Hofacker, Ludwig - Predigt am zweiten Sonntage nach dem Feste der Erscheinung
Wie wir die Versuchungen des Teufels überwinden können.
Text: Matth. 3,13-17 und 4,1-11.
Zu der Zeit kam JEsus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes, daß Er sich von ihm taufen ließe. Aber Johannes wehrete Ihm, und sprach: „Ich bedarf wohl, daß ich von Dir getauft werde, und Du kommst zu mir?“ JEsus aber antwortete, und sprach zu ihm: „Laß jetzt also seyn; also gebühret es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen.“ Da ließ er es Ihm zu. Und da JEsus getauft war, stieg Er bald herauf aus dem Wasser, und siehe, da that sich der Himmel auf über Ihm. Und Johannes sahe den Geist Gottes, gleich als eine Taube, herab fahren, und über Ihn kommen. Und siehe, eine Stimme vom Himmel herab sprach: „Dieß ist mein lieber Sohn, an welchem Ich Wohlgefallen habe.“ Da ward JEsus vom Geist in die Wüste geführet, auf daß Er von dem Teufel versuchet würde. Und da Er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte Ihn. Und der Versucher trat zu Ihm, und sprach;: „bist Du Gottes Sohn, so spricht, daß dieser Steine Brod werden.“ Und Er antwortete, und sprach: „es stehet geschrieben: der Mensch lebet nicht vom Brod allein, sondern von einem jeglichen Wort, das durch den Mund Gottes gehet.“ Da führete Ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt, und stellete Ihn auf die Zinne des Tempels, und sprach zu Ihm: „bist Du Gottes Sohn, so laß Dich hinab, denn es stehet geschrieben: Er wird Seinen Engeln über Dir Befehl thun, und sie werden Dich auf den Händen tragen, auf daß Du Deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.“ Da sprach JEsus zu ihm: „wiederum stehet auch geschrieben: du sollst Gott, deinen HErrn, nicht versuchen.“ Wiederum führete Ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg, und zeigete Ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit, und sprach zu Ihm: „das Alles will ich Dir geben, so Du niederfällst und mich anbetest.“ Da sprach JEsus zu ihm: „hebe dich weg von mir, Satan, denn es stehet geschrieben: du sollst anbeten Gott, deinen HErrn, und ihm allein dienen.“ Da verließ ihn der Teufel, und siehe, da traten die Engel zu Ihm, und dieneten Ihm.
Wie sie in Adam Alle sterben, so werden sie in Christo Alle lebendig. Durch Adams Sünde ist der Tod in die Welt gekommen; durch Christum ist die Rechtfertigung des Lebens offenbar geworden. Was der erste Adam, der erste Stammvater des menschlichen Geschlechts, schlecht gemacht und verdorben hatte, das mußte der zweite Adam, der zweite und geistliche Stammvater der Menschen, wieder gut machen. Wie nun unsere ersten Eltern durch die Verführung der Schlange im Paradiese gefallen waren: so geziemte es Dem, der gekommen war, den ungeheuren Riß, den die Sünde gemacht hatte, wieder herzustellen, auch Versuchungen der alten Schlange zu bestehen, nur viel größere, feinere, scheinbarere als unsere ersten Eltern.
So müssen wir die Geschichte ansehen, daß der Sohn Gottes nach Seiner Taufe in die Wüste geführt, und dort vom Satan versucht worden sey. Man kann dieser Versuchungsgeschichte sehr gut mit der im Paradiese vergleichen. Man findet, daß die alte Schlange, das eine wie das andere Mal, die nämliche ist, nur daß sie durch eine fast viertausendjährige Erfahrung viel schlauer geworden zu seyn scheint. Oder wir wollen die Sache so ausdrücken: nach dem Willen Gottes durfte Satan den zweiten Adam viel schwerer versuchen als den ersten. Jener wurde im Ueberflusse versucht im Paradiese; dieser im Hunger, in der Wüste. Bey jenem durfte Satan dem Worte Gottes offenbar und grob widersprechen: „ihr werdet mit nichten des Todes sterben“; hier wußte er für seine Anmuthungen noch selbst ein Wort Gottes anzuführen; hier durfte er sich offenbar als Feind Gottes zeigen; hier trat er als Freund Gottes auf, bis auf die letzte Anmuthung, wo seien satanische Natur offenbar wurde. Dort waren seine Verheißungen sehr dunkel, es ließ sich nicht viel Bestimmtes dabey denken; dort aber sprach er die bestimmte Verheißung aus: „dieß Alles will ich Dir geben, so Du niederfällst und mich anbetest.“ Viel stärker und feiner waren diese Versuchungen als jene im Paradiese.
Liebe Zuhörer! An der Einfalt des Sohnes Gottes haben sich die Versuchungen Satans gebrochen; der Heiland hat ihn überwunden nicht nur in der Wüste, sondern auch nachher, und auf Golgatha besonders. Aber darum dürfen wir nicht glauben, daß der Teufel nicht mehr thätig sey. Die Schrift belehrt uns eines Andern. „Wir haben“ - sagt Paulus - „nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern mit Fürsten und Gewaltigen, nämlich mit den Herren der Welt, die in der Finsterniß dieser Welt herrschen, mit den bösen Geistern unter dem Himmel“ (Ephes. 6,12.). Und dieß wird so fortgehen, bis diese Herren der Welt in den Abgrund gestoßen sind; darum wird es heute nicht am unrechten Platze seyn, wenn wir davon reden:
wie wir die Versuchungen des Teufels überwinden können.
Ich will
- Einiges reden von den Versuchungen des Teufels;
- kurz davon, wie wir sie überwinden können.
O himmlischer Vater! Du weißest, in welch' großer Gefahr der Seelen wir beständig sind von wegen des Satans, der grimmig und listig, und der menschlichen Natur weit überlegen ist. Weil wir so blöde Augen haben, und so weit aus der Einfalt gewichen sind, so sehen wir den Künsten Satans nicht auf den Grund; Manches kommt uns schwarz vor, das weiß ist, und Manches weiß, das schwarz ist. Wenn Du uns nicht an Deiner Hand leitest, so gehen wir zu Grunde. O himmlischer Vater! so leite uns denn nach Deinem Wohlgefallen!
Gott der Vater! wohn' uns bey,
Und laß uns nicht verderben,
Mach' uns aller Sünden frey,
Und hilf' uns selig sterben;
Vor dem Teufel uns bewahr',
Halt' uns bey festem Glauben,
Und auf Dich laß uns bauen,
Aus Herzensgrund vertrauen,
Dir uns lassen ganz und gar,
Mit allen rechten Christen
Entflieh'n des Teufels Listen,
Mit Waffen Gottes uns rüsten;
Amen, Amen, das sey wahr,
So singen wir Hallelujah!
I.
Ich rede also zuerst Einiges von den Versuchungen des Teufels.
Hier muß vor Allem das bemerkt werden, daß der größte Theil der Menschen keine Versuchungen vom Satan zu erleiden hat. Der bey weitem größte Theil der Menschen besteht aus Knechten Satans; diese versucht er nicht; sie sind ihm gewiß genug; sie thun seinen Willen; sie leben ihm zu Gefallen; wofür sollte er sie versuchen? „die Welt liegt im Argen“, sagt Johannes (1. Joh. 5,19.), im Teufel, im Abgrunde, ist eingeschlossen, eingefaßt, eingewickelt in die finsteren Kräfte Satans; wofür sollte er sie versuchen, da er sie besitzt, beherrscht, umfaßt; da er ihr Fürst, ihr König, ihr Gott, ihr Alles ist, wie er auch in unserem Evangelium sagt: „dieses Alles (die Ehre und Herrlichkeit der Welt) will ich dir geben“, und nach Luc. 4,6. setzt er hinzu: „es ist mir übergeben, und ich gebe es, wem ich will“ - wofür sollte er die Welt versuchen, die sein gehört? Ja, er kann sie nicht versuchen, sie ist ja Eines Sinnes mit ihm. Wie viel tausend Menschen gehen täglich in die Ewigkeit, die vielleicht, ohne daß sie es wußten, die gehorsamsten Sklaven des Teufels gewesen waren; die er angetrieben, geleitet, am Stricke auf der breiten Straße zum Verderben hingeführt hat; die ruhig zugesehen haben, wie der Seelenmörder ihre Seele dahin mordete, und haben noch ihr Ja und Amen dazu gesprochen, und haben den größten Gefallen daran gehabt! Hat er ihnen etwas vorgespiegelt von Ehre unter den Menschen, oder von Haben und Besitzen, oder von fleischlichen Genüssen, - was er ihnen für ein Bild vorgehalten hat: dem sind sie nachgegangen, und haben dabey Neid, Zorn, Feindschaft, Bosheit, Lügen, heimliche Tücke gegen den Nächsten, Rachsucht, Geiz, kurz, was sie wollten, ausgeübt. Solche Leute versucht Satan nicht; da müßte er nicht der alte listige Feind seyn, wenn er diese versuchte.
Aber vielleicht segnet sich Mancher und denkt: Gott Lob, daß ich nicht zu diesen gehöre! Liebe Zuhörer! ich will euch sagen, was es mit dieser Knechtschaft Satans für eine Bewandtniß hat. Solche Knechte des Teufels sind wir Alle von Natur. Durch des Teufels List ist die Sünde in die Welt gekommen, und ist zu allen Menschen hindurchgedrungen. Dadurch sind wir in Gemeinschaft getreten mit dem großen und ersten Sünder, mit dem Teufel. Weil er aber das Oberhaupt, der Fürst der Finsterniß ist, so ist er auch unser Oberhaupt und Fürst geworden; wir stehen von Natur unter seiner Herrschaft. Ueberhaupt gibt es nur zwey Reiche in der Geisterwelt, ein Reich des Lichts und ein Reich der Finsterniß; in einem von beyden müssen wir seyn, es gibt kein drittes; nun sind wir von Natur nicht im Reiche des Lichtes, sondern wir müssen erst durch die Wiedergeburt in dasselbige hineingeboren werden; also sind wir von Natur im Reiche der Finsterniß, also Knechte des Teufels von Natur, wie auch das Wort Gottes vielfältig bezeugt (Kol. 1,12.13.). Nur wer nicht nach den Lüsten und geschwinden Einfällen seiner Natur lebt, nur wer in Feindschaft mit sich selber getreten ist, mit andern Worten: wer ein Kind Gottes durch den Glauben an den Herrn Jesum geworden ist; nur wer ein mit dem Blute des Lammes besprengtes Herz in sich trägt: nur der ist kein Sklave des Satans mehr; nur der ist los von seinen schnöden Ketten; und bleibt auch los, wenn er sich nicht auf's Neue mit dem Teufel und seinen Werken einläßt. Dieß ist die große Freiheit, die Freiheit der Kinder Gottes; die Freiheit, von der die Welt nichts weiß, die nur ein Kind Gottes kennet; eine Freiheit, nicht von weltlicher Ordnung und Obrigkeit, wie sie's gerne hätten, um ihre Lüste desto besser befriedigen zu können, eine Freiheit des Geistes, eine Freiheit von des Teufels Sklaverey, eine Freiheit, von der der Heiland sagt: „wenn euch der Sohn frey machet, so seyd ihr wahrhaftig frey.“ Aber wen der Sohn Gottes noch nicht frei gemacht hat, der ist noch ein Sklave. Merket doch auf; prüfet doch euer Inwendiges; fraget euch, ob ihr schon etwas von dieser Freiheit geschmeckt habt; fraget nicht darnach, ob ihr schon Anfechtungen vom Teufel erfahren habt: denn, gewiß! Manches werdet ihr für eine satanische Anfechtung halten, was es nicht ist; sondern fraget darnach, ob euch die Sündenketten der Finsterniß auch schon schwer geworden sind, wie eine schwere Last; ob ihr darunter geseufzt und um Freiheit gebetet, und ob ihr denn dieselbe auch wirklich erlangt habt in dem Blute Christi? Das sind wichtige Fragen, die wir an unser Herz stellen müssen, wenn wir nicht dahin gehen wollen wie die Thoren.
Nur die dem Heilande nachfolgen, erfahren Versuchungen vom Teufel. In der Wiedergeburt werden einem die Augen aufgethan durch den Heiligen Geist; die vorige Blindheit weicht; man fängt an zu sehen; man bekommt, wie sich der Apostel ausdrückt, erleuchtete Augen des Verständnisses. Und da erhält nun das Meiste eine ganz andere Gestalt als vorher. Manches, das man vorher für eine satanische Versuchung gehalten hatte, das sieht man nicht mehr so an. Manches, das einem vorher als ein ganz natürlicher Einfall vorgekommen war, erkennt man im Lichte der Wahrheit als satanische Versuchung. Wie natürlich ist der Einfall: da ich Hunger leide und schwach bin, will ich meine Gotteskraft gebrauchen, und Steine zu Brod machen! Wenn es nicht dabey stünde, der Versucher habe diesen Gedanken angeregt, so könnte man fast denken: dieser Einfall hätte dem Heiland selbst kommen können. Er kam aber vom Teufel. Ferner wird in diesem Lichte der Wahrheit Manches, das man vorher für recht und gut gehalten hatte, und das alle Welt für recht und gut hält, als satanische Versuchung erkannt. Ich will zum vorigen Beispiele zurückkehren. Wenn der Herr ein Mensch gewesen wäre wie wir: so wäre Ihm wohl der freundliche Rath des Teufels ganz recht und gut vorgekommen. Denn da wäre die Vernunft dazwischen getreten, und hätte gesagt: es ist auch wahr, wofür brauchst du Hunger zu leiden? Du kannst dir ja hinaushelfen; hätte Gott auch diese Kraft in dich hineingelegt, wenn es nicht Sein Wille wäre, daß du sie anwenden solltest? und siehe, jetzt ist gewiß der Zeitpunkt dazu gekommen; denn du leidest ja bittern Hunger u.s.w. Liebe Zuhörer! was ist natürlicher und vernünftiger als diese Gedanken? Und sehet, alle diese Gedanken wären Gedanken des Falles und der Sünde gewesen; denn der Zustand des Heilandes war eine Glaubensprobe, worin Er zeigen sollte, ob Er der Führung des Vaters ganz und unbedingt vertraue. Sehet, so werden unzählige Menschen vom Satan regiert unter dem Scheine des Natürlichen, unter den Schlüssen der natürlichen Vernunft, und wissen es nicht, und es muß noch recht und gut gethan heißen; sie sind Feinde Gottes durch ihre Vernunft, durch ihre vernünftigen, wohlberechneten Gedanken, durch ihre natürlichen, aus dem Unglauben geborenen Schlüsse, und wissen es nicht einmal. O wie viel Gebet, wie viel Einfalt, wie viel Umgang mit dem Worte Gottes gehört dazu, um nicht von seinen eigenen Gedanken, und dadurch vom Teufel verführt zu werden, um allenthalben zu erkennen, welches da sey der gute, der heilige, der wohlgefällige Gotteswille.
Wir müssen uns aber diese Versuchungen des Teufels nicht so rein geistig denken, als ob er eben durch Begriffe und verkehrte sittliche Grundsätze unser Herz von der Wahrheit abzuführen suchte. Nein! er erregt Bilder in uns; er faßt die innersten, die tiefsten Bilder unserer Eigenliebe und unserer Lieblingssünden auf; gießt seinen Zauber darüber hin; die Seele soll ein Wohlgefallen daran bekommen, und dadurch in den Willen des Teufels eingehen. Ein solches Erregen von Bildern kann aber mit größern oder geringern Bewegungen des Gemüths und Blutes verbunden seyn. Diese seine Art bemerken wir an der Versuchungs-Geschichte Christi. Man sieht, Satan ist sehr darauf aus, in der heiligen Seele des Herrn JEsu Bewegungen hervorzubringen vermittelst gewisser Bilder, die er dem Heiland vorhält, um Ihn so das eine Mal zum Unglauben, das andere Mal zur Vermessenheit, das dritte Mal zur Abgötterey zu verleiten.
JEsus hatte vierzig Tage in der Wüste gefastet, da hungerte Ihn. In diesem gefährlichen Zeitpunkte tritt der Versucher zu Ihm und redet vom Brod: „Bist Du der Sohn Gottes, so sprich, daß diese Steine Brod werden.“ Wen von uns schon gehungert hat, der weiß, was das lebhafte Andenken an Brod, mit andern Worten: das Bild des Brodes, in der Seele wirken kann; welch' ein Wohlgefallen sich nur bey'm Worte „Brod“ im Herzen regt; welch' eine Begierde, ja eine Sehnsucht darnach entsteht. Mit diesem Bilde, das er dem Sohne Gottes vorhält, will der Teufel eine starke Begierde in der fleischlichen Natur desselbigen erregen, und dadurch das innere Anhalten an Gott, das innere Vertrauen auf die Führung des Vaters entkräften, und so den Heiland zu einem eigenmächtigen Schritte verleiten, wodurch Er ein Sünder geworden wäre. Die nämliche Verfahrungs-Art finden wir bey der zweiten Versuchung. Sie standen auf der Zinne des Tempels. „Laß Dich hinab“ - sprach der Teufel - „wenn Du Gottes Sohn bist.“ Hier suchte er ein hoffärtiges Bild in der Seele des HErrn lebendig zu machen. Wie schön wäre es, wenn Du da hinab schwebtest! Welch' ein Aufsehen würde es machen! Jedermann würde Dich für den Messias anerkennen! Dieses Bild hält er Ihm vor die Augen, um Ihn zur Vermessenheit, zur Versuchung Gottes durch ein unnöthiges Wunder zu reizen. Zur Bestätigung seiner Anmuthung führt er den Spruch an: „es stehet geschrieben: Er wird Seinen Engeln über Dir Befehl thun, und sie werden Dich auf den Händen tragen, auf daß Du Deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.“ Satan muß selbst gefühlt haben, daß sein Bild zu schwach und seine Anmuthungen zu sehr gegen den Sinn des Heilandes seyen, indem es sich hier nicht einmal um Hülfe in einer Noth, wie das erste Mal, sondern nur um Ausführung eines geschwinden, eiteln Einfalls handelte; - oder hatte er dem Heilande bey der ersten Versuchung den tiefen Respekt vor dem Worte Gottes abgemerkt; genug: er mißbrauchte zur Bestätigung Seiner Zumuthung ein Wort Gottes, dessen Kraft er vielleicht schon bey manchen Gelegenheiten erfahren hatte, daß nämlich die Engel bey Denen, die die Seligkeit ererben sollten, ihm sein Mordhandwerk eingestellt, und dieselbigen auf ihren Händen davon getragen und herausgerissen hatten. Aber auch dieses Mal wurde er abgefertigt mit einem einfachen Worte Gottes. Die dritte Versuchung war wohl schwerer als die zweite. Auf einem hohen Berge zeigt er dem Heilande in einem Augenblicke, wie es bei Lucas heißt, wohl durch magische Einwirkung in einem Blicke, Alles, was die Welt Prächtiges, Eitles und Herrliches hat. Ein harter Angriff auf die heilige Seele JEsu. Herrschsucht, Habsucht, Hoffart sucht er in dieser Seele zu erwecken, und zugleich einen großen Respekt vor ihm, der nicht nur dieß Alles besitze und austheile (Luc. 4,6.), sondern auch durch seine Kunst Alles dieß in ein einziges Bild zusammenzaubern zu könne. „Dieß Alles will ich Dir geben, so Du vor mir niederfällst und mich anbetest.“ O des großen Stolzes, der ungeheuren Erhebung in göttliche Majestät hinein! Aber nun war er als Satan verrathen. „Hebe dich weg Satan!“ - hieß es - „denn es stehet geschrieben: du sollst anbeten Gott, deinem Herrn, und Ihm allein dienen.“ So sehen wir, daß Satan jedes Mal durch ein vorgespiegeltes Bild eine unreine Gemüths-Bewegung zu bewirken, und dadurch den Sohn Gottes zum Falle zu bringen suchte.
Gruß und sehr fein waren die Versuchungen, die der Heiland bestand: aber im Ganzen versuchte Ihn der Satan doch mit dem Nämlichen, womit er auch uns versucht, mit Bildern 1) aus der Fleischeslust; 2) aus dem hoffärtigen Wesen, aus der Eigenliebe; 3) aus der Augenlust, dem Geiz, der Habsucht, der Herrschsucht. Die Welt ist in diesen satanischen Bildern gefangen; die Gläubigen werden damit ersucht.
„Habt nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist“ - sagt Johannes (1. Joh. 2,16.) - „denn Alles, was in der Welt ist, nämlich: des Fleisches Lust, und der Augen Lust und hoffärtiges Leben, ist nicht vom Vater, sondern von der Welt. Die Welt vergeht mit ihrer Lust, wer aber den Willen Gottes thut, der bleibet in Ewigkeit.“ Wer den Vater nicht liebt, der liebt die Welt; wer nicht wiedergeboren ist aus dem lebendigen Wort Gottes durch den Heiligen Geist, der ist in den Bildern Satans gefangen; sie sind ihm nicht nur keine Versuchungen, sondern er lebt darin; das Leben seiner Seele bewegt sich darin; er treibt sich darin um als vielmehr in seinem Eigenthum; er hängt diesen Bildern mit Lust nach; sein geistliches Leben ist mit ihnen verwachsen, mit andern Worten: er liegt im Argen, im Satan; er zieht seine geistliche Lebenskraft aus dem Satan, aus der Hölle. Sehet doch die Welt an, wie sie im Argen liegt; wie Augenlust, Fleischeslust, hoffärtiges Wesen Alles durchdrungen, Alles durchzogen, Alles vergiftet haben; wie alle Kräfte und Bewegungen der Welt davon geleitet werden; wie daraus die Beweggründe fließen zu allen Handlungen der Menschen dieser Welt. Man sagt im gemeinen Sprüchwort: „Geld regiert die Welt.“ Wie wahr ist dieß! Aber ist's denn nach dem Willen Gottes so! Soll nicht die Liebe die Welt regieren statt des elenden Mammons? Sehet doch, wie die Handlungen der meisten Menschen, ihre Anschläge, ihre geheimen Plane, die sie mit ihrem Herzen abmachen auf ihrem Lager, ihre Wünsche, entweder auf's Haben und Besitzen, oder auf's Erwerben, oder auf fleischliche Genüsse, oder auf's Höherhinaufkommen, auf Ehre und Ansehen unter den Menschen, oder auf Herrschaft und Befestigung derselben im Kleinen oder Großen zielen; wie man eben darum neidisch, ungerecht, gewaltthätig, ein Uebertreter des Gesetzes wird; wie man eben darum lügt, sich ausredet, wohlredet, zankt, Rache übt, alle Beschwerlichkeiten nach Leib und Seele sich gefallen läßt. Man darf ja nur die Augen aufthun, um zu sehen, daß die Welt im Teufel liegt, daß er ihr Fürst und Regent ist. Lasset uns auf unser eigenes Herz merken. Liebe Brüder! warum arbeiten wir? wofür lassen wir es uns sauer werden? wofür schwitzen wir? wofür mühen wir uns zu Tode? was für ein Zweck liegt dabey zu Grunde? Etwa das Gebot Gottes; daß wir im Schweiße unsers Angesichtes unser Brod essen sollen, welchem Gebote wir einfältig nachgehen: und das Uebrige dem Herrn überlassen, wie es sich für Christen geziemet? Liebe Zuhörer! etwa dieses? fraget euch, thut man dabey nichts auf eigene Faust? Ist keine Absicht dabey, dieser oder jener Schuld los zu werden; so und so viel zu erwerben, seinen Kindern gieß und das zu hinterlassen? Und ist man dabey des Willens Gottes gewiß? oder thut man's ohne Gott im Unglauben und verleitet durch dieses oder jenes Bild, das der Seele vorschwebt und nicht vom Vater ist? Mit andern Worten: was treibt uns in unserem Berufe, der Wille Gottes oder der unsers Ich's, also des Teufels? Fragen wir uns ferner: was haben wir für Bilder in unsern Herzen, die uns am häufigsten in unsere Gedanken kommen, und eine Art Wohlseyn in uns verbreiten? Was haben wir für Bilder von uns, von unserem Verstand, von unserer Geschicklichkeit, von unserer Kunst, von unserer Rechtschaffenheit, von unserem christlichen Sinne? Was haben wir für Bilder von andern Dingen? Sind keine Bilder der Fleischeslust in uns? Was halten wir für das höchste Glück, für das Wünschenswertheste? Ach! ich vermuthe, wenn ich herum fragen würde, und ihr Alle solltet ehrlich antworten, die Meisten würden sagen: für das höchste Glück halte ich ein bequemes, sorgenfreies, fleischliches Leben. Ach, wie sind wir gefangen, wie sind wir zusammengebunden, zusammengeschnürt in den Ketten Satans!
Liebe Zuhörer! Wer nicht will verloren gehen und ein Sklave des Argen bleiben, der muß ein anderer Mensch werden. Ein neues Leben, neue Ansichten, neue Triebe, neue Bilder, neue Wünsche, eine andere Liebe muß in unser Herz; wir müssen wiedergeboren werden: sonst können wir das Reich Gottes nicht sehen. Wenn sich aber ein Mensch mit Ernst nach dieser neuen Geburt ausstreckte; wenn das göttliche Leben wirklich in ihm Wurzel faßt: so kann es nicht fehlen, Satan wird ihn versuchen; denn wer sich in die christliche Kirche begibt, sagt eine alte Tauf-Agende, der begibt sich in einen geistlichen Streit. Es ist eine große Geschäftigkeit im Reiche des Teufels (1. Petr. 5,8.); eine Seele, die daraus errettet ist, muß dagegen auf ihrer Wache seyn. Es ist der Finsterniß eins, wie sie zu Falle bringe, wenn nur dieses ihr gelingt. Bald wendet sie dieses, bald jenes Mittel an; bald will sie das Wort Gottes verdächtig machen, wie hier bey'm Heilande (bist Du Gottes Sohn, - wie zweifelhaft er das Wort des Vaters: „dieß ist mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe“, Matth. 3,17. hingestellt!); das andere Mal will der Teufel Kindern Gottes den Trost der Kindschaft rauben, wie hier dem Heilande die Gewißheit, daß Er der Sohn Gottes in der Noth zu vernichten, und den Menschen oft kurz, ehe die Hülfe von Oben erscheint, zur verzweifelten Selbsthülfe zu reizen, wie hier den Heiland; bald soll die Eitelkeit des Herzens aufgeregt, und der Mensch dadurch zu besondern, zu vermessenen Schritten gereizt werden; ein anderes Mal sucht er die Ehre und Herrlichkeit der Welt recht groß, und die Ehre bey Gott recht klein zu machen: - kurz, es ist nichts, das Satan nicht versucht, um die Seele vom geraden, schlichten Wege nach dem Worte Gottes abzuziehen. Will man im Glauben das Verdienst Christi ergreifen, so spricht er: du bist zu sündig; will man in die Fußstapfen des Heilandes treten, so wendet er ein: du mußt doch als Sünder selig werden, nimm's nicht so genau; hat man eine Sehnsucht im Herzen, aufgelöst und bey Christo zu seyn, so ist er im Stande, den Rath zu ertheilen: nimm dir selbst das Leben, so wird deine Sehnsucht gestillt.
Es hat aber jede Zeit ihre eigenen Versuchungen, also auch die unsrige. Eine jede Zeit hat ihre Zeichen. Die Zeit Eliä hatte Zeichen vom Himmel; die Zeit des Heilandes hatte Zeichen auf der Erde; unsere Zeit hat auch ihre Zeichen; wer darauf merkt, hat eitel Lust daran. So hat auch jede Zeit ihre besondern Versuchungen. Der Haupt-Charakter unsers Zeitgeistes in dieser Beziehung ist leichtsinniger und hochmüthiger Unglaube. Unsere Zeit ist weit vorwärts geschritten in der Ausbildung des Verstandes; man ist in vielen Dingen erstaunlich klug geworden; aber in Absicht auf das Göttliche ist der Ausspruch Pauli an unserer Zeit wahr geworden: „da sie sich für weise hielten, sind sie zu Narren geworden.“
Wie Viele sind, die noch eine Kraft, einen Finger Gottes in der Natur anerkennen? Wie Viele glauben fest, daß fruchtbare und unfruchtbare Zeiten vom Herrn kommen; und daß Er Sich hiebey nach dem Verhalten der Menschen richte? Nein! Alles meint man ausrechne, Alles zum Voraus bestimmen zu können, als wenn die Welt nur eine Maschine wäre, in der Alles nach längst bestimmten Ordnungen abliefe; eine Maschine, in welcher Gott nicht mehr nach Seiner Freiheit wirkte und waltete; dieß wäre ihnen recht, und dieß behaupten sie auch. Fürchtet Gott und gebet Ihm die Ehre! Es stehet geschrieben: daß, wenn die letzten Gerichte und Heimsuchungen Gottes durch die Natur über das Reich des Widerchrists ergehen werden, die Menschen ihre Zungen vor Schmerz zerbeißen, und doch nicht Buße thun werden, daß sie Gott die Ehre gäben (Offenb. Joh. Kap. 16.). Woher diese ungeheure Verhärtung? Antwort: vom Unglauben; sie werden nicht glauben, daß solches von Gott komme. Und das ist schon jetzt der Geist dieser Zeit. Nahrung und Gewerbe stocken jetzt allenthalben in der Welt; wie Viele sind, die darüber dem Herrn die Ehre geben, daß sie Seine Obermacht anerkennen, und Seinen Willen, Seine Heimsuchungen in dieser Noth der Zeit finden möchten? Ach! Wenige. Man sucht die Gründe da und dort; man schimpft über die Obrigkeit; man entdeckt Ursachen, die fast nicht unwahrscheinlicher sein könnten; so weit geht aber selten Jemand, daß er spräche: „die Plage ist vom Herrn“; darum thun sie auch nicht Buße. Man ist in unsern Tagen erstaunlich darauf aus, den Geist dieser Zeit hervorzuheben als einen Geist der Klugheit und der Vernunft; man spricht von einem beständigen Fortschreiten der Menschheit; man hält es für das größte Verbrechen, dem Zeitgeiste nicht zu huldigen; man gibt sich alle Mühe, daß das sogenannte Licht des Zeitgeistes recht weit verbreiten, ja nicht mehr verdunkelt werde. Dieß Alles wäre ganz recht, wenn es keinen Teufel gäbe. Aber aus der Bibel wissen wir, daß er der Gott dieses Zeitlaufes ist, daß die Hauptbildung des Zeitgeistes von ihm ausgeht. Und wahrlich! er hat es so weit gebracht, daß in den Herzen der Menschen dieser Zeit das Unsichtbare wie ein nichtsbedeutender Schatten, das Sichtbare aber wie das einzig Wesentliche dasteht. Die Vorsehung, das Wirken Gottes, Sein Wort, Seine Verheißungen, Seine Drohungen, Alles, was nach der Bibel groß ist, das dünkt Einem, als wären es Mährlein; Mährlein, über die man in großer Klugheit, ich möchte fast sagen, im Schlafe aburtheilen kann; Mährlein, die, wie es den Menschen dieser Zeit scheint, schon längst bey allen vernünftigen und denkenden Köpfen als solche gelten, an die nur noch das dumme Pöbelvolk glaubt. Nur, was in die Augen fällt, nur Sinnenlust, nur, was den Gaumen und den Magen reizt, nur, was Ehre und Ansehen unter den Menschen zuwege bringt, nur das gilt etwas, nur das ist groß, nur das ist des Nachdenkens und der ganzen Aufmerksamkeit werth: die unsichtbaren Dinge aber sind nichts. Mit vollem Recht könnte man den Geist dieser Zeit mit den Worten Pauli bezeichnen Phil. 3,18.19.: „Viele wandeln als Feinde des Kreuzes Christi, welcher Ende ist die Verdammniß, welchen der Bauch ihr Gott ist, und ihre Ehre zu Schanden wird, derer, die irdisch gesinnt sind.“ Sehet, so weit hat's der Teufel gebracht, dessen Daseyn sie als einen alten Aberglauben verwerfen. Aber dieß ist ein Meisterstreich von ihm, daß er den Glauben an sein Daseyn und an seine Wirksamkeit aus den Herzen entfernen konnte; denn nun hat er gewonnen Spiel; es nimmt sich Niemand in Acht vor ihm; es kämpft und betet Niemand gegen ihn; er kann thun, was er will; sein Schwarzes muß allenthalben als Weißes gelten.
Glaubet aber nicht, liebe Zuhörer! als ob dieß Alles nur auf den sogenannten Herrenstand gienge, nein! dieser Zeitgeist hat um sich gefressen wie ein Krebs, und Alles durchdrungen. Es fehlt eben auch unter uns an der Furcht, an dem Respekt vor Gott und Seinem Worte. Ich will nicht von den großen Schriftverdrehern reden, die in unserer Zeit fast ihr ganzes Leben damit zubringen, das Wort Gottes zu verfälschen, zu verunstalten, in ein falsches Licht zu stellen, als den größten, unglaubwürdigsten Unsinn darzustellen, welchen wieder Unzählige mit unmäßiger Freude zuhören; - von diesen besondern Werkzeugen des Teufels rede ich nicht. Aber sind denn keine Schriftverdreher unter uns? Gehen wir mit der Bibel so ehrerbietig um, wie es seyn soll? Demüthigen wir uns unter ihre Worte? Suchen wir niemals einen andern als den einfachen Sinn, um unserer Lüste willen? Und suchen wir auch alle Wahrheiten in der heiligen Schrift mit unserm Glauben zu vermengen, ohne das auszulassen, was uns nicht gefällt? O wie werden auch von Vielen, die nach dem Reiche Gottes ernstlich trachten, Menschen-Worte über das Wort Gottes hinaus gesetzt.
II.
Wie sollen und können wir alle diese Versuchungen überwinden?
Durch eigene Kraft einmal nicht, dazu sind wir viel zu schwach, und Satan viel zu mächtig. Kann auch Jemand, der in's Wasser gefallen ist, sich am Schopfe nehmen und selbst herausziehen? Wir brauchen also eine andere hülfreiche Hand, wir brauchen Christum, der den Starken überwunden hat.
In der Offenbarung Johannis (12,11.) wird angezeigt, wie die alte verführerische Schlange, der Verkläger der Brüder, sey von den Brüdern überwunden worden; „sie haben“ - heißt es dort - „ihn überwunden durch des Lammes Blut, und das Wort ihres Zeugnisses, und haben ihr Leben nicht geliebet bis an den Tod.“ Hier werden uns drey Mittel zur Ueberwindung Satans gegeben.
„Sie haben ihn überwunden durch des Lammes Blut“, durch die Kraft des Blutes Christi. Diese Kraft muß das Herz erfahren haben, es muß davon durchgangen und durchdrungen worden seyn; es muß im Genusse des versöhnenden und heiligenden Blutes Christi stehen; es muß wissen, aus lebendiger Erfahrung wissen, was an dem Spruche ist: „das Blut JEsu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde!“ dann kann es die Versuchungen des Argen sehen und überwinden. „Werdet ihr mein Blut nicht trinken, so hat ihr kein Leben in euch“, sagt der Heiland. Von solchen Seelen sagt Johannes: „der Arge wird euch nicht antasten.“ Wenn ein Sünder in seiner Noth etwas von der Vergebung schmeckt, so erfährt er etwas von dieser Kraft des Blutes, das auf Golgatha floß; und wenn die Seele fortfährt und an Christo bleibt, so erfährt sie immer mehr davon; sie wird immer tiefer darein versenkt; die Kraft dieses Blutes, der Welt verborgen und darum von ihr gering geschätzt, wird einem Nachfolger des Heilandes immer größer, immer unentbehrlicher und nothwendiger zur Bewahrung auf dem Wege des Mörders (Ps. 17,4.), zu jedem Schritte und Tritte, in jeder äußern oder innern Noth, im Leben, Leiden und Sterben. JEsus hatte kein Adamsblut in sich; Er war der einzige Mensch ohne Sünde; Er hatte alle Versuchungen Satans überwunden; es ist dem Satan nicht gelungen, sein Gift dem reinen Menschensohne einzuflößen; die Schlange durfte ihre ganze Bosheit und Grausamkeit an Ihm auslassen, Er aber setzte ihr nur die sanftmüthige Lammesart entgegen; es kam der Fürst dieser Welt, und hatte nichts an Ihm; und so vergoß Er Sein Blut zur Versöhnung der Sünden aller Welt. Wer nun als ein armer Sünder Vergebung findet durch den Glauben an den Heiland, und eben damit der Kraft Seines Blutes theilhaftig wird: der hat Etwas in sich, dem Satan nicht widerstehen kann, vor dem er flieht als vor dem Angesichte Gottes. Wenn die Kräfte der Finsterniß hereindringen: so muß die Seele zur Kraft des Blutes und Kreuzes Christi zurückfliehen, und Satan ist überwunden. Herrliche, große, unaussprechliche Kraft dieses Blutes!
Sein Blut, der edle Saft,
(steht in einem alten Liede)
Hat eine solche Kraft,
Daß nur ein Tröpflein kleine
Die ganze Welt kann reine,
Ja aus des Teufels Rachen
Frey, los und ledig machen.
Sie haben ihn überwunden durch des Lammes Blut und durch das Wort ihres Zeugnisses, durch das Wort, von welchem sie Zeugniß gaben, durch das Wort Gottes. Ich muß mich schämen vor dem Heilande, wenn ich sehe, wie Er, der Sohn Gottes, das Wort handhabt; wie Er Alles darauf setzt; wie Er es als Schwert des Geistes, als Wehr und Waffe gebraucht gegen die Versuchungen des Teufels. Ist es auch so bey uns? Sind wir auch so bewandert im Worte? Stehen wir auch so in der Nüchternheit, daß der Geist Gottes uns zur rechten Stunde kann einen Spruch einfallen lassen, dadurch unsere Augen zu stärken und gegen den hereindringenden Geist der Finsterniß zu verwahren? Satan verstellt sich oft in Licht-Engels-Gestalt, wie auch hier bey der Versuchung des Heilandes, so namentlich in unserer Zeit; da lehrt uns nur das Wort und der fleißige Umgang mit demselbigen da Rechte erkennen.
Endlich haben sie ihn überwunden dadurch, daß sie ihr Leben nicht lieb hatten bis an den Tod. Sie haben Alles daran gesetzt, auch das Liebste, was der Mensch hat, das Leben. Ob es gleich für jetzt nicht so aussieht, als ob wir auch dieses ausüben sollten, so muß doch der Sinn, der darunter liegt, auch unser Sinn werden. Wir müssen uns den Sinn schenken lassen von dem HErrn, daß wir Alles daran setzen, um dem Heilande nachzufolgen, und in Seiner Gemeinschaft zu bleiben, um von Ihm als wachend erfunden zu werden, wenn Er kommt. Das laue, das lahme, das halbverstorbene Christenthum ist im Grunde kein Christenthum, sondern eine Knechtschaft des Teufels. Satan hat seine Freude daran. Aber wer recht wacker wird im Laufe, der wird die Künste Satans kennen lernen, und sie auch überwinden.
Was wollen wir zu dem Allem sagen? Das wollen wir sagen:
Woll'n wir nicht bleiben des Teufels Beute,
So müssen wir werden des Heilands Leute.
Amen!