allen ein allzu trauriger Fehler ist, dass wir Ihn wie einen fremden Wanderer nur gelegentlich einmal bei uns übernachten lassen. Er, den wir zum bleibenden Inwohner unsres Gedächtnisses machen sollten, ist nur ein flüchtiger Besucher darin. Das Kreuz, bei dem das Gedächtnis aller Wahrscheinlichkeit nach verweilen müsste, und wo die Gleichgültigkeit ein unbekannter Fremdling bleiben sollte, wird entweiht von den Fußtritten undankbarer Vergesslichkeit. Bezeugt euch nicht euer Gewissen, dass dem also ist? Müßt ihr nicht bekennen, dass ihr Jesum oft vergesst? Manches Geschöpf stiehlt euch das Herz, und ihr seid Dessen uneingedenk, auf den all eure Zärtlichkeit gerichtet sein sollte. Die oder jene irdische Beschäftigung nimmt eure Gedanken in Anspruch, wo ihr eure Augen unverwandt solltet aufs Kreuz lassen gerichtet sein. Es ist das unablässige Weltgetümmel, die beständige Aufmerksamkeit aufs Vergängliche, was die Seele von Christo abzieht. Während das Gedächtnis nur allzu willig ein giftiges Unkraut beherbergt, lässt es die Rose von Saron verwelken. Wir wollen es uns zur Pflicht machen, ein himmlisches Vergissmeinnicht für Jesum, unsern Freund, auf unsre Herzen zu heften, und was wir auch sonst fahren lassen: Ihn wollen wir festhalten. (Charles Haddon Spurgeon)

11:25 Desgleichen auch den Kelch nach dem Abendmahl und sprach: Dieser Kelch ist das neue Testament in meinem Blut; solches tut, so oft ihr's trinket, zu meinem Gedächtnis.2)

11:26 Denn so oft ihr von diesem Brot esset und von diesem Kelch trinket, sollt ihr des HERRN Tod verkündigen, bis daß er kommt.
Unter andere Stärkung des Glaubens und der Liebe gegen Gott und den Nächsten gehört auch das heilige Abendmahl, in welchem sich Jesus will mit unsern Seelen vereinigen, darinnen wohnen, dieselben reinigen, heiligen und in Frömmigkeit erhalten bis ans Ende. Dieses heilige Abendmahl 1) verachtet und versäumt ein gläubiger Christ nicht, wie die Weltkinder pflegen, welche wegen ihrer Eitelkeit, Weltfreude, Zorn, Rachgier, Hochmuth, Wohlleben so zerstreut sind, daß sie nicht können an dieses Seelenpfand denken. 2) Es gehet ein gläubiger Christ auch nicht aus Gewohnheit zu dem heiligen Abendmahl, sondern er kommt dazu mit einem demüthigen, andächtigen und gläubigen Herzen, welches da ist voll guten Vorsatzes, in der Liebe Jesu und Gottesfurcht beständig zu verharren. Und dieses ist auch 3) sein Entschluß, daß er nach dem heiligen Abendmahl sich seinem Gott ganz ergebe, kraft dieser Seelen-Speise alle Tage frömmer, andächtiger und eifriger werde in seinem Christenthum und Ausübung christlicher Tugenden, ja seinem Gott im Glauben und Frömmigkeit getreu bleibe bis in den Tod. (Johann Friedrich Stark)


Als der HErr Jesus das heilige Abendmahl einsetzte, so sagte Er ausdrücklich, man solle es zu Seinem Gedächtniß oder zum Angedenken Seiner halten: Paulus aber sagt, man solle dabei des HErrn Tod verkündigen, bis daß Er komme. Das Angedenken ist bei einem Jeden innerlich: die Verkündigung aber soll öffentlich in der Gemeinde geschehen. Wenn man also Alles in der Welt vergessen wollte, soll man doch nicht vergessen, daß Christus Jesus in die Welt gekommen ist, die Sünder selig zu machen, und man soll insonderheit nicht vergessen, daß Er gestorben sei für unsere Sünden nach der Schrift. Es wird uns zwar dieses Alles gepredigt, und wir lesen’s auch in Büchern: allein das heilige Abendmahl soll den zerstreuten und vergeßlichen Menschen auf’s Neue und nachdrücklich daran mahnen; denn bei demselben hört er, daß Christus Seinen Leib für uns in den Todgegeben, und Sein Blut für uns vergossen habe zur Vergebung der Sünden. Schon diese Worte sind eine Verkündigung des Todes Jesu: es ist aber fein, wenn auch das Uebrige, das man predigt, singt und verliest, das Angedenken desselben erneuert. Warum soll aber dieses Angedenken so oft erneuert werden? Darum, weil an dem Tod Jesu Alles gelegen ist. Wäre Sein Tod nicht geschehen, so wären wir nicht erlöset, wir hätten keinen Zugang zu Gott, wir wüßten von keinem Opfer für unsere Sünden, und von keinem Mittel, vom Fluch des Gesetzes frei zu werden. Wäre Christus nicht gestorben, so müßten wir Alle ohne Hoffnung eines ewigen Lebens sterben. Dadurch preiset aber nun Gott Seine Liebe gegen uns, daß Christus für uns gestorben ist, da wir noch Sünder waren. So werden wir je vielmehr durch Ihn behalten werden vor dem Zorn, nachdem wir durch Sein Blut gerecht worden sind; denn so wir Gott versöhnet sind durch den Tod Seines Sohnes, da wir noch Feinde waren: vielmehr werden wir selig werden durch Sein Leben, so wir unversöhnet sind, Röm. 5,8.9.10. Damit aber diese heilsame Frucht des Todes Jesu bei den Sündern entstehe, so muß er verkündiget werden, und im Angedenken bleiben. Denn am Glauben liegt’s: wie sollen sie aber hören ohne Prediger? Röm. 10,14. Und wie sollen Gnade und Friede, Licht und Kraft, Dank und Lob bei dem Menschen entstehen, wenn das Angedenken des am Kreuz gestorbenen Jesu in ihm nicht erhalten wird? Weil auch ein Christ gemeiniglich in den letzten Lebensstunden das heilige Abendmahl empfängt, so ist’s ihm auch da heilsam und erquicklich, wenn er seine Andacht, die er ohnehin alsdann nicht weit ausbreiten kann, in das Aufschauen auf den gekreuzigten Heiland, und in das Angedenken Seines Todes zusammen zieht, und so im Glauben an seinen Erlöser und im Frieden Gottes dahin fahren kann. Der Tröster, der Heilige Geist, öffne meine und viele andere Augen, daß wir im Geist denjenigen ansehen können, welcher als ein Fluch zwischen zwei Missethätern am Kreuz gehangen, gestorben, und auch nach dem Tod zerstochen worden ist, und lehre uns kräftig verstehen, was es uns zu unserem Heil austrage, daß Sich Christus damals selbst für uns gegeben hat. (Magnus Friedrich Roos)


Billig sollte dieses Gebot nach dem Buchstaben gehalten, folglich, so oft man das heilige Abendmahl hält, von dem Tod Jesu gesungen und gepredigt werden, denn es ist von Ihm eigentlich deßwegen eingesetzt worden, damit das Angedenken Seines Todes unter den Menschen erhalten würde. Als Er bei der Darreichung des gesegneten Brodes sagte: nehmet hin und esset, das ist Mein Leib, der für euch gegeben wird, und bei der Darreichung des Kelches: nehmet hin und trinket Alle daraus, das ist das Blut des Neuen Testaments, das für euch und für Viele vergossen wird: so deutete Er auf Seinen Tod; ja diese ganze sakramentliche Handlung weiset auf Seinen Tod, denn Paulus vergleicht das Abendmahl 1 Kor. 10,16-21. ganz deutlich mit den Opfermahlzeiten, bei welchen man das Fleisch der getödteten und geopferten Thiere aß, und erinnert uns dadurch, daß wir bei dem Essen des Leibes Jesu und bei dem Trinken Seines Bluts glaubig bedenken sollen, daß Christus gestorben und für uns geopfert worden sei. Weil wir auch in dem heiligen Abendmahl den Leib Jesu besonders und Sein Blut besonders empfangen, so werden wir an Seinen Tod gemahnt, bei welchem Sein heiliges Blut von Seinem heiligen Leib abgesondert worden ist. Ist’s aber so hochnöthig, daß man an des HErrn Tod gedenke, und ihn in den christlichen Gemeinden verkündige? Freilich ist es hochnöthig, denn an diesem Tod ist Alles gelegen. Durch denselben ist Christus ein Opfer für unsere Sünden geworden, das ewiglich gilt. Durch denselben sind wir als Sünder und Feinde Gott versöhnt worden. Durch denselben hat die Sache der Menschen einen guten Ausschlag bekommen, daß nun die Gnade zum ewigen Leben einem Jeden angeboten wird, und von einem Jeden ergriffen werden kann. Durch den Tod Jesu ist der Sold der Sünde und der ganze Fluch des Gesetzes, welcher in dem Wort Tod zusammen gefaßt ist, von uns weggewendet, und dem ewigen Leben Raum gemacht worden. Er hat dadurch die größte Probe Seiner Liebe abgelegt, und diese Seine Liebe soll uns billig dringen, Ihm zu leben, und Ihn ewiglich zu lieben.
Sein Tod soll also bei der Haltung des heiligen Abendmahls, und auch zur andern Zeit auf der Erde verkündigt werden, bis Er kommt; denn bis zu Seiner Zukunft werden Sünder auf der Erde leben, welche an der besten Sittenlehre kein Genüge haben können, sondern zum Trost ihres Gewissens auch wissen müssen, ob, von wem, und wodurch sie Gott versöhnt worden seien. Wenn Er aber kommen wird, wird man Ihn selber sehen, und von da an, wenn man in der Herrlichkeit bei Ihm sein wird, Seinen Tod in Ewigkeit nicht vergessen können, wie denn der Name Lamm, welcher dem HErrn Jesu Offenb. 21. und 22. mehrmals beigelegt wird, darauf deutet, und uns lehret, daß auch im neuen Jerusalem Christus als das für uns geschlachtete Lamm werde angebetet werden. Ja wer wollte zweifeln, daß nicht die Auserwählten ewiglich mit dem tiefsten und höchsten Dank erkennen werden, daß sie ihren seligen und herrlichen Stand dem HErrn zu danken haben, der um ihrer Sünden willen dahin gegeben, und zu ihrer Rechtfertigung auferweckt worden ist? Er lasse uns die Kraft Seines Todes zur Beruhigung unsers Gewissens, aber auch zu unserer Heiligung erfahren, bis wir dahin kommen, wo wir Jesum selber sehen und ohne Sünde preisen werden. (Magnus Friedrich Roos)

11:27 Welcher nun unwürdig von diesem Brot isset oder von dem Kelch des HERRN trinket, der ist schuldig an dem Leib und Blut des HERRN.

11:28 Der Mensch prüfe aber sich selbst, und also esse er von diesem Brot und trinke von diesem Kelch.
Und das nicht nur vor dem Abendmahl! Es wäre viel häufiger nötig, daß wir den Maßstab des Wortes Gottes an unser inneres und äußeres Wachstum legten, den Herzschlag unseres geistlichen Lebens untersuchten und feststellten, ob die Blutwärme unserer Liebe normal sei. Man wächst im Geistlichen viel schneller schief und krumm als im Leiblichen, und merkt den Fehler viel schwerer. Leibliche Leiden pflegen durch ihr Signal, den Schmerz, sich spürbar anzuzeigen, daß man sofort aufmerksam wird und sich nach Hilfe umsieht, während geistliche Auswüchse jahrelang sich entwickeln können, und wenn keiner uns darauf aufmerksam macht, merken wir noch gar nichts. Und wie selten sind die treuen Freunde, die einem in besorgter Liebe solche Fehler sagen! Oft müssen Feinde mit ihrem bitteren Spott uns erst aufmerksam darauf machen, und wie weh tut dann beides: die Erkenntnis, daß sie recht hatten, und die Anstrengung, das Gewächs los zu werden. Daher prüfen wir uns an Gottes Wort! Wenn eine Ermahnung in den Worten Jesu oder in den Briefen der Apostel uns übertrieben vorkommt oder fast wehe tut, dann ist sicher bei uns etwas krank.
Du aber bist unser Arzt, Herr Jesu, der nicht nur prüft und Fehler anzeigt - du kannst sie auch heilen. Erbarm dich unser und laß uns nicht in Selbstverblendung dahingehen. Offenbare uns unsern Schaden und hilf uns. Amen.(Samuel Keller)

11:29 Denn welcher unwürdig isset und trinket, der isset und trinket sich selber zum Gericht, damit, daß er nicht unterscheidet den Leib des HERRN.

11:30 Darum sind auch viele Schwache und Kranke unter euch, und ein gut Teil schlafen.

11:31 Denn so wir uns selber richten, so würden wir nicht gerichtet.

11:32 Wenn wir aber gerichtet werden, so werden wir vom HERRN gezüchtigt, auf daß wir nicht samt der Welt verdammt werden.

11:33 Darum, meine lieben Brüder, wenn ihr zusammenkommt, zu essen, so harre einer des andern.
Herr Jesu, ich kann’s mit meinen Sinnen nicht erreichen, womit doch Dein Erbarmen zu vergleichen. Doch laß mich demselben in Kraft des heiligen Geistes nachsinnen, so viel ich kann. Besonders laß mich in der Abendstunde, da Du Dich mit der Einsetzung Deines heiligen Abendmahls beschäftigt, alles mein Denken und Sinnen darauf richten. Es ist die Stunde, da ich gewöhnlich mein Abendbrod genieße. O daß ich doch da allemal Dich im Glauben genieße! O daß der Hunger und Durst meines Glaubens je größer und heftiger sei, als der leibliche Hunger, und ich stündlich Abendmahl mit Dir halte im Glauben und Du mit mir! Daß ich die Wichtigkeit und Vortrefflichkeit dieses hochwürdigen Nachtmahls recht erkennete, Dein Testament recht hoch und theuer schätzte, und auch die Früchte zeitigte, die diese Himmelskost verlangt! Wirke es in mir, Herr Jesu. Dank, Lob und Anbetung gebührt Dir für Dein reiches Testament.
Mein Heiland, das Plätzchen, das Dein Lieblingsjünger Johannes gehabt, stände mir auch an. An Deiner Jesusbrust liegen, da wäre so was Erwünschtes und mir recht Nöthiges. Johannes hatte sich freilich Deiner Liebe nicht so unwürdig gemacht, hatte ein recht treues und aufrichtiges Herz gegen Dich und hielt bis in den Tod bei Dir aus. Ich finde ganz das Gegentheil in und an mir. Aber, mein Heiland, zu den Elendesten lässest Du Dich am tiefsten herunter, die erquickst Du am ersten, weil sie es am nöthigsten haben. Nun, das macht mir Muth, mich auch an Deine treue Brust hinzulegen und Erquickung und süße Gnadenmilch zu meiner Nahrung und Stärkung zu saugen.
Herr Jesu, dem kleinsten Kinde gehört sonst der Mutter Brust vor allen übrigen. Nun, das bin ich, Dein allerkleinstes Kind unter allen Deinen Kindern. Dem schwächsten Kinde thut der Mutter Brust am nöthigsten zu seiner Stärkung; und das bin ich auch, o gewiß, das schwächste unter allen. Das kränkste Kind braucht der Mutter Brust am nothwendigsten, weil in der Muttermilch etwas Heilandes ist; nun, ich bin sehr krank, und ist nichts Gesundes an mir vom Fuße bis zum Scheitel. Dem weinenden Kinde reicht die Mutter die Brust zu seiner Stillung: Herr Jesu, Du weißt, wie manchmal ich Dir etwas vorzuweinen und mit Thränen zu klagen habe, o stille mich an Deiner Brust. Liebster Heiland, so oft ich esse, laß mich Deine Gaben an Deiner Brust genießen, wie Johannes: da kann zugleich meine Seele sich sättigen und erquicken. Wenn ich schlage, so sei mein Kissen Deine aufgeritzte Brust, und wenn ich erwache, so laß mich noch an Deiner Brust liegen. Und wenn ich Abendmahl mit Dir halten will, so laß es an Deiner Jesusbrust geschehen, damit ich fein kindlich thue, kindlich esse und trinke, kindlich Dich annehme, kindlich mich Dir gebe, kindlich Dir Alles sage und klage, Dich kindlich um Alles bitte und auch eben so Alles nehme. O wäre ich ein Johannes! Wäre ich nur erst ein recht unmündiges Kind dem Sinne und Herzen nach! Mache Du mich dazu. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)

11:34 Hungert aber jemand, der esse daheim, auf daß ihr nicht euch zum Gericht zusammenkommt. Das andere will ich ordnen, wenn ich komme.3)
Nichts ist gesegneter, und doch scheuen wir nichts mehr als das Selbstgericht. Schwerdt und Wage hat Christus in unsere Hand gegeben, und doch sind wir stündlich in unserer eigenen! Der Mensch hat eine unergründliche Abneigung dagegen, die Wahrheit über sich zu erfahren. Was andere Menschen von uns sagen, ist lange noch nicht die Wahrheit; aber wie scheuet sich ein jeder davor, auch nur zu wissen, was Andere über seine Fehler urtheilen. Diese Furcht vor Selbsterkenntniß und Selbstgericht ist einer der stärksten Beweise für die Tiefe der menschlichen Sündhaftigkeit. Es ist eine große Thorheit darin, denn was hilft’s uns, alles Andere wägen zu können, wenn wir dabei den Blick darauf verlieren, wie leicht wir selbst wiegen? Und der Schaden trifft keinen Andern als uns. Darum laßt uns alle Mittel gebrauchen, um zu erfahren, wie viel wir vor Gott gelten; laßt uns das Gebet gebrauchen: „Erleuchte mich, mein Gott, ich bin mir selbst verborgen,“ laßt uns den Spiegel des göttlichen Wortes täglich in die Hand nehmen, laßt uns uns richten bei jedem neuen Abschnitt unseres Lebens. Es gilt eine lange, immer erneuerte Prüfung. Ach stellen wir sie nicht an, so muß einmal Gott Wagschaale und Schwerdt in seine eigne Hand nehmen, und wehe uns dann, es ist schrecklich, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen. Darum will ich mich alle Tage richten und immer von neuem verdammen! Was fürchte ich mich vor dem Todte der Selbstverdammniß, da ich mit Christo leben und mit Christo sterben kann? Ja, wenn ich keinen Heiland hätte, wäre die Selbstverdammniß allerdings eine trostlose Sache; aber Gottlob, auf Ihm liegt die Strafe, damit ich Friede habe. Nun sterbe ich in jedem Selbstgericht mit Christo, in der Gemeinschaft seines verdienstlichen Leidens, und sterbe ich mit, so werde ich mit leben. Darum:
Wäg’, unterlieg’ und sprich mit Ernst das Urtheil dir,
Wer erst sich selbst erstirbt, der lebt Gott für und für.
Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)

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