Engels, Jakob Gerhard - Liebe, Freude, Friede, Geduld als Frucht des Geistes.

Engels, Jakob Gerhard - Liebe, Freude, Friede, Geduld als Frucht des Geistes.

Die Frucht aber des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue,
Gal. 5, 22

Köstliche Frucht! Nicht wahr? Auch dir köstlich. Oder möchtest du nicht lieben wollen mit lauterer, selbstloser Liebe, dich nicht freuen wollen mit reiner, unvermischter Freude, nicht Frieden empfinden wollen, der wie ein stiller, tiefer Strom durch die Seele geht, nicht Geduld haben wollen, die unter aller Last und allem Jammer still drunter bleiben kann? Nicht wahr, das möchten wir! Aber wo finden wir diese köstliche Frucht? Wächst sie auf dem Stamm unserer eigenen Natur? Ach nein, da wachsen traurige Früchte, deren wir uns schämen müssen. Der Apostel spricht von einer Frucht, die auf dem Boden des Heiligen Geistes gewachsen ist. Bist du in diesen Boden hineingesenkt? Sieh, auf diesem Boden treibt eine köstliche Frucht.

  • Die Liebe. Wie ist es so selig, wenn man lieben kann, wenn unsere Liebe nicht von dem Verhalten des Nächsten gegen uns abhängt! Wie wohl tut es auch, wenn uns reine, uneigennützige Liebe entgegentritt! Diese Liebe, wie die Bibel sie meint, die keinen anderen Beweggrund hat, als eben Liebe, wächst nur auf dem Boden des Heiligen Geistes. Aus unserem eigenen Herzen kommt nur unreine, selbstische Liebe. Aber diese Liebe, die aus dem Geist kommt, sie tröstet Kranke und trägt mit an ihren Leiden und Schmerzen, sie deckt das Böse am anderen zu und legt nichts zum Schlimmen aus, sie bindet den Schurz um und dient, ohne nach Gegendienst auszuschauen. Hast du den Heiligen Geist empfangen? Eine Vorfrage: Ist deine Buße tief gewesen? Denn der Heilige Geist wohnt nur in denen, so zerschlagenen und gedemütigten Geistes sind. 0 Herr, zerschlage, Herr, grabe tiefer!
  • Die zweite Frucht des Heiligen Geistes ist Freude. Was für Freude? Einmal: Freude am und im Herrn. Wie sollten wir uns sein nicht freuen? In ihm sind wir ja wieder in unserem Element, wie ein Fisch im Wasser. Da ist uns wohl. Ich freue mich und bin fröhlich in dir und lobe deinen Namen, du Allerhöchster (Ps. 14, 7). — Zum anderen die Freude an den Geboten Gottes. Ja, wir freuen uns ihrer und sprechen mit David: Seine Gebote sind köstlicher denn Gold und viel feines Gold, sie sind süßer denn Honig und Honigseim. Früher waren sie bitter, nun ist’s Freude, sie zu erfüllen. — Zum dritten: Die Freude an den Kindern Gottes. Welche Freude ist’s, einen gebeugten Bruder, eine gebeugte Schwester zu sehen! Welche Freude, mit einem Bruder umgehen zu dürfen, auf dem der stille, sanfte, demütige Geist Christi ruht! Tersteegen schreibt an seinen Freund: In dem Verkehr mit den Seinen gibt uns der Herr einen Vorgeschmack der Freude und Seligkeit, die wir haben werden, wenn wir ihn von Angesicht zu Angesicht schauen dürfen. — Ich nenne noch drei Freuden: Die Freude, wenn ein Sünder zur Buße kommt, die Freude auf die selige Ewigkeit, die Freude an der Natur, an den Werken Gottes. Kennt ihr diese Frucht des Geistes? Habt ihr den Heiligen Geist empfangen? Ist eure Buße tief gewesen?
  • Die dritte Frucht des Geistes: Friede. Was ist Friede? Manches sieht nach Friede aus und ist doch nur ein Kirchhofsfriede. Wahrer Friede ist das Bewußtsein, daß ich alles für Zeit und Ewigkeit, fürs Leben und fürs Sterben im reinen habe, und das innere Wohlsein darüber:
    1. Ich bin mit Gott im reinen, versöhnt mit Gott. Gott war in Christo und versöhnte die Welt mit ihm selber. Nun wir denn sind gerecht geworden durch den Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesum Christum.
    2. Ich bin mit allen Menschen im reinen. Sie mögen mir zürnen, ich habe nichts mit ihnen zu tun, als sie zu lieben.
    3. Ich bin mit mir selbst, mit meinem Gewissen im reinen, mit mir selbst versöhnt und eins.
    4. Ich bin mit der Zukunft im reinen. Es kann mir nichts geschehen, als was er hat ersehen und was er haben will. Dieser „Er“ ist mein Gott und mein Heiland.
    5. Ich bin mit meinen Fehltritten im reinen. Fehle ich noch aus Schwachheit, so sage ich es dem lieben Heiland, und er macht wieder gut, was ich versäumt habe.
    6. Ich bin mit der Ewigkeit im reinen. Christus ist mein Leben und Sterben mein Gewinn. —
  • Dieser Friede muß zu seiner Bewährung geprüft werden. Ist er auf dem Boden des Heiligen Geistes gewachsen, dann geht er unverletzt, ja gestärkt aus diesen Prüfungen hervor. Die Verhältnisse, in die wir gestellt werden, mögen noch so verworren und schwierig sein, unser Friede soll und kann darin ausreichen. Auch durch die Leiden soll er sich bewähren, nicht nur durch große Heimsuchungen, auch durch die kleinen Dinge des täglichen Lebens. Wenn die Menschen uns viel Verdrießlichkeiten in den Weg legen, wenn sie uns kränken und wehe tun, dann sollen wir denken: Gott steht dahinter, — und unser Friede bleibt in uns. Ja, bei den kleinen und kleinlichen Dingen des Lebens soll sich’s zeigen, ob mein Friede rechter Art ist. Hast du diese Frucht des Geistes, den Frieden, der höher ist als alle Vernunft? Zweimal seid ihr schon gefragt worden: Ist eure Buße tief gewesen? Habt ihr den Heiligen Geist empfangen? Er verklärt uns den Heiland, den Friedefürsten, und macht uns mehr und mehr zu Friedenskindern.
  • Die vierte Frucht des Geistes: die Geduld. Wo Friede ist, kann auch Geduld sein. Was ist Geduld? Es ist keine Geduld, wenn es auf der Oberfläche ruhig scheint und im Inneren kocht. Gleichgültigkeit ist auch keine Geduld. Manche können schwere Heimsuchungen ruhig tragen, aber bei den kleinen Widerwärtigkeiten des Lebens werden sie kribbelig. Geduld ist nach dem genauen Sinn des griechischen Wortes stilles Drunterbleiben unter allem, was der Herr auflegt. Wir müssen in allen Fällen Geduld üben: Geduld in Leiden, die unmittelbar von Gott kommen, Geduld in Leiden, die uns Gott durch andere Menschen bereitet. Letztere sind schwerer zu tragen, doch denke immer: die mir Böses zufügen, sind Werkzeuge in der Hand Gottes, um mich in der Geduld zu prüfen und zu üben. — Sieh die Geduld Noahs beim Bauen der Arche an! Er achtete des Spottes der anderen nicht und baute. Sieh die Geduld Moses beim vierzigjährigen Zug durch die Wüste an! Er hatte Geduld gelernt aus dem Blick auf die unendliche Geduld Gottes mit seinem Volke. Sieh die Geduld Davids an, als Simei ihm fluchte: Laßt ihn fluchen, der Herr hat es ihn geheißen! Sieh das größte Beispiel der Geduld, unseren Heiland, an! Da er gestraft und gemartert ward, tat er seinen Mund nicht auf, wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird, und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer und seinen Mund nicht auftut. — Nun noch einmal die Frage: Hast du den Heiligen Geist empfangen? Hast du Buße getan? Ach Herr, ich bekenne es, ich bin noch ungeduldig. Mache mich geduldig!
Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/e/engels/engels-liebe_friede_freude.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain