Kähler, Ludwig August - Sechs Predigten über den seligmachenden Glauben an Jesum den Sohn Gottes - Vorwort.

Kähler, Ludwig August - Sechs Predigten über den seligmachenden Glauben an Jesum den Sohn Gottes - Vorwort.

Die Veranlassung zu Haltung der nachstehenden Predigten ist in dem Eingange der ersten genüsslich angedeutet. Ich halte aus voller Überzeugung nicht bloß den Christlichen Glauben, sondern den Glauben an Christum, für das edelste Mittel, und zugleich, wo er wahrhaft und rein ist, für das untrüglichste Zeichen einer solchen Seelenbildung, in welcher der irdisch-menschliche Zweck erreicht ist. In dieser Überzeugung kenne ich als Theologe und als Geistlicher keine höhere Pflicht, als ihn unablässig in das Licht zu stellen und in solcher Verknüpfung zu zeigen, dass er Einzelnen durch mich werde, was er überhaupt sein kann und sein soll. Als vollkommen töricht achte ich das Bestreben, eine Glaubensform hinzustellen, gleichviel ob enger oder weiter, nach welcher sich jede Christliche Überzeugung unabänderlich bilden, und jede Christliche Erbauung gleichmäßig entwickeln müsse; und finde zwischen den Verdammungs-Dekreten eines Konziliums, und der unveränderlichen Lehr- oder Kultusvorschrift, nur im Grade, nicht in der Art, einen Unterschied. Was aber töricht ist, das ist gottwidrig, nicht dem persönlichen Sinn, aber der wesentlichen Bedeutung nach. Nur in Freiheit kann Wahrheit, Tugend, Erbauung, Glückseligkeit, Seligkeit, alles Menschliche gedeihen. Aber wohl bedarf jedes Zeitalter und jede Gemeine Glaubensanregungen, die ihren Bedürfnissen und ihrem Bildungsgrade entsprechen, und vermöge deren die Überzeugung in ihnen neue Lebenstriebe gewinnt. Unsrem Zeitalter fehlt es an solchen Anregungen nicht; für meine Gemeine wünschte ich sie in diesen Predigten so zu geben, dass das höhere religiöse Interesse zugleich erweckt und berichtigt würde. Belehrungen im engeren Sinn können und sollen sie nicht sein, sondern nur in dem Sinn, wie das Christentum überhaupt ist, und jede Christliche Predigt sein soll, als ein Laut lebendiger Wahrheit, als ein geisterweckendes Geisteswort. So haben sie auch viele aufs genommen, und ihnen zunächst, dann Lesern, welche. weder an religiöser Gleichgültigkeit noch an religiöser Einbildung kranken, sind sie in öffentlicher Bekanntmachung gewidmet.

Sie erscheinen unverändert, wie sie gehalten worden sind. Auf Vollständigkeit machen sie so wenig Anspruch, als auf künstlerische Form. Für jene dürften bestimmte Grenzen sich überhaupt schwer ziehen lassen; ich konnte aus persönlichen Gründen nicht mehr geben, als hier erfolgt. Die Abweichungen von der kunstgerechten Form gebe ich gern der Beurteilung Preis; ich kenne sie selbst recht wohl, und habe sie nicht vermeiden wollen; weil ich weder dogmatische Lehrvorträge noch homiletische Muster liefern, sondern nur auf die Wahrheit des seligmachenden Glaubens, und zugleich auf die unter diesem Namen kursierende Unwahrheit, Scheinwahrheit, Lüge, mit Ernst und Nachdruck aus der Fülle des Herzens aufmerksam machen wollte.

Königsberg, den 29sten Junius 1826.

Kähler

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