Blumhardt, Christoph - Andachten zum Buch Hiob

Blumhardt, Christoph - Andachten zum Buch Hiob

Hiob 4,17f.

Wie mag ein Mensch gerechter sein denn Gott? Oder ein Mann reiner sein denn der ihn gemacht hat? Siehe, unter Seinen Knechten ist keiner ohne Tadel, und in Seinen Boten findet Er Torheit.“ („Wie kann ein Mensch gerecht sein vor Gott oder ein Mann rein sein vor dem, der ihn gemacht hat? Siehe, Seinen Dienern traut Er nicht, und Seinen Boten wirft Er Torheit vor.“)

Dieses Wort ist nicht von einem Manne, der in allem recht redet; sondern es redet einer von den leidigen Tröstern Hiobs. Eliphas ist es, der den geschlagenen Mann Hiob bei sich nur beschuldigen kann, als wäre er ein großer Sünder, weil ihn Gott sonst nicht so danieder gelegt hätte. Lange hatte Eliphas geschwiegen. Als es aber zuletzt so vorkam, als wollte Hiob mit seinen starken Klagetönen gerechter und reiner sein als Gott, da empörte ihn das; und er sagte unter anderem: „Wie mag ein Mensch gerechter sein denn Gott? oder ein Mann reiner, denn der ihn gemacht hat?“

Eliphas redet harte Worte, insofern als er dem armen Hiob zu verstehen gibt, daß er nun eigentlich nicht mehr viel auf seine Frömmigkeit halte.

Eine solche Sprache sollten wir gegen Unglückliche nie führen, daß wir sie nämlich nur gleich an ihre Sünden erinnern - wie wenn sie größere Sünder wären als wir, weil's ihnen jetzt so gehe. Viel eher sollten wir bei allen Elenden erschrecken und an uns denken: wie es uns ergehen würde, wenn Gott bei uns alles heimsuchen wollte. Oft wissen wir schon gar nichts von den Leidenden; und dann sollten wir billig nur Mitleiden und Teilnahme zeigen, die viel mehr beugt als zuchtmeisterliches Benehmen. Wissen wir aber etwas, so müssen wir abermals sachte tun - schon weil wir uns in der Regel irgendwie derselben Sünde schuldig fühlen. An Hiob aber sehen wir, daß je und je wirklich keine vornehmliche Sünde zugrunde liegt. Und wie weh tut dann jede Verdächtigung, die man fühlen läßt!

Eliphas übrigens sagt immerhin ein beherzigenswertes Wort. Denn das kommt nur zu oft vor, daß ein Leidender nur gar nicht an seine Sünden denken will, obschon er es nötig hätte. Und es ist doch gewiß, daß wir viele Trübsale nicht hätten, wenn wir bessere Leute wären und Gott in guten Tagen nicht so viel aus den Augen setzen würden; wenn wir uns nicht auch mitunter noch ohne Scheu mit Wort und Tat allerlei Sündliches erlauben würden. Da klagen viele, die lange nicht so gut stehen wie Hiob, in einer Weise, als handle Gott mit ihnen, den Unschuldigen, gar unrecht! Und so machen sie offenbar sich selber gerechter und reiner als Gott. Damit aber versündigen sie sich sehr und machen, daß Gott ihr Gebet nicht erhören und daß es mit ihnen oft recht übel gehen kann.

Wollen wir doch ja uns demütiger und bußfertiger und gebrocheneren Geistes gebärden, wenn wir in große Trübsale geführt werden! Auch wenn wir weniger arge und schreiende Sünden auf unsrem Gewissen haben, können wir doch immer wohl merken, daß wir keine gerechten Leute und keine reinen Leute sind und keine tadellosen Knechte; daß wir auch viel Torheit an uns haben - Gott also heilig und gerecht bleibt in all Seinem Tun.

Die Zeit aber kommt, da uns über alles werden die Augen geöffnet werden, wie dem Hiob hintennach über seine ganze Führung ein Licht aufgegangen ist.

Bleiben wir doch unter allem geduldig und demütig, insbesondere ehrerbietig und anbetend gegen den HErrn, der alles weise macht und nur auf Gutes zielen kann mit allem, was Er tut!

Zusatz zu Hiob 4,17f. Hiobs Leiden

Von Hiob wissen wir, daß er in große Versuchung und Anfechtung gekommen ist. Zuerst sind ihm alle seine Herden von räuberischen Horden weggetrieben, auch alle Kinder erschlagen worden; und zum zweiten wurde er mit dem Aussatz behaftet.

Beides geschah unter Zulassung Gottes auf Anstiften und durch Wirkung Satans. Dieser trat vor dem HErrn mit der Beschuldigung auf, als ob Hiob leicht fromm sein könne, da es ihm so gut gehe und er, Satan, ihn nicht antasten dürfe. Dies war nämlich, wie sich aus dem Zusammenhang ergibt, dem Satan verwehrt, weil Hiob stets vor Gott opferte, wo er etwa eine Sünde bei sich und in seinem Haus vermutete; damit machte er nach göttlicher Verheißung (Hiob 42, 8) seine Sünden vorderhand soweit gut, daß Satans Beschuldigungen entkräftet wurden. Zu einer zeitlichen Heimsuchung lag also kein Grund vor. Eine solche Bedeutung hatten, so müssen wir sagen, damals redlich dargebrachte Opfer; wird doch in den Opfern Buße und Glauben dargestellt. Jene Menschen, die mit Buße und Glauben Gott opferten und damit gewissermaßen sich selbst richteten und straften, vermochte Gott von zeitlichen Gerichten zu verschonen. Und diese Nachsicht Gottes mußte, wie zu erkennen ist, auch Satan - der Verkläger, wie sein Name heißt - mit der Gerechtigkeit Gottes verträglich finden.

Nun aber hält der HErr dem Satan Hiobs Frömmigkeit vor, wie wenn Er den fragen wollte - so ist's vorgestellt -, ob er denn auch, während er das Land durchzog, an Hiob etwas auszusetzen habe. Da erwacht Satans Neid. Er tut, wie wenn es ein Unwürdiger oder Ungeprüfter wäre, dem vor anderen soviel Gunst widerführe, daß ihn Satan nicht antasten dürfe. So wagt es Satan, dem HErrn zu widersprechen. Alles aber muß bei Gott nach Recht und Gerechtigkeit gehen - auch das Gericht, das einst über Satan verhängt werden soll. Deshalb soll dieser erst durch sich selbst Lügen gestraft (der Unwahrheit überführt) werden, indem ihm nun Freiheit gegeben wird, nach Willkür mit Hiob zu verfahren. Damit soll sich's herausstellen, wer Recht habe und ob sich Hiob wirklich nicht bewähre. Nur das Leben soll an Hiob geschont werden, weil ja - wenn dieses gewaltsam abgeschnitten wird - über das Leben hinaus keine weitere Bewährung stattfinden kann. Würde Hiob etwa, an Gott und allem verzweifelnd, Hand an sich legen - wie sein Weib, übernommen von der Größe des Jammers, ihm anraten will-, so würde Satan recht behalten.

Hiobs Festhalten an Gott blieb aber unbesiegt. Weit entfernt, Gott den Abschied zu geben, konnte er das eine Mal sagen: „Der Name des HErrn sei gelobt!“; und das andre Mal: „Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Böse nicht auch annehmen?“. Später äußerte er zwar im Schmerz des Leidens harte Worte. Sie waren aber nie so, daß er wider Gott gemurrt oder Ihm getrotzt hätte oder von Gott gewichen wäre; sie erschienen vielmehr stets nur als Ausdruck seines Schmerzes und zeigten an, wie völlig unbegreiflich ihm die Heimsuchung Gottes war - er stellte sich aber nicht wider Gott. Äußerungen des Schmerzes konnten, wenn nicht eine verzweiflungsvolle Tat mit ihnen verbunden ist, ohnehin keine weitere Beschuldigung Satans begründen. So wurde Hiob Sieger, und Satan wurde zuschanden!

Wie bedeutungsvoll solche seltenen Versuchungen schon im Alten Bunde waren und wie wichtig für die ganze Heilsgeschichte - ja diese vorbereitend! -, mag leicht zu erkennen sein. Das mag sich schon ergeben aus der bemerkenswerten Zusammenstellung Hiobs mit dem HErrn Christus, da es bei Jakobus heißt (5,11): „Die Geduld Hiobs habt ihr gehört, und das Ende des HErrn habt ihr gesehen“.

Hiobs Aufgabe war es, zu glauben:

  1. an Gottes Fürsorge - auch wo es den Anschein hatte, als würde sich Gott gar nichts um die Menschen kümmern;
  2. an Seine Gerechtigkeit - auch wenn es war, als würde Gott nichts nach der Frömmigkeit des Menschen fragen;
  3. an Seine Gnade - auch wenn es schien, als ob Gott unnachsichtig den einmal in sündliche Zustände hineingekommenen Menschen verwürfe;
  4. an Seine Wahrheit - wenn auch alle Seine Verheißungen, wie die den Opfernden zugekommenen, null und nichtig zu sein schienen! Wie fröhlich konnte doch Hiob nach der Prüfung ausrufen, wie es einst ein Elieser getan hatte (1. Mose 24,27): „Gelobt sei der HErr, der Seine Barmherzigkeit und Seine Wahrheit nicht verlassen hat“ - wie es doch den Anschein gehabt hatte!

Auch in unsern Tagen mag es vorkommen, daß einzelne in ähnlichen Anfechtungen und Prüfungen sich bewähren müssen. Satan klagt sie an vor Gott, oder es müssen Klagen beseitigt werden, die erhoben werden könnten gegen ihren Glauben an Christus, mit welchem die Kindschaft Gottes erworben werden soll. Dann müssen sie es bewähren, daß sie nicht aufhören, Christus im Glauben festzuhalten - auch wenn es aufgrund der inneren und äußeren Zustände, in die sie hineinkommen, den Anschein gewinnt, als ob sie keiner Vergebung der Sünden, keiner Kindschaft mit Gott, keiner Erhörung in ihrer Trübsal, keiner Freundlichkeit vonseiten ihres Heilandes, keiner Macht wider die Finsternis, keiner Bewahrung vor böswilligen Feinden der sichtbaren und unsichtbaren Welt gewürdigt werden dürften! In solche Nächte und Finsternisse können alle mehr oder weniger tief hineingeführt werden. Doch nur an wenige mag's in vollem Maß herankommen. Da dürfen wir uns auch mit Hiobs Leiden trösten. Das dürfen wir um so mehr, als wir nun aus seiner Geschichte ersehen - besser als es Hiob selbst ersehen konnte -, wie wir uns einem feindseligen Verkläger gegenüber zu bewähren haben, der wider die Erhebung des Menschen zu Gott solange als immer möglich Einspruch vorzubringen sucht.

Bewährungen dieser Art aber mögen großen Einfluß haben auf den Fortgang des Reiches Gottes überhaupt: auf die allmähliche Befreiung von den Angriffen und Anläufen des Teufels, auf die endliche völlige Besiegung Satans - der ja unter unsre Füße getreten werden soll (Röm. 16,20) - und auf die gehoffte siegreiche Wiederkehr unsres HErrn.

Wie wichtig ist es daher, daß wir in allem, was vorkommen mag, auf eine Höhe des Glaubens kommen, um mit Paulus (Röm. 8,31ff.) zu sagen: „Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein? Wer will uns beschuldigen? Wer will uns verdammen? Wer will uns scheiden von der Liebe Gottes? Sollen wir durch Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Fährlichkeit oder Schwert - wenn's also über uns kommt - die Überzeugung der Liebe Gottes uns nehmen lassen? Nein, in dem allen überwinden wir weit um des willen, der uns geliebt hat. Und weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentum noch Gewalt, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch keine andre Kreatur mag uns scheiden - losmachen - von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist.“

Das ist uns gesagt, falls wir etwa denken wollten, es sei nichts mit dieser Liebe und unsrem Halten an ihr!

Hiob 5,17,18.

“Siehe, selig ist der Mensch, den Gott zurechtweiset, darum verweigere dich der Züchtigung des Allmächtigen nicht. Denn Er verletzt und verbindet, Er verwundet und Seine Hand heilet.“

In diesem schönen Spruch, obwohl ihn Eliphas, Einer der leidigen Tröster Hiobs spricht, liegt die große Wahrheit, daß der selig sei, den Gott strafe, und daß derselbe also sich die Züchtigung demütig gefallen lassen müsse. Solches bestätigt auch der Brief an die Hebräer, darin es heißt (12,6): „Welchen der HErr lieb hat, den züchtiget Er“, begreiflich, wenn er es verdient hat; denn sonst schlägt der HErr nicht nur so drein. Auch so viel ist wahr, daß jeder für sich drauf kommen und darum sich fragen muß, wenn er zu leiden hat, ob er es nicht in etwas verschuldet hätte, ob es nicht eine Strafe, mindestens eine Lection für ihn sein solle. Mit solcher Selbstuntersuchung müssen wir's immer ernst nehmen.

Wenn aber der Gestrafte selig gepriesen wird, so zeigt uns das, daß wir uns in Acht nehmen sollen, nicht gleich zu denken, Gott habe uns verlassen und wolle keine Gnade mehr erzeigen, wie wenn die Trübsal Beweis einer ewigen Ungnade wäre. Da sieht's aus, als ob Gott gar nicht strafen, sondern alles nur so hingehen lassen sollte, wenn man Ihm eine Züchtigung gleich so übel auslegt, wie's ungeratene Kinder machen. Dagegen hast du's als eine Gnade zu achten, wenn du gestraft wirst, und darfst du dich selig preisen, wenn Gott sich die Mühe mit dir nimmt, durch Züchtigungen dich zurechtzubringen, weil ja das nur dein Heil und deine Seligkeit zur Folge hat. Frage dich also immerhin, wenn Trübsal da ist: „Was meint Er, mein lieber Heiland? was ist Seine Absicht mit mir? Wofür züchtigt Er mich?“ aber ohne andere Gedanken in dir aufkommen zu lassen, als daß Er Heilspläne mit dir habe. Insbesondere vergiß nicht, daß der HErr verletzt und verbindet, verwundet und heilet. Das Verbinden und Heilen aber tut Er am Liebsten bei denen, die sich selbst prüfen und strafen unter den Züchtigungen, die Er mit ihnen vornimmt.

Zusatz: Der schöne Spruch ist, wie oben bemerkt, von Eliphas, einem der Freunde Hiobs, die nicht angenehm tröteten. Deswegen, weil das ganze Buch Hiob ein gar fein geschriebenes Buch ist, muß selbst bei solchem Wort etwas zu finden sein, daran man merkt, daß es nicht ganz richtig ist. Das minder Richtige nun liegt hier darin, wenn Jemand dem Andern, der eben in großer Trübsal sich befindet, es so schnell und unumwunden darlegt, daß, was ihn betroffen, nur Strafe und Züchtigung sei. Daß Eliphas dem Hiob gleichsam vorpredigt: „Siehe, selig bist du, daß dich Gott straft und züchtigt, nämlich für deine Sünde,“ - das war lieblos. Das soll Einer dem Andern, selbst wenn er wirklich etwas Namhaftes von ihm weiß, geschweige denn, wenn ihm nichts der Art bekannt ist, nicht vorhalten; er soll anders zu trösten wissen. Denn das macht das Leiden viel größer, wenn der Leidende darunter hinein denken muß. „Was halten jetzt die Andern von mir?“ Daher, so wahr das Wort ist, wenn es frei gesagt wird. „Siehe, selig ist der Mensch, den Gott strafet, darum weigere dich der Züchtigung des Allmächtigen nicht!“ - so wahr dieses Wort ist, allgemein gesprochen, so wenig dürfen wir's gemütlos und richterisch einem Andern, der gerade in großer Trübsal ist, vorsagen, wie wenn wir die Gerechten wären, und der Leidende der Ungerechte. Da merken wir's, wie man auch mit schönen Sprüchen Jemanden wehe tun kann.

Ganz anders ist's freilich, wenn ein Leidender selbst drauf kommt, daß er's für eine Strafe hält, und von selbst sein Herz ausschüttet, wohl auch seine Sünde bekennt. Da kann man brüderlich und seelsorgerlich dem Bekümmerten sein Herz erleichtern, wenn man ihm tröstend zuruft. „Schätze dich glücklich, daß der HErr deine Sünde heimsucht, soll's ja nur zur Rettung deiner Seele dienen.“ Denn dann spricht nicht Eigenliebe und Richtersinn auf Seiten des Trösters, sondern das Mitgefühl, das sich etwa darunter selbst mit anklagt.

Mel. Schwing dich auf zu.

Kinder, die der Vater soll
Ziehn zu allem Guten,
Die geraten selten wohl,
Ohne Zucht und Ruten.
Bin ich denn nun Gottes Kind,
Warum will ich fliehen,
Wenn Er mich von meiner Sünd'
Will aufs Gute ziehen?

Hiob 6, 14.

“Wer Barmherzigkeit seinem Nächsten weigert, der verlässet des Allmächtigen Furcht.“

Wir im Neuen Bunde wissen, daß es die ewige Pein einträgt, wenn man seinem Nächsten die Barmherzigkeit weigert. „Ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mich nicht gespeiset; ich bin durstig gewesen, und ihr habt mich nicht getränket etc.“ sagt der HErr am Jüngsten Tage; und weiter unten heißt es dort: „Und sie werden in die ewige Pein gehen.“ Es aber so machen, wie der HErr diesen vorwirft, d.h. seinem Nächsten die Barmherzigkeit weigern oder versagen, - wer das kann, der fürchtet wahrhaftig den Allmächtigen nicht, namentlich wenn's ihm ausdrücklich gesagt ist, und er's weiß, daß, wer so ist, links zu stehen kommt. Ist es doch, als wollte ein solcher sagen: „Was frage ich danach“ - Das bleibt für unser Verhalten in der Welt besonders wichtig, daß wir gegen unsern Nächsten uns nichts zu Schulden kommen lassen, auch rücksichtlich der Verweigerung dessen, was dem Not tut. Es ist nicht genug, nach dem Sprichwort sagen zu können: „Ich habe kein Hühnchen beleidigt!“ Denn ein Hühnchen sättigen und nähren gehört unter Umständen auch her. Wenn ich etwa jemanden zwar nicht totschlage, aber verhungern lasse, oder im Unglück verderben lasse, im Wasser ertrinken, im Feuer verbrennen, im Elend schmachten lasse, oder gar unbarmherzig mißbrauche, so bin ich immer einer, der seinem Nächsten Barmherzigkeit weigert, und werde meine Strafe tragen müssen. Bedeutsam aber ist es, daß man eben an dem erkennen kann, ob jemand Gottesfurcht habe oder keine, je nachdem er Barmherzigkeit weigert oder erzeigt.

Am Schlimmsten aber ist es, wenn jemand Glauben hat ohne diese Gottesfurcht, - und das kommt vor, und ist nicht einmal selten. Glauben, d.h. Überzeugung von den christlichen Wahrheiten, ohne Barmherzigkeit, also ohne Gottesfurcht, das kommt viel vor, sogar, daß man von dem HErrn Barmherzigkeit hofft, und doch keine Barmherzigkeit zu erzeigen im Stande ist, namentlich wenn's gegen Sünder seyn soll, von denen man gar oft keine Reue und Buße mehr annehmen will. Häßlicher aber gibt‘s auf der Welt nichts, als das. Umgekehrt kommt‘s wohl auch vor, daß jemand Barmherzigkeit, also doch wohl auch Gottesfurcht, hat ohne Glauben d.h. ohne die christlichen Glaubenssätze zu wissen, oder vernehmen zu können. Ob es solchen wohl am jüngsten Tage nicht eher besser geht, als jenen? Es sieht fast so aus, wenn man den Richterspruch näher besieht. Kurz, all unser Glauben bekommt erst dadurch seine Krone, daß man Gott fürchtet und darum seinem Nächsten Barmherzigkeit nicht weigert. Ohne das ist der Glaube kein seligmachender Glaube. O armer Mensch, ohne selbst Barmherzigkeit zu üben, singen zu wollen : „Mir ist Erbarmung widerfahren!“

Mel. O Durchbrecher.

Laß mich auf Dein Wort stets sehen.
Unbarmherziges Gericht
Werde über den ergehen,
Der sein hartes Herz nicht bricht.
Aber gib in jenem Lichte, -
Denn der Richter kommt doch an,
Daß ich gegen das Gerichte
Dein Erbarmen rühmen kann.

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