Harms, Ludwig - Der Psalter - Der 47. Psalm.

Harms, Ludwig - Der Psalter - Der 47. Psalm.

Am vorigen Sonntage hatten wir den 46. Psalm, der von der Kirche handelt; heute kommen wir an den 47. Psalm, der von dem handelt, der in der Kirche regiert, von unserm HErrn Jesu Christo, und zwar nach Seinem königlichen Amte, da Er Seine Kirche regiert bis an's Ende der Zeit. Nächsten Donnerstag feiern wir mit Gottes Hülfe das Fest der Himmelfahrt Christi, und dieser Psalm handelt von der Himmelfahrt Christi, so hat ihn uns Gott recht zur Vorbereitung auf das nahe Fest gegeben. Der Psalm hebt an: Frohlocket mit Händen, alle Völker, und jauchzet Gott mit fröhlichem Schall. Denn der HErr, der Allerhöchste, ist erschrecklich, ein großer König auf dem ganzen Erdboden. Damit bezeichnet der Psalm einen so lauten Jubel, eine so außerordentliche Freude, daß nicht bloß der Mund lobt, sondern auch die Hände an zu klatschen fangen. Und wenn Menschen ihrem irdischen Könige, der irgendwo einzieht und doch ein Sünder ist, mit Frohlocken und Händeklatschen entgegenziehen, wie sollten wir nicht vielmehr Dem frohlocken mit Händeklatschen, der wahrer Gott ist, gelobt in Ewigkeit, und der Mensch geworden ist aus Liebe zu uns? Wer es recht bedenkt: Jesus, wahrer Gott und Mensch, ist mein König, der muß frohlocken, denn größere Gnade gibt es nicht, als zu diesem Jesus sagen zu können: HErr Jesu, Du bist mein Gott und mein Bruder. Und Er kann helfen, weil Er der allmächtige Gott ist. Er will helfen, so gewiß wie Er ein Bruderherz hat. Und beim Empfang dieses Jesu, muß da nicht Herz und Mund übergehen von Jauchzen und Frohlocken? Woher kommt es denn, daß wir Christen Sonntag für Sonntag dem HErrn unsere Lieder singen, daß wir keinen Tag anfangen und beschließen können ohne Gesang? Wir können es nicht anders, denn der HErr Jesus kommt, sich mit uns zu verloben in Gerechtigkeit und Gericht, in Gnade und Barmherzigkeit. Siehe, das ist die innerliche Nothwendigkeit, warum Christen bei ihren Gottesdiensten singen müssen, und ob man es ihnen verbietet, sie können es nicht lassen; das ist der Grund, warum alle Hausandacht mit Gesang verbunden sein muß. Es geht dem Christen mit dem Singen, wie dem Daniel mit dem Gebet. Darauf stand damals die Todesstrafe; das wußte Daniel, er wußte auch, daß Laurer unter seinem Fenster standen, aber es fällt ihm nicht ein, die Fenster zu verschließen oder das Beten zu lassen. Und ob er in den Löwengraben geworfen wird, darnach fragt er nicht. So kann auch der Christ das Singen nicht lassen. Wenn es nun V. 3 heißt: Denn der HErr, der Allerhöchste, ist erschrecklich, ein großer König auf dem ganzen Erdboden, steht da das Wort erschrecklich nicht im Widerspruch mit dem Frohlocken? Ueber etwas Erschreckliches frohlocke und jauchze ich doch nicht. Merket, die Menschen auf Erden sind nicht alle überein, und daher kommt es, daß einige jauchzen, während andere vor Gott erschrecken; das hat aber nicht in Gott, sondern in der verschiedenen Beschaffenheit der Menschen seinen Grund. Denkt daran, was das Evangelium erzählt von denen, die am jüngsten Tage vor Jesu Richterstuhl stehen werden. Da heißt es von denen zu Jesu Rechten: Hebet eure Häupter empor, weil sich nun eure völlige Erlösung naht; aber von denen zu Seiner Linken wird gesagt, daß sie schreien werden in der Angst ihrer Seele: Ihr Berge fallet über uns und ihr Hügel decket uns vor dem Zorn des HErrn Jesu. Da sehet ihr auch zweierlei: Das Jauchzen und das Erschrecken; und das kommt, wie gesagt, von der Verschiedenheit der Menschen. Alle Gottlosen sagen: Der HErr ist erschrecklich, und wissen vor Angst nicht, wo sie hin sollen; die Frommen jauchzen und freuen sich und laufen Ihm entgegen; und beides gehört zu Jesu königlichem Amte, selig machen und verdammen. Denkt ja nicht, daß es in der Bibel einen Widerspruch geben kann; und solltet ihr doch einmal auf den Gedanken kommen, so sehet erst recht zu, ehe ihr urtheilt und ihr werdet finden, daß es nicht der Fall ist. Weiter heißt es: Er wird die Völker unter uns zwingen, und die Leute unter unsere Füße. Er erwählet uns zum Erbtheil, die Herrlichkeit Jakobs, den Er liebet. Wer sind die, welche er meint? Man denkt zuerst, das wären die Juden, das alttestamentliche Gottesvolk; und die Juden haben das auch lange selbst gemeint und glauben es theilweise jetzt noch. Sie wollen daraus herleiten, daß unser Jesus der falsche Messias sei, denn wenn Er der rechte Messias wäre, so hätte Er ein großes Judenreich gründen müssen, dem alle Heiden dienen. Schon daraus könnt ihr sehen, so wahr unser Jesus der rechte Jesus ist, daß hier die Juden nicht gemeint sind. Wer sind die, welche er uns nennt? Das sind die an Jesum Christum glauben, die Gläubigen, also die wahren Glieder der Kirche. Diese wahren Glieder der Kirche nennt Paulus den rechten Samen Abrahams, die rechten Kinder Abrahams, denn er sagt: Nicht die sind Abrahams Kinder, welche die Beschneidung am Fleisch erlangt haben, sondern die des Glaubens Abrahams sind. Und die können herstammen aus den Heiden oder Juden, das macht keinen Unterschied. Die heiligen Apostel z. B. sind lauter Gläubige aus den Juden, Titus und Lucas dagegen sind Gläubige aus den Heiden; aber das macht nichts aus, denn sie haben den Glauben Abrahams und sind darum Abrahams rechte Kinder. Mit dem Uns sind wir Gläubigen gemeint, die nicht dem Fleische nach von Abraham abstammen, sondern die wir des geistlichen Abrahams geistliche Kinder sind. Damit zeigt nun der HErr an, daß die Gläubigen den Sieg gewinnen sollen über die ganze Erde, daß die ganze Erde ein großes Gottesreich werden soll, aber nicht nach den falschen Messiashoffnungen der Juden. Alle Welt soll durch die Gläubigen eine Heerde und Hirt werden, die ganze Welt sollen sie erobern für den HErrn, aber es soll nicht ein Weltreich, sondern ein Gottesreich daraus werden. Ihr sehet nun aber auch, warum dieses Werk den Gläubigen zugeschrieben wird. Es ist ja allgemein bekannt, daß kein Ungläubiger einen Finger anlegt die Heiden zu bekehren und die Völker zu Jesu zu bringen. Wer thut es denn? Die Gläubigen; die Ungläubigen spotten, lachen und höhnen über die Mission. Ein solcher Kriegsmann Jesu Christi war z. B. der Apostel Paulus. Als er in Troas war, da erschien ihm im Gesicht ein Mann aus Macedonien, der sagte: Komm hernieder und hilf uns. Paulus hat nur einen Gehülfen bei sich, den Silas; als er nun die Stimme gehört und deß gewiß geworden ist, daß Gott ihn bestimmt hat den Heiden in Macedonien das Evangelium zu predigen, da bespricht er sich nicht mit Fleisch und Blut, sondern tritt in das erste beste Schiff, das nach Europa fährt. Und als er vor Philippe landet, da steht er vor dem heidnischen Welttheil Europa, und dieser Paulus mit seinem Kriegsheer, dem Silas, nimmt sich vor, den Teufel in Europa niederzustoßen und dieses Land dem HErrn zu gewinnen; und das nimmt er sich nicht bloß vor, sondern er führt es auch aus. Nicht wahr, Paulus ist ein solcher Mann, der die Völker unter seine Füße tritt? Und zu solchem Werk hat Gott jeden Christen berufen. Nun dieses Sein königliches Amt, wann hat Jesus das angetreten? Als Er gen Himmel fuhr, - darum fährt der Psalm fort: Gott fährt auf mit Jauchzen, und der HErr mit heller Posaune. Lobsinget, lobsinget Gott; lobsinget, lobsinget unserm Könige. O sehet doch, meine Lieben, was für ein wunderbares Buch die heilige Schrift ist. Da steht David, der Mann Gottes, der über tausend Jahre vor Christo gelebt hat und spricht: Gott fährt auf mit Jauchzen und der HErr mit heller Posaune. Wer hat ihm das gesagt? Ich meinte, Gott wäre im Himmel, was braucht Er denn hinauf zu fahren in den Himmel? Der heilige Geist hat ihm gesagt, daß Gott auf die Erde kommen würde, um die Menschen zu erlösen, und dann nach vollbrachtem Werke würde Er wieder hinauffahren in den Himmel.

Das ist geschehen bei Christi Himmelfahrt. Da ist Jesus als wahrer Gott und wahrer Mensch wieder aufgefahren gen Himmel und die heiligen Engel haben Ihn begleitet. Und weil Er so majestätisch in die Höhe gefahren ist, so haben die Apostel sich von der Begleitung der heiligen Engel überzeugen müssen, denn als sie Jesus nachsahen gen Himmel fahren, da standen bei ihnen zwei Männer in weißen Kleidern, welche auch sagten: Ihr Männer von Galiläa, was stehet ihr hier und sehet gen Himmel? Dieser Jesus, welcher von euch ist aufgenommen gen Himmel, wird kommen, wie ihr Ihn gesehen habt gen Himmel fahren Ap. Gesch. 1,11. So ist es wahr geworden: Gott ist gen Himmel gefahren, von Seinen Engeln begleitet; darum haben wir große Ursache zu der Erfüllung der Worte: Lobsinget, lobsinget Gott, lobsinget, lobsinget unserm Könige. Warum denn? Hörer: Denn Gott ist König auf dem ganzen Erdboden; lobsinget Ihm klüglich. Gott ist König über die Heiden; Gott sitzet auf Seinem heiligen Stuhl. Alles ist Ihm übergeben, nicht allein das Geistliche, sondern auch das Weltliche. Er herrscht im Gnadenreiche und im Ehrenreiche, aber auch im Macht- oder Naturreiche. Ueber die Kirche herrscht Er, über die Welt herrscht Er. ein HErr aller Herren, ein König aller Könige, das treue Haupt Seiner Glieder. Der ganze Erdboden soll Ihm erobert werden, Satans Altäre sollen gestürzt und der Name des HErrn soll allenthalben gepredigt werden, denn Gott hat gesagt: Setze Dich zu Meiner Rechten, bis daß Ich alle Deine Feinde zum Schemel Deiner Füße lege Ps. 110, 1. Bis zum jüngsten Tage müssen Ihn alle anbeten, entweder freiwillig oder gezwungen, von dieser Anbetung des HErrn ist Keiner ausgeschlossen. Darum heißt es V. 10: Die Fürsten unter den Völkern sind versammelt zu einem Volk, dem Gott Abrahams; denn Gott ist sehr erhöhet bei den Schilden auf Erden. Auch die Fürsten bekehren sich, werden christliche Fürsten und bekennen, daß sie ihre Kronen von Jesu zu Lehn tragen. Gott ist sehr erhöhet bei den Schilden d. h. bei den Fürsten und Gewaltigen auf Erden. Und dabei macht jüdische und heidnische Abstammung keinen Unterschied; denn der Gott Abrahams ist der Gott, den alle Menschen anbeten sollen. Das ist der Psalm von Christi Himmelfahrt, von Seiner herrlichen Erhöhung und die Verheißung von dem Erbe, das Er aufrichten wird bis an die Enden der Erde. Bei dieser Arbeit werden Seine Kinder nicht müde, bis der ganze Erdboden zu Jesu Füßen liegt. Amen.

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