Cromwell, Oliver - Schreiben an Ludwig XIV. zu Gunsten der Waldenser.

Cromwell, Oliver - Schreiben an Ludwig XIV. zu Gunsten der Waldenser.

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Durchlauchtigster und mächtigster König, sehr erhabener Freund und Bundesgenosse!

Eure Majestät kann sich erinnern, daß während der Unterhandlung, die zwischen uns über die Erneuerung eines Bündnisses Statt fand, eines Bündnisses, dessen Nutzen sich durch die Vortheile bewährt hat, welche es unseren beiden Nationen verschafft, und durch den Schaden, welchen es ihren gemeinsamen Feinden gebracht hat, daß während dieser Zeit, sage ich, das schauderhafte Niedermetzeln der Waldenser Statt fand. Wir empfahlen inständigst dieses Volk Eurer Barmherzigkeit und Eurem Schutze, obgleich seine Sache damals verlassen und von allen Seiten mit Füßen getreten wurde. Wir zweifelten nicht, daß Eure Majestät nach Kräften vermittelt und bei dem Herzoge von Savoyen durch ihr Ansehen und inständige Bitten Einfluß gehabt haben. Wir selbst, sowie mehrere andere Fürsten und Staaten, haben nicht ermangelt, durch Gesandte, Briefe und Bittschriften um die Freiheit dieser Thäler dringend zu bitten.

Nach dieser blutigen Metzelei, die weder Alter noch Geschlecht schonte, wurde ein Friede, oder vielmehr unter dem scheinbaren Namen von Frieden, eine verkleidete Feindseligkeit bewilligt. Die Friedensbedingungen wurden in ihrer Stadt Pignerol entworfen. Diese Bedingungen waren in Wahrheit hart, aber das Elend dieser armen Leute noch schrecklicher. Grausamkeiten und Leiden aller Art, die sie erduldet, waren so groß, daß sie voller Freude sich dabei beruhigten. Aber sogar diese harten und ungerechten Bedingungen wurden nicht gehalten. Der Sinn derselben wurde unaufhörlich durch falsche Auslegungen und gehässige Ausflüchte umgangen und verletzt.

Mehrere dieser armen Leute sind aus ihren Wohnungen vertrieben. Anderen verbietet man die Ausübung ihrer Religion, und neue Auflagen werden eingeführt. Eine neue Festung wurde gebaut, sie zu beherrschen, und die Soldaten machten häufige Ausflüge, um zu plündern und Jeden, der ihnen begegnete, zu tödten. Ferner, neue Truppen sind jüngst insgeheim gegen die Waldenser ausgehoben worden, und die unter ihnen lebenden römischen Katholiken sind aufgefordert worden, sich anderswohin zurückzuziehen zu einer ihnen festgesetzten Zeit, sodaß Alles die gänzliche Ausrottung dieser Unglücklichen, welche dem vorangegangenen Gemetzel entgangen sind, anzukündigen scheint.

Und jetzt, allerchristlichster König, beschwöre und bitte ich Euch inständigst, bei der Rechten, die Ihr uns als Pfand Eures brüderlichen Bundes gegeben, - bei der heiligen Ehre, die sich an den Titel des allerchristlichsten Königs, den Ihr führet, knüpft, erlaubt diese Dinge nicht! Erlaubt nicht, daß Ströme von Blut von Neuem vergossen werden; ich sage nicht von einem Fürsten, sondern von verfluchten Mördern, denn eine solche Grausamkeit würde nicht in den Kopf eines Fürsten gelangen können, besonders eines so jungen Fürsten, in einem so zarten Alter, noch weniger würde sie sich des Herzens seiner Mutter bemächtigen können. Diese verfluchten Fanatiker geben sich für Diener und Nachahmer Christi, unseres Heilandes, aus, der in die Welt kam, die Sünder zu erretten, und sie bedienen sich seiner Gebote und seines Namens voller Barmherzigkeit, um auf die grausamste Weise arme Unschuldige zu morden.

Reißt, die ihr das könnet, und die Ihr durch Euren Hochsinn verdient, das zu können, reißt diese armen Schutzflehenden aus den Händen ihrer Mörder, und gestattet nicht die Gewaltthätigkeiten dieser Elenden, die, nachdem sie sich kürzlich im Blute berauscht, die Sache noch dazu verfälscht haben und auf ihre Fürsten die Schande ihrer eigenen Grausamkeit möchten zurückfallen lassen.

Duldet nicht, daß die Grenzen Eures Königreiches und sogar die Titel, die ihr führet, von solcher Schande besudelt werden, und das Evangelium des Friedens unter Eurer Regierung durch derartige Grausamkeit erniedrigt werde. Erinnert Euch, daß diese Waldenser Eurem Großvater Heinrich unterworfen waren, jenem großen Freunde der Protestanten, als Lesdiguières siegreich den Savoyarden mitten durch die Alpen verfolgte, und gerade durch diese Thäler zog, die einen so natürlichen Weg darboten, um nach Italien zu gelangen. – Die Urkunde ihrer Unterwerfung ist noch in den Staatsarchiven Eures Königreiches vorhanden, und Ihr werdet darin unter andern deutlich angegeben finden, daß der Bevölkerung dieser Thäler niemals andere Bedingungen auferlegt werden sollen, als die sind, unter welchen Euer unbesiegbarer Großvater sie in Lehnspflicht nahm. - Sie flehen jetzt um diesen Schutz. Ja, diesen von Eurem Großvater verheißenen Schutz, diesen fordern sie von seinem Enkel. Sie würden es wünschen, es vorziehen, lieber unter Eurer Herrschaft zu stehen, wenn das durch Austausch möglich wäre, als unter der, unter welch er sie sich zu dieser Stunde befinden. Und ist das nicht möglich, so bitten sie, daß ihr wenigstens Euren Schutz ihnen angedeihen lasset, Euer Mitleid, Eure Hülfe ihnen schenket.

Es gibt auch Staatsgründe, welche Euch veranlassen könnten, dieses Volk, das seine Zuflucht zu Euch nimmt, nicht zurückzustoßen. Aber ich möchte nicht, daß ein König wie Ihr zur Vertheidigung dieser Unglücklichen durch andere Beweggründe veranlaßt würde, als durch das von Euern Vorfahren gegebene Versprechen, durch Eure eigene Frömmigkeit, durch Euer königliches Wohlwollen und durch die Größe Eures Charakters. So wird das Lob und der Ruhm dieser Handlung von jeder Beimischung rein bleiben, und Ihr werdet finden, daß der Vater der Barmherzigen und sein Sohn Jesus Christus, dessen Ruhm Ihr rächt, dessen Lehre Ihr gegen die Angriffe einer teuflischen Grausamkeit schützt, während Eures ganzen Lebens Euch gewogen und gnädig sein werden.

Möge der Allmächtige zu seinem eigenen Ruhme, zum Heil für so viele unschuldige Christen und zu Eurer wahren Ehre Eure Majestät geneigt machen, diesen Entschluß zu fassen! Euer Majestät ergebenster Freund

Oliver,
Protector der Republik England. Westminster, den 26. März 1658.

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Der Protector Cromwell von Merle d'Aubigné, überlegt von Pabst. Weimar 1859.
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