Chemnitz, Martin - Predigt am eilften Sonntage nach Trinitatis über Luc. 18 (9—14.)

Chemnitz, Martin - Predigt am eilften Sonntage nach Trinitatis über Luc. 18 (9—14.)

Auslegung des Evangelii.

Wir haben vor acht Tagen gehört die ernstliche Warnung, wenn wir uns nicht wollen eben so schwere Strafe zuziehen, wie über die Juden ergangen ist, sondern wollen gern, dass der Herr Christus in Gnaden bei uns bleibe, dass wir denn in allen Ständen sollen Acht darauf geben, dass ja der Tempel Gottes bei uns keine Mördergrube, sondern ein Bethaus sei. Darauf folget hie, wie denn Das geschehe, und Solches nicht schlecht lehrweise, sondern in einem schönen Gleichniss, welche nämlich Die seien, die aus dem Tempel eine Mördergrube machen, nach dem Exempel des Pharisäers, und welche ihn machen zum Bethaus, wie der Zöllner, dass du lernest, wie es dir Alles zur Lehre dienen möge. Es wird aber hie Alles also gefasset:

  1. Erstlich, der Pharisäer gedenkt der Räuber, Ungerechten und Ehebrecher, auch der guten Werke. Das gehört zur Lehre des Gesetzes.
  2. Zum Andern wird hie gedacht der Rechtfertigung, welche St. Paulus nennt die Gerechtigkeit des Glaubens. Das gehört zu dem andern Stück christlicher Lehre vom Glauben.
  3. Zum Dritten steht hie vom Gebet, welches auch ist das dritte Stück unserer Kinderlehre im Katechismo.

Nach den drei Stücken wollen wir's fassen, wie man hie soll recht lehren und halten vom Gesetz, Glauben und Gebet, auf dass bei uns der Tempel ein Bethaus sei und wir von der Strafe mögen frei sein.

Vom ersten Stück.

So ist nun das Erste, wie die Lehre des Gesetzes also soll bei uns geführet, angehört und gebraucht werden, auf dass der Tempel Gottes ein Bethaus sei. Das fasse also: Wir sind durch die Sünde von Gott geschieden; Christus aber hat uns erlöset; der heilige Geist trägt uns Solches für durch's Wort und vermahnet uns, dass wir uns sollen mit Gott versöhnen, 2. Cor. 5., dass es heisst: Gehet zur Kirche und bittet, dass euch Gott gnädig sei. Denn also war es im alten Testament verordnet, dass, wer beten wollte, Der musste in den Tempel gehen, oder ja sein Angesicht nach dem Tempel wenden, 1. Kön. 8. Deut. 6. Aber im neuen Testament sind wir an keinen gewissen Ort gebunden, wie 1. Tim. 2. und Matth. 6. geschrieben steht. Kommen sie aber Alle in den Tempel? Ach, leider nein. Denn siehe, zu Jerusalem hat Gott seinen Heerd und Feuerstätte, Esa. 31. Und gleichwohl waren da viele Räuber, Ehebrecher und Schinder, die gingen dahin, lebten in groben Sünden, und waren Das ihre geringsten Gedanken, dass sie sich damit hätten bekümmert: Wie stehst du mit Gott? Wie findest du dich, dass du mit Gott mögest versöhnet werden? Die Bösen wussten wohl, dass ein Gott im Himmel wäre, und achteten's gleichwohl nicht. Solche kamen nicht in den Tempel. Andere gingen darum hinein, dass sie unter solchem Scheine desto mehr wucherten, Gewalt und Unrecht thäten und dabei sagten: Hie ist der Tempel des Herrn, Jer. 7. Heisst Das aber den Tempel Gottes zum Bethause machen? Heisst Das recht halten und lehren vom Gesetz? Kann man also der Strafe entlaufen? Mit Nichten. Und denk nicht, dass Solche allein zu Jerusalem gewesen seien, sondern sie finden sich auch bei uns, die wohl der Kirche gar nahe sind und gleichwohl nicht hineinkommen, oder, die zwar zur Kirche gehen, aber mittlerweile mit ihren Gedanken anderswo sind. und bekümmern sich mehr mit Kaufen und Verkaufen und anderer Hantierung. Das heisst aber nicht den Tempel zum Bethaus machen, noch der Lehre des Gesetzes recht gebrauchen. Dazu kommt noch Das, dass sie die schönen Trostsprüche entbehren. Denn ihre Vernunft sagt ihnen, dass es nicht recht sei und wird die Länge nicht gut werden, dass sie ein so gottlos Leben führen. Sie denken aber dagegen: O ich weiss es wohl, doch ist Gott gnädig, er wird nicht so genau mit mir rechnen. Und da sie es gleichwohl nicht dürfen öffentlich reden, so beweisen sie doch in Worten, dass Solches ihre Gedanken seien. Ist aber Das recht? Und weil es uns im Fleisch und Blut steckt, so muss man immer warnen, dass man auf solche Weise nicht recht vom Gesetz Gottes gedenke, noch den Tempel zum Bethause mache und damit die Strafe vielmehr über sich führe. Das ist Eins auf der einen Seite. Weiter sagt der Pharisäer, er habe al*o gelebt, dass er die Gebote Gottes gehalten habe und sich gehütet vor Dem, das Gott verboten hat. Trifft er's dann recht mit der Lehre des Gesetzes? Macht er aus dem Tempel ein Bethaus? Der Herr Christus sagt, er sei nicht gerechtfertigt hinabgegangen in sein Haus. Darum fehlt's ihm auch. Wie denn? Wenn sich ein Mensch befleissigt, auf Gottes Wegen zu wandeln in guten Werken (Eph. 2); wenn er vom Bösen ablässt und thut Gutes, ist Das unrecht? Nein, denn Das ist Gottes Wille, eure Heiligung, 1. Thessal. 4. Wir sind Schuldner nicht dem Fleische, dass wir nach dem Fleische leben. Und dass der Pharisäer Gott für solche Wohlthat dankt, ist auch recht. Denn der Mensch soll erkennen, dass er Fleisch und Blut ist und leicht straucheln oder fallen kann. Wer denn nicht fehlt, Der hat Gott zu danken. Und der liebe Paulus danket Gott oft, dass er nicht ist wie Andere in der Welt. Was mangelt denn diesem Pharisäer? Warum spricht ihn der Herr Christus nicht gerecht? Wie macht er den Tempel zur Mördergrube? Das lerne, dass du dich davor hütest. Es mangelt ihm daran, dass er das Gesetz nicht recht gelernt hat und denkt, er hab's völlig gehalten und Mehr gethan, als er sei schuldig gewesen und habe also Werke des Uebermaasses; denn Gott hatte nur ein Fasten angeordnet allein auf einen Monat im Jahr, nämlich auf den zehnten Tag des siebenten Mondes (Levit 16) Zach. 7. ist noch hinzukommen ein Fasten im fünften Monde. Hier aber sagte der Pharisäer, er faste in einer Woche zwier. Item, Gott hat verordnet von gewissen, namhaften Früchten, sie sollten den Zehnten geben zur Erhaltung des Gottesdienstes und zur Steuer der Armen. Dieser aber rühmet sich, er gebe den Zehnten von Allem, was er habe, nicht allein von Dem, was Gott geboten hat, und will damit gesehen sein, als hab' er ein Übriges gethan. Das mangelt ihm, Das thut ihm auch den Schaden, da er doch noch nicht einmal hat recht angefangen, die zehn Gebote zu halten, wie auch der Schriftgelehrte Luc. 10. Denn der Herr sagt: Thue Das, du meinest, du habest bereits Alles gethan, aber es heisst: Thue Das, fang' es erst recht an. Item, dieser Pharisäer hat noch nicht recht gelernt aus dem Gesetz das erste und letzte Gebot, da Gott von uns einen vollkommenen und den reinsten Gehorsam erfordert, dass nicht ein Tüttel fehle; und weil wir denselbigen nicht leisten können, desswegen sagt Esaias von seiner und aller Propheten Gerechtigkeit, dass sie sei unrein wie ein beflecktes Tuch. Und St. Paulus, der es so hoch gebracht hat, dass er sagen kann: Es ist mir Nichts bewusst (1. Cor. 4), — spricht gleichwohl Phil. 3., dass er seine Gerechtigkeit achte wie Dreck und für Nichts. Dagegen meint dieser Pharisäer, dass er durch seine unvollkommenen Werke werde selig werden und bedürfte keiner Gnade und Vergebung der Sünden. Und dazu ist auch der Teufel ein Meister; denn wenn er siehet, dass du einen guten Vorsatz hast, dass er dich nicht kann in Sünde stürzen, so wendet er sich alsbald und will dich auf solche Gedanken verleiten, dass du deine guten Werke hinanflickest an den Artikel der Rechtfertigung und denkst: Siehe, Dieser oder Jener ist ein grosser Sünder, Das bin ich gleichwohl nicht, darum werde ich besser sein und Gott näher.

Da sieltest du nun, dass man das Gesetz also müsse lernen und studiren, auch also üben, dass du auch in deinem besten Leben und gutem Fürsatz dennoch lernest aus dem Gesetz dich demüthigen, deine Schuld erkennest und nicht allein mit dem Mund, sondern auch mit dem Herzen im Gebet mit Gott Sprache haltest und das Gesetz also übest und gebrauchest, dass du gedenkst: Ach, Herr, dass ich nicht gefallen bin in grobe Sünde, das dank' ich Dir; jedoch aber, wenn ich mein Leben halte gegen das Licht der zehn Gebote, so befinde ich daraus meine Schwachheit, und wie mir das Böse anhängt, und dass es nicht von Herzen geht, was ich Gutes thue; bitte derwegen mit dem lieben David im 143. Psalm: Herr, gehe ja nicht in's Gericht mit deinem Knecht, denn vor Dir wird kein Lebendiger bestehen. Das fehlet diesem Pharisäer im Gesetz, und das sind Die, welche den Tempel Gottes zur Mördergrube machen, so Viel das Gesetz anlanget.

Weiter aber. Denn Dies ist noch nicht genug, sondern siehe auch an den Zöllner, der im Gesetz aus dem Tempel ein Bethaus macht. Denn er nicht allein erkennet und sagt, was er für Sünde an ihm selbst fühle wider das erste, andere und folgenden Gebote, sondern er siehet auch, was der Sünder Sold sei, und was er damit verdient habe, und trachtet danach mit Ernst, dass er der Sünden los werde und die Seligkeit erlange. Wenn du nun beten willst und mit Gott reden, so gewöhne dich dazu, dass du diese Lehre also auf deine Person ziehest, dass du erkennest deine verderbte Natur, Geberde und Zuneigung, und dass du zum Bösen willig und bereit bist, zum Guten aber untüchtig, und sprichst da nicht so leichtfertig überhin: Ja, ich habe gesündigt, Gott ist barmherzig, ich will in Sünden verharren und hoffe dennoch selig zu werden. Denn wo du also thust, so machst du aus dem Tempel eine Mördergrube. Sondern vielmehr, wenn du siehest, was Gott verbeut, und wie du dagegen gehandelt habest, dass du denn nach dem Exempel des Zöllners stehest von fern, schlagest an deine Brust, da das Herz ist, daraus alle Bosheit kommt (Matth. 5), und thust dein Bekenntniss mit dem Zöllner, entschuldigst deine Sünde nicht, rühmst dich auch ihrer viel weniger, als hättest du noch recht gethan, trauest auch nicht auf dein eigen Verdienst, sondern demüthigst dich, auf dass dich Gott erhöhe, und wissest, ob du gleich nicht 500 Groschen schuldig bist, so sei doch deine Schuld 50 und so Viel, dass du es auch nicht könnest in Ewigkeit bezahlen, und derwegen bittest: Gott sei mir Sünder gnädig. Siehe, so soll man das Gesetz lehren und gebrauchen, und wenn wir's vergessen, so werden wir Dessen erinnert durch die öffentliche Beichte. Das ist Eins vom Gebrauch des Gesetzes.

Vom andern Stück.

Das andere Stück ist davon, wie man den Artikel der Rechtfertigung oder den Glauben also lernen, fassen und üben soll, damit der Tempel bei uns ein Bethaus sei. Wir wollen aber hier diese Lehre nicht nach Nothdurft vollkömmlich handeln, sondern allein so Viel davon berichten, wie du sie seliglich gebrauchen mögest, dass der Herr Christus auch von dir sage: Der ging hinab gerechtfertigt in sein Haus. Wenn du nun mit Gott handeln willst und kommst mit einem harten Nacken, eiserner Ader und eherner Stirn und richtest den Kopf auf, als hättest du recht gethan, wenn du bist ein Räuber und Ungerechter, so gefällst du Gott nicht, wirst auch nicht gerecht gesprochen; denn du musst vor Gott eine Gerechtigkeit bringen, weil Gott sein Gesetz nicht kann fallen lassen, Matth. 5. Luc. 12. Und wenn du auch zum Altar kommst, und stehest mit deinem Bruder nicht wohl (Matth. 5), so bist du gleichfalls nicht in rechter, wahrer Busse, wenn du gleich sprichst: Ich bin ein armer Sünder, gebrauchst auch der Lehre von der Rechtfertigung nicht recht. Du sollst aber auch dein eigen Verdienst oder Gerechtigkeit nicht dahin bringen, wenn du mit Gott handelst über deine Versöhnung. Denn du siehest hie, wie gefährlich Solches ist, und wenn man die Leute weiset auf ihre eigenen Werke, als nöthig und förderlich zur Seligkeit, so wird aus dem Tempel eine Mördergrube, und die Leute werden in's Verderben gebracht. Aber der Zöllner nimmt's recht für, der gedenkt: Ach, ich hab's wohl gewusst, dass es recht war, und hab's leider gleichwohl gethan und dich erzürnet und betrübet, nun schäme ich mich, dass ich nicht darf meine Augen aufheben, demüthigt sich derwegen, doch nicht, wie es die Maler machen, dass der Pharisäer dasteht mit einem langen Kleide, stattlich und mit aufgerichtetem Angesicht, als wenn Das die Hoffahrt wäre, die neben ihr zum Gefährten hat das ewige Verderben; der Zöllner aber in einem grauen, schlechten Kleide, mit einem Filzhütlein, als wenn eben Dieses die rechte Demuth wäre. Nein, die Zöllner sind nicht so geringe Leute gewesen, sondern reich, gross und ansehnlich, wie Cicero bezeugt; — sondern er schlägt an seine Brust, als den Brunnen aller Sünde und gedenkt: Ach, Herr, wenn du wollest mit mir in's Gericht gehen, so wäre ich verloren! Das erkennt er und lässt's ihm leid sein, und verzagt gleichwohl nicht, läuft auch nicht weg, sondern sagt: Gott sei mir armem Sünder gnädig. Das ist ein kurz, aber sehr schön Gebet; denn er gebraucht ein solches Wörtlein, damit der Gnadenstuhl genennet ward, davon gesagt wird Exod. 17., da Gott hatte verordnet, eine Lade des Bundes zu machen von dem köstlichen Holz, mit feinem, dichtem Golde überzogen, darin verwahret worden die beiden steinernen Tafeln, darauf die zehn Gebote geschrieben waren. Über der Lade war eine Decke von lauterem Golde, welches hiess der Gnadenstuhl, darüber waren zween Cherubim, die mit ihren Flügeln den Gnadenstuhl bedeckten. Da hatte Gott zugesagt, dass er da wollte erscheinen und gnädig sein, welches ein schön Bild und liebliche Bedeutung war. Denn das Gesetz ist uns im Wege, dass wir Gott nicht können gefallen. Aber die Decke aus lauterem Golde bedeutet des Herrn Christi vollkommenen Gehorsam und Heiligkeit, und wenn die kommt zwischen Gott und unsere Sünde, wider die zehn Gebote begangen, so kann und will Gott gnädig sein.

Da denkt nun der Zöllner also: Herr, wenn du wolltest die Lade aufthun und darinnen die zehn Gebote ansehen und meine vielfältige Sünde, die ich wider die zehn Gebote begangen habe, so würde es übel um mich stehen. Du hast aber wollen die Lade lassen zudecken mit einer güldenen Decke, Dess getröste ich mich und bitte, Du wollest mich armen Sünder bedecken mit dem Gnadenstuhl und mir gnädig sein. Ich erkenne, dass ich ein armer Sünder bin, und wenn meine Werke sollten bloss erscheinen vor dir, so weiss ich, dass ich würde verdammt werden. Aber du hast die zehn Gebote bedeckt in der Lade mit dem güldenen Gnadenstuhl, decke auch meine Sünde mit dem rechten Gnadenstuhl, deinem lieben Sohn und seiner Heiligkeit, und sei um Dess willen mir armem Sünder gnädig.

Also bringt er vor den Thron der Majestät Gottes nicht seine Sünde; denn um derselbigen willen wird er nimmermehr können gerechtfertigt werden. Er Dringt auch nicht seine eigene Gerechtigkeit; denn die ist unvollkommen und mit Sünden befleckt, sondern die Gerechtigkeit Christi, durch wahren Glauben ergriffen.

Was saget nun darauf? Antwort: Der, welcher ein Richter sein wird über Todte und Lebendige, sagt, er sei gerechtfertigt hinabgegangen in sein Haus, das ist, er habe Vergebung der Sünden, Gottes Gnade und in Hoffnung die ewige Seligkeit.

Siehe, Das heisst recht den Tempel zum Bethaus machen. Da er aber gerechtfertigt ist, soll er nun in Sünden leben wie vor? Nein, sondern in aller Gottesfurcht in guten Werken sich üben, dass er nicht mehr in Sünde falle. Und da er ja einen Anstoss bekommen, dass er denn alle Zeit bei dem Gebet bleibe: Gott sei mir Sünder gnädig! So muss man den Artikel von der Rechtfertigung lehren, studiren und üben, dass der Tempel ein Bethaus sei, dass du nicht gedenkst: Ich bin ein Sünder; was schadet es? Ich kann gleichwohl gerechtfertigt und selig werden; denn Gott ist gnädig und barmherzig. Dass du auch nicht dein eigen Verdienst vor Gott bringest, sondern erkennest deine Sünden, und auch in deinem besten Leben dich demüthigest und nicht sagest: So fromm bin ich, darum wird mir Gott gnädig sein, sondern wie Magdalena, der Schächer am Kreuz, David, Petrus und Andere, die alle Zeit bekannt haben: Herr, wer wird bestehen? Solche Demuth gefällt Gott wohl. So siehe nun darauf, wie oft du dich vor Gott einstellest, dass du handelst über deine Rechtfertigung! Viele achten's nicht, die Andern greifen's unrecht an. Wie thust du ihm? Da siehest du, dass es eine nöthige Erinnerung ist, dass du nicht aus dem Tempel eine Mördergrube machest bei dem Artikel der Rechtfertigung. Und weil wir Solches auch bei diesem Stück oft vergessen, darum wird öffentlich nach der Predigt die Beichte abgelesen, da die Summa des Evangelii verfasset ist, damit du also vom rechten Gebrauch desselben berichtet werdest und nicht in Sünden fortfahrest, dich auch nicht erhebest bei deinem guten Fürsatz, sondern dich demüthigest, auf dass dich Gott erhöhe, Luc. 14. Das ist das Andere vom rechten Gebrauch der Rechtfertigung.

Vom dritten Stück.

Zum Dritten sehen wir hier, wie man die Lehre vom Gebet recht handeln und gebrauchen soll. Davon sagt der Text also: Zween Menschen gingen hinauf in den Tempel zu beten. Das gehört in den dritten Theil des Katechismi, welche Lehre wir jetzt auch nicht vollkommen erklären, sondern allein darauf sehen, dass auch in diesem Stück der Tempel Gottes bei uns ein Bethaus sei. Die nun nicht beten, Die machen den Tempel zur Mördergrube, Das ist offenbar. Wir aber beten ja, Beide, ein Jeder für sich und in der ganzen Gemeinde, welches ein grosser Ruhm ist dieser Kirchen vor Gott und allen gottseligen Leuten. Ist denn nun der Tempel Gottes bei uns eitel Bethaus? Ach leider nein; denn wenn das Gebet nicht von Herzen geht, sondern du fährst also heraus: Gott, gieb mir Dieses, gieb mir Jenes, wende diese Krankheit von uns, ich kann sie nicht länger ertragen; item, wenn Gott mit der Hilfe verzeucht, und du wirst darüber ungeduldig; item, wenn du nicht betest im Namen Jesu Christi: so betest du nicht recht, sondern machst aus dem Tempel gleichwohl eine Mördergrube, auch mit Beten. Darum lerne es besser vom Zöllner, der sagt: Ach, Herr, ich bin ein grosser Sünder, vergieb mir meine Sünde und nimm mich zu Gnaden an. Das soll das Erste und Fürnehmste sein im Gebet. Und wenn dann derselbe Grund gelegt ist, so bitte weiter, was dir Gutes von Nöthen ist, befiehl es aber Gott in seinen gnädigen Willen und erkenne deine Unwürdigkeit und setze dein Vertrauen allein auf das Verdienst des Herrn Christi, wie es fürgebildet ist 1. Kön. 8., so wird dir Gott gewiss geben, was dir nütz und heilsam ist, Beide, an Leib und Seele. Und wenn er dich erhöret hat, so danke ihm auch. Prüfe dich aber, wie oft betest du also: Dankest du auch? Und damit du ermahnet werdest, desto fleissiger zu beten, ist Das auch mit gefasst in die öffentliche Beichte: Herr, ich bitte dich, du wollest mir alle meine Sünde vergeben. Also soll die Lehre des Gebets gehandelt und geübet werden, und wenn wir also den Tempel zum Bethause machen, wollen wir hoffen, Gott wolle uns gnädiglich mit der Strafe übersehen, die wir mit unseren Sünden verdienet haben.

Das ist also auch kürzlich vom dritten Stück, wie wir im Tempel unser Gebet üben sollen, und wenn uns Gott erhöret und giebt, was wir von ihm begehren, wie wir ihm alsdann auch danken sollen mit demüthigem Herzen.

Und hätten nun also kürzlich aus dieser Predigt zu behalten diese drei Stücke: Erstlich, wie wir im Tempel Gottes uns erinnern sollen, wie wir mit Gott stehen, ob wir auch mit groben Sünden behaftet sein, oder, wo Das nicht ist, ob wir auch sonst uns gar zu fromm und heilig achten, da uns auch Gottes Wort Beiderlei weiset, warum wir sollen wiederkehren und uns nicht zu weit mit unserer Vernunft und Gedanken hinausbegeben. Zum Andern, wie wir uns in dem Artikel der Rechtfertigung christlich sollen üben, dass wir abermals nicht auf einer oder der anderen Seite zu weit gehen. Und dann zum Dritten, wie wir unser Gebet sollen thun, dass es Gott gefalle, und, wenn wir erhöret sind, auch Gott christlich danken. Das ist's, das eure Liebe aus dieser Predigt behalten soll, dass er ihm also auch dies Evangelium könne christlich zu Nutze machen. Amen.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/c/chemnitz/chemnitz-predigt2.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain