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unbekannt - Der Same des Weibes.

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Wie schön stand vor dem Falle des Menschen die Schöpfung da, tadellos hervorgegangen aus der Hand des allmächtigen Schöpfers! und welch einen gesegneten Platz nahm der Mensch in ihr ein! Aber ach, wie bald war alles durch den Ungehorsam des Menschen verdorben und er selbst in das tiefste Elend gestürzt! So herrlich sein Zustand vor dem Falle war durch die Güte Gottes, so unglückselig war er nach demselben durch seine eigene Schuld. In dem vermessenen Begehren, Gott gleich zu werden, war er ein Sklave Satans geworden und unter die Macht der Sünde und des Todes gekommen.

Wer vermochte den Menschen aus diesem schrecklichen Zustande zu befreien? Es gab kein Geschöpf, welches imstande gewesen wäre, seine ehernen Fesseln zu sprengen. Aber was das Geschöpf nicht zu tun vermochte, das konnte und wollte Gott tun. Ewig sei Sein Name dafür gepriesen! Er verhieß unmittelbar nach dem Falle des Menschen den Samen des Weibes, welcher der Schlange (vergl. Offbg. 20,2) den Kopf zertreten sollte. (1. Mose 3,15.) In späteren Tagen wurde dem irdischen Volke Gottes dieselbe kostbare Verheißung wiederholt: „Siehe, die Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn gebären, und wird seinen Namen Immanuel (d. h. Gott mit uns) nennen“. (Jes. 7,14.) Und weiterhin lesen wir, indem diese Weissagung in prophetischer Weise als erfüllt betrachtet wird: „Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und man nennt seinen Namen: Wunderbarer, Berater, starker Gott, Vater der Ewigkeit, Friedefürst.“ (Jes. 9,6.)

Am Ende der Zeiten trat diese herrliche Person, welche alle jene Namen und noch viele andere in sich vereinigte, in diese Welt ein, und zwar unter Umständen, die ebenso wunderbar waren wie dieser Eintritt selbst. „Als aber die Fülle der Zeit gekommen war, sandte Gott Seinen Sohn, geboren von einem Weibe.“ (Gal. 4,4.) Nicht in Glanz und Herrlichkeit erschien Er, sondern in Armut und Niedrigkeit. Ein Stall war die Stätte Seiner Geburt, und eine Krippe Seine Wiege. (Luk. 2,7.) Der arme, ohnmächtige Mensch, der doch nur Staub ist, trachtet so gern nach Ehre und Ansehen; und denen, die in dieser Welt angesehen sind, ist es so eigen, die Niedrigen gering zu achten und sich selbst zu erheben. Er aber, der in Gestalt Gottes war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, sondern machte sich selbst zu nichts und nahm Knechtsgestalt an (Phil. 2,6.7), so dass sich auf diesem Wege erfüllte was geschrieben steht: „Er hatte keine Gestalt und keine Pracht; und als wir Ihn sahen, da hatte Er kein Ansehen, dass wir Seiner begehrt hätten.“ (Jes. 53,2.)

Von der Zeit Seiner Geburt bis zu Seinem öffentlichen Auftreten ist uns nicht viel über Ihn mitgeteilt. Es war uns eben nicht mehr zu wissen nötig. Was wir aber von Ihm lesen, ist ebenso bewunderungswürdig wie alles übrige. Er war von Ewigkeit her der eingeborene Sohn des Vaters. „Denn ehe die Berge eingesenkt wurden, vor den Hügeln war ich geboren; als Er die Grundfesten der Erde feststellte, da war ich Schoßkind bei Ihm, und war Tag für Tag Seine Wonne.“ (Spr. 8,25.29.30.) Aber trotzdem nahm Er hienieden in jeder Altersstufe willig den Platz ein, der sich für einen „vom Weibe Geborenen“ geziemte, sowohl Gott als auch Menschen gegenüber. Er war Seinen Eltern untertan, und Er nahm zu an Weisheit und an Größe, und an Gunst bei Gott und Menschen“. (Lies Luk. 2,39-52.) Er war so allezeit ein duftender Wohlgeruch für das Herz des Vaters. Welch eine Unterweisung liegt zugleich hierin für alle diejenigen, welchen der Apostel zuruft: „Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern im Herrn, denn das ist recht. Ehre deinen Vater und deine Mutter, welches das erste Gebot mit Verheißung ist.“ (Eph. 6,1.2.) Wie besonders wichtig ist diese Unterweisung für die Jugend in unseren Tagen! Möchten alle sie beherzigen! „Wir leben in den letzten Tagen“, wo die Menschen neben anderen bösen Dingen gekennzeichnet sind durch Eigenliebe, Hochmut und Ungehorsam gegen die Eltern. (2. Tim. 3,2.)

Bei Beginn Seiner öffentlichen Laufbahn kam dann der Herr zunächst zu Johannes, um von ihm getauft zu werden. Er nahm so, indem Er sich mit dem armen, schwachen Überrest aus Seinem Volke einsmachte, die einzig richtige Stellung ein, welche sich in jenem Augenblick für einen „unter Gesetz Geborenen“ geziemte. Es gebührte Ihm, alle Gerechtigkeit zu erfüllen; und indem Er das tat, rief Er wiederum das ganze Wohlgefallen Gottes, des Vaters, wach, so dass der Himmel sich über Ihm öffnete und Ihm Zeugnis gab.

Hierauf wurde Er von dem Geiste in die Wüste geführt, um von dem Teufel versucht zu werden. Wie einst bei dem ersten Menschen im Garten Eden, so trat jetzt der Versucher an den letzten Adam in der Wüste heran, um Ihn, wenn möglich, zu verleiten, den Platz der Abhängigkeit und des Gehorsams zu verlassen. Wie würde er triumphiert haben, wenn er Jesum hätte zu Fall bringen können! Er suchte ihn dahin zu bringen, sich durch dieselben Beweggründe leiten zu lassen, welche einst in dem Herzen des ersten Menschen ans Licht getreten waren, sobald dieser der Stimme des Versuchers Gehör gegeben hatte, und durch welche Satan seitdem die ganze Welt nach seinem Belieben leitet: Fleischeslust, Augenlust und Hochmut des Lebens. Aber der Versucher wurde siegreich abgewiesen, indem der letzte Adam in völligem, freiwilligem Gehorsam das Wort Gottes allein zu Seiner Richtschnur nahm und den Platz der unbedingten Abhängigkeit keinen Augenblick verließ. Denn Er war nicht gekommen, um Seinen Willen zu tun, sondern den Willen Dessen, der Ihn gesandt hatte. O möchten wir alle, die wir jetzt Sein Leben und Seinen Geist empfangen haben, auch hierin Seine Nachahmer sein und dieselbe Gesinnung offenbaren!

Nachdem so „der zweite Mensch“ durch Seinen Gehorsam als Sieger aus dem Kampfe hervorgegangen war, konnte Er in das Haus des Starken hineingehen und seinen Hausrat rauben. (Mark. 3,27.) Aber das war nicht alles. Mehr als das musste geschehen. Der alten Schlange musste der Kopf zertreten werden. Und auch das hat Jesus getan, indem Er gehorsam ward bis zum Tode, ja bis zum Tode am Kreuze. (Phil. 2,8.) Freilich wurde es der Schlange erlaubt, Ihm die Ferse zu zermalmen; aber dies geschah nur, damit Er so „durch den Tod den zunichte machte, der die Macht des Todes hat, das ist den Teufel, und alle die befreite, welche durch Todesfurcht das ganze Leben hindurch der Knechtschaft unterworfen waren“. (Hebr. 2,13-15.) Welch eine herrliche Befreiung aus der Macht Satans und des Todes ist uns zu teil geworden!

Allein wenn es einerseits nötig war, den gefallenen Menschen aus der Gewalt Satans zu befreien, so musste andrerseits auch den Forderungen eines heiligen und gerechten Gottes Genüge geschehen; und weil der Mensch ein Sünder und Feind Gottes war, so mussten die Sünden getilgt und er selbst mit Gott versöhnt werden. Anders hätten unmöglich die Ratschlüsse Gottes, die Er vor Grundlegung der Welt gefasst hatte, in Erfüllung gehen können. Aber Gott sei gepriesen! auch dieses ist geschehen. Christus wurde als das Lamm, welches zuvor erkannt war vor Grundlegung der Welt, auf dem Opferaltar Gottes geschlachtet; und als nun alles erfüllt war, was über Ihn geschrieben steht in dem Gesetz Moses und den Propheten und den Psalmen (Luk. 24,44), da neigte Er das Haupt und übergab den Geist. Niemand nahm Sein Leben von Ihm; Er ließ es freiwillig. Er hatte Gewalt es zu lassen, und Gewalt es wieder zunehmen. (Joh. 10,18.)

Nachdem Er so den Willen Gottes getan und das Werk vollbracht, welches der Vater Ihm aufgetragen hatte, und nachdem Er, der Sohn des Menschen, drei Tage und drei Nächte in dem „Herzen der Erde“ gewesen war (Matth. 12,40), stand Er in der Macht Seiner göttlichen Person wieder auf aus den Toten und richtete so den abgebrochenen Tempel Seines Leibes wieder auf, nach Seinen eigenen Worten: „Brecht diesen Tempel ab, und in drei Tagen werde ich ihn aufrichten“. (Joh. 2,19.) Anbetungswürdiger Heiland! Gott, geoffenbart im Fleische! Welch ein unermesslicher Abstand besteht zwischen uns und Ihm!

Und doch, sobald Er als der Auferstandene sich der Maria Magdalena gezeigt hatte, ließ Er durch sie den Seinen die frohe Botschaft verkünden: „Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater und zu meinem Gott und eurem Gott.“ Er schämt sich nicht, uns Seine „Brüder“1) zu nennen. (Joh. 20,17; Hebr. 2,11.)

Nach Seiner Auferstehung hat Er sich dann Seinen Jüngern in vielen sicheren Kennzeichen lebendig dargestellt und ihnen deutlich gezeigt, dass Er nicht ein Geist, sondern ein Mensch war mit Fleisch und Bein, den man sehen, hören und betasten konnte, und der zu essen und zu trinken vermochte. Während vierzig Tagen ist Er von ihnen gesehen worden, und dann von ihnen geschieden, indem Er sie segnete. „Er führte sie aber hinaus bis nach Bethanien und hob Seine Hände auf und segnete sie. Und es geschah, indem Er sie segnete, schied Er von ihnen und, ward hinaufgetragen in den Himmel.“ (Luk. 24,50.51.). Er ging hin, um dort auch für sie eine Stätte zu bereiten. Wie schwer deshalb der Abschied auch sein mochte, so wurde er doch versüßt durch die freudige Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen; denn Er hatte ihnen ja gesagt: „Ich will wiederkommen und euch zu mir nehmen, auf dass, wo ich bin, auch ihr seid“. (Joh. 14,3.) So kehrten denn die Jünger nach Jerusalem zurück mit großer Freude.

Noch ist diese kostbare Verheißung unseres Herrn nicht erfüllt. Aber sie wird erfüllt werden, wie alles was geschrieben steht. Heute ruft der Herr den Seinen zu: „Ich komme bald!“ (Offbg. 3,11.) Nicht lange mehr, und wir werden Ihn sehen, der uns geliebt und so teuer erkauft hat, uns, die wir Feinde und verlorene Sünder waren. Und wenn es heute schon so gesegnet und lieblich für unsere Herzen ist, Ihn durch den Glauben betrachten zu können, was wird es dann sein, wenn wir Ihn sehen werden, wie Er ist, wenn wir erkennen werden, wie wir erkannt worden sind! Wahrlich, dann werden wir nicht aufhören, Ihn zu bewundern und anzubeten in Ewigkeit.

Möge der Herr uns und allen den Seinigen in diesen letzten Tagen die Gnade schenken, Ihn zum Gegenstand unserer Herzen zu haben in einer Welt, die Ihn verworfen hat und dem Gericht entgegengeht! Wachsamkeit und Ausharren tun uns not. Wie leicht lassen sich unsere Herzen von dem Ziele abbewegen und zu anderen Dingen hinneigen! Nicht umsonst ruft der Herr uns deshalb zu: Was ich euch sage, sage ich allen: Wachet!“ Nur die Beschäftigung mit Seiner anbetungswürdigen Person und ein Wandeln in Seiner Gemeinschaft kann unsere Füße in dem rechten Gleise erhalten und unseren Herzen das Verlangen nach Seiner Ankunft bewahren.

Botschafter des Heils in Christo, 1897

1)
Wollten wir aber den Herrn unseren Bruder (oder unseren „älteren Bruder“) nennen, wie es zuweilen geschieht, so würde das sicherlich höchst ungeziemend sein und einen großen Mangel an Ehrerbietung verraten. Er schämt sich nicht, uns. Brüder zu nennen; aber das gibt uns kein Recht, Ihm auch unserseits diesen Namen zu geben. Er bleibt stets unser hochgelobter Herr, vor dem sich unser Herz umso tiefer in Anbetung und Bewunderung niederbeugt, je mehr Er sich in Seiner herablassenden Gnade und Liebe offenbart und je näher Er uns kommt. Ein Kaiser nennt alle seine Soldaten „Kameraden“; aber würde es sich für einen Soldaten geziemen, seinen höchsten Kriegsherrn auch so anzureden? Und das ist nur ein ganz schwacher Vergleich, den man. nur zur Erläuterung des Gesagten heranziehen darf.
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autoren/u/unbekannt_sonstige/unbekannt_der_same_des_weibes.txt · Zuletzt geändert: von aj
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