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Calvin, Jean - Psalm 40.

Calvin, Jean - Psalm 40.

Inhaltsangabe:David war aus großer Gefahr errettet, ja vielleicht nicht nur aus einer, sondern aus vielen. Deshalb preist er herrlich Gottes Gnade und bricht bei dieser Gelegenheit in Bewunderung der Vorsehung Gottes aus, die sich über das ganze menschliche Geschlecht erstreckt. Darauf gelobt er, dass er sich dem Herrn ganz übergeben wolle, wobei er in Kürze beschreibt, wie man Gott in rechter Weise verehren muss. Bald kehrt er aufs Neue zur Danksagung zurück und verkündigt mit vielen Lobeserhebungen Gottes Ruhm. Endlich beklagt er sich über seine Feinde und schließt den Psalm mit einer neuen Bitte.

V. 1 u. 2. Ausharrend harrte ich des Herrn. Der Anfang des Psalms ist eine Danksagung, bei der David erwähnt, dass er nicht nur aus einer Gefahr, sondern vom drohenden Tode errettet wurde. Einige denken hierbei an eine Krankheit. Das ist aber unbegründet; es ist vielmehr anzunehmen, dass David hier viele Gefahren, die er bestanden hatte, zusammenfasst. Gewiss war er mehr als einmal in Todesgefahr, so dass er mit Recht sagen konnte, dass er von einem brausenden Strudel verschlungen und in Schlamm versenkt worden sei. Die Festigkeit seines Glaubens zeigt sich aber darin, dass er nicht aufhörte, auf Gott zu hoffen, obgleich die lange Dauer seines Leidens ihn ungeduldig machen konnte. Er sagt nämlich nicht einfach, dass er gewartet habe, sondern die Wiederholung zeigt, dass er lange in Angst war. Je länger daher diese Versuchung sich hinzog, ein umso herrlicherer Beweis seines Glaubens war es, dass er diese Verzögerung mit gefasstem und ruhigem Gemüt ertrug. Kurz: obgleich Gott mit seiner Hilfe wartete, so wurde David doch nicht durch Überdruss mutlos, - und als er einen rechten Beweis seiner Geduld gegeben hatte, wurde er endlich erhört. Ferner wird uns durch seine Erfahrung eine nützliche Lehre gegeben: wenn Gottes Hilfe nicht alsbald erscheint, sondern uns vielmehr absichtlich in Spannung und Angst hält, so dürfen wir doch nicht weichen, da der Glaube nur durch lange Geduld recht bewährt wird. Auch der Ausgang, von dem David berichtet, soll unseren Mut beleben. Denn wenn Gott auch langsamer hilft, als wir in unserem brennenden Verlangen wünschen, so täuscht er uns doch nicht, wenn er auch sich nicht zu rühren und überhaupt nicht auf uns zu achten scheint. Wenn nur die unbesiegbare Kraft des Glaubens uns aufrechterhält, so wird endlich die gelegene Zeit zu unserer Erlösung kommen.

V. 3. Und zog mich aus der brausenden Grube.Andere übersetzen „verderbliche Grube“, was das betreffende Wort auch wohl bedeuten kann. Passender scheint es doch, an das Bild eines tiefen, mit heftig brausendem Wasser angefüllten Schlundes zu denken. David will sagen, dass er dem Tode so nahe gewesen ist, als wenn er in einem tiefen Strudel, in dem das Wasser gewaltig braust und zischt, geworfen wäre. Dass er im Schlamm steckte, deutet auf zähes Unglück, welches ihn derartig umklammerte, dass es fast unmöglich wurde, ihn herauszureißen. Dann aber berichtet er von einem plötzlichen, fast unglaublichen Umschwung, der Gottes Gnade in das hellste Licht stellt. Der zuvor ganz vom Wasser überschüttet war, kann nun sagen: Gott stellte meine Füße auf einen Fels. Dessen Füße zuvor auf schlüpfrigem Grunde ausglitten und im Schlamm stecken blieben, rühmt nunmehr, dass er gewiss treten kann. Aus alledem ergibt sich der Schluss, dass Gott ihm ein neues Lied in seinen Mund gegeben habe. Damit beschreibt er das Ziel, welches Gott mit seiner Erlösungstat verfolgt. Denn in welcher Weise auch immer Gott uns hilft, so fordert er dafür von uns keine andere Bezahlung, als dass wir dankbar seien und seiner gedenken. So oft er uns Wohltaten erweist, öffnet er uns den Mund, um seinen Namen zu preisen. Da also Gott, wenn er sich gütig gegen uns zeigt, uns dadurch einlädt, sein Lob zu singen, so behauptet David mit Recht, dass ihm Stoff zu einem neuen Liede gegeben wurde, als er eine so wunderbare Rettung erfuhr. „Neu“ heißt sein Lied, weil es ebenso einzigartig und herrlich klingen soll, wie die erlebte Durchhilfe ungewöhnlich und ewig denkwürdig war. Wenn es sich nun auch für uns schickt, dass wir auch die kleinste Wohltat Gottes preisen, so ist es doch billig, dass wir umso kräftiger zu dieser Übung der Frömmigkeit uns entzünden lassen, je mächtiger Gott seine Hand offenbart, um uns zu helfen, damit unsere Lieder der Größe seiner Gnade entsprechen.

V. 4. Das werden viele sehen usw. Die Hilfe, die David erfahren, soll auch in weitere Kreise hineinwirken und ein öffentliches Denkmal werden. Und gewiss ist es Gottes Wille, dass die Wohltaten, die er den einzelnen Gläubigen erweist, als Zeugnisse seiner fortdauernden Güte gegen alle erkannt werden, damit die einen durch die Erfahrung der anderen sich belehren lassen und nicht daran zweifeln, dass dieselbe Gnade auch für sie da sei. Jedoch scheinen die Ausdrücke „fürchten“ und „hoffen“ auf den ersten Blick nicht zusammen zu passen. Aber David verbindet sie nicht ohne Grund miteinander. Denn nur der wird lernen, auf Gott zu hoffen, der vorher schon mit Ehrfurcht vor ihm erfüllt ist. Unter der Furcht Gottes ist hier nämlich allgemein die fromme Gesinnung zu verstehen, welche durch die Erkenntnis seiner Macht, Billigkeit und Milde in uns erzeugt wird. Allerdings ist das Gericht, das Gott an den Feinden Davids vollzogen hat, imstande, alle zu erschrecken. Aber nach meiner Ansicht meint David hier, dass durch das Heil, das er erfahren hat, viele erweckt werden sollen, sich dem Herrn zu übergeben: so werden sie sich bestimmen lassen, voller Ehrfurcht unter seiner Herrschaft zu bleiben, weil sie ihn als den gerechten Richter erkannt haben. Wer sich aber von Herzen der Herrschaft Gottes unterworfen hat, der wird notwendig mit der Ehrfurcht auch die Hoffnung verbinden, besonders wenn er sich das Zeugnis der Gnade, durch das Gott alle gemeinsam zu sich einlädt, vor Augen hält. Wir haben ja schon gesagt, dass wir darum an Gottes Barmherzigkeit und Guttätigkeit gegen andere erinnert werden, damit wir daraus die Überzeugung gewinnen, dass er sich auch ebenso gegen uns stellen werde. „Sehen“ sollen die Menschen übrigens nicht bloß mit leiblichen Augen, sondern vor allem mit dem Auge des Geistes. Denn wenn auch alle ohne Unterschied das sahen, was geschah, so kam es doch vielen gar nicht in den Sinn, zu erkennen, dass die Befreiung Davids Gottes Werk war. Weil also nur zu viele in der Beobachtung der göttlichen Werke blind sind, so gelten nur die für sehend, denen der Geist der Erkenntnis gegeben ist, so dass sie nicht bei den Ereignissen stehen bleiben, sondern im Glauben die verborgene Hand Gottes schauen.

V. 5. Wohl dem usw. David erzählt nun, welchen Stoff zu guter Hoffnung seine Errettung allen Frommen geben wird. Diese werden alle Lockungen der Welt verachten und sich sicher seiner treuen Leitung anvertrauen und nicht nur davon überzeugt sein, dass diejenigen glücklich sind, die auf Gott vertrauen, sondern auch, dass alle entgegengesetzten Hoffnungen trügerisch und verflucht sind. Denn diese Überzeugung ist uns nicht angeboren, sondern teils aus Gottes Wort, teils aus seinen Werken gewonnen. Freilich wird, wie wir schon sagten, der Anblick der Werke Gottes allein dieses Licht nicht in uns entzünden, wenn Gott uns nicht mit seinem Worte voranleuchtet und uns darin sein Wohlwollen offenbart. Wenn er uns aber zuerst verheißt, dass er uns gnädig sein werde, und uns dann durch sichere Beweise seine Güte bezeugt, so versiegelt er uns mit der Hand, was er mit seinem Munde geredet. Darum hat David mit gutem Grund darauf hingewiesen, dass seine Errettung aus dem Abgrund des Todes für die Gläubigen ein Erfahrungsbeweis dessen wurde, wovon der Mensch von Natur sich nicht leicht überzeugt, dass nämlich glücklich ist, wer sich allein mit Gott zufrieden gibt. Weil nun weiter die Eitelkeit unseres Sinnes und fast immer nach unten zieht und wir uns nur zu leicht täuschen und durch böse Beispiele irreführen lassen, fährt David fort: Wohl dem, der sich nicht wendet zu den Hoffärtigen. Andere übersetzen: „zu den Großen“ und verstehen darunter die Reichen und in dieser Welt Angesehenen, deren Macht und Mittel uns nur zu leicht innerlich fesseln, als hinge von solchen Dingen das Glück ab. Aber die Fortsetzung zeigt, dass die betreffenden Leute mit Lügen umgehen.Es ist also an hoffärtige Menschen zu denken, die Gott verachten und das höchste Glück in Selbstüberhebung, räuberischem Betrug und Verschlagenheit suchen. Und doch wird sich das Alles als Lüge und Selbstbetrug erweisen: denn solche Selbstüberhebung setzt Luftgebilde an die Stelle Gottes. Wer sich selbst auch nur das Geringste anmaßt und sich vom Winde des Hochmuts aufblasen lässt, schmeichelt sich in sein eigenes Verderben hinein. Wir sollen uns also durch das Beispiel solcher Leute nicht verführen lassen, was nur zu leicht geschieht, wenn ihnen zunächst alles nach Wunsch geht und ihre trügerischen Hoffnungen sich zu erfüllen scheinen. Gegenüber allen solchen Verlockungen zum Abfall sollen wir unsere Gedanken in den Schranken des reinen Vertrauens auf den einigen Gott halten. Alles in allem: der Stolz und die Eitelkeit werden hier der frommen Zuversicht, die sich allein auf Gott stützt, gegenübergestellt. Denn dem Fleische fällt nichts schwerer, als sich nur auf Gott zu verlassen, und die Welt ist immer voll stolzer Leute, die ihr Gefallen an eitlen Verführungen haben; und diese würden die Herzen der Frommen bald schwankend machen, wenn sie sich nicht diesen Zügel anlegten, um alle verkehrten und ausschweifenden Gedanken in Schranken zu halten.

V. 6. Herr, mein Gott, groß sind deine Wunder.David überdenkt hier mit Bewunderung die Vorsehung Gottes, mit welcher er das menschliche Geschlecht regiert. Dass Gottes Wunder groß sind, deutet auf seine unerforschliche Weisheit, die sich in der Lenkung der menschlichen Geschicke offenbart: seine Werke übersteigen weit unser Verständnisvermögen, obwohl sie uns durch die tägliche Gewöhnung oft nur geringen Eindruck machen. Wir sehen also, dass Davids Gedanken von seiner persönlichen Erfahrung sich zur Feststellung einer allgemeinen Wahrheit wenden. Gott hat nicht nur durch eine Tat bezeugt, wie väterlich er für das menschliche Geschlecht sorgt, sondern seine wunderbare Vorsehung strahlt uns aus allen Teilen der Welt entgegen.

Deine Gedanken, die du an uns beweist, kann man nicht darlegen vor dir:sie sind uns zu hoch und verborgen. Gottes Weisheit, mit der er der Menschen Sachen lenkt, bleibt für uns so undurchsichtig, dass es uns nie gelingen wird, seine Werke gewissermaßen in ein übersichtliches System zu bringen. Unser Erkenntnisvermögen ist zu blöde, eine solche Höhe zu erreichen. Selbst wenn wir nach unseren kleinen Maßstäben einigermaßen begreifen, wie herrlich Gott für uns sorgt, so gilt dies doch, wie David ausdrücklich bemerkt, nicht vor Gott selbst: denn hinter seiner unendlichen Herrlichkeit bleibt unser Denken weit zurück. Dies wiederholt auch der nächste Satz: wer versucht, Gottes Werke zu verkündigen, wird alsbald innewerden, dass sie nicht zu zählen sind. Gewiss ist es eine fromme und heilige Übung, wenn Kinder Gottes die Werke des Herrn überdenken: aber sie werden über dämmernde Ahnungen dabei nicht herauskommen. Jetzt verstehen wir, was David will. Seine Erfahrung göttlicher Hilfe gab ihm Anlass, Gottes Vorsehung in der Erhaltung und Beschützung der Menschen im Allgemeinen zu preisen. Er tut dies zu dem Zweck, um die Gläubigen zu ermahnen, Gottes Vorsehung zu betrachten, damit sie unbedenklich alle ihre Sorgen auf ihn werfen. Wenn nämlich die einen vor Unruhe stöhnen, andere bei jedem Windhauch zittern, wiederum andere sich abquälen, sich durch irdischen Schutz zu sichern, so kommt dies aus der Unkenntnis dieser Lehre, dass Gott die Angelegenheiten der Menschen nach seinem Gutdünken regiert. Da nun die meisten die göttliche Vorsehung nach ihrem Sinne messen und sie infolgedessen verdunkeln und entwerten, so ist es klug von David, dass er sie so hoch stellt und dadurch dieses Hindernis fortnimmt. Unser Vers zielt also darauf, dass die Menschen in den Werken Gottes das mit Ehrfurcht ahnen sollen, was sie mit ihren Sinnen nicht wahrnehmen, und dass sie, so oft das Fleisch sie zum Widerspruch reizt, sich über diese Welt erheben. Wenn Gott zögert, wähnen wir, er schliefe, weil wir eben seine Hand an äußere Mittel gebunden denken und nicht verstehen, dass er sein Werk im Verborgenen treibt. Wir wollen aus dieser Stelle lernen, dass Gott, wenn wir auch den Grund seiner Werke nicht erkennen, doch immer in seinen Gedanken bewundernswert ist. Dieser Vers hängt aber mit dem folgenden zusammen: denn nur der wird recht auf Gott vertrauen, der sich mit geschlossenen Augen seinem Willen zur Leitung überlässt. Ferner hat es guten Grund, dass David, während er bis dahin in der dritten Person sprach, sich jetzt mit seiner Rede geradeswegs an Gott wendet. Er tut dies, um uns dadurch desto nachdrucksvoller zur Nüchternheit und Bescheidenheit zu erziehen. Wenn er übrigens sagt, dass Gottes Werke nicht genau erkannt werden können, so will er uns damit nicht von der Erkenntnis und Erforschung derselben abschrecken, sondern will nur unserer hochfliegenden Unbesonnenheit Schranken setzen. Wenn Gott auch hoch über uns erhaben ist, so müssen wir doch, soviel an uns ist, uns Mühe geben, durch fortwährende Fortschritte immer näher und näher an ihn heranzukommen. Wir sehen ja, dass Gott uns die Hand entgegenstreckt, um diese Wunder, die wir durchaus nicht fassen können, uns soviel als möglich zu offenbaren. Denn nichts ist verkehrter, als nach einer dummen Unwissenheit betreffs der göttlichen Vorsehung zu trachten, weil wir dieselbe nicht restlos begreifen, sondern nur stückweise ahnen können. Freilich sehen wir heutzutage, dass gewisse Leute mit aller Kraft die göttliche Vorsehung wegleugnen wollen, lediglich aus dem Grunde, weil sie unsere Erkenntnis übersteigt. Als ob es billig wäre, dem Herrn nicht mehr zuzugestehen, als wir mit unserem fleischlichen Sinn fassen können! Ganz anders David: weil er merkt, dass sein Scharfsinn durch den gewaltigen Glanz geblendet wird, so gesteht er, dass es sich um Wunder handelt, die er nicht begreifen kann. Trotzdem steht er nicht davon ab, sie zu erwähnen, ja nach seinem Maße ist er mit frommer Gesinnung eifrig bestrebt, sie zu bedenken. Daraus können wir abnehmen, welch eine törichte und vergebliche Vorsicht es ist, deswegen von Gottes Gedanken zu schweigen, weil sie uns zu hoch sind. Obgleich David der Last unterliegt, hört er doch nicht auf, emporzusteigen. Er verstummt nicht, weil seine Rede unzulänglich ist, - sondern er lässt seinen Glauben und sein Wort in anbetende Bewunderung ausklingen.

V. 7. Opfer und Speisopfer usw. Hier bringt David nicht nur ein Lobopfer oder „Farren der Lippen“ dar, wie der Prophet Hosea (14, 3) sich ausdrückt, sondern er opfert sich selbst ganz dem Herrn auf, um dadurch seine Dankbarkeit zu bezeugen. Er will etwa sagen, dass er sich nunmehr seinem Gott ganz ergebe, weil er ihm, dessen unglaubliche Kraft ihn gerettet, sein Leben jetzt zweimal zu verdanken habe. Dabei handelt er dann auch von dem wahren Gottesdienst. Er zeigt, dass dieser nicht in äußerlichen Handlungen besteht, sondern vielmehr geistlicher Art ist. Der Sinn dieser Worte ist mithin, dass David nicht nur mit äußerem Glanz und mit dem Schattenwerk des Gesetzes vor Gott hintreten, sondern ihm die reine Herzensfrömmigkeit darbringen will. Nun ist ja bekanntlich die Einwirkung der Religion auf das menschliche Gemüt eine so allgemeine, dass niemand sich ihrem Dienst offen und völlig zu entziehen wagt; dennoch bewegen sich aber die meisten auf vielverschlungenen Irrwegen. Sie dienen dem Herrn nur äußerlich und oberflächlich und spotten seiner beinahe damit. Aus diesem Grunde weist David darauf hin, was der vernünftige Gottesdienst sei, um sich von den Heuchlern zu unterscheiden, die sich mit ihrem Munde zu Gott nahen oder ihn doch nur durch inhaltslose und äußerliche Handlungen versöhnen wollen. – Ich komme jetzt auf die einzelnen Wörter. Ohne Zweifel bezeichnet David mit den vier Arten von Opfern, die er aufzählt, alle gesetzlichen Opfer. Daher ist der Inhalt dieser Stelle, dass Gott von seinen Verehrern keine äußerlichen Handlungen fordere, sondern zufrieden sei mit reiner Herzensgesinnung, Glauben und Heiligkeit des Lebens, dass er ferner kein Gefallen habe an dem sichtbaren Heiligtum, an Altar, Weihrauch, Lichtern, Opfern, glänzender Kleidung und äußeren Waschungen. Daraus folgert David dann, dass er bei seiner Gottesverehrung eine andere Richtschnur zu befolgen habe, dass er sich nämlich dem Herrn ganz übergeben müsse. Darauf deutet auch der Satz: die Ohren hast du mir aufgetan.Derselbe ließe sich im Allgemeinen etwa so verstehen: während die Menschen gewöhnlich taube Ohren haben, hat Gott sie dem David aufgetan, sodass er nun durch die Gnadenwirkung des heiligen Geistes gehorchen gelernt hat. Immerhin glaube ich, dass wir das Verständnis des Satzes noch genauer dem Zusammenhang anpassen müssen, in welchem vorher und nachher von den Opfern die Rede ist. David will sagen, dass er von den Opfern nicht eine so äußerlich irdische Vorstellung hege, wie die unverständige Volksmasse; sein Verständnis sei geläutert worden, sodass er das Gesetz tiefer auffasse und allen seinen äußeren Formen eine Beziehung auf die Verehrung Gottes im Geist zu geben wisse. Wir haben also unseren Satz uns wie in Klammern zu denken, etwa in dem Sinne: Was deine Gebote über die Opfer bedeuten – worüber du mir ja die Ohren geöffnet und die rechte Belehrung erteilt hast -, weiß ich recht gut: Du hast an ihnen an und für sich kein Gefallen, denn du bist Geist und hältst dich nicht bei irdischen Elementen auf, willst auch nicht Fleisch essen noch Blut trinken. Darum geht deine Forderung schließlich auf etwas Höheres und Besseres. Sollte jemand einwenden, dass Opfer doch kraft göttlichen Befehls dargebracht wurden, so habe ich schon gesagt, dass David hier den geistlichen Gottesdienst von dem schattenhaften unterscheidet. Es ist deshalb nicht zu verwundern, dass er in Rücksicht auf diesen Vergleich von den Opfern sagt, dass sie keinen Wert haben, da sie ja ein Hilfsmittel der Frömmigkeit waren, welches über sich selbst hinauswies. Hier war ein Elementarunterricht, durch welchen Gott sein Volk im Glauben und in der Buße üben wollte. Daraus lässt sich schließen, dass er nicht durch Opfer verehrt werden wollte. Denn wir müssen immer daran festhalten, dass Ordnungen, welche dem Herrn nicht an und für sich, sondern nur um eines anderen Zwecks willen wohlgefällig sind, vor ihm geradezu verwerflich werden, wenn man sie als den wahren Gottesdienst selbst ansieht.

V. 8 u. 9. Da sprach ich usw. Durch das Wort „da“ gibt David zu verstehen, dass er erst ein rechter Schüler wurde, als Gott ihm die Ohren öffnete; zugleich erklärt er, dass sein Geist erst willig und eifrig gehorchen lernte, als der Geist Gottes ihn durch geheime Einwirkung unterwies. Hier sehen wir deutlich den Unterschied zwischen dem wahren Gehorsam und einer knechtischen und erzwungenen Unterwerfung. Wir sollen also wissen, dass alles, was die Menschen Gott darbringen, eitel und unrein ist, wenn sie sich nicht selbst ihm weihen, und dass sogar dieses Opfer keinen Wert hat, wenn es nicht freiwillig ist. Zu beachten sind nämlich die Worte: „Siehe, ich komme“ und: „deinen Willen tu ich gerne.“ Diese Ausdrücke bezeichnen pünktlichen Gehorsam, Freiwilligkeit und standhaftes Ausharren. David will damit sagen, dass Gott zu dienen seine erste Sorge und sein größter Wunsch sei und dass er nicht nur mit freiwilligem Gehorsam sich dem Herrn zur Verfügung stelle, sondern auch fest entschlossen sei, sich an die wahre Regel eines frommen Lebens zu halten.

Dies letztere bringt der Satz noch deutlicher zum Ausdruck (V. 9): dein Gesetz hab ich in meinem Herzen.Denn daraus folgt doch, dass selbst die glänzendsten Werke der Menschen nur hohler Schein sind, wenn sie nicht aus der lebendigen Wurzel des Herzens erwachsen. Hände, Füße und Augen zur Beobachtung des göttlichen Gesetzes zu zwingen, hat wenig Wert, wenn der Gehorsam nicht von Herzen kommt. Übrigens ist es aus anderen Stellen der Schrift bekannt, dass es das eigentliche Werk des heiligen Geistes ist, Gottes Gesetz in unsere Herzen zu prägen (Hes. 36, 27, vgl. Jer. 31, 33). Aber Gott wirkt in uns nicht wie in Steinen. Er reißt er uns nicht fort, ohne dass wir es in unserem Herzen fühlen und innerlich bewegt werden. Von Natur haben wir einen Willen, der aber durch die Verderbtheit unserer Natur schlecht geworden ist, so dass er immer zum Sündigen geneigt ist. Diesen bessert Gott, so dass wir uns freiwillig für die Gerechtigkeit bestimmen, während früher alle unsere Neigungen ihm widersprachen. Dieses ist die wahre Frömmigkeit. Zu ihr gelangen wir dadurch, dass Gott unsere Herzen, die früher in der Knechtschaft der Sünde waren, zum Gehorsam gegen ihn umformt.

Im Buch ist von mir geschrieben.In welchem Sinne kann David insbesondere für sich in Anspruch nehmen, was doch allen Menschen insgemein gilt? Wenn das Gesetz für alle Menschen eine Regel heiligen Lebens vorschreibt, scheint doch nicht von einem oder nur von wenigen gesagt werden zu dürfen, dass es gerade nur in Rücksicht auf sie geschrieben sei. Ich antworte: Das Gesetz, in Buchstaben verfasst, bezieht sich allerdings auf alle gemeinsam. Da es aber tot ist, so kann es nichts auswirken. Deshalb lehrt Gott die Seinen noch in anderer Weise. Insofern als das Gesetz verinnerlicht und durch den Geist Gottes wirksam geworden ist, ist es ein besonderer Schatz der Gläubigen. In dem Geheimbuch Gottes ist nur von ihnen geschrieben, dass sie Gottes Willen erfüllen. Allerdings erschallt das Wort Gottes durch den ganzen Erdkreis, damit alle, die nicht gehorchen, keine Entschuldigung haben, aber es dringt nur allein in die Herzen der Frommen, zu deren Heil es bestimmt ist. Wie also ein Feldherr die Namen der Soldaten aufschreibt, sodass ihre Zahl fest bestimmt ist, und der Lehrer seine Schüler in das Verzeichnis einträgt, so hat auch Gott seine Kinder in dem Buche des Lebens verzeichnet, um sie unter dem Joch seiner Zucht zu halten. Nun bleibt noch eine Schwierigkeit übrig. Es scheint nämlich, dass der Apostel im Hebräerbrief (10, 5 ff.) dieser Stelle Gewalt antut, indem er, was von allen Erwählten ausgesagt wird, allein auf Christum beschränkt. Ferner behauptet er bestimmt, dass die Opfer des Gesetzes abgeschafft seien, während David nur aussagt, dass sie dem Herrn im Vergleich mit dem wahren Gottesdienste nicht angenehm seien. Drittens setzt er, indem er der griechischen Übersetzung folgt, statt: „die Ohren hast du mir aufgetan“ – „den Leib hast du mir bereitet.“ In Bezug auf Christi Person ist die Lösung leicht. David redet nämlich nicht nur in seinem eigenen Namen, sondern sagt, was allgemein für alle Kinder Gottes gilt. Sobald es sich aber um die Gesamtheit der Gemeinde handelt, müssen wir auf das Haupt derselben sehen. In Bezug auf die Abschaffung des Gesetzes bin ich der Ansicht, dass man sie recht wohl aus unserer Psalmstelle ableiten kann: dieselbe verwirft ja nicht wie viele andere Stellen (z. B. Jes. 1, 11. 15) nur die von Heuchlern dargebrachten Opfer. Hier sagt nämlich ein so treuer Gottesverehrer wie David, dass Gott an seinen Opfern keinen Gefallen haben würde. Er blickt also über die Opfer als solche hinaus, die nur kindliche Erziehungsmittel für das Volk des alten Bundes sind und dahinfallen müssen, wenn mit Christi Ankunft ihre Wahrheit und ihr Wesen erscheint. Wenn endlich der Apostel nach der griechischen Übersetzung das Wort „Leib“ gebraucht, welches wir bei David selbst nicht lesen, so ist dieses unanstößig, weil er Davids Worte nicht genau auslegen, sondern in freierer Weise für seinen Zweck verwerten will. Hatte er zuvor gesagt, dass durch Christi einiges Opfer alle anderen aufgehoben wurden, so fügt er dann hinzu, dass Christo ein Leib gegeben war, durch dessen Darbringung er Gottes Willen vollziehen wollte.

V. 10. Ich will predigen die Gerechtigkeit.Hier redet David aufs Neue von seiner Dankbarkeit, und zwar nur zu dem Zweck, um dadurch Gott zu bestimmen, in seiner Wohltätigkeit fortzufahren: denn so wie Gott sich jedes Mal, wenn er sich gütig gegen uns zeigt, uns dadurch zur Dankbarkeit auffordert, so bleibt er auch nur dann bei seiner alten Weise, wenn er sieht, dass wir dankbar sind und seiner gedenken. Mit dem Worte „Gerechtigkeit“ meint David schon die Gerechtigkeit Gottes, von der er gleich nachher handelt. Er versichert, dass er nicht nur in seinen Gedanken und für sich allein den Herrn gelobt habe, sondern dass er der Verkündiger seines Lobes in feierlicher Versammlung gewesen sei. Damals pflegten nämlich die Gläubigen, wenn sie eine besondere Rettung erfahren hatten, ihre Frömmigkeit durch Dankopfer zu bezeugen. Unter der großen Gemeinde haben wir uns also nicht eine Volksversammlung auf dem Markte oder eine gewöhnliche Zusammenkunft vorzustellen, sondern die Vereinigung der Gemeinde beim Heiligtum. Dort verkündigt David zur allgemeinen Erbauung feiernd Gottes Gerechtigkeit: denn wer sie nur in seinem Herzen verbergen wollte, würde an seinem Teil dahin wirken, Gottes Namen zu begraben. Dabei ruft David Gott zum Zeugen an, nicht nur, ums ich von den Heuchlern zu unterscheiden, die mit vollem Munde Gottes Lob verkündigen, ohne dass ihr Herz etwas dabei fühlt, sondern vor allem, um dadurch noch deutlicher zu bezeugen, dass er sich eifrig und aufrichtig Mühe gegeben habe, Gottes Lob zu erzählen, und dass es ihm am Herzen gelegen habe, dieses Lob in keiner Weise zu schmälern: Herr, das weißt Du.Diese Beteuerung erinnert uns aber auch daran, dass es sich hier um eine sehr wichtige Sache handelt. Denn, wenn auch Gott unserer Lobeserhebungen nicht bedarf, so will er doch aus vielen Gründen, dass wir uns gegenseitig zu dieser Übung anspornen.

V. 11. Deine Gerechtigkeit verberge ich nicht.Zu beachten ist die Häufung der Wörter, die zur Bezeichnung derselben Sache dienen: zur Gerechtigkeit Gottes fügt David dessen Wahrheit, Heil und Güte. Er tut dies, um durch viele Lobpreisungen Gottes Wohltat zu verherrlichen. Doch gilt es auch, auf den Unterschied zwischen den einzelnen Ausdrücken zu achten, weil erst dadurch klar heraustritt, wie überaus passend David sie zur Beschreibung der erfahrenen Hilfe gewählt hat. Wollen wir sie nach ihrem Verhältnis zueinander ordnen, so geht die „Güte“ oder das Erbarmen allen voran, wodurch allein Gott sich zu seiner herablassenden Hilfe bestimmen lässt. „Gerechtigkeit“ heißt dann sein konsequentes Wirken zum Schutz der Seinen und die Freundlichkeit, mit der er sie hegt. Um jeden Zweifel zu bannen, dass dieselbe in ununterbrochen gleichem Flusse bleiben wird, erinnert David weiter an Gottes „Wahrheit“. Dieses Wort lehrt uns, dass Gott immer der alte ist, nicht müde wird, zu helfen, und niemals seine Hand zurückzieht. Zugleich empfangen wir aber einen sanften Hinweis auf Gottes Verheißungen: denn niemand wird Gottes Gerechtigkeit fassen, wenn er sie nicht in seinem Worte ergreift, wo sie uns angeboten wird. Das „Heil“ oder die Rettung ist dann die Wirkung der göttlichen Gerechtigkeit: Gott gibt uns immer neue Beweise seiner Gunst und hilft uns fortwährend, bis er uns zum völligen Heil führt.

V. 12. Du aber, Herr, wollest deine Barmherzigkeit von mir nicht abwenden.Was wir schon sagten, wird jetzt deutlicher: David spricht deswegen von seiner Dankbarkeit, weil er bei Gott in Gunst bleiben möchte; er öffnet seinen Mund, des Herrn Lob zu singen, weil er neue Gnadenerweise hervorlocken will, denen unser böswilliges Schweigen sonst nur zu oft die Tür verschließt. Daher ist die Beziehung beachtenswert, die zwischen diesem und dem vorhergehenden Verse besteht. David sagt, dass er seinen Mund nicht geschlossen habe, damit auch Gott seinerseits seine Barmherzigkeit nicht zurückhalte. Daraus lernen wir, dass Gottes Güte immer zu unserer Hilfe bereit ist und sich wie eine unerschöpfliche Quelle für uns ergießt, wenn unsere Undankbarkeit nicht ihren Lauf hemmt. Die „Barmherzigkeit“ ist von der „Güte“ wenig verschieden, aber doch gefällt David sich nicht ohne Grund in dieser Abwechslung. Er kann sich eben nicht genug tun in der Erhebung der göttlichen Gnade. Zudem lag ihm daran, den tiefsten Quell der Gnade und Güte Gottes in seiner Barmherzigkeit aufzudecken, die ihn treibt, uns zu helfen. Sodann führt er es auf Gottes Güte und Treue zurück, dass sein Leben behütet bleibt: denn freilich muss Gottes freie Gnade den Anfang machen, wenn seine freundlichen Gaben zu uns gelangen sollen. Weil wir aber nicht eher fassen, dass Gott uns gnädig ist, als er uns seiner Liebe versichert, schließt sich der Hinweis auf seine Treue an, kraft deren er seine Zusagen wahrhaftig hält.

V. 13. Es hat mich umgeben Leiden ohne Zahl usw. David bezeichnet die Leiden, die er zu tragen hat, als eine Frucht und Wirkung seiner Sünden.Das ist ein demütiges Bekenntnis. Wir können daraus abnehmen, mit welcher Sanftmut und Ehrfurcht er sich den Gerichten Gottes unterwarf. Als Leiden ohne Zahl auf ihm lasteten, stellt er ihnen die Menge seiner Sünden gegenüber, um Gott nicht der Härte zu beschuldigen. Wenn wir nun sehen, dass selbst David so hart behandelt wird, so müssen wir daraus lernen, auch unter den schwersten Leiden unseren Richter demütig um Verzeihung zu bitten. Übrigens war David seinen Leiden gegenüber nicht gefühllos und unempfindlich. Er sagt: mein Herz hat mich verlassen. Er liegt also am Boden, nicht bloß wie ein gebrochener Mann, sondern wie völlig entseelt. Diese Klage ist aber nur der Ausdruck seines fleischlichen Gefühls. Denn seine Beständigkeit im Beten ist ein sicheres Zeugnis, dass der Glaube niemals ganz in ihm erloschen war. Da er jedoch, menschlich geredet, ratlos und kraftlos war, so sagt er nicht ohne Grund, dass sein Herz ihn verlassen habe.

V. 14 u. 15. Lass dir es gefallen usw. Dies Wort deutet auf einen Willensentschluss, den Gott in voller innerer Freiheit fassen soll. David wünscht also durch Gottes freie Gnade errettet zu werden. Das Gebet: eile, Herr – scheint unpassend. Denn wenn Gott zu zögern scheint, sollen wir wider unsere Leidenschaften ankämpfen. Doch erlaubt er uns in seiner Herablassung eine solche Form des Gebets, die ihn nach unserem Wunsche anzutreiben scheint.

Des Weiteren fordert David (V. 15), wie er dies öfter tut, seine Feinde vor Gottes Richterstuhl, und aus ihrer Grausamkeit und ihrem ungerechten und nichtswürdigen Hass gewinnt er die Zuversicht, dass sein Gebet erhört werden müsse. Wir dürfen nämlich davon überzeugt sein, dass Gott umso mehr geneigt ist, uns zu helfen, je unbilliger die Feinde uns belästigen und je grimmiger sie gegen uns wüten. Welch herrlicher Trost, dass Gottes Erbarmen wider ihre Bosheit streitet, und dass er umso gewisser bereit ist, uns zu helfen, je mehr jene vor Begierde brennen, uns zu schaden! Es ist schon einige Male gesagt worden, in welcher Gesinnung David solche Verwünschungen ausgesprochen hat. Doch ist es gut, dass wir es uns noch einmal ins Gedächtnis zurückrufen, damit keiner, der seinem Jähzorn die Zügel schießen lässt, sich auf Davids Beispiel berufe. Denn ein Eifer, der sich durch den Trieb des Fleisches statt durch die Inbrunst des heiligen Geistes bestimmen lässt, ist immer verdammenswert.

V. 16. Sie müssen in ihrer Schande erschrecken.Da Davids Feinde nur darauf aus sind, ihn durch Schmach zu überwältigen, um ihn, wenn er verloren und verzagt sein werde, frech zu verhöhnen, so wünscht er ihnen, dass eine ähnliche Schmach auf ihr Haupt zurückfalle. Im zweiten Gliede bezeichnet er dann genauer, welcher Art diese Schmähung war, indem er das Spottlied anführt, mit dem sie ihn in seinem Jammer und Elende verhöhnten. Hieraus lernen wir, dass wenn die Feinde uns heftig schmähen, dies ihnen nicht unbelohnt bleibt, da Gott das, was sie tun, auf ihr eigenes Haupt zurückwendet. Dieser Erkenntnis wird zugleich auch uns zur Mäßigung dienen, damit wir unseren Nächsten menschenwürdig behandeln.

V. 17. Es müssen dein sich freuen usw. Damit führt David einen – übrigens auch anderwärts benützten – weiteren Grund an, weshalb Gott ihm helfen müsse. Nicht als ob es nötig wäre, dem Herrn Gründe vorzutragen, um ihn zu überzeugen. Aber es ist nützlich, unseren Glauben durch solche Stützen zu stärken. Gott will von allen und nicht nur von dem einen und anderen als barmherzig erkannt werden. Wenn er einen der Seinen erlöst, so erweist er eine allgemeine Wohltat, die alle Gläubigen gemeinsam auf sich beziehen müssen. Denn so wie sie es bei dem einen Menschen sehen, wird Gott sich gegen alle erweisen, da er sich immer gleich bleibt. David sagt also, dass sein Gebet nicht bloß auf sein persönliches Anliegen, sondern auf die ganze Gemeinde zielt. Er bittet, dass Gott alle Heiligen erfreuen und ihnen allen zusammen Stoff zum Loben geben möge, damit sie seiner Hilfe versichert werden und sich dann freudig an ihn wenden. Nach alledem stellen wir fest, dass die Wohltaten, die Gott einem einzelnen erweist, für uns alle Unterpfänder seiner Güte sein wollen. Beachtenswert ist der Ausdruck: die dein Heil lieben.Er lässt ersehen, dass unser Glaube dem Herrn erst dann völlig gefällt, wenn er von ihm allein die Rettung erhofft und erbittet. Denn Menschen, welche in dieser Welt allerlei Hilfen zu finden wähnen, vernachlässigen und verachten das Heil, welches wir nach Gottes Willen von ihm erbitten sollten. Einen ähnlichen Sinn hat die kurz zuvor gebrauchte Wendung: die nach dir fragen.Denn wenn jemand ganz von Gott abhängig zu sein wünscht, so muss er notwendig alle falschen Hoffnungen fahren lassen und alle seine Sinne allein darauf richten, des Herrn Kraft zu umfassen.

V. 18. Und ich bin arm und elend usw. Dieser Schlussvers mischt unter die Danksagung noch einmal eine Bitte. Doch wäre auch möglich, dass David hier von einem Gebet berichtet, das ihm früher unter den Ängsten aufgestiegen war. Das Verhältnis der beiden Sätze ist möglicherweise dieses: „Obgleich ich arm und elend bin, hat Gott doch meiner gedacht.“ Denn wenn jemand elend ist und von der Welt verachtet wird, so bildet er sich auch meistens ein, dass Gott sich nicht um ihn kümmere. Es steht aber fest, dass unser Elend den Herrn nicht abstößt, so dass er sich dadurch abhalten ließe, für uns zu sorgen. Doch ist die einfacherer Verbindung wohl richtiger: Wenn ich arm und elend bin, sorgt Gott für mich. So hebt sich von diesem dunklen Hintergrunde Gottes Gnade strahlend ab. Käme er uns zu früh mit seiner Güte zuvor, ohne den äußersten Druck der Not abzuwarten, so würde uns seine gnädige Hilfe längst nicht so deutlich werden. Diese Gegenüberstellung verherrlicht so recht Gottes Ruhm bei der Erlösung Davids: Er hat einen verachteten und von allen zurückgestoßenen Mann, der aller Hoffnung und Hilfe beraubt war, für würdig erachtet, ihm die Hand zur Rettung zu reichen. Wenn nun selbst David so in Not kommen musste, so ist es nicht zu verwundern, dass gewöhnliche Menschen oft in derselben Weise gedemütigt werden, damit sie die Hand Gottes deutlich erkennen und anerkennen, die sie aus der verzweifelten Lage herausriss. Der einfache Sinn der nachfolgenden Bitte wird nun der sein: Weil du, Herr, mein Helfer und Erretter bist, so verzeuch nicht! Da es widersinnig sein würde, sich mit einem zweifelnden und schwankenden Herzen zu Gott zu nahen, so schöpft David nach seiner Gewohnheit Zuversicht aus seiner bisherigen Erfahrung: er ist überzeugt, dass ihm die Hilfe, die er bis dahin erfuhr, auch in Zukunft nicht fehlen könne.

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