Argula von Grumbach - Argula's Brief an Herrn Johannsen, Pfalzgrafen bei Rhein, Herzogen zu Baiern u. s. w.

Argula von Grumbach - Argula's Brief an Herrn Johannsen, Pfalzgrafen bei Rhein, Herzogen zu Baiern u. s. w.

Gnade and Friede in Gott, samt Mitwirkung seines heiligen Geistes, wünsche ich herzlich Euer Fürstlichen Gnaden j und allezeit beizuwohnen. Hochgeborener Fürst! Gnädiger Herr!

Als ich gestern zu Nacht von Euer Fürstlichen Gnaden und den anderen, meinen Herren, zur Wirthschaft [zur Tafel] geladen und berufen war, wofür ich mich demüthig gegen alle bedanke, habe ich aus etlichen Reden von Euer Fürstlichen Gnaden gemerkt, daß E. F. G. anfangen, die Schrift und göttliches Wort zu lesen, auch erkannt, daß E. F. G. das Licht scheinen sieht, worüber ich nicht wenig erfreuet bin. Der allmächtige barmherzige Gott wolle solches angefangene Werk fruchtbarlich vollstrecken, und vollkommen erleuchten, welches allein Gott durch sein Wort muß entzünden, und das ja nicht bei menschlicher Vernunft gesucht, noch gefunden werden kann, wie wir lesen Psalm 36 [10]: Bei dir ist die lebendige Quelle, und in deinem Lichte sehen wir das Licht; und Psalm 118 [119, 130]; Wenn dein Wort offenbar wird, so erfreuet es, und macht klug die Einfältigen.. Da hören wir, wie Gott nicht leiden will, Weisheit zu ihm zu bringen, sondern Weisheit von ihm zu begehren, anders kann sie nicht gesucht noch gefunden werden. Wir müssen ja nichts werden, auch bei uns nicht angesehen sein, sondern nur lauter Gott suchen, und ihm gar nicht das Unsere vorbringen oder Achtung darauf haben; dann läßt er sich finden, und anders werden wir ihn nicht finden, Joh. 1 [9]: Dies ist das wahrhaftige Licht, welches alle Menschen erleuchtet; und darnach [V. 11. 12]: Die Welt hat ihn nicht angenommen; wie viele ihn aber aufgenommen haben, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, u. s. w. Der HErr sagt: Wandelt in den Lichte, dieweil ihr das Licht habt. Ich bitte E. F. G. durch Gott, diesen Spruch wohl in das Herz zu drücken Matth. 10 [32]: Wer mich bekennet vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater; wer nicht, den will Gott auch nicht bekennen. Brauchet den oft auf diesem Reichstage, frei und unerschrocken; denn Gott ist mit uns, wir haben im 11. Psalm, [12, 6]: Weil denn die Elenden verstöret werden und die Armen seufzen, will ich auf, spricht der HErr; ich will aufrichten ein Heil, in welchem sie freudig werden wider sie handeln. Nun haben wir, Gott sei ewig Lob! das aufgerichtete Heil; das Wort Gottes ist am Tage, darum werden wir keine Gewalt fürchten, sondern fröhlich vor alle gewaltigen Angesichte ohne Zittern treten, wann und wie oft man will. E. F. G. helfen und rathen, daß das Reich Gottes den Armen nicht versperret wird, und ihr samt uns nicht verderbet. Hab's nicht lassen können, E. F. G. mit dieser Ermahnung zu gesegnen, welcher ich mich befehle, und uns alle in die gütige Freundschaft Christi.

Actum am Zinstag nach Andreä, Anno 1523. Euer Fürstlichen Gnaden

demüthige Argula von Grünbach, eine geborene von Stauffen.

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