Corvinus, Antonius - Gutachten vom Convent zu Ziegenhain 1540

Corvinus, Antonius - Gutachten vom Convent zu Ziegenhain 1540

„Nachdem wir auf E. F. G. erfordern und befelh, itzo am ersten tage des monats Januarii zcu Ziegenhain ankomen, haben wir auf denselbigen befelh unser, der Protestirende stende, zu Augsburg übergebene Confession, deßgleichen die Apologia, vleißig vnd so viel Got gnade gegeben hat, mit ernst verlegen vnd bewogen, vnd befunden, das etliche Artikel nicht streitig sein, vnd von vnserm Widerteil eben so wol, als von vns bekant vnd geglaubt werden, Als nemlich von got vnd dem gotlichen Wesen, welches der erste ist. Jtem von der Erbsünde, wie wol sie etwas hie In an vns tadeln, welcher der andre ist, Jtem von zweyerley naturen In Christo, welcher der dritte ist. Jtem das in der Kirchen die Heuchler mit den rechtgläubigen vermengt sein, deßgleichen das die Hochwirdigen Sacramente krafft vnd macht haben, wenn sie gleich durch einen bösen Diener administrirt werden, welcher der achte ist. Jtem, das wir die tauff nötig haben zur seligkeit, welcher der neunte ist. Jtem, das im abentessen der wäre Leib vnd das wäre Blut Christi außgeteilet werden durchs wort, welcher der zehend ist, Jtem, das wir privatam absolutionem behalten, welcher der eilffte ist. Von diesen vnd dergleichen Artikeln so nicht streitig sein, viel zu schreiben, vnd E. F. G. mit unnötigem geschwetz weiter zu belästigen, haben wir für unnötig angesehn.

Aber in andern Artikeln so streitig sein, vnd von vnserm Widerteil angefochten, vnd für ketzerisch gehalten werden, haben wir vns mit vleiß vnd ernst besprochen vnd beredt. Denn wir vns je schuldig erkennen, In so wichtigen vnd die gantze Christenheit belangenden sachen E. F. G. vleifzigen gehorsam zu leisten. Doch haben wir hie nach gehabter mühe vnd arbeit abermals befunden, das auch dießmal E. F. G. mit keinem unnötigen geschwetz zu beladen seien, vnd das aus zweierley Ursachen. Erstlich ists unleugbar, das die Confession vnd sonderlich die apologis mit großem vleiß gestelt, befestigt vnd confirmirt ist, nicht allein aus gotlicher schrifft, sondern auch aus den fürnhemesten Vätern, vnd were zwar schimpflich von vns, das wir als discipli diese sache besser zu machen unterstehen wolten, als sie vnser lieber Herr vnd Preceptor Philippus Melanchthon gemacht hat.

Zum andern iß auch das am tage, das gemeldte Apologia von vnsern Widersachern biß daher wol etlicher maßen getadelt vnd gelestert. aber doch mit keinen bestendigen Argumenten vmbgestoßen oder angefochten worden ist, wie auch ohn allen Zweifel, wenn sie gleich alle Jre kunst versuchen, wol vnumgestoßen bleiben. So seind auch über solche apologie noch fürhanden gemelts vnsers Preceptoris Philippi loci. In welchen vnser Ler Artikel dermaßen bekrefftigt vnd befestigt werden, das auch die Widersacher solch Buch als vnüberwindlich haben vnangefochten biß anher müssen bleiben lassen, wollen von andern Büchern, so Ingleichen Argumenten durch andere geschrieben sein, schweigen.

In Beziehung auf die folgenden Artikel, über die wir berathschlagen sollen, und die in der Apologie nicht außdrücklich verfasset sind, haben wir uns folgender Maßen vergleichen wollen. Erstlich auf die Frage: Ob man dem gegenteil möge nachlassen, nur Eine Meß in einer Kirche zu halten, biß das sie es besser lernen und unterrichtet werden? ist unser der beschrienen Predicanten itzo zu Ziegenhain Bedenken, das man von der substantzadministration und rechtem Brauch des heil. Abendmals gar abbrechen oder weichen kann. Der, der es eingesetzt, und seiner Kirchen recht zu brauchen gelassen und befolhen hat, ist gots sun, vnd unser aller Herr Jesus Christus selber und würde derselben ungestrafft nicht lassen hingehen, wenn wir als Jünger und Diener dieses Herrn, etwas in Sachen seines Wortes und Sacraments zu ändern, oder anders zu machen, denn ers gemacht, unterstehen wolten. Es heißt in diesem fall, beim Worte stehen und nicht nachgeben, das Wort vertheidigen und nicht weichen, gesetz nhemen und nicht geben, sonderlich weil man solche Institution des Abendmals nicht von einem schlichten menschen, wie gesagt, sondern von Christo, des lebendigen gots sun, überkommen haben. Auch handelt es sich hier, wie der heilige Paulus in der Epistel an die Galater sagt, nicht irgend von einem menschlichen testament, sondern vom testament unsers Hern Jesu Christi, von welchem wir des Vaters im Himmel ernstlich Befelh haben: Diesem gehorchet! -

Auf den andern Artikel: Wie weit und fern in äußerlichen Ceremonien zu weichen sei? Ist unser bedenken und meynung, wenn wir bey unserm Widerpart das erhalten können, das sie uns die Sache der Rechtfertigung rein lassen, und des glaubens gerechtigkeit, so allein aus der gnade Christi, nicht aus Gesetzes Werken und eigenem Verdienste kommt, mit uns bekennen und leren wollen, so wollen wir Inen aus christlicher Liebe, als Irrenden und Schwachen in diesem Fall weichen und etliche Bräuche und Ceremonien um frieds willen gern mit Inen brauchen und halten, nicht das es notige cultus zur Seligkeit sein sollten oder mußten, sondern um guter ordnung willen.

Auf den dritten Artikel, ob die Bischofe vnterbischofe setzen mögen, und ob man die Bischofe bei Jren Bisthümern als eine weltliche Obrigkeit bleiben lasse? Ist unser der Prädicanten Antwort, daß wir keinen christlichern Rath in dieser sache zu finden oder zu geben wissen, als Lutheri meynung und wort, das er in dem Buche de conciliis geschrieben hat.

In beziehung auf den vierten Artikel, des Pabsts Autorität und Primat belangend, den Philippus Melanchthon, wie er denselben zu Schmalkalden gehandelt, abermals unsern Meister und praeceptorem bleiben lassen, denn wir nicht vertrauen, es besser zu machen.

Auf den letzten Artikel, die geistlichen Güter betreffend, ist unser der beschriebenen Predicanten sententz und endliche meynung, das dieselben von den Kirchen in keinem Wege entwandt und andern, denen sie nicht gebüren, gegeben werden mögen, will sich auch nicht gebüren, das E. F. G. dieselbigen irgend anders, denn zu Erhaltung der Pfarrer, der schulen und Hospitaler zu brauchen vornehmen. Wenn aber, wo diese Dinge alle wol bestellt, von den geistlichen Gütern etwas übrig wäre, so würde es christlich und nützlich sein, man hätte im Lande einen gemeinen Kasten oder serärwm, darin alles auf Fürsorge gesammelt und nicht eher angegriffen würde, bis das Vaterland in unvermeidliche Not kommen oder der Religion halber angegriffen oder bekriegt würde u. s. w.“

Quelle: Meurer, Moritz u.a. - Das Leben der Altväter der lutherischen Kirche, Bd. IV.

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