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Bacon, Francis - Von der Rache.

Bacon, Francis - Von der Rache.

Die Rache ist eine Art wilder Gerechtigkeit, welche das Gesetz in dem Maße ausrotten sollte, wie die menschliche Natur dazu hinneigt; denn was das ursprüngliche Unrecht angeht, so beleidigt es das Gesetz nur, aber die Ahndung dieses Unrechts entsetzt das Gesetz seines Amtes. Ohne Zweifel ist Jemand, indem er Rache nimmt, seinem Feinde nur gleich; aber indem er ihm verzeiht, ist er ihm überlegen: denn eines Fürsten Teil ist es, zu verzeihen, und Salomon sagt ausdrücklich: es ist der Stolz eines Mannes, eine Beleidigung zu vergeben1). Was geschehen ist, ist vorbei und unwiederbringlich, und der Weise hat genug zu tun mit gegenwärtigen und zukünftigen Dingen; deshalb tändeln Die nur mit sich selber, die sich mit Vergangenem abmühen. Es gibt Niemanden, der Böses um des Bösen willen tut, sondern um sich dadurch Vorteil, oder Vergnügen, oder Ruhm, oder Ähnliches zu verschaffen; weshalb also sollte ich Jemandem zürnen, weil er sich selber mehr liebte als mich? Und wenn Einer aus bloßer Bosheit Unrecht tun sollte, je nun, so gleicht er doch nur einem Dorn oder einer Klette, die stechen und kratzen, weil sie eben nichts Besseres tun können. Die erträglichste Art der Rache ist für solcherlei Unbilden, denen das Gesetz nicht zu steuern vermag; sodann aber möge man sich vorsehen, dass die Rache eine solche sei, die kein Gesetz bestrafen kann, sonst hat der Feind immer noch einen Vorsprung vor Einem, und es ist zwei gegen eins. Einige, indem sie Rache üben, sind begierig, dass der Andere wissen solle, woher sie kommt. Dies ist edelmütiger; denn das Vergnügen scheint nicht so sehr zu sein, Schaden zuzufügen, als Jenen zur Reue zu bewegen; doch elende und hinterlistige Feiglinge gleichen dem Pfeil, der im Finstern dahinfliegt. Cosmos, Herzog von Florenz, hatte ein kühnes Wort gegen treulose oder fahrlässige Freunde, als ob ein solches Unrecht unverzeihlich wäre. „Ihr lest wohl“, sagte er, „dass es uns anbefohlen worden, unsern Feinden zu vergeben, allein ihr werdet nimmer lesen, dass es uns befohlen ist, unsern Freunden zu vergeben“. Dem gegenüber erklang der Geist Hiobs in einer mildern Weise. „Sollen wir“, spricht er, „Gutes empfangen aus der Hand Gottes, und das Böse nicht auch annehmen?“2) und in demselben Maße von Freunden. So viel ist gewiss, dass Jemand, der Rache brütet, seine eigenen Wunden frisch erhält, die sonst heilen und verharschen würden. Öffentliche Rache ist meistenteils heilsam; wie diejenige um den Tod Cäsars, um den Tod des Pertinax, um den Tod Heinrichs des Dritten von Frankreich, und viele andere. Bei heimlicher Rache dagegen ist es nicht so; ja, zur Rachsucht geneigte Menschen führen das Leben von Hexen, welche, da sie Unheil stiften, auch elendiglich enden.

1)
Dieser Spruch findet sich nicht bei Salomon
2)
Hiob II,10
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