Murray, Andrew - Wachset in der Gnade - 23. Von der Gnade gefallen.

Murray, Andrew - Wachset in der Gnade - 23. Von der Gnade gefallen.

Gal. 2,21.
Ich werfe nicht weg die Gnade Gottes; denn, so durch das Gesetz die Gerechtigkeit kommt, so ist Christus vergeblich gestorben.
Gal. 5,4.
Ihr habt Christum verloren, die ihr durch das Gesetz gerecht werden wollt, und seid von der Gnade gefallen.

Diese Worte weisen auf eine Gefahr hin, welcher Gläubige ausgesetzt sind. Es ist nicht die Gefahr des sogenannten Abfalls der Heiligen, sondern die Gefahr, dass jemand, der ein aufrichtiger Christ ist, sich verleiten lässt, auch nachdem er Christum angenommen hat, doch noch in dem Gesetz und in den Werken seine Gerechtigkeit zu suchen. Von denen, die dies tun, sagt Paulus, dass sie die Gnade wegwerfen, dass sie von der Gnade gefallen sind, dass sie Christum verloren haben.

Er ist in diesem Fall vergeblich für sie gestorben.

Dieser schädliche Irrtum bestand nicht nur unter den Galatern. Er ist heute noch selbst unter aufrichtigen Christen sehr verbreitet. Er entsteht durch die Selbstgerechtigkeit des menschlichen Herzens und die Unbekanntschaft mit dem, was wahre Gnade ist. Wahre Gnade ist etwas so Göttliches, so Himmlisches, so unendlich über alles menschliche Denken Erhabenes, dass selbst ein wahrhaft Begnadigter noch gar viel lernen muss, ehe er sie wirklich in ihrer ganzen Fülle kennt. Wenn er sich nicht in aller Demut und Kindlichkeit der Erziehung der Gnade anvertraut, kommt er sehr leicht dazu, Gnade und Werke zu mengen und so aus dem Leben unter der Gnade in ein Leben unter dem Gesetz zu fallen.

Die Art und Weise, wie sich dieser Irrtum meistens kund tut, ist diese. Der Christ nimmt das Wort: „Ihr seid nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade“ nicht buchstäblich. Er glaubt vielmehr, zum Teil noch unter dem Gesetz zu stehen, unter einer Vorschrift und der Verpflichtung, dieselbe zu befolgen. Sobald er eine Sünde getan, spannt er alle seine Kraft an, es besser zu machen. Er tut dies nicht ohne Vertrauen auf Christi Blut, nicht ohne Gebet um Christi Geist und Kraft. Allein die Seligkeit, welche dem zuteil wird, welcher völlig unter der Gnade steht, fühlt er nicht. Er weiß nicht einmal, was das bedeutet, dass er, sobald er eine Sünde bemerkt, sofort daran denken darf, dass er ganz und gar unter der Herrschaft unendlicher Gnade steht, und was darin liegt, dass er sich augenblicklich zu seinem Schutz auf die Gerechtigkeit Christi und das rechtfertigende Urteil Gottes berufen darf, so dass in dem Augenblick, in welchem sich die Sünde zeigt, sie auch durch eine Glaubenstat ausgetilgt wird. Auch das weiß er nicht, dass er sofort durch denselben Glauben derselben allmächtigen Gnade die Überwindung der Sünde überlassen darf, da ja die Überwindung der Sünde ebenso wenig, als die Vergebung derselben sein Werk ist. Seine Übertretung erregt bei ihm oft das drückende Gefühl, welches eine Verpflichtung erregt, der man nicht nachkommen kann, während doch die Folge seiner Übertretung eigentlich nur die sein sollte, dass er zu dem seligen Gefühl allmächtiger Gnade käme, welche alles an ihm und in ihm auf sich genommen hat. Er steht nicht fest und fröhlich in der Gnade. Er wirft die Gnade weg dadurch, dass er sich so benimmt, als stände er unter dem Gesetz. Er liegt am Boden als einer, welcher zeitweilig von der Gnade gefallen ist. Erhebt er sich wieder, so ist doch sein Leben ein stets neues Fallen und Aufstehen, denn er steht nicht in der Gnade.

Der Gläubige dagegen, welcher weiß, was die Herrschaft der Gnade über die Sünde mit sich bringt, und wie diejenigen, welche die Überschwänglichkeit der Gnade und die Gabe der Rechtfertigung empfangen, auch durch die Gnade herrschen, weiß auch, was es bedeutet, bei jedem Straucheln sich nicht wie ein Knecht unter das Urteil des Gesetzes stellen zu müssen, sondern als ein Kind sich unverweilt der Gnade in die Arme werfen zu dürfen. Ja, mehr noch! Mit demselben Freimut, mit dem eine geliebte und liebende Frau ihrem Mann, dessen Liebe sie vollkommen vertraut, ihre Fehler bekennt und ihn bittet, ihr zu helfen, dieselben abzulegen, mit demselben Freimut darf eine Seele jedes Straucheln dem Herrn übergeben, dessen Eigentum sie geworden ist. Die Gnade aber lehrt uns mehr, die Sünde zu hassen, als das Gesetz es vermochte. Dass unter den Christen noch immer sich so viel Sünde findet, liegt nicht daran, dass von der Gnade zu viel geredet oder gepredigt wird, sondern daran, dass die Gnade zu wenig gekannt, zu wenig im Glauben ergriffen und zu wenig erlebt wird. Gott kennt nur ein Mittel, uns von Sünde zu befreien. Das Mittel aber gibt er in Seiner wunderbaren Gnade, welche er in Christo offenbart.

Dass wir nun so oft von dieser Gnade fallen, liegt nur daran, dass wir so träge sind, sie recht kennen zu lernen, und dass wir zu ängstlich sind, auf sie völlig unser Vertrauen zu setzen. Wir bekennen zwar, dass wir ohne das Gesetz und seine Werke gerecht werden; aber um heilig zu werden und um so weit zu kommen, dass der Herr Gefallen an uns finden kann, wollen wir stets unter dem Gesetz stehen. Und wie werden wir von diesem tiefeingewurzelten Irrtum frei? Antwort: „Wenn ihr von dem Geist geleitet werdet, seid ihr nicht unter dem Gesetz.“

Lieber Christ, suche diese Antwort zu verstehen! Es ist nicht eine Verstandessache, sondern etwas Geistliches, von dem Stehen unter dem Gesetz frei zu werden und zu begreifen, was das heißt, unter der Gnade zu stehen. Du musst entschieden geistlich werden und dein ganzes Leben unter die Leitung des Geistes stellen, dann lernst du die geistliche Freiheit von dem Gesetz verstehen und genießen. 1. Kor. 2,12 u. 15; 31 u. 3; 2. Kor. 3,17; Gal. 4,5 u. 6; 5,1 u. 5. Dann wirst du vor der Gefahr behütet, von der Gnade in die Werke zu fallen. Dann stehst du fest und wirst du in der Gnade stark. Dann zeigt sie an dir ihre heiligende Kraft und lebst du das fröhliche, kindliche und heilige Leben, zu welchem dich Gottes Gnade erwählt.

**Gott kann machen, dass allerlei Gnade unter euch reichlich sei, dass ihr in allen Dingen volle Genüge habt und reich seid zu allerlei guten Werken.“

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autoren/m/murray/murray-widg/murray-wachset_in_der_gnade_-_23.txt · Zuletzt geändert: von aj
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