Offenbarung
Kapitel 1
1:1 Dies ist die Offenbarung JEsu Christi, die ihm GOtt gegeben hat, seinen Knechten zu zeigen, was in der Kürze geschehen soll; und hat sie gedeutet und gesandt durch seinen Engel zu seinem Knecht Johannes,
1:2 der bezeuget hat das Wort GOttes und das Zeugnis von JEsu Christo, was er gesehen hat.
1:3 Selig ist, der da lieset, und die da hören die Worte der Weissagung und behalten, was darinnen geschrieben ist; denn die Zeit ist nahe.
1:4 Johannes den sieben Gemeinden in Asien: Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist, und der da war, und der da kommt, und von den sieben Geistern, die da sind vor seinem Stuhl,
1:5 und von JEsu Christo, welcher ist der treue Zeuge und Erstgeborne von den Toten und ein Fürst der Könige auf Erden; der uns geliebet hat und gewaschen von den Sünden mit seinem Blut
1:6 und hat uns zu Königen und Priestern gemacht vor GOtt und seinem Vater: demselbigen sei Ehre und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.
1:7 Siehe, er kommt mit den Wolken; und es werden ihn sehen alle Augen, und die ihn gestochen haben; und werden heulen alle Geschlechter der Erde. Ja, Amen.
1:8 Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende, spricht der HErr, der da ist, und der da war, und der da kommt, der Allmächtige.
Ist Jesus A und O, Anfang und Ende, so laß ihn nicht nur dein A, laß ihn auch dein O sein. Fange nicht nur mit Jesus an, ende, vollende auch mit ihm; oder, laß ihn vollenden, was er in dir angefangen hat. Viele bleiben beim A stehen, begnügen sich mit den Anfangsgründen, mit den ersten Buchstaben des Christenthums, mit den ersten Rührungen, oder gar nur mit guten Vorsätzen, mit welchen, wie die Alten sagten, die Hölle gepflastert ist. Die Fortsetzung, die ernste Uebung der Gottseligkeit unterbleibt. (1 Tim. 4, 8. 2 Tim. 3, 5.) Wie will es zum O, zum Ende kommen, wenn man beim Anfange schon sitzen bleibt. Man muß aber doch auch das A nicht überspringen, und nicht zum Ende eilen wollen, ehe man das A recht gelernet, ehe man einen guten Grund gelegt und einen rechten Anfang in und mit Christo gemacht hat. (1 Cor. 3, 11.) Jesus kündigt sich nicht umsonst als A und O an. Er will Alles in dir sein. Wo er einmal A sagt, da will er auch O sagen; wo er anfängt, da will er es auch zum Siege hinaus führen. Sein A ist Pfand, daß er uns auch O sein wolle. Glaube! sei getrost, und ware es. (Johannes Gossner)
1:9 Ich, Johannes, der auch euer Bruder und Mitgenosse an der Trübsal ist und am Reich und an der Geduld JEsu Christi, war auf der Insel, die da heißt Patmos, um des Wortes GOttes willen und des Zeugnisses JEsu Christi.
1:10 Ich war im Geist an des HErrn Tag und hörete hinter mir eine große Stimme als einer Posaune,
1:11 die sprach: Ich bin das A und das O, der Erste und der Letzte; und was du siehest, das schreibe in ein Buch und sende es zu den Gemeinden in Asien, gen Ephesus und gen Smyrna und gen Pergamus und gen Thyatira und gen Sardes und gen Philadelphia und gen Laodicea.
1:12 Und ich wandte mich um, zu sehen nach der Stimme, die mit mir redete. Und als ich mich wandte, sah ich sieben güldene Leuchter
1:13 und mitten unter den sieben Leuchtern einen, der war eines Menschen Sohn gleich, der war angetan mit einem Kittel und begürtet um die Brust mit einem güldenen Gürtel.
1:14 Sein Haupt aber und sein Haar war weiß wie weiße Wolle, wie der Schnee, und seine Augen wie eine Feuerflamme
1:15 und seine Füße gleich wie Messing, das im Ofen glühet, und seine Stimme wie groß Wasserrauschen;
1:16 und hatte sieben Sterne in seiner rechten Hand, und aus seinem Munde ging ein scharf, zweischneidig Schwert, und sein Angesicht leuchtete wie die helle Sonne.
1:17 Und als ich ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen wie ein Toter. Und er legte seine rechte Hand auf mich und sprach zu mir: Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte
1:18 und der Lebendige. Ich war tot; und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel der Hölle und des Todes.
1:19 Schreibe, was du gesehen hast, und was da ist, und was geschehen soll danach,
1:20 das Geheimnis der sieben Sterne, die du gesehen hast in meiner rechten Hand, und die sieben güldenen Leuchter. Die sieben Sterne sind Engel der sieben Gemeinden, und die sieben Leuchter, die du gesehen hast, sind sieben Gemeinden.
Welche majestätische Erscheinungen! Welche überirdische Worte! Vor allem das Glanzwort aus des verklärten Gottessohnes Munde: „Fürchte dich nicht, ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige; ich war todt, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit, und habe die Schlüssel der Hölle und des Todes.“ So kann kein Sterblicher von sich rühmen. Das sind Worte des göttlichen Erlösers, Worte voll Hoheit und Macht, die den Fürsten des Lebens vor allen seinen Erlöseten im Himmel kennbar und anbetungswürdig machen. Zwar der ewige Sohn Gottes, der so unsterblich wie Gott ist und keine andere Zeit kennt als das ewige Heute, Er konnte sich nie anders nennen als: Ich bin der Lebendige. Aber was hülfe es zu wissen, daß Er lebt, Er, der Erste und der Letzte, unser Gott und Richter, wenn wir nicht auch wüßten, daß Er als unser Erlöser lebt? Gott lebt dem Sünder zum größten Schrecken ewig, und wäre der Sohn Gottes auch bloß göttlich und ewig, wie könnten wir uns Sein getrösten? Aber uns zum unaussprechlichen Trost und Ihm selbst zum ewigen Ruhm wird Er es durch alle Himmel ausbreiten und den Ewigkeiten noch sagen: „Ich war todt, den armen Sterblichen zum Besten ward ich auch ein Mensch wie sie, und unter die Todten gerechnet, die im Grabe liegen; ob ich gleich nicht sterben durfte, so bin ich doch freiwillig gestorben: aber nur einmal gestorben. Ich war todt, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit; die Bande des Todes sind längst von mir zerrissen, die Gräber geöffnet und durch mein Blut die Gefangenen ausgeführt.“ Wahrlich, ein hehres Siegeslied des mächtigsten Ueberwinders der Hölle und des Todes! Er kann den Himmel aufthun und verschließen, selig machen und verdammen, tödten und lebendig machen! Auf sein Geheiß muß einst Erde und Meer ihre Todten wiedergeben. Er wird sie mit allmächtiger Stimme aus den Gräbern hervorrufen, und dann soll es erst recht offenbar werden vor aller Welt, daß Er über Todte und Lebendige Herr ist. – Herr, ich liege zu Deinen Füßen und bete an. Amen. (Friedrich Arndt)
Kapitel 2
2:1 Und dem Engel der Gemeinde zu Ephesus schreibe: Das saget, der da hält die sieben Sterne in seiner Rechten, der da wandelt mitten unter den sieben güldenen Leuchtern:
2:2 Ich weiß deine Werke und deine Arbeit und deine Geduld, und daß du die Bösen nicht tragen kannst und hast versucht die, so da sagen, sie seien Apostel, und sind's nicht, und hast sie Lügner erfunden,
2:3 und verträgest und hast Geduld, und um meines Namens willen arbeitest du und bist nicht müde worden.
2:4 Aber ich habe wider dich, daß du die erste Liebe verlässest.
2:5 Gedenke, wovon du gefallen bist, und tu Buße und tu die ersten Werke! Wo aber nicht, werde ich dir kommen bald und deinen Leuchter wegstoßen von seiner Stätte, wo du nicht Buße tust.
2:6 Aber das hast du, daß du die Werke der Nikolaiten hassest, welche ich auch hasse.
2:7 Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt: Wer überwindet, dem will ich zu essen geben von dem Holz des Lebens, das im Paradies GOttes ist.
2:8 Und dem Engel der Gemeinde zu Smyrna schreibe: Das saget der Erste und der Letzte, der tot war und ist lebendig worden:
2:9 Ich weiß deine Werke und deine Trübsal und deine Armut (du bist aber reich) und die Lästerung von denen die da sagen, sie sind Juden, und sind's nicht, sondern sind des Satans Schule.
2:10 Fürchte dich vor der keinem, das du leiden wirst. Siehe, der Teufel wird etliche von euch ins Gefängnis werfen, auf daß ihr versucht werdet; und werdet Trübsal haben zehn Tage. Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben.
2:11 Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt: Wer überwindet, dem soll kein Leid geschehen von dem andern Tode.
Der große Erzhirte, Jesus, kennt seine Schafe alle mit Namen. Er wandelt unter ihnen und trägt sie auf dem Herzen. In jeder Lage weiß er das Rechte zur rechten Zeit zu tun. Wenn er zu ihnen redet, dann geschieht das so, daß jedes genau nach seinem Bedürfnis und dem Stand seines inneren Lebens angesprochen wird. Die Anrede in den Sendschreiben läßt schon auf den Inhalt derselben und auf den Stand der Empfänger schließen.
„So spricht der Erste und der Letzte, der tot war und wieder lebendig geworden ist: Ich kenne deine Trübsal und deine Armut - doch tatsächlich bist du reich.“ Welch ein Trost für die Bedrängten, die die not des Lebens bitter kosten und dabei auch noch die Verfolgungen aushalten mußten. Den Leidenden tritt Jesus als der Erste und der Letzte entgegen. Kein Leiden, keine Drangsal liegt außer dem Bereich seiner Macht, keine Not und kein Tod ist ihm unbekannt. Den Sterbenden begegnet er als der, der tot war und nun lebt. Alle Tiefen menschlicher Leiden hat er durchwatet, alle Folgen menschlicher Sünde getragen, aller Gerechtigkeit Genüge getan. Auch keine Schmähung derer, die sich mit Stolz „Juden“ nennen, in Wahrheit aber „eine Gemeinde des Satans“ geworden sind, ist ihm fremd. Er hat unter diesen Schmähungen gelitten, und weiß nun denen seinen Trost zu geben, die jetzt denselben ausgesetzt sind.
Wie ihm die Leiden und Drangsale der Vergangenheit bekannt sind, so kennt er auch die Nöte der Zukunft. „Siehe, der Teufel wird einige von euch ins Gefängnis werfen, damit ihr versucht werdet, und ihr werdet in Bedrängnis sein zehn Tage.“ Welch ein Trost für die Versuchten und Verfolgten, daß der Herr so genau um ihre Nöte weiß. Sie sind nicht blindem Zufall, besonders aber nicht dem grimmen Satan ziellos und schrankenlos in die Hände gegeben. Die Tage des Leidens sind genau begrenzt und gezählt. Er gibt mit der Versuchung den Ausgang und mit dem Tode das Leben. Er sagt seinen Schafen, die er unter die Wölfe sendet, nicht zu, daß die Wölfe von ihrem Grimm lassen und die Schafe schonen werden, aber die Treuen sollen überwinden, und die Überwinder werden gekrönt. „Sei getrost bis in den Tod, so will ich dir das Leben als Siegerkranz geben.“ Nicht Bewahrung aus dem Tode ist seine Gabe.
Die Gemeinde zu Smyrna empfängt von dem erhöhten Herrn ein hohes Lob. Er erkennt ihre schwere Lage, ihre heißen Kämpfe an und tröstet sie, indem er ihr Furchtlosigkeit einhaucht. „Fürchte dich vor der keinem, das du leiden wirst.“ Merken wir, er gibt ihr nicht die Aussicht, daß das Leiden sie nicht treffen solle, sondern sie soll furchtlos sein in den Leiden und trotz der Leiden. Sie soll Drangsal, Armut, Gefängnis, Not und Tod überwinden, weil der Satan, der solches alles auf sie losstürmen läßt, überwunden ist.
Und welch eine herrliche Verheißung gibt der Herr der Gemeinde: „Dem Sieger soll kein Leid geschehen von dem zweiten Tode.“ Das Sterben des Leibes ist gering zu achten gegen den Tod, der die Seele bedroht, wenn das Gericht über die Sterbenden ergeht. Der zweite Tod ist der eigentliche König der Schrecken. Wer vor dem geborgen ist, der hat in Wahrheit das Leben. Vor diesem furchtbaren Schrecken aber sind die Sieger sicher; kein Leid soll ihnen von ihm geschehen. Darum ist es ein Geringes, daß sie in dieser Zeit den Leiden und Kämpfen ausgesetzt sind. Denn die Trübsal, die zeitlich und leicht ist, wirket ein Schwergewicht der Herrlichkeit denen, die nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare. Darum dürfen die Überwinder sich neben der Hoffnung auch der Trübsal rühmen, dieweil sie wissen, daß auch diese zu ihrer Vollendung mitwirkt und zu ihrer Verherrlichung nötig ist. (Friedrich Fries)
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Smyrna ist ein Bild der Gemeinden und einzelner Christen, die äußerlich unglücklich, doch, um ihrer Treue willen überschwänglich glücklich sind; denn sie ist mit allem ihrem Unglücke, mit ihrer Krankheit und Verlegenheit, ihren mißlungenen Hoffnungen, ihrem nicht fortgehenden Geschäfte, mit den Einbußen ihrer Güter und den Verlusten ihrer Liebe, ja, mit dem Schmerzgefühl, daß viel, sehr viel ihr mangele, ehe sie zur Vollkommenheit gedrungen, daß sie aus sich selber nichts Gutes habe und in eigener Kraft auch nicht vermögend sei, sich irgend etwas davon zu verschaffen; mit dem Haß und der Schmach der Welt und der Heuchler und den Anklagen des eigenen Herzens dem Herrn bekannt, dem treuen Hohenpriester, der wohl Mitleid haben kann mit unserer Schwachheit; Er spricht zu ihr: „ich weiß deine Armuth;“ und das ist schon ein großer Trost! sie wird dabei von Ihm geliebt und gelobt; kein einziges Strafwort kommt im ganzen Sendschreiben vor, Alles haucht von Anfang bis zu Ende nur Liebe. Zu der geistlicharmen, blöden und verzagten Smyrna sagt der Erste und der Letzte: du bist reich! Wenn sich kein Mensch um sie kümmert, Jedermann sie vielmehr ausstößt, Jesus hat das alte Herz für sie. Wollen wir Ihm nicht mehr glauben als uns selbst? Laßt unser Herz uns verdammen, wenn wir uns an Ihn halten, so spricht Er uns immer wieder los. Wird Smyrna auch fort und fort heimgesucht, so geschieht auch das nur aus Liebe, und wenn sie treu bleibt bis in den Tod, wird sie von Ihm mit seiner Krone gekrönt. Seine Krone ist die Lebenskrone. Lockt sie dich nicht, meine Seele? O schrecke dich wenigstens das glühende eiserne Stirnband, das der zweite Tod Macht hat, dir anzulegen. Vor dem fürchte dich denn, nach dem ewigen Leben sehne dich, und aus beiden Ursachen sei treu, meine Seele! Wie es Smyrna ging, so geht es auch dir im treuen Nachbilde von Smyrna. Amen. (Friedrich Arndt)
2:12 Und dem Engel der Gemeinde zu Pergamus schreibe: Das saget, der da hat das scharfe, zweischneidige Schwert:
2:13 Ich weiß, was du tust, und wo du wohnest, da des Satans Stuhl ist, und hältst an meinem Namen und hast meinen Glauben nicht verleugnet, auch in den Tagen, in welchen Antipas, mein treuer Zeuge, bei euch getötet ist, da der Satan wohnet.
2:14 Aber ich habe ein Kleines wider dich, daß du daselbst hast, die an der Lehre Bileams halten, welcher lehrete durch den Balak ein Ärgernis aufrichten vor den Kindern Israel, zu essen der Götzenopfer und Hurerei treiben.
2:15 Also hast du auch, die an der Lehre der Nikolaiten halten. Das hasse ich.
2:16 Tu Buße; wo aber nicht, so werde ich dir bald kommen und mit ihnen kriegen durch das Schwert meines Mundes.
2:17 Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt: Wer überwindet, dem will ich zu essen geben von dem verborgenen Manna und will ihm geben ein gut Zeugnis und mit dem Zeugnis einen neuen Namen geschrieben, welchen niemand kennet, denn der ihn empfänget.
Der Gemeinde zu Pergamus tritt der Herr entgegen als der, der an dem Hauch seines Mundes das scharfe, zweischneidige Schwert hat. Damit droht er sowohl den mächtigen Feinden außer der Gemeinde als auch den Unbußfertigen in der Gemeinde. Er kennt das Gute und straft das Böse. Sein Schwert schneidet nach oben und nach unten, es dringet durch bis es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens. Ja, er ist ein heiliger, gerechter, irrtumsfreier und unbestechlicher Richter.
In Pergamus ist der Thron Satans. Das weiß der Herr, und er weiß auch, was das für das Häuflein der dort wohnenden Glaubenden bedeutet. Er weiß, welche Versuchungen über die kleine Herde ergingen in den Tagen, in denen Antipas, der treue Zeuge, dort getötet wurde, wo der Satan wohnt. Und wie hat sich das Häuflein der Gerechten in jenen Tagen bewährt. „Doch du hältst fest an meinem Namen und hast meinen Glauben nicht verleugnet.“ Das ist in der Tat ein hohes Lob. Sie harrten aus, und der Ausharrende erlangt das Ziel und wird als Sieger gekrönt.
Die vom Satan hart Bedrängten bekommen keinen Auftrag, ihre Wohnstätte zu verlassen. Der Herr weiß, wo sie wohnen und kennt den Thron des Satans. Das ist den Glaubenden Grund genug zum Ausharren, zum Leiden und zum Sterben. Aber auch einer Gemeinde unter dem Kreuz drohen noch Gefahren. So hat der Herzenskündiger auch gegen Pergamus noch eine ernste Klage zu erheben:„Doch ich habe etwas wider dich; du hast Leute, die der Lehre Bileams anhangen, der den Balak unterwies, den Kindern Israels einen Fallstrick zu legen, so daß sie von den Götzenopfern aßen und Inzucht trieben. Ganz ebenso hast auch du in deiner Mitte Leute, die der Lehre der Nikolaiten folgen. Darum ändere deinen Sinn; sonst komme ich bald über dich und werde sie bekämpfen mit dem Schwert meines Mundes.“
Das Ausharren im Bekenntnis zum Herrn konnte nicht verhindern, daß einzelne Glieder der Gemeinde auf Abwege gerieten. Wie in Ephesus, so haben sich auch in Pergamus Leute eingefunden, die im Gegensatz zu dem judaistisch-gesetzlichen Irrtum, der die christliche Freiheit unter das Gesetz zu zwingen suchte, die christliche Freiheit mißbrauchten und zum Deckmantel von Gottlosigkeit und Unsittlichkeit machten.
Dem drohenden Zorn Satans hatten sie siegreich widerstanden, aber das Schlangengift nikolaitischer Verführung war wirksam unter ihnen. Und diesem Gift gegenüber hatte es ihnen an Widerstandskraft gefehlt. Weil sie das Böse nicht rechtzeitig erkannten, blieb es unter ihnen wirksam, bis manche unter ihnen durch dasselbe verunreinigt waren. Und daß die Gemeinde nicht die Macht hatte, ein falsches, sündhaftes Bekennertum aus ihrer Mitte auszuschließen, fällt als Schuld auf sie; und wenn sie in dieser Machtlosigkeit verharrt, wird das ungerichtete Böse zur Zerstörung der Gemeinde führen und das Gericht des Herrn über sie bringen.
Aber der Herr, der das zweischneidige Schwert hat, ruft die Irrenden zur Umkehr. Auch denen, die sich befleckt haben, steht der Weg zur Umkehr offen. Den Überwindern aber, die dem Genuß der sündlichen Lust und dem heidnischen Greueldienst entsagen, wird er von dem verborgenen Manna zu essen geben. Nicht die Frucht der eigenen Mühe und Arbeit, sondern das rechte Gnadenbrot soll ihre Speise sein. Und sie sollen empfangen den weißen Stein, durch den sie alles Urteils und Gerichtes los und ledig gesprochen werden. Aus dem Munde Jesu geht ein rechtes Urteil. Wen er frei spricht, der ist recht frei, wen er aber verwirft, der ist verworfen.
So eng und innig auch die Glieder der Gemeinde mit einander verbunden sind, so empfängt doch jedes Glied seinen Freispruch und seinen eigenen Namen unmittelbar aus des Hauptes Mund. Jeder hat seinen eigenen Anteil an Christo und eine eigene Gabe, die ihm allein gehört und die doch zur Ausgestaltung und Vollendung des ganzen Leibes gehört. Darum hat er mit dem neuen Stand der Freiheit auch den neuen Namen, den niemand kennet, als der ihn empfängt.
Selig, der den Freispruch aus Jesu Mund empfängt und Anteil hat an seinem ewigen Reich. (Friedrich Fries)
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Pergamus ist ein Bild einer solchen Gemeinde und Seele, welche stark ist, wenn der Versucher mit Schrecknissen kommt, von der ein Theil aber schwach sind, wenn er mit Lockungen erscheint. Die Stärke ist wohl lobenswerth; aber wegen solcher Schwäche eines Theils ist der Herr mit der ganzen Gemeinde nicht zufrieden; darum soll die ganze Gemeinde Buße thun, wenn die schweren Gerichte auch nur dem schuldigen Theile drohen; denn nur so kann die Gemeinde endlich zu wirklich hohen Gnaden kommen. Die Lehre der Nicolaiten ist 2. Petri 2 und im Briefe Judä dargelegt. Es muß irgend ein Mann, mit Namen Nicolaus, so etwas zuerst aufgebracht und gelehrt haben, daß man ein Christ sein und doch dabei an den Mahlzeiten zu Ehren der Götzen Theil nehmen, doch in der frechsten, ausgelassensten Fleischeslust leben könne. Was auf griechisch Nicolaus heißt, ist auf hebräisch Bileam. Eine solche unheilige Freundschaft mit der Welt und ihrer unreinen Lust kann aber der Herr Jesus nicht dulden; Er ist der, der das scharfe, zweischneidige Schwert hat, der jedes halbe Wesen, jedes Hinken nach beiden Seiten verabscheut. Wer Ihm nicht ganz dient, der dient Ihm gar nicht, und wenn auch noch so viele Tugenden sonst sich finden, Ein Gräuel diese Art zerstört sie alle. – Ach, müssen nicht auch wir sagen: was den Schrecknissen der Welt nicht gelungen ist, das haben oft die Lockungen derselben bei mir ausgerichtet? O laßt uns Buße thun: dann können wir nicht blos dahin wieder zurückkommen, wo wir früher waren, sondern ein neuer Name wird uns gegeben, und die Herrlichkeit des zweiten Tempels (wir sind der Tempel) wird überschwänglich viel größer, als die des ersten war. Laßt uns Alle auffahren mit Flügeln wie Adler, laufen und nicht müde werden, wandeln und nicht matt werden, und in dieser Weise säen, damit wir einst ernten ohne Aufhören. Amen. (Friedrich Arndt)
2:18 Und dem Engel der Gemeinde zu Thyatira schreibe: Das saget der Sohn GOttes, der Augen hat wie die Feuerflamme und seine Füße gleich wie Messing:
2:19 Ich weiß deine Werke und deine Liebe und deinen Dienst und deinen Glauben und deine Geduld, und daß du je länger je mehr tust.
2:20 Aber ich habe ein Kleines wider dich, daß du lässest das Weib Isebel, die da spricht, sie sei eine Prophetin, lehren und verführen meine Knechte, Hurerei treiben und Götzenopfer essen.
2:21 Und ich habe ihr Zeit gegeben, daß sie sollte Buße tun für ihre Hurerei; und sie tut nicht Buße.
2:22 Siehe, ich werfe sie in ein Bett, und die mit ihr die Ehe gebrochen haben, in große Trübsal, wo sie nicht Buße tun für ihre Werke.
2:23 Und ihre Kinder will ich zu Tode schlagen. Und sollen erkennen alle Gemeinden, daß ich bin, der die Nieren und Herzen erforschet; und werde geben einem jeglichen unter euch nach euren Werken.
2:24 Euch aber sage ich und den andern, die zu Thyatira sind, die nicht haben solche Lehre, und die nicht erkannt haben die Tiefen des Satans (als sie sagen): Ich will nicht auf euch werfen eine andere Last.
2:25 Doch was ihr habt, das haltet, bis daß ich komme.
2:26 Und wer da überwindet und hält meine Werke bis ans Ende, dem will ich Macht geben über die Heiden.
2:27 Und er soll sie weiden mit einer eisernen Rute, und wie eines Töpfers Gefäß soll er sie zerschmeißen,
2:28 wie ich von meinem Vater empfangen habe; und will ihm geben den Morgenstern.
2:29 Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!
Eine kleine Abweichung vom rechten Weg kann in den Abgrund führen. Zugeständnisse an den Zeitgeist führen zum Antichristentum. Man räumte einer begabten Frau das Lehramt ein und wurde durch sie auf die Lasterbahn geführt. Siehe hier die Gefahr der werktätigen, begeisterten Gemeinde! Im Blick auf den Erfolg vergißt man die Grundlagen zu prüfen. Kleine Abweichungen von den biblischen Grund- und Richtlinien scheinen gering zu achten gegenüber dem Fleiß, dem Eifer und - dem Erfolg. Wenn das Weib begabt ist, warum soll es nicht lehren? Wenn es klug ist, warum soll es nicht herrschen? Wieviel Unheil ist schon durch solche Nützlichkeitserwägungen heraufbeschworen worden! Wie ganz anders urteilt Paulus.
Er lehnte das Zeugnis der Wahrsagerin ab und trieb den Geist von der Magd aus. In Thyatira gab man diesem Geist Raum und vergiftete die Gemeinde. Je näher wir dem Ende kommen, desto größer wird die Gefahr der Verführung in den Irrtum. Irrgeister und falsches Prophetentum treten auf, um die recht entronnenen Seelen in Irrtümer zu verstricken, um „zu verführen, so es möglich wäre, auch die Auserwählten.“ „Wahrsagen“ ist nicht aus der Wahrheit geboren, sondern auf unreine Geister zurückzuführen.
Von den Wahrsagegeistern sollen Christen kein Zeugnis für die Wahrheit annehmen, ebensowenig von einem Prophetentum, das im Namen Christi auftritt und seinen Sinn und Geist verleugnet. Die Isebell in Thyatira wird wohl auch mit frommen Worten und im Schein der Heiligkeit aufgetreten sein, aber das Flammenauge des Herzenskündigers erkennt die Verführerin in ihrer wahren Gestalt. Und das Urteil des Herrn ist ernst und scharf. Zwar gab es auch für Isebell eine Gnadenzeit, aber sie wurde in der Blindheit ihres Herzens verscherzt. Darum blieb nur noch das Gericht übrig.
„Siehe, ich werfe sie aufs Krankenbett, und die mit ihr die Ehe brechen, bringe ich in große Trübsal, wenn sie sich nicht von ihren Werken bekehren. Und ihre Kinder will ich des Todes sterben lassen. Und alle Gemeinden sollen erkennen, daß ich es bin, der Nieren und Herzen erforscht, und ich will einem jeden von euch nach seinen Werken vergelten.“ Ja, Amen! Der Herr, der Wahrheit ist und heißt, wird nichts fehlen lassen an allem, das er verheißt und droht.
Die anderen aber, die solche verderbte Lehre fliehen und nicht die Tiefen des Satans erkannt haben, sondern festhalten an dem Zeugnis Jesu, sollen nicht mit einer fremden Last beladen werden. Wer überwindet und hält fest das Wort der Wahrheit, „der soll Macht empfangen über die Völker, und er soll sie mit eisernem Stabe weiden, gleichwie man Töpfergeschirr in Stücke schlägt.“ Wie mögen die auf eingebildeter geistlicher Höhe sich befindenden Irrlehrer die wenigen Getreuen bemitleidet oder gar verachtet haben, wegen „mangelnder Erkenntnis“. Aber die Einfalt der Treuen ist größere Weisheit als die „tiefe Erkenntnis“ der Irrlehrer.
„Diese Macht habe ich empfangen von meinem Vater. Und ich will ihm geben den Morgenstern. Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt.“ Den Treuen wird der Lohn vom Herrn. Sie sollen zu Herrschaft und Macht gelangen und den Morgenstern empfangen. Mit dem Herrn der Schöpfung empfängt der Glaube auch das Heer und die Herrlichkeit der Schöpfung. Der Überwinder, der hier, im Staube der Niedrigkeit, sich frei machen ließ vom Dienst der Lust, empfängt als Siegespreis Anteil an der Königsherrlichkeit seines Herrn, und die Morgensterne, die am Schöpfungstage den Ruhm des Schöpfers priesen, werden einstimmen in den Hochgesang der Erlösten und in seligem Verein mit allen Gotteskindern in Ewigkeit Jehovas Ruhm erzählen. (Friedrich Fries)
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Ueber Smyrna fiel die Welt mit Trübsal und Gefängniß und Lästerung her, in schreckender Gestalt, weshalb es zu ihr hieß: Sei getreu bis in den Tod,so will ich dir die Krone des Lebens geben. Mit Pergamus versuchte sie es in lockenderGestalt, indem sie durch die Nicolaiten aufforderte, Götzenopfer zu essen und Hurerei treiben. Thyatira verachtete die Lockungen, so lange die Welt als Welt sie aussprach; denn da wußte sie: was hat Christus mit Belial? was hat das Licht für Gemeinschaft mit der Finsterniß? Aber die Welt verstand es, auf neue List zu sinnen, und sie fand sie, blieb nicht mehr stehen an den Grenzen der Kirche, sondern drängte sich mitten in sie hinein, kam in Prophetengestalt, mit Königsgewalt. Das war der Fallstrick, darum auch der Kampf für die Gemeinde zu Thyatira: der Verführer verstellte sich zum Engel des Lichts, - da ließ sie sich berücken. Der Herr verkündigt nun: Wer nur aus Unwissenheit sündigt, weil er nicht Kenntniß genug hatte, die Verführerin Jesebel als falsche Prophetin zu durchschauen, der muß freilich das Gericht des Herrn deshalb tragen; aber sobald seine Seele treu dem Herrn anhängt, und es sein heiliges Verlangen ist, nur Ihm zu dienen, so hilft Er selbst immer weiter und weiter und befreit von jener Last. Wer den Verführer aber durchschaut und sich doch verführen läßt, der muß doppelt Streiche leiden. Darum gilt es, an dem Maaßstabe der heiligen Schrift die Geister zu prüfen. Wer sich nur treu so weit an Gottes Wort hält, als es ihm aufgeschlossen ist, dem schließt es der Herr immer wieder auf; er bekommt den Morgenstern, d.h. eine Einsicht in die göttlichen Dinge, die so viel heller ist als die bisherige, wie der Morgenstern heller ist als das Licht, das wir in der Nacht brennen. Hinaus denn, ihr Verführer, herunter, Satanas, mit deinem Lichtengelskleide“ Rein ab und Christo an, so ist die Sach’ gethan. Bei der Welt ist ewiger Schade, bei Christo ist ewiges Heil! Amen. (Friedrich Arndt)
Kapitel 3
3:1 Und dem Engel der Gemeinde zu Sardes schreibe: Das saget, der die Geister GOttes hat und die sieben Sterne: Ich weiß deine Werke; denn du hast den Namen, daß du lebest, und bist tot.
3:2 Sei wacker und stärke das andere, das sterben will; denn ich habe deine Werke nicht völlig erfunden vor GOtt.
3:3 So gedenke nun, wie du empfangen und gehöret hast, und halte es und tu Buße! So du nicht wirst wachen, werde ich über dich kommen wie ein Dieb, und wirst nicht wissen, welche Stunde ich über dich kommen werde.
3:4 Du hast auch wenig Namen zu Sardes, die nicht ihre Kleider besudelt haben; und sie werden mit mir wandeln in weißen Kleidern; denn sie sind's wert.
3:5 Wer überwindet, der soll mit weißen Kleidern angelegt werden, und ich werde seinen Namen nicht austilgen aus dem Buch des Lebens, und ich will seinen Namen bekennen vor meinem Vater und vor seinen Engeln.
3:6 Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!
Wenn in den bisherigen Gemeinden immer Lob und Tadel gemischt war, so wird von den drei kommenden im dritten Kapitel Sardes im Ganzen keines Lobes von ihrem Meister würdig befunden, Laodicäa empfängt dagegen nur Tadel, Philadelphia nur Lob. Bisher waren die Gemeinden nur gewarnt, als die erst noch in der Gefahr standen, verweltlich zu werden; Sardes und Laodicäa werden behandelt, als die schon verweltlicht wären; Philadelphia, als wenn sie alles Weltliche bereits überwunden hätte. Sardes ist das Bild einer Gemeinde, die von Andern für besser gehalten wird, als sie ist; Laodicäa stellt die dar, die sich selbst für besser halten; Philadelphia wird von Andern geachtet, und achtet sich selbst für nichts als für gering, aber gerade da sie so sich erniedrigt, wird sie von dem Menschensohne erhöht. – Der Herr schmeichelt Sardes nicht, Er sagt’s ihr, sie haben den Namen, daß sie lebe, und sei todt, ihr Christenthum sei nur ein Scheinleben; aber doch trägt Er sie noch in Liebe, und möchte sie gern noch retten und stärken. Nur daß diese tragende Liebe bei dem unbußfertigen großen Haufen endlich ihre Grenze findet; unter welchem der Herr die kleine Anzahl der Frommen wohl herauszufinden weiß und überhaupt der Bußfertigen sich auch hier annimmt mit treuer Gnade. Die Feinde, welche da überwunden werden müssen, sind die Schläfrigkeit und die Widerspänstigkeit; denn einschläfernd ist es, wenn man beständig uns lobt und sich von allen Seiten zufrieden bezeigt, und es kommt dann mit uns dahin, daß wir nicht aufstehen mögen, auch wenn der Herr selber uns weckt; andererseits thut’s wehe, einen Zustand für schlimm und gefährlich zu erklären, den man so lange selbst für vortrefflich gehalten und der von Allen gelobt wird. O Herr, bewahre mich vor solcher Seelengefahr, daß es mir nicht wie Sardes gehe; gieb mir selbstverläugnende Demuth und Kindeseinfalt. Noch steht unser Name im Lebensbuch: o daß er niemals ausgelöscht werde! Amen. (Friedrich Arndt)
3:7 Und dem Engel der Gemeinde zu Philadelphia schreibe: Das saget der Heilige, der Wahrhaftige, der da hat den Schlüssel Davids, der auftut und niemand zuschließet, der zuschließet und niemand auftut:
3:8 Ich weiß deine Werke. Siehe, ich habe vor dir gegeben eine offene Tür, und niemand kann sie zuschließen; denn du hast eine kleine Kraft und hast mein Wort behalten und hast meinen Namen nicht verleugnet.
3:9 Siehe, ich werde geben aus des Satanas Schule, die da sagen, sind Juden, und sind's nicht, sondern lügen. Siehe, ich will sie machen, daß sie kommen sollen und anbeten zu deinen Füßen und erkennen, daß ich dich geliebet habe.
3:10 Dieweil du hast behalten das Wort meiner Geduld, will ich auch dich behalten vor der Stunde der Versuchung, die kommen wird über den ganzen Weltkreis, zu versuchen, die da wohnen auf Erden.
3:11 Siehe, ich komme bald! Halte, was du hast, daß niemand deine Krone nehme!
3:12 Wer überwindet den will ich machen zum Pfeiler in dem Tempel meines GOttes, und soll nicht mehr hinausgehen. Und will auf ihn schreiben den Namen meines GOttes und den Namen des neuen Jerusalem, der Stadt meines GOttes, die vom Himmel herniederkommt, von meinem GOtt, und meinen Namen, den neuen.
3:13 Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!
„O mein Gott, wie wunderlich führst Du Deine Heiligen, unter wie viel Schwachheit des Fleisches, Gefühl ihrer kleinen Kraft, Kampf und Druck und Verachtung giebst Du diejenigen herunter, aus denen Du sogar etwas Anderes dereinst in Deinem Tempel zu machen beschlossen hast! Ach, mit diesem Ziel unserer Hoffnung ermuntere uns immer wieder, auf daß wir nicht in unserm Muthe matt werden, sondern beharren bis an’s Ende und Niemand unsere Krone nehme. Amen.“ So hat ein verabschiedeter Knecht Christi gebetet, da er aufhörte, über dieses Wort zu sprechen. Ich bete es ihm nach, und bitte ihn, daß Er mir etwas vom Philadelphiageist und Segen geben möge. Das ist eine Gemeinde, die wenig geachtet und der auch wirklich wenig gegeben ist, die aber in diesem Wenigen Treue beweiset. Der Herr fordert von Keinem mehr, als Er ihm selber gegeben; aber dem Treuen giebt Er immer mehr. Die Verachtung, welche solche Seelen trifft, ist nur eine jeweilige, - endlich wird auch an ihnen der Herr verherrlicht; und sie selbst kommen auch durch das Allerschwerste unbeschädigt hindurch; nur müssen sie nie von ihrer Treue lassen und halten, was sie haben, daß niemand ihre Krone nehme. Dann soll Philadelphia sein ein Pfeiler, eine unveränderliche Stütze im Gottestempel, daran Andere sich anlehnen; dann soll es wie der Hohepriester auf der Stirn den Namen Gottes als Vater tragen, auf den Schultern den Namen des neuen Jerusalem, und auf dem Brustschildlein den Namen seines Jesu, aber den neuen. Herr, gieb mir denn den demüthig stillen Kindersinn, der mit seiner Ohnmacht sich auf die Allmacht wirft, mit seinen Gebrechen sich auf die Gnade verläßt, nur auf die Gnade. Ich strecke meine Hände nach Dir aus; Herr Jesu, fülle diese Hände, mache mich immer kleiner und immer treuer im Kleinen, und laß mich halten, was ich habe, bis an’s Ende, damit die Philadelphiakrone mein bleibe. Amen. (Friedrich Arndt)
3:14 Und dem Engel der Gemeinde zu Laodicea schreibe: Das saget Amen, der treue und wahrhaftige Zeuge, der Anfang der Kreatur GOttes:
3:15 Ich weiß deine Werke, daß du weder kalt noch warm bist. Ach, daß du kalt oder warm wärest!
3:16 Weil du aber lau bist und weder kalt noch warm, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde.
3:17 Du sprichst: Ich bin reich und habe gar satt und bedarf nichts, und weißt nicht, daß du bist elend und jämmerlich, arm, blind und bloß.
3:18 Ich rate dir, daß du Gold von mir kaufest, das mit Feuer durchläutert ist, daß du reich werdest, und weiße Kleider, daß du dich antust, und nicht offenbaret werde die Schande deiner Blöße; und salbe deine Augen mit Augensalbe, daß du sehen mögest.
3:19 Welche ich liebhabe, die strafe und züchtige ich. So sei nun fleißig und tu Buße!
Der HErr züchtigt, die Er lieb hat, begreiflich nur, wenn sie's verdient haben. Aus dem Spruch geht also hervor, daß die, die Er lieb hat, nicht immer die Brävsten sind; und doch hat Er sie lieb! Denn wer noch die Ruthe braucht, der ist nicht brav, und doch hat man ihn lieb. Also auch die, die der Herr lieb hat, brauchen je und je die Ruthe; und eben weil Er sie lieb hat, macht Er von derselben Gebrauch. Wenn sie so sind, daß Er sie nicht mehr lieb haben kann, läßt Er sie laufen und denkt: ,,Es ist ja doch für nichts.“ Der Hauptfehler bei vielen ist der, daß sie, wenn der liebe Gott sie straft, gleich sagen: „Der Herr hat mich nicht mehr lieb.„ Seht da den Tuck ihres Herzens und ihre Eigenliebe! Was wäre es doch, wenn ein Kind, das gestraft wird, zur Mutter sagen wollte: „Ich sehe wohl, du magst mich eben nicht, kannst mich nicht leiden.“ Das ist ein großer Fehler, den sehr Viele haben, daß sie, wenn es ihnen übel geht, wenn sie krank sind, auf ihr Gebet hin nicht augenblicklich aufgewartet wird, sagen: „Der Heiland hat mich verstoßen, der Heiland hat mich verworfen u. dergl.“ Diesen bösen Gedanken müssen wir ja nicht in uns aufkommen lassen. Der ist vom Argen. Der Teufel ist's, der da, ganz dem entsprechend, wie er die ersten Eltern verführte, dem Herzen eingiebt: „Siehst du's jetzt? Da kannst du's sehen, was der liebe Gott nach dir fragt!“ - Hören wir da nicht lieber die Stimme des Heilands, die vom Himmel herab gegen die Gemeine zu Laodicea sich vernehmen läßt: „Welche Ich liebhabe, die strafe und züchtig Ich?“ - Merken wir's uns also, gerade die Strafe und Züchtigung ist ein Beweis, daß wir beim Heiland etwas gelten, daß er uns lieb hat.
Übrigens ists auch wieder so, daß Viele meinen, es sei wie eine Art Liebhaberei vom Heiland, daß Er nur geschwind Eins von Seinen Lieben vornehme, um es zu züchtigen, ohne weiteren Grund, als ob es eben einmal geschlagen sein müßte. Da kann's geschehen, daß man einander Glück wünscht und sagt : „Du mußt beim Heiland recht wohl daran sein, daß Er dir so viel Kreuz auferlegt; dich muß Er besonders lieb haben.“ Dabei ist aber nicht der geringste Gedanke an die Schuld, die dem Heiland die Ruthe in die Hand giebt, weder bei dem, der so schmeichelt, noch bei dem, der sich so schmeicheln läßt. Es wird nicht überlegt, warum der HErr züchtige; sondern man bleibt selbstgefällig oder einfältig bei dem: „Der HErr züchtigt mich, also bin ich Ihm lieb.“ Wie unvernünftig aber doch das ist! Denn wenn ich's eine Züchtigung nenne, so muß ich's doch auch wissen, warum ich gezüchtigt werde, und darf ich mich damit nicht so schnell beruhigen, daß Er mich, weil Er straft, lieb habe. Soll doch die Züchtigung auch eine Frucht schaffen; wie ist das möglich, wenn ich's nicht ernster nehme, wenn ich nicht weiter denke! Ach, wie viele Züchtigungen, im Kleinen wie im Großen, gehen so umsonst vorüber!
Zusatz: Andererseits giebt es auch wieder Fälle, da man mit dem Denken und Überlegen, namentlich mit der Beschuldigung nicht zu weit gehen darf. Man kann sich auch unnötigerweise und übertrieben mit Schuld und Sünde zermartern. Man kann nicht gerade jedes Kreuz und jede Trübsal eine Strafe oder eine Züchtigung für bestimmte Sünden nennen. Oft ists, wie bei einem Paulus, der einen Pfahl im Fleisch haben mußte, nur um sich der hohen Offenbarung nicht zu überheben. So mag's wohl oft sein, daß Trübsale und lange dauernde Übel da sein müssen, damit man nicht hinaufkomme, sondern fein unten bleibe. Das wäre denn freilich auch eine Art Züchtigung. Aber merke dir, wenn du nichts Anderes mehr weißt, so denke, du sollest eben recht klein und demütig werden und bleiben; und so tut's der Heiland auch, weil Er dich lieb hat. Wirst du aber ein hoffärtiger Dulder, so wird die Liebe deines Heilandes klein werden.
Noch Andern wird viel Kreuz auferlegt, weil sie Geduld lernen und Ausdauer im Glauben beweisen müssen. Es kann geschehen, daß dich der Teufel, wie den Hiob, verklagt, als könnte er dich um Beides bringen. Da ists wieder Liebe vom Heiland, daß Er dich würdigt, an dir dem Teufel zeigen zu wollen, daß es noch Leute giebt, die Geduld und Glauben behalten, auch wenn es ihnen schwer und recht schwer geht. Merk' dir's, und mach's nicht, daß der Teufel ob dir in die Faust lacht, und dein Heiland vor ihm ob dir sich schämen muß. Dein Gewinn wäre das nicht. (Christoph Blumhardt)
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Wieviel Trost und Erbarmen liegt doch in diesem Worte! Wir sehen daran, daß die Züchtigung nicht ein Beweis seines Zornes, sondern vielmehr seiner väterlichen Liebe ist. Ist unser Weg steil und mühsam, so brauchen wir nicht zu fürchten, wir seien auf falschem Wege; denn eben der schmale Pfad zum Himmel geht durch viele Trübsale (Apg. 14,22). Die Demut kann alle Bitterkeit aus dem Leidensbecher nehmen, und der Glaube kann ihn mit göttlichem Troste versüßen. Mancher Heilige hat sich schon seiner Trübsal rühmen können, weil er erfahren hatte, daß „die Trübsal Geduld wirket, die Geduld aber wirket Erfahrung, die Erfahrung aber wirket Hoffnung, Hoffnung aber läßt nicht zuschanden werden, denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist.“
Ist unser Herz im Glauben an Jesus Christus gewurzelt, so ist der Stachel der Trübsal, wie der des Todes, abgestumpft und kraftlos. Wissen wir, daß Gott für uns ist, so werden wir uns niemals trost- und hilflos fühlen. Wer seinen Teil im Himmel hat, kann die Leiden der Erde wohl tragen. Sind wir Kinder Gottes, so müssen alle Dinge zu unserem Besten dienen. „Unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, wirket eine ewige und über alles Maß wichtige Herrlichkeit, indem wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare.“
Wohl dem, der sagen kann: „Wäre dein Gesetz nicht meine Freude gewesen, ich wäre vergangen in meinem Elend.“ Wohl dem Manne, welcher die Anfechtung erduldet, denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen. (Hermann Heinrich Grafe)
3:20 Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. So jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich eingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir.
3:21 Wer überwindet, dem will ich geben, mit mir auf meinem Stuhl zu sitzen; wie ich überwunden habe und bin gesessen mit meinem Vater auf seinem Stuhl.
3:22 Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!
Laodicäa ist das Bild der Lauheit im Christenthum oder des Herzenszustandes, wo die anfänglich warme, innige, lebendige Liebe zu Jesu abgenommen hat, wo sie zwar nicht ganz verschwunden, aber so matt und schwach geworden ist, daß das Herz von dieser Liebe nicht mehr erwärmt und beseelt wird. Der Glaube ist dem herzen dann nur noch eine Meinung, keine feste Herzensüberzeugung, die Liebe zu Jesu nur noch im Aeußern sich zeigende, steife Achtung, kein Drang, für Ihn zu zeugen und seine Liebe zu Ihm auszusprechen; man fühlt wohl gar eine Abneigung gegen die lebendigen Christen; das Andenken an Jesum erlischt je mehr und mehr; das Lesen des göttlichen Worts ist theilnahmlos, das Kirchengehen todte Gewohnheit, das Abendmahl wird höchstens einmal des Jahres noch gefeiert, und wenn es gilt, Opfer der Liebe für Jesum zu bringen, so werden sie karg abgemessen. Ein gefährlicher Zustand! Er macht den Menschen unwahr, falsch, heuchlerisch; er bildet ihm ein, es stehe viel besser mit ihm, als es wirklich ist, und läßt ihn in seiner traurigen Lage; er macht ihn unfähig, Andere zu erwärmen und zu erwecken; er ist dem Herrn ein Gegenstand des Ekels und des Widerwillens. Jesus möchte aber gern helfen und retten; darum deckt Er erst den Grund des Uebels auf, dann giebt Er die Heilmittel. Der Grund des Uebels ist der leidige Eigendünkel, die Selbstgefälligkeit und Selbstbespiegelung, der geistliche Hochmuth. Die Heilmittel sind das Gold heiliger, lauterer Liebe, das Kleid der Gerechtigkeit Jesu Christi und die Selbsterkenntniß der Buße. Bist du auch lau, meine Seele? dann befolge den gegebenen Rath und laß dich heilen. Quälst du dich aber nur mit der Furcht, du könntest es sein? dann höre: ist dir die Sprache bis zum Tod zuwider: „ich bin reich und gar satt und darf nichts,“ kommst du dir in deinen eignen Augen erbärmlich vor, so gehörst du noch nicht zu den Lauen, der Herr wird sich dein erbarmen und dich weiter fördern. Amen. (Friedrich Arndt)
Kapitel 4
4:1 Danach sah ich, und siehe, eine Tür ward aufgetan im Himmel; und die erste Stimme, die ich gehöret hatte mit mir reden als eine Posaune, die sprach: Steig her; ich will dir zeigen, was nach diesem geschehen soll.
4:2 Und alsobald war ich im Geist. Und siehe, ein Stuhl ward gesetzt im Himmel, und auf dem Stuhl saß einer.
4:3 Und der da saß, war gleich anzusehen wie der Stein Jaspis und Sardis; und ein Regenbogen war um den Stuhl, gleich anzusehen wie ein Smaragd.
4:4 Und um den Stuhl waren vierundzwanzig Stühle; und auf den Stühlen saßen vierundzwanzig Älteste, mit weißen Kleidern angetan, und hatten auf ihren Häuptern güldene Kronen.
4:5 Und von dem Stuhl gingen aus Blitze, Donner und Stimmen; und sieben Fackeln mit Feuer brannten vor dem Stuhl, welches sind die sieben Geister GOttes.
4:6 Und vor dem Stuhl war ein gläsern Meer gleich dem Kristall und mitten im Stuhl und um den Stuhl vier Tiere voll Augen, vorne und hinten.
4:7 Und das erste Tier war gleich einem Löwen, und das andere Tier war gleich einem Kalbe, und das dritte hatte ein Antlitz wie ein Mensch und das vierte Tier gleich einem fliegenden Adler.
4:8 Und ein jegliches der vier Tiere hatte sechs Flügel umher, und waren inwendig voll Augen; und hatten keine Ruhe Tag und Nacht und sprachen: Heilig, heilig, heilig ist GOtt, der HErr, der Allmächtige, der da war, und der da ist, und der da kommt!
4:9 Und da die Tiere gaben Preis und Ehre und Dank dem, der auf dem Stuhl saß, der da lebet von Ewigkeit zu Ewigkeit,
4:10 fielen die vierundzwanzig Ältesten vor den, der auf dem Stuhl saß, und beteten an den, der da lebet von Ewigkeit zu Ewigkeit, und warfen ihre Kronen vor den Stuhl und sprachen:
4:11 HErr, du bist würdig, zu nehmen Preis und Ehre und Kraft; denn du hast alle Dinge geschaffen, und durch deinen Willen haben sie das Wesen und sind geschaffen.
Die heilige Offenbarung, besonders vom 4. Kapitel an, eröffnet uns einen Blick in die Ewigkeit hinüber. Was wäre es für ein Segen, wenn wir jetzt auch den Johannes begleiten dürften! Aber vor diesem Hause, darin man so große und wichtige Dinge sehen kann, stehen sieben Wachen, die Jeden anhalten, der hinein will, ob er sich auch ausweisen kann, daß er ein Recht hat einzutreten. Darum hat der Herr den jetzt beginnenden Gesichten sieben Briefe vorausgeschickt: das sind die sieben Wachen vor dem Hause. Die erste fragt: stehst du auch noch in der ersten Liebe? Die zweite: stehst du unter den Leiden, die dir begegnen, im ausharrenden Glauben? Die dritte: stehst du auch wohl im Verleugnungssinn oder regiert dein Herz noch der Sinn Bileams und der Nicolaiten? Die vierte: wird nichts falsches im Herzen und in der Gemeinschaft geduldet? Die fünfte: hast du ein geistliches Leben in dir und sind deine Werke völlig vor Gott erfunden? Die sechste: stehst du in der Treue, die beharrt bis ans Ende? Die siebente: bist du brennend im Geist oder lau, verlegen, träg und kalt? Wenn wir vor dem Herrn uns geprüft haben nach diesen h. Briefen und Er deckt mit vergebender Gnade unsere Sünden zu; dann heißt es aus dem Himmel: jetzt steige her, ich will dir zeigen, was geschehen soll. Es offenbart sich uns der unsichtbare Gott in seiner Herrlichkeit, der erhabene König und Richter der Welt, vergleichbar nur mit dem lichthellen Jaspis und dem feuerrothen Sardius, den Sinnbildern der göttlichen Herrlichkeit und Heiligkeit; um den Thron die Häupter der neuen himmlischen Gemeinde, mit weißen priesterlichen Kleidern angethan und als königliche Sieger mit den Kronen der Gerechtigkeit geschmückt; an den vier Ecken vier Cherubim. Alle beten an Den, der da lebet von Ewigkeit zu Ewigkeit, Gott den Allerhöchsten, und preisen, daß die ursprüngliche Endabsicht der ganzen Schöpfung nun erreicht und wiederhergestellt sei durch die Erlösung und Heiligung. Herr, mache auch uns tüchtig zu solchem Lobgesang durch Erlösung von jeder Gefangenschaft der Sünde. Amen. (Friedrich Arndt)
Kapitel 5
5:1 Und ich sah in der rechten Hand des, der auf dem Stuhl saß, ein Buch, geschrieben inwendig und auswendig, versiegelt mit sieben Siegeln.
5:2 Und ich sah einen starken Engel predigen mit großer Stimme: Wer ist würdig, das Buch aufzutun und seine Siegel zu brechen?
5:3 Und niemand im Himmel noch auf Erden noch unter der Erde konnte das Buch auftun und hineinsehen.
5:4 Und ich weinete sehr, daß niemand würdig erfunden ward, das Buch aufzutun und zu lesen noch hineinzusehen.
5:5 Und einer von den Ältesten spricht zu mir: Weine nicht! Siehe, es hat überwunden der Löwe, der da ist vom Geschlecht Judas, die Wurzel Davids, aufzutun das Buch und zu brechen seine sieben Siegel.
5:6 Und ich sah, und siehe, mitten im Stuhl und den vier Tieren und mitten unter den Ältesten stund ein Lamm, wie es erwürget wäre, und hatte sieben Hörner und sieben Augen, welches sind die sieben Geister GOttes, gesandt in alle Lande.
5:7 Und es kam und nahm das Buch aus der rechten Hand des, der auf dem Stuhl saß.
5:8 Und da es das Buch nahm, da fielen die vier Tiere und die vierundzwanzig Ältesten vor das Lamm und hatten ein jeglicher Harfen und güldene Schalen voll Räuchwerks, welches sind die Gebete der Heiligen,
5:9 und sangen ein neu Lied und sprachen: Du bist würdig, zu nehmen das Buch und aufzutun seine Siegel; denn du bist erwürget und hast uns GOtt erkauft mit deinem Blut aus allerlei Geschlecht und Zungen und Volk und Heiden
5:10 und hast uns unserm GOtt zu Königen und Priestern gemacht, und wir werden Könige sein auf Erden.
5:11 Und ich sah und hörete eine Stimme vieler Engel um den Stuhl und um die Tiere und um die Ältesten her; und ihre Zahl war viel tausendmal tausend.
5:12 Und sprachen mit großer Stimme: Das Lamm, das erwürget ist, ist würdig, zu nehmen Kraft und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Preis und Lob.
5:13 Und alle Kreatur, die im Himmel ist und auf Erden und unter der Erde und im Meer, und alles, was drinnen ist, hörete ich sagen zu dem, der auf dem Stuhl saß, und zu dem Lamm: Lob und Ehre und Preis und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit!
5:14 Und die vier Tiere sprachen: Amen. Und die vierundzwanzig Ältesten fielen nieder und beteten an den, der da lebet von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Eine erhabene Himmelsscene, die Johannes gewürdigt ward, schon hienieden bei Leibes Leben zu sehen und durchzumachen! Wie mußte bei seiner brennenden Liebe zu Jesu Ihm das Herz höher schlagen bei solchem Anblick? Wie mußte ihm sein, als er seinen Herrn, in dessen Brust er hienieden drei Jahre lang gelegen, wiedersah in strahlend himmlischer Herrlichkeit, als er hört den Lobgesang der Engel, der Menschen und aller Creaturen, und dieser Lobgesang nur einen Gegenstand feierte: das Lamm, das erwürget war? Da sah er denn im Himmel verwirklicht, was Jesus auf Erden gefordert hatte: „Es sollen Alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren.“ Dieser Lobgesang ward aber Christo von allen Wesen dargebracht, nicht etwa blos um seiner Gottheit, sondern besonders ums einer Verdienste willen, die Er in der Hülle der menschlichen Natur zur Erlösung der sündigen Welt sich erworben hatte, weil Er Lammes- und Löwenthat zugleich vollbracht hatte hienieden; auch im Himmel hatte Er die menschliche Natur nicht abgelegt, auch dort noch leuchten seine Wundenmale, auch dort noch ist er der Gottmensch in der Herrlichkeit beider Naturen vor den Augen der ganzen Welt. – Wie? Wollen wir nicht auch einstimmen in die Anbetung des Sohnes Gottes? Oder hätte unser Schweigen und Widersprechen irgend einen Sinn, einen Erfolg? Würde darum das Halleluja aller Wesen und der Ewigkeiten verstummen? Oder Christus etwas dadurch verlieren? Alles, Alles fordert uns ja auf zu Seiner Verherrlichung, die Taufe und das Abendmahl, die Jesuslieder im Gesangbuch, die flammendsten Gebete der Kirche, die Kirchen selber mit ihren Kreuzen und Altären, die Kirchhöfe sogar, die Ungewißheit des Todes und der Gnadenzeit, das Schwert über unsern Häuptern in den ernsten Ereignissen der Gegenwart. Lamm Gottes, ich stelle mich unter Deine Siegesfahne, ich stimme ein in die Anbetung der ganzen Welt und freue mich unaussprechlich auf den Tag, wo ich zu Deinen Füßen mein ewiges Lob Dir darbringen werde. Amen. (Friedrich Arndt)
Kapitel 6
6:1 Und ich sah, daß das Lamm der Siegel eins auftat. Und ich hörete der vier Tiere eines sagen als mit einer Donnerstimme: Komm und siehe zu!
6:2 Und ich sah, und siehe, ein weiß Pferd, und der daraufsaß, hatte einen Bogen; und ihm ward gegeben eine Krone; und er zog aus zu überwinden, und daß er siegete.
6:3 Und da es das andere Siegel auftat, hörete ich das andere Tier sagen: Komm und siehe zu!
6:4 Und es ging heraus ein ander Pferd, das war rot; und dem, der daraufsaß, ward gegeben, den Frieden zu nehmen von der Erde, und daß sie sich untereinander erwürgten; und ihm ward ein groß Schwert gegeben.
6:5 Und da es das dritte Siegel auftat, hörete ich das dritte Tier sagen: Komm und siehe zu! Und ich sah, und siehe, ein schwarz Pferd, und der daraufsaß, hatte eine Waage in seiner Hand.
6:6 Und ich hörete eine Stimme unter den vier Tieren sagen: Ein Maß Weizen um einen Groschen und drei Maß Gerste um einen Groschen; und dem Öle und Wein tu kein Leid.
6:7 Und da es das vierte Siegel auftat, hörete ich die Stimme des vierten Tieres sagen: Komm und siehe zu!
6:8 Und siehe, und ich sah ein fahl Pferd, und der daraufsaß, des Name hieß Tod, und die Hölle folgte ihm nach. Und ihnen ward Macht gegeben, zu töten das vierte Teil auf der Erde mit dem Schwert und Hunger und mit dem Tod und durch die Tiere auf Erden.
6:9 Und da es das fünfte Siegel auftat, sah ich unter dem Altar die Seelen derer, die erwürget waren um des Wortes GOttes willen und um des Zeugnisses willen, das sie hatten.
6:10 Und sie schrieen mit großer Stimme und sprachen: HErr, du Heiliger und Wahrhaftiger, wie lange richtest du und rächst nicht unser Blut an denen, die auf der Erde wohnen?
6:11 Und ihnen wurde gegeben einem jeglichen ein weiß Kleid; und ward zu ihnen gesagt, daß sie ruhten noch eine kleine Zeit, bis daß vollends dazukämen ihre Mitknechte und Brüder, die auch sollten noch getötet werden gleich wie sie.
6:12 Und ich sah, daß es das sechste Siegel auftat; und siehe, da ward ein großes Erdbeben, und die Sonne ward schwarz wie ein härener Sack, und der Mond ward wie Blut.
6:13 Und die Sterne des Himmels fielen auf die Erde, gleichwie ein Feigenbaum seine Feigen abwirft, wenn er von großem Winde bewegt wird.
6:14 Und der Himmel entwich wie ein eingewickelt Buch; und alle Berge und Inseln wurden bewegt aus ihren Örtern.
6:15 Und die Könige auf Erden und die Obersten und die Reichen und die Hauptleute und die Gewaltigen und alle Knechte und alle Freien verbargen sich in den Klüften und Felsen an den Bergen
6:16 und sprachen zu den Bergen und Felsen: Fallet auf uns und verbergt uns vor dem Angesichte des, der auf dem Stuhl sitzt, und vor dem Zorn des Lammes;
6:17 denn es ist kommen der große Tag seines Zorns, und wer kann bestehen?
Jesus ist vom 5. bis 19. Kapitel der Offenbarung Johannis dargestellt als das geschlachtete Lamm und zugleich als der Löwe aus dem Stamm Juda, der durch sein geduldiges Leiden und Sterben Alles überwunden hat. In dieser Eigenschaft übernimmt er die Ausführung der sieben Siegel. Bei der Eröffnung dieser Siegel durfte Johannes im Geiste zusehen. Sie weisen hinaus bis auf das große Ziel, wovon es heißt: „Es werden Dir danken, Herr, alle Deine Werke.“ (Ps. 150,10.) Im sechsten Kapitel kommen sechs von diesen Siegeln vor; vier von ihnen gehen auf die sichtbare Welt, die andern auf die unsichtbare. Darum ist der Inhalt der vier ersten durch vier mächtige Reiter vorgestellt, mit verschiedener Farbe ihrer Pferde: weiß, roth, schwarz, fahl. Es ist also allemal eine irdische Macht darunter abgebildet, und zwar, wie unter der Leitung des Lammes Gottes stehen 1) alle Siege der Könige auf Erden, 2) alle Kriege, die so viel Blut kosten, 3) alle theuern Zeiten, 4) alle Sterbefälle. Und in der That sind gleich in der ersten zeit, nachdem die heilige Offenbarung gegeben war, von dieser vierfachen Vollmacht des Lammes augenscheinliche Proben auf Erden vorgekommen. Das fünfte und sechste Siegel führt in die unsichtbare Welt. In jenem sah Johannes die seligen Todten, wie sie unter der gnädigen Macht des Lammes stehen; aber noch nicht im Zustand der letzten Vollendung, wohl aber um eine Stufe wieder seliger geworden. In diesem sah er die unseligen Todten noch unseliger werden, bis der jüngste Tag die völlige Entscheidung bringt. So bleiben also die Menschen in der Trennung, in der sie aus der Zeit in die Ewigkeit gehen und rücken darin immer weiter fort. Wollen wir uns darum nicht in der Zeit der Gnade entscheiden? Wenn wir den Tag des Gerichts immer im Gesicht hätten, so würden wir uns in unserm Thun und Lassen gewiß oft ganz anders bezeugen. Wer zu Zion gehört, der höre, was der Heiland sagt: Wachet und betet! Amen. (Friedrich Arndt)
Kapitel 7
7:1 Und danach sah ich vier Engel stehen auf den vier Ecken der Erde, die hielten die vier Winde der Erde, auf daß kein Wind über die Erde bliese noch über das Meer noch über einigen Baum.
7:2 Und ich sah einen andern Engel aufsteigen von der Sonne Aufgang, der hatte das Siegel des lebendigen GOttes und schrie mit großer Stimme zu den vier Engeln, welchen gegeben ist, zu beschädigen die Erde und das Meer.
7:3 Und er sprach: Beschädiget die Erde nicht noch das Meer noch die Bäume, bis daß wir versiegeln die Knechte unsers GOttes an ihren Stirnen.
7:4 Und ich hörete die Zahl derer, die versiegelt wurden, hundertvierundvierzigtausend, die versiegelt waren von allen Geschlechtern der Kinder Israel:
7:5 von dem Geschlechte Juda zwölftausend versiegelt; von dem Geschlechte Ruben zwölftausend versiegelt; von dem Geschlechte Gad zwölftausend versiegelt;
7:6 von dem Geschlechte Asser zwölftausend versiegelt; von dem Geschlechte Naphthali zwölftausend versiegelt; von dem Geschlechte Manasse zwölftausend versiegelt;
7:7 von dem Geschlechte Simeon zwölftausend versiegelt; von dem Geschlechte Levi zwölftausend versiegelt; von dem Geschlechte Isaschar zwölftausend versiegelt;
7:8 von dem Geschlechte Sebulon zwölftausend versiegelt; von dem Geschlechte Joseph zwölftausend versiegelt; von dem Geschlechte Benjamin zwölftausend versiegelt.
7:9 Danach sah ich, und siehe, eine große Schar, welche niemand zählen konnte, aus allen Heiden und Völkern und Sprachen vor dem Stuhl stehend und vor dem Lamm, angetan mit weißen Kleidern und Palmen in ihren Händen,
7:10 schrieen mit großer Stimme und sprachen: Heil sei dem, der auf dem Stuhl sitzt, unserm GOtt, und dem Lamm!
7:11 Und alle Engel stunden um den Stuhl und um die Ältesten und um die vier Tiere und fielen vor dem Stuhl auf ihr Angesicht und beteten GOtt an
7:12 und sprachen: Amen! Lob und Ehre und Weisheit und Dank und Preis und Kraft und Stärke sei unserm GOtt von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.
7:13 Und es antwortete der Ältesten einer und sprach zu mir: Wer sind diese, mit den weißen Kleidern angetan, und woher sind sie kommen?
7:14 Und ich sprach zu ihm: Herr, du weißt es. Und er sprach zu mir: Diese sind's, die kommen sind aus großer Trübsal und haben ihre Kleider gewaschen und haben ihre Kleider hell gemacht im Blut des Lammes.
7:15 Darum sind sie vor dem Stuhl GOttes und dienen ihm Tag und Nacht in seinem Tempel. Und der auf dem Stuhl sitzt, wird über ihnen wohnen.
7:16 Sie wird nicht mehr hungern noch dürsten; es wird auch nicht auf sie fallen die Sonne oder irgend eine Hitze.
7:17 Denn das Lamm mitten im Stuhl wird sie weiden und leiten zu den lebendigen Wasserbrunnen; und GOtt wird abwischen alle Tränen von ihren Augen.
Was der Tod des Leibes für jeden Einzelnen der Menschen ist, das ist für die ganze Christenheit die Zeit der letzten Gerichte Gottes. Es graut der Natur davor, daß Fleisch und Geist soll geschieden werden: darum enthält das siebente Siegel, das bis an’s Ende dieser Weltzeit reicht, viel Schreckendes für unsere Natur. Wenn man aber an eine schwere Operation geht, so schenkt man oft dem Kranken zuvor ein Glas voll stärkenden Wein ein, ehe man die scharfen Messer herauslegt. Fast eben so stärkt der treue Jesus hier die Seinigen zuvor, indem Er sie wissen läßt, wie Er sich seine Auserwählten mitten in der argen Welt versiegeln kann vor der großen Versuchungsstunde. Ein Soldat hat das Wappen seines irdischen Königs, und Niemand darf ihn ungestraft beleidigen: wie vielmehr sind die Gläubigen durch das Siegel ihres himmlischen Königs sicher gestellt, wenn man es schon nicht mit Augen an ihnen sieht! – Johannes sah neben den Versiegelten aber noch eine andere, große Schaar aus allen Heiden, Völkern und Sprachen, mit weißen Kleidern angethan und Palmen in den Händen als Zeichen des erlangten Sieges, so wie ihrer Freude, ihrer vollen, nie getrübten Seligkeit, Alle bekennend: Heil sei Gott und dem Lamm! Auf Ihn, den großen Urheber, tragen sie ihre ganze Rettung lobpreisend zurück; kein Einziger sagt: Gottlob, ich habe meinen Weg so eingerichtet, daß ich dies Ziel erreicht habe; mein Wohlverhalten hat mich hieher gebracht. Das ganze Erdenleben war ihren um die Seligkeit besorgten Herzen zur großen Trübsal geworden; unter den schwersten leiden sind sie aber immer bei Jesu geblieben, sie haben ihre Kleider in Seinem Blute waschen und bleichen lassen, und nun dienen sie ihm in Seinem Tempel Tag und Nacht. Vollende an mir auch das Werk Deiner Erbarmungen, mein Heiland; Jesu, steh mir bei im Ringen, zieh die Hand nicht von mir ab; gieb mir Glauben, durchzudringen, bis daß ich’s ergriffen hab! Kommen Viele nicht hinein, laß mich’s unter Wenig sein. Amen. (Friedrich Arndt)
Kapitel 8
8:1 Und da es das siebente Siegel auftat, ward eine Stille in dem Himmel bei einer halben Stunde.
8:2 Und ich sah sieben Engel, die da traten vor GOtt, und ihnen wurden sieben Posaunen gegeben.
8:3 Und ein anderer Engel kam und trat an den Altar und hatte ein gülden Räuchfaß; und ihm ward viel Räuchwerks gegeben, daß er gäbe zum Gebet aller Heiligen auf den güldenen Altar vor dem Stuhl.
8:4 Und der Rauch des Räuchwerks vom Gebet der Heiligen ging auf von der Hand des Engels vor GOtt.
8:5 Und der Engel nahm das Räuchfaß und füllete es mit Feuer vom Altar und schüttete es auf die Erde. Und da geschahen Stimmen und Donner und Blitze und Erdbeben.
8:6 Und die sieben Engel mit den sieben Posaunen hatten sich gerüstet zu posaunen.
8:7 Und der erste Engel posaunete. Und es ward ein Hagel und Feuer, mit Blut gemenget, und fiel auf die Erde. Und das dritte Teil der Bäume verbrannte, und alles grüne Gras verbrannte.
8:8 Und der andere Engel posaunete. Und es fuhr wie ein großer Berg mit Feuer brennend ins Meer. Und das dritte Teil des Meeres ward Blut,
8:9 und das dritte Teil der lebendigen Kreaturen im Meer starb, und das dritte Teil der Schiffe wurde verderbet.
8:10 Und der dritte Engel posaunete. Und es fiel ein großer Stern vom Himmel; der brannte wie eine Fackel und fiel auf das dritte Teil der Wasserströme und über die Wasserbrunnen.
8:11 Und der Name des Sterns heißt Wermut; und das dritte Teil ward Wermut. Und viel Menschen starben von den Wassern, daß sie waren so bitter worden.
8:12 Und der vierte Engel posaunete. Und es ward geschlagen das dritte Teil der Sonne und das dritte Teil des Mondes und das dritte Teil der Sterne, daß ihr drittes Teil verfinstert ward, und der Tag das dritte Teil nicht schien und die Nacht desselbigengleichen.
8:13 Und ich sah und hörete einen Engel fliegen mitten durch den Himmel und sagen mit großer Stimme: Wehe, wehe, wehe denen, die auf Erden wohnen, vor den andern Stimmen der Posaune der drei Engel, die noch posaunen sollen!
Unter den sieben Siegeln ist das siebente das größte und wichtigste. Das haben wir an der Vorbereitung desselben merken können, die im siebenten Kapitel erzählt ist, und nun auch an der ehrfurchtsvollen Stille, die bei seiner Eröffnung im Himmel eintrat. Alles laute Loben und Danken hörte auf; Alles war in stiller, gespannter Erwartung, und gerade dieses Stillschweigen war die tiefste Verehrung Gottes und seines heiligen Raths. Merken wir es uns wohl: die Verehrung des Herrn besteht nicht nur im Loben und Danken, sondern auch im Stillschweigen, in der wahren innern Stille. – Und warum ist es so still geworden in der obern Gemeinde? Man erwartete neue Aufschlüsse und Offenbarungen Gottes. Ohne innere Stille kommt kein Mensch zu einem reinen Wahrheitsgrund. – Aber es gehört auch eine gespannte und unablässige Aufmerksamkeit dazu. Bei allen Seligen war nur ein Blick, der war auf das Lamm gerichtet; Alles sah gleichsam Christo auf die Hände, der die Eröffnung und Ausführung dieser Siegel bis zum letzten übernommen hatte. Da blasen die Posaunen: es gilt jetzt die Vernichtung des Weltreichs, die Wegräumung aller der Hindernisse, die dem Reiche Gottes entgegenstehen. Bei jeder Posaune bekommt das Weltreich einen neuen Schlag. wo der Herr Jesus einziehen will, da geht es auf die Vernichtung des alten Menschen los, und das geht nicht ohne Krieg ab. Aber was wird auch alles geschehen müssen, bis die so tief verfallene Christenheit gereinigt ist! Wir können es an uns wahrnehmen: wie viel Kaltsinn und Lauheit ist noch unter uns, wie sind wir so fleischlich und irdisch beim Anhören des Wortes Gottes! Immer wieder laufen unsere Sinne in die Welt hinaus. Das wird noch viele Versuchungsstunden und Gerichte geben müssen, bis das Reich des Herrn in die Welt kommen kann und alle Reiche der Welt Gottes und seines Christus werden. Wir haben alle zu beten, daß wir der Aufsicht des Herrn Jesu nicht entrissen werden. Das hilf uns, Herr Jesu. Amen. (Friedrich Arndt)
Kapitel 9
9:1 Und der fünfte Engel posaunete. Und ich sah einen Stern, gefallen vom Himmel auf die Erde, und ihm ward der Schlüssel zum Brunnen des Abgrunds gegeben.
9:2 Und er tat den Brunnen des Abgrunds auf. Und es ging auf ein Rauch aus dem Brunnen wie ein Rauch eines großen Ofens; und es ward verfinstert die Sonne und die Luft von dem Rauch des Brunnens.
9:3 Und aus dem Rauch kamen Heuschrecken auf die Erde. Und ihnen ward Macht gegeben, wie die Skorpione auf Erden Macht haben.
9:4 Und es ward zu ihnen gesagt, daß sie nicht beleidigten das Gras auf Erden noch kein Grünes noch keinen Baum, sondern allein die Menschen, die nicht haben das Siegel GOttes an ihren Stirnen.
9:5 Und es ward ihnen gegeben, daß sie nicht töteten, sondern sie quäleten fünf Monden lang; und ihre Qual war wie eine Qual vom Skorpion, wenn er einen Menschen hauet.
9:6 Und in denselbigen Tagen werden die Menschen den Tod suchen und nicht finden; werden begehren zu sterben, und der Tod wird von ihnen fliehen.
9:7 Und die Heuschrecken sind gleich den Rossen, die zum Kriege bereit sind; und auf ihrem Haupt wie Kronen dem Golde gleich und ihr Antlitz gleich der Menschen Antlitz.
9:8 Und hatten Haar wie Weiberhaar, und ihre Zähne waren wie der Löwen.
9:9 Und hatten Panzer wie eiserne Panzer; und das Rasseln ihrer Flügel wie das Rasseln an den Wagen vieler Rosse, die in den Krieg laufen.
9:10 Und hatten Schwänze gleich den Skorpionen, und es waren Stacheln an ihren Schwänzen; und ihre Macht war, zu beleidigen die Menschen fünf Monden lang.
9:11 Und hatten über sich einen König, einen Engel aus dem Abgrund; des Name heißt auf hebräisch Abaddon, und auf griechisch hat er den Namen Apollyon.
9:12 Ein Wehe ist dahin; siehe, es kommen noch zwei Wehe nach dem.
9:13 Und der sechste Engel posaunete. Und ich hörete eine Stimme aus den vier Ecken des güldenen Altars vor GOtt,
9:14 die sprach zu dem sechsten Engel, der die Posaune hatte: Löse auf die vier Engel, gebunden an dem großen Wasserstrom Euphrat.
9:15 Und es wurden die vier Engel los, die bereit waren auf eine Stunde und auf einen Tag und auf einen Monden und auf ein Jahr, daß sie töteten das dritte Teil der Menschen.
9:16 Und die Zahl des reisigen Zeuges war viel tausendmal tausend; und ich hörete ihre Zahl.
9:17 Und also sah ich die Rosse im Gesichte, und die daraufsaßen, daß sie hatten feurige und gelbe und schwefelige Panzer; und die Häupter der Rosse wie die Häupter der Löwen; und aus ihrem Munde ging Feuer und Rauch und Schwefel.
9:18 Von diesen dreien ward getötet der dritte Teil der Menschen von dem Feuer und Rauch und Schwefel, der aus ihrem Munde ging.
9:19 Denn ihre Macht war in ihrem Munde, und ihre Schwänze waren den Schlangen gleich, und hatten Häupter, und mit denselbigen taten sie Schaden.
9:20 Und blieben noch Leute, die nicht getötet wurden von diesen Plagen noch, Buße taten für die Werke ihrer Hände, daß sie nicht anbeteten die Teufel und die güldenen, silbernen, ehernen, steinernen und hölzernen Götzen, welche weder sehen noch hören noch wandeln können,
9:21 die auch nicht Buße taten für ihre Morde, Zauberei, Hurerei und Dieberei.
Die Ausleger verstehen meist unter der ersten und zweiten Posaune, welche von außen her die Kirche angreifen, die Völkerwanderung, und unter der dritten und vierten, die von innen die Kirche angreift, die arianische Irrlehre und das große Elend der Völker im fünften Jahrhundert. Die fünfte Posaune bedeutet dann die Entstehung des Papstthums, so wie die sechste die des Muhammedanismus, oder wie in vielen alten Bibeln die Ueberschrift lautet: „vom Antichrist im Occident und Orient.“ Die Heuschrecken sind die von den Päpsten betriebenen Kreuzzüge. Der Euphrat ist das Hauptwasser und zugleich Bild der muhammedanischen Länder und Religionslehren: der Herr erweckte letztere besonders zur Bußzucht und Bestrafung der abgefallenen, todten morgenländischen Kirchen. Abaddon = Apolyion heißt zu deutsch der Verderber. – Der Herr hat eben die Gewalt im Himmel und auf Erden; darum hat auch alle Creatur Ihm gehuldigt, als Er das Buch mit sieben Siegeln in seine Hand nahm, wie man einem Königssohn huldigt, wenn ihm sein Vater das Reich überträgt, obwohl seine Rechte, die in dem Buch enthalten sind, an und für sich ihre Gültigkeit haben und nirgendsher brauchen bestätigt zu werden. Um seines Todes willen geben sie Ihm die Ehre; denn durch denselben hat Er uns den Zugang verschafft zum Vaterherzen Gottes. Ach, daß auch wir uns recht unter Ihn demütigen könnten! Um die demüthigen Seelen baut der Herr eine Mauer, daß ihnen kein Feind etwas anhaben kann. Aber so bald sie sich erheben, läßt Er ein Loch in die Mauer brechen, und sie wissen nicht mehr, wer sie sind. Um des Hochmuths willen führt Gott seine Gerichte über den Erdboden. Er hat Mittel genug in der Hand, um den vermischten Haufen zu läutern. Auch jetzt, Herr, kommst Du mit Deinen Gerichten: baue Dein Reich um so gewaltiger, vor allem aber laß mich zu denen gehören, die dadurch näher zu Dir hingetrieben werden. Amen. (Friedrich Arndt)
Kapitel 10
10:1 Und ich sah einen andern starken Engel vom Himmel herabkommen, der war mit einer Wolke bekleidet, und ein Regenbogen auf seinem Haupt und sein Antlitz wie die Sonne und seine Füße wie die Feuerpfeiler.
10:2 Und er hatte in seiner Hand ein Büchlein aufgetan; und er setzte seinen rechten Fuß auf das Meer und den linken auf die Erde.
10:3 Und er schrie mit großer Stimme wie ein Löwe brüllet; und da er schrie, redeten sieben Donner ihre Stimmen.
10:4 Und da die sieben Donner ihre Stimmen geredet hatten, wollte ich sie schreiben. Da hörete ich eine Stimme vom Himmel sagen zu mir: Versiegle, was die sieben Donner geredet haben; dieselbigen schreibe nicht.
10:5 Und der Engel, den ich sah stehen auf dem Meer und auf der Erde, hub seine Hand auf gen Himmel
10:6 und schwur bei dem Lebendigen von Ewigkeit zu Ewigkeit, der den Himmel geschaffen hat, und was darinnen ist, und die Erde, und was darinnen ist, und das Meer, und was darinnen ist, daß hinfort keine Zeit mehr sein soll,
10:7 sondern in den Tagen der Stimme des siebenten Engels, wenn er posaunen wird, so soll vollendet werden das Geheimnis GOttes, wie er hat verkündiget seinen Knechten und Propheten.
10:8 Und ich hörete eine Stimme vom Himmel abermal mit mir reden und sagen: Gehe hin, nimm das offene Büchlein von der Hand des Engels, der auf dem Meer und auf der Erde stehet.
10:9 Und ich ging hin zum Engel und sprach zu ihm: Gib mir das Büchlein! Und er sprach zu mir: Nimm hin und verschlinge es; und es wird dich im Bauch grimmen, aber in deinem Munde wird's süß sein wie Honig;
10:10 Und ich nahm das Büchlein von der Hand des Engels und verschlang es; und es war süß in meinem Munde wie Honig; und da ich's gegessen hatte, grimmete mich's im Bauch.
10:11 Und er sprach zu mir: Du mußt abermal weissagen den Völkern und Heiden und Sprachen und vielen Königen.
Schon im fünften Kapitel kam ein starker Engel vor, der seine Stimme erschallen ließ, daß sie im Himmel, auf Erden und unter der Erde gehört wurde. Hier kommt ein anderer starker Engel auf die Erde herunter; er hatte den Menschen auf der Erde etwas zu sagen, und zwar allen Menschen, denn den rechten Fuß setzt er auf’s Meer, den linken auf die Erde, zum Zeichen, daß seine Botschaft ganz Europa und Asien angeht. Sein Leib war mit einer dunkeln Wolke umhüllt: das deutet auf finstere Tage, die hereinbrechen werden zur Prüfung für die Bekenner Jesu, auf dunkle Zeiten, da das Licht des Evangelii abnimmt in der Christenheit. Seine Füße gleich Feuerpfeilern zeigen seine Macht an und verbreiten eine plötzliche Helle. Die Kinder Gottes sollen also noch helle Hoffnungsblicke erfahren, die ihren Glauben stärken; aber es geht schnell vorüber. Es erscheint noch in der Zeit des zweiten Wehes oder der sechsten Posaune oder im dritten Wehe ergehen werde. – Auch jetzt ist eine Zeit der Finsterniß auf Erden: allgemeiner Unglaube, Unkirchlichkeit, Abfall von Gottes geoffenbartem Worte und Gottlosigkeit; aber in der Zeit des Antichrists wird erst vollends die Finsterniß hereinbrechen. Dann geht eine Scheidung vor unter den Christen: diejenigen, welche zum Schlangensamen gehören, nehmen das Malzeichen an, mit dem sie vom Antichrist gezeichnet werden, die wahren Christen aber, welche zum Weibessamen gehören, werden nur näher zum Herrn getrieben. Wer es nicht von Herzen mit dem Heiland hält, wird wie die Spreu vom Winde verweht. Da wird es sich herausstellen, welches die Kernchristen waren, und welches nur Spreuchristen. Die Spreuer haben die gleiche Gestalt wie das Korn, aber sie sind nur die Form und der leere Schein des Korns, es ist kein Kern mehr darin. Herr, hilf, daß ich kein Mund-, sondern ein Grundchrist, kein Spreu-, sondern ein Kernchrist werde und bleibe. Amen. (Friedrich Arndt)
Kapitel 11
11:1 Und es ward mir ein Rohr gegeben, einem Stecken gleich, und sprach: Stehe auf und miß den Tempel GOttes und den Altar, und die darinnen anbeten.
11:2 Aber den innern Chor des Tempels wirf hinaus und miß ihn nicht; denn er ist den Heiden gegeben; und die heilige Stadt werden sie zertreten zweiundvierzig Monden.
11:3 Und ich will meine zween Zeugen geben, und sie sollen weissagen tausend zweihundertundsechzig Tage, angetan mit Säcken.
11:4 Diese sind zween Ölbäume und zwo Fackeln, stehend vor dem GOtt der Erde.
11:5 Und so jemand sie will beleidigen, so gehet das Feuer aus ihrem Munde und verzehret ihre Feinde; und so jemand sie will beleidigen, der muß also getötet werden.
11:6 Diese haben Macht, den Himmel zu verschließen, daß es nicht regne in den Tagen ihrer Weissagung; und haben Macht über das Wasser, zu wandeln in Blut und zu schlagen die Erde mit allerlei Plage, so oft sie wollen.
11:7 Und wenn sie ihr Zeugnis geendet haben, so wird das Tier, das aus dem Abgrund aufsteiget, mit ihnen einen Streit halten und wird sie überwinden und wird sie töten.
11:8 Und ihre Leichname werden liegen auf der Gasse der großen Stadt, die da heißt geistlich die Sodom und Ägypten, da unser HErr gekreuziget ist.
11:9 Und es werden ihre Leichname etliche von den Völkern und Geschlechtern und Sprachen drei Tage und einen halben sehen; und werden ihre Leichname nicht lassen in Gräber legen.
11:10 Und die auf Erden wohnen, werden sich freuen über sie und wohlleben und Geschenke untereinander senden; denn diese zween Propheten quäleten; die auf Erden wohneten.
11:11 Und nach dreien Tagen und einem halben fuhr in sie der Geist des Lebens von GOtt, und sie traten auf ihre Füße; und eine große Furcht fiel über die, so sie sahen.
11:12 Und sie höreten eine große Stimme vom Himmel zu ihnen sagen: Steiget herauf! Und sie stiegen auf in den Himmel in einer Wolke; und es sahen sie ihre Feinde.
11:13 Und zu derselbigen Stunde ward ein groß Erdbeben, und das zehnte Teil der Stadt fiel; und wurden getötet in dem Erdbeben siebentausend Namen der Menschen; und die andern erschraken und gaben Ehre dem GOtt des Himmels.
11:14 Das andere Wehe ist dahin; siehe, das dritte Wehe kommt schnell!
Was Kap. 10,11. dem Apostel aufgegeben war, nämlich zu weissagen, über Völker, Heiden und viele Könige, das beginnt nun hier gleich Johannes; zuerst in symbolischen Handlungen, indem er mit einer Meßruthe von Holz den neuen himmlischen Tempel misst und die Anstalten zur Wiederherstellung und Reinigung der Kirche Gottes auf Erden verbreitet, zum Zeichen, daß für dies Ende Alles nach göttlichem Maaß und Ziel geordnet ist, und dann in Gesichten und Worten. Die beiden Zeugen, welche in der Zeit des Verfalls der römischen Kirche auftreten, sind (nach Luther) alle rechte, fromme Prediger, die das Wort rein erhalten, zum Trost der Christen, also die ganze Anzahl der Zeugen der Wahrheit während des antichristlichen Regiments, die in einer immer fortdauernden Reihe einander gleichsam eben so ablösen und niemals schweigen, wie wenn zwei zeugen einer um den andern reden. Das Feuer aus ihrem Munde ist das wirksame, richtende Wort. Das Thier aus dem Abgrunde ist der Papst, der die Personen jener Zeugen vor der Reformation tödtet, aber nicht ihre Lehre. Huß deutete, merkwürdig genug, ausdrücklich diese Weissagung vom Tödten der zwei Zeugen und dem Wiederbelebtwerden derselben zum Schrecken der Feinde auf sich, auf sein Leiden und auf die Zeugen der Wahrheit, die nach seinem Hingange viel gewaltiger noch wider das Papstthum zeugen würden, und nicht würden können gebunden, gefesselt, überwunden und getödtet werden wie er. Rom wird Sodom genannt, dem es an gräulichen Sünden, und Aegypten, dem es an Bedrängniß des Volkes Gottes und Verstockung gleicht. – Wunderbares Buch der Weissagung! Wir verstehen noch nicht viel von deinem geheimnißvollen Inhalt: aber was wir verstehen, ist so großartig und buchstäblich bereits erfüllt, daß wir auf die Gewissheit des noch nicht Erfüllten ebenfalls schließen müssen! Habe Dank, o Herr, für dieses Licht und lehre und in demselben wandeln als die Kinder des Lichts. Amen. (Friedrich Arndt)
11:15 Und der siebente Engel posaunete. Und es wurden große Stimmen im Himmel, die sprachen: Es sind die Reiche der Welt unsers HErrn und seines Christus worden; und er wird regieren von Ewigkeit zu Ewigkeit.
11:16 Und die vierundzwanzig Ältesten, die vor GOtt auf ihren Stühlen saßen fielen auf ihr Angesicht und beteten GOtt an.
11:17 Und sprachen: Wir danken dir, HErr, allmächtiger GOtt, der du bist und warst und künftig bist, daß du hast angenommen deine große Kraft und herrschest.
11:18 Und die Heiden sind zornig worden, und es ist kommen dein Zorn und die Zeit der Toten, zu richten und zu geben den Lohn deinen Knechten, den Propheten, und den Heiligen und denen, die deinen Namen fürchten, den Kleinen und den Großen, und zu verderben, die die Erde verderbet haben.
11:19 Und der Tempel GOttes ward aufgetan im Himmel, und die Arche seines Testaments ward in seinem Tempel gesehen; und es geschahen Blitze und Stimmen und Donner und Erdbeben und ein großer Hagel.
Kapitel 12
12:1 Und es erschien ein groß Zeichen im Himmel: ein Weib, mit der Sonne bekleidet, und der Mond unter ihren Füßen und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen.
12:2 Und sie war schwanger und schrie und war in Kindesnöten und hatte große Qual zur Geburt.
12:3 Und es erschien ein ander Zeichen im Himmel; und siehe, ein großer, roter Drache, der hatte sieben Häupter und zehn Hörner und auf seinen Häuptern sieben Kronen.
12:4 Und sein Schwanz zog den dritten Teil der Sterne und warf sie auf die Erde. Und der Drache trat vor das Weib, die gebären sollte, auf daß, wenn sie geboren hätte, er ihr Kind fräße.
12:5 Und sie gebar einen Sohn, ein Knäblein, der alle Heiden sollte weiden mit der eisernen Rute; und ihr Kind ward entrückt zu GOtt und seinem Stuhl.
12:6 Und das Weib entfloh in die Wüste, da sie hatte einen Ort bereit von GOtt, daß sie daselbst ernähret würde tausend zweihundertundsechzig Tage.
Im 10, Kapitel war Johannes durch eine ihm wohlbekannte Stimme vom Himmel angewiesen worden, aus der Hand jenes starken Engels das geöffnete Büchlein zu nehmen, damit er es recht nach seinem ganzen Inhalt in sich aufnähme. Und da er es aß, war es in seinem Munde süß wie Honig, aber im Bauch grimmete es ihn. So geht es auch uns mit den Wahrheiten der h. Offenbarung und mit dem ganzen Worte Gottes: es ist gar lieblich anzuhören, aber wenn es in unser Wesen und Leben übergehen und recht in Ausübung kommen soll, dann verursacht es manches Grimmen. – Endlich ertönt nun die siebente Posaune und eröffnet die Darstellung alles dessen, was sich noch ereignen soll bis zum Weltgericht. Nach einem Einblick in den Himmel und seinen Lobgesang über die vollkommene Erfüllung aller göttlichen Rathschlüsse erscheint dem Apostel das geistliche Volk Israel oder die Gemeinde des Herrn, als Träger der Verheißung, wie ein Weib in Kindesnöthen, bekleidet mit der Sonne der göttlichen Wahrheit, zu seinen Füßen die überwundene Nacht des Heidenthums, auf dem Haupte eine königliche Krone mit zwölf Sternen (die zwölf Stämme). Der Feind des Volks Gottes ist der Satan, der mit List und Macht ein Drittheil der Sterne, d.h. einen großen Theil der irdischen Herrscher, zu berücken weiß, und es darauf abgesehen hat, Christum selbst zu tödten und zu vernichten. Der Sohn Gottes wird aber in den Himmel entrückt, aus dem Stande der Erniedrigung in den der Erhöhung und der Theilnahme an der Macht des Vaters; darauf greift der Satan um so heftiger das Volk Gottes an. Dieser Kampf Satans gegen die christliche Gemeinde ist das Innerste der Weltgeschichte, der Kern- und Mittelpunkt derselben. Angriffe auf die Gemeinde und wundervolle Führungen und Bewahrungen sind auf allen Blättern der Geschichte der Kirche zu lesen. Gottes Volk hat vor Satans Angriffen zwei Adlersflügel, den des Glaubens an Christi Sieg und den der Hoffung auf seinen eignen zukünftigen Sieg. Auf solchen Flügeln getragen, sind wir doch ernährt, mögen wir auch in der Wüste sein, und haben es unendlich besser als die Welt, ob sie auf grünen Auen ginge. Hallelujah. (Friedrich Arndt)
12:7 Und es erhub sich ein Streit im Himmel: Michael und seine Engel stritten mit dem Drachen. Und der Drache stritt und seine Engel
12:8 und siegeten nicht; auch ward ihre Stätte nicht mehr funden im Himmel.
12:9 Und es ward ausgeworfen der große Drache, die alte Schlange, die da heißt der Teufel und Satanas, der die ganze Welt verführet; und ward geworfen auf die Erde; und seine Engel wurden auch dahin geworfen.
12:10 Und ich hörete eine große Stimme, die sprach im Himmel: Nun ist das Heil und die Kraft und das Reich und die Macht unsers GOttes, seines Christus worden, weil der Verkläger unserer Brüder verworfen ist, der sie verklaget Tag und Nacht vor GOtt.
12:11 Und sie haben ihn überwunden durch des Lammes Blut und durch das Wort ihres Zeugnisses; und haben ihr Leben nicht geliebet bis an den Tod.
12:12 Darum freuet euch, ihr Himmel, und die darinnen wohnen! Wehe denen, die auf Erden wohnen und auf dem Meer; denn der Teufel kommt zu euch hinab und hat einen großen Zorn und weiß, daß er wenig Zeit hat.
12:13 Und da der Drache sah, daß er verworfen war auf die Erde, verfolgete er das Weib, die das Knäblein geboren hatte.
12:14 Und es wurden dem Weibe zween Flügel gegeben wie eines großen Adlers, daß sie in die Wüste flöge an ihren Ort, da sie ernähret würde eine Zeit und zwo Zeiten und eine halbe Zeit vor dem Angesichte der Schlange.
12:15 Und die Schlange schoß nach dem Weibe aus ihrem Munde ein Wasser wie ein Strom, daß er sie ersäufete.
12:16 Aber die Erde half dem Weibe und tat ihren Mund auf und verschlang den Strom, den der Drache aus seinem Munde schoß.
12:17 Und der Drache ward zornig über das Weib und ging hin, zu streiten mit den übrigen von ihrem Samen, die da GOttes Gebote halten und haben das Zeugnis JEsu Christi.
Dies Kapitel giebt uns eine ernste Kunde vom Teufel und seinem finstern Reich. Er war von Anfang ein Engel des Lichts und unter den vortrefflichsten Geschöpfen. Noch jetzt hat er sieben Häupter und sieben Kronen oder Königsbinden auf denselben; aber sein siebenfache Lichteskraft, die er vorher hatte, ist durch seinen Fall in eine siebenfache Kraft der Finsterniß verkehrt. Aber noch trägt er Spuren seiner vorigen Macht und Herrlichkeit an sich, wie an einem verarmten Edelmann doch je und je herausblickt, was er gewesen ist. Er ist also kein schwaches Geschöpf und deswegen kann er so viel ausrichten, weil bis heutiges Tages sein Reich in sich selber so einig ist. Er hat einen großen Wirkungskreis und seinen Sitz in den Lufträumen, die zwischen Himmel und Erde sind (Eph. 6,12.). Lange Zeit hatte er noch seinen Zutritt in den Himmel, und mit großer Langmuth hat ihn Gott getragen, da er immer wieder seine Heiligen ihm verklagte und verdächtig machen wollte. Aber im obigen Kapitel ist von dem Kampf erzählt und von dem Verworfenwerden dieses Klägers aus dem Himmel. Gott will den Teufel auch an seinen Gläubigen zu Schanden machen Schritt für Schritt, nachdem er bereits durch den Tod Christi überwunden und zu Schanden gemacht ist. Auch sie überwinden ihn durch des Lammes Blut und durch das Wort ihres Zeugnisses. Die christliche Kirche bleibt wohl erhalten unter allen Drangsalen; letztere dauern nur erst eine Zeit, dann zwei Zeiten, zuletzt eine halbe Zeit, also nur ihre bestimmte Zeit, der Erzengel Michael ist überdies der Beschützer des Volks Gottes und der Herr läßt es ihm an keinen Gütern fehlen. Darum erreicht der geschleuderte Wasserstrom (vermuthlich ein Kriegsheer oder Verfolgungen) sie auch nicht, sondern verläuft sich in eine Oeffnung der Erde; und der Drache kämpft nun mit den Uebrigen, d.h. den Heidenchristen; die Gemeinde des Herrn bleibt unversehrt. Es ist etwas Großes und Herzerhebendes, ihr anzugehören! Mitten in der Nacht hat sie hellen Tag, mitten im Tode ewiges Leben. Heil Allen, die ihr angehören! Amen. (Friedrich Arndt)
Kapitel 13
13:1 Und ich trat an den Sand des Meeres. Und sah ein Tier aus dem Meer steigen, das hatte sieben Häupter und zehn Hörner und auf seinen Hörnern zehn Kronen und auf seinen Häuptern Namen der Lästerung.
13:2 Und das Tier, das ich sah, war gleich einem Pardel und seine Füße als Bärenfüße und sein Mund eines Löwen Mund. Und der Drache gab ihm seine Kraft und seinen Stuhl und große Macht.
13:3 Und ich sah seiner Häupter eines, als wäre es tödlich wund; und seine tödliche Wunde ward heil. Und der ganze Erdboden verwunderte sich des Tieres.
13:4 Und beteten den Drachen an, der dem Tier die Macht gab, und beteten das Tier an und sprachen: Wer ist dem Tier gleich? und wer kann mit ihm kriegen?
13:5 Und es ward ihm gegeben ein Mund, zu reden große Dinge und Lästerung; und ward ihm gegeben, daß es mit ihm währete zweiundvierzig Monden lang.
13:6 Und es tat seinen Mund auf zur Lästerung gegen GOtt, zu lästern seinen Namen und seine Hütte, und die im Himmel wohnen.
13:7 Und ward ihm gegeben, zu streiten mit den Heiligen und sie zu überwinden. Und ihm ward gegeben Macht über alle Geschlechter und Sprachen und Heiden.
13:8 Und alle, die auf Erden wohnen, beten es an, deren Namen nicht geschrieben sind in dem lebendigen Buch des Lammes, das erwürget ist von Anfang der Welt.
13:9 Hat jemand Ohren, der höre!
13:10 So jemand in das Gefängnis führet, der wird in das Gefängnis gehen; so jemand mit dem Schwert tötet, der muß mit dem Schwert getötet werden. Hier ist Geduld und Glaube der Heiligen.
Das Thier aus dem Meere, das ein Thier zu sein scheint, aber kein wirkliches Thier ist, weil es redet, lästert, mit sieben Häuptern, seine Klugheit und List anzudeuten, und zehn Hörnern, den Zeichen seiner großen Macht, ist die Macht des Christo feindlichen Weltsinns, das eine tödtlich verwundete, aber wieder geheilte Horn ist das römische Papstthum, wie es seit dem elften Jahrhunderte in Europa aufgerichtet worden ist und die Gestalt eines weltlichen Reichs angenommen hat. Die Häupter dieses Reiches tragen Namen der Lästerung: ist es nicht Lästerung, wenn ein sündiger Mensch sich einen Namen beilegt, der Gott allein zukommt nach der Schrift, und sich den allerheiligsten Vater nennt? Es ist gleich einem Pardel: ist die List und Gewandtheit des Papstthums nicht sprichwörtlich geworden? Es hat Bärenfüße: erzählt die Geschichte nicht unzählige Fälle seines räuberischen Sinnes und Verfahrens? Sein Mund war wie eines Löwen Mund: wie stolz, anmaßend, furchtbar war oft die Sprache, die das römische Papstthum seit seiner Entstehung geführt hat! Manchmal schien es todt im Laufe der Zeiten, von der weltlichen macht bis auf den Tod verwundet; aber nicht lange, war es wieder lebendiger und wirksamer als je (V. 3.). Nach jeder Niederlage stieg es wieder neu in der Vergötterung der Menschen (V. 4.). Weltbekannt sind die großsprecherischen Worte, die die Päpste zu allen Zeiten geführt haben (V. 5.); buchstäblich eingetroffen ist die dreifache Lästerung (V. 6.) unseres Textes gegen Gott, dessen Name der Papst mißbrauchte zu seinen unheiligen Befehlen, Anmaßungen und Bannsprüchen, gegen Gottes Hütte, den Himmel, indem der Papst sich die Gewalt zuschrieb, denselben für die Menschen zu öffnen oder zu verschließen, und gegen die im Himmel wohnen, indem der Papst viele wahre Heilige als Ketzer verdammte und zum Feuertode verurtheilte, viele unheilige Menschen dagegen, die aber seine Macht vermehrten, unter die Heiligen zählte. Wie viel unschuldiges Blut hat im Laufe der Jahrhunderte die römische Kirche vergossen! (V. 7.) In Italien und Spanien allein wird die Zahl der durch die Inquisition gemordeten Wahrheitszeugen berechnet auf zwölf Millionen Menschen. Und wo nur Menschen auf dem Erdboden wohnten, (V. 7.) oder Zugang zu neuen Ländern und Nationen sich öffnete, da war das Papstthum gleich geschäftig, sein Ansehen auszubreiten und seine Satzungen einzuführen, die Evangelischen zu verdrängen und die neubekehrten Heiden ihnen wieder zu entreißen. Nie hat ein weltliches Reich eine solche Ausdehnung seiner Macht beansprucht und verlangt unter allen Sprachen, Geschlechtern und Heiden, als der römische Stuhl. Namentlich wurde durch die Jesuiten die päpstliche Macht immer weiter ausgebreitet oder erneuert. Freilich gab es auch in den dunkelsten Zeiten lebendige Glieder der unsichtbaren Kirche, deren Namen geschrieben sind im Buche des Lammes, welche die römische Kirche dann in's Gefängniß warf und tödtete; aber - „wer Ohren hat zu hören, der höre!“ (V. 9.) d.h. dies verdient die größte Aufmerksamkeit! - mit weltlichen Waffen ist gegen sie nichts auszurichten (V. 10.), nicht die Macht des Schwertes führt in geistlichen Dingen zum Siege, sondern die Macht des Geistes allein. Die Waffe der Gläubigen ist Dulden und Glauben. Selig, wer zu dieser kleinen Heerde der Duldenden und Gläubigen gehört! Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwindet. Amen.
Anm. In Frankreich wurde den Evangelischen die Zunge ausgerissen, und sie darauf verbrannt, auf dem Programme eines Hoffestes war als eine Festlichkeit zum Zuschauen genannt: „Verbrennung von vier Ketzern.“ Ist das nicht thierartig? Hat das Papstthum schon widerrufen? (Friedrich Arndt)
13:11 Und ich sah ein ander Tier aufsteigen von der Erde; und hatte zwei Hörner gleichwie das Lamm und redete wie der Drache.
13:12 Und es tut alle Macht des ersten Tieres vor ihm; und es macht, daß die Erde, und die darauf wohnen, anbeten das erste Tier, welches tödliche Wunde heil worden war.
13:13 Und tut große Zeichen, daß es auch macht Feuer vom Himmel fallen vor den Menschen;
13:14 und verführet, die auf Erden wohnen, um der Zeichen willen, die ihm gegeben sind, zu tun vor dem Tier; und sagt denen, die auf Erden wohnen, daß sie dem Tier ein Bild machen sollen, das die Wunde vom Schwert hatte und lebendig worden war.
13:15 Und es ward ihm gegeben, daß es dem Bilde des Tieres den Geist gab, daß des Tieres Bild redete; und daß es machte, daß, welche nicht des Tieres Bild anbeteten, ertötet würden.
13:16 Und machte allesamt, die Kleinen und Großen, die Reichen und Armen, die Freien und Knechte, daß es ihnen ein Malzeichen gab an ihre rechte Hand oder an ihre Stirn,
13:17 daß niemand kaufen oder verkaufen kann, er habe denn das Malzeichen oder den Namen des Tieres oder die Zahl seines Namens.
13:18 Hier ist Weisheit. Wer Verstand hat, der überlege die Zahl des Tieres; denn es ist eines Menschen Zahl, und seine Zahl ist sechshundert und sechsundsechzig.
Ein neues Gesicht tritt im Hintergrunde der Zeiten auf und dem heiligen Seher in’s geöffnete Auge. Dies Thier von anderer Herkunft hat nur zwei Hörner und sieht äußerlich aus wie ein Lamm; seine Gestalt hat nichts Fürchterliches; es scheint nur Menschenliebe, Duldung, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit zu bringen; sein erster Eindruck ist ein ansprechender, und wer nicht feststeht und tiefer blickt, kann leicht getäuscht werden; dennoch ist es auch ein Diener des Teufels, wie das erste Thier, denn es redet wie der Drache, befördert das Reich der Lüge, des Unglaubens und der Sünde. Dieses Thier bedeutet eine innerlich geistige Macht, es wird später geradezu der falsche Prophet genannt; es ist also der verderbliche Zeitgeist, der Zeit der falschen Aufklärung und gottentfremdeten Bildung, der Rationalismus, die unchristliche Philosophie, die die Gott- und Christo feindliche Weisheit, die Wissenschaft in ihrer dem Evangelio feindlichen Stellung. Es thut alle Macht des ersten Thieres, maßt sich dieselbe Macht an, die falsche Weisheit macht sich groß und hat außerordentlichen Erfolg; die Menschen sind nun froh, daß sie Gründe finden für ihren Unglauben und ihre Sünde, Wissenschaft und Kunst bringt es weit, (V. 12), und entzündet ein ungeheures Feuer in der Welt, das alle bisher bestandenen Ordnungen zerstört (V. 13), verführt die Menschen zu einem Schattenbild des Papstthums, einer ihr ähnlichen selbstgeschaffenen Religion (Deutschkatholicismus? Freimaurerei?), und tödtet alle, welche sich nicht zu ihrer Natur- und Vernunftreligion bekennen wollen. Die Freigeisterei führt nur so lange Menschenliebe und Duldung im Munde, als sie noch nicht die äußere Gewalt in Händen hat; so wie sie diese erhält, tritt die unduldsamste Tyrannei gegen alle Gläubigen ein. Noch mehr, sie bewirkt, daß die Menschen ohne Unterschied des Alters, Vermögens oder Standes sich ein Erkennungszeichen machen lassen, das sie an der Stirn, an ihren Hüten, und an ihrem rechten Arm tragen (V. 16). Der Sieg des falschen Propheten ist einmal allgemein. Entsetzliche Zeit! Die materiellen Handelsinteressen verschlingen dann Alles (V. 17), der Mammon ist der Gott der Mehrzahl, vom christlichen Glauben ist keine Rede mehr im öffentlichen Leben der Völker. Das Kapitel schließt: Hier ist Weisheit, d.h. der Schlüssel zur Eröffnung der prophetischen Zeitangaben dieses Buches. Wer Verstand hat, der überlege die Zahl des Thieres; denn es ist eines Menschen Zhl, und seine Zahl ist 666. Was denn nun? 666 Tage oder Monate, Jahre, Jahrhunderte? Tiefes Schweigen! Der Herr hat das Verständniß absichtlich verhüllt bis zum Tage seiner eigenen Enthüllung. Wie viel haben Menschen schon in diesen 1800 Jahren zur Enträthselung dieser zahl gerechnet und geschrieben; alle Versuche sind bisher fehlgeschlagen und zu Schanden geworden. Rechne also nicht, aber prüfe dich: wie viel ist vom antichristlichen Geiste dieses Thieres in dir? Deine Väter haben dem Geiste des Papstthums widerstanden, wirst du dem Antichrist in der Gestalt des gegenwärtigen Unglaubens widerstehen können? Verlaß dich nicht auf deinen Verstand, noch auf die Kraft deines Glaubens, noch auf dein treues Herz; verlaß dich allein auf den Herrn und seinen Schutz, und bete zu Ihm um helle Augen, um Kraft aus der Höhe, um Zeugenmuth, um Beharren bis ans Ende! Amen. (Friedrich Arndt)
Kapitel 14
14:1 Und ich sah ein Lamm stehen auf dem Berge Zion und mit ihm hundertvierundvierzigtausend, die hatten den Namen seines Vaters geschrieben an ihrer Stirn.
14:2 Und hörete eine Stimme vom Himmel als eines großen Wassers und wie eine Stimme eines großen Donners; und die Stimme, die ich hörete, war als der Harfenspieler, die auf ihren Harfen spielen.
14:3 Und sangen wie ein neu Lied vor dem Stuhl und vor den vier Tieren und den Ältesten; und niemand konnte das Lied lernen ohne die hundertvierundvierzigtausend, die erkauft sind von der Erde.
14:4 Diese sind's, die mit Weibern nicht befleckt sind; denn sie sind Jungfrauen und folgen dem Lamm nach, wo es hingehet. Diese sind erkauft aus den Menschen zu Erstlingen GOtt und dem Lamm.
14:5 Und in ihrem Munde ist kein Falsches funden; denn sie sind unsträflich vor dem Stuhl GOttes.
Bisher hatte Johannes unsere Blicke gerichtet auf Begebenheiten, die sich auf der Erde zutragen würden; heute öffnet er uns wieder einmal einen Blick in den Himmel. Jene irdischen Blicke enthalten nur betrübende Fernsichten, der Himmelsblick zeigt uns wieder erfreuliche Gegenstände. Der Herr hat bei der großen Schaar derer, welche das Thier anbeteten, sich doch auch noch sein Heer erhalten, die dem Lamme nachgefolgt sind. Auch sind noch andere Schaaren von Ueberwindern drüben nach Kap. 7, die diesen 144,000 vermuthlich zuhören, wenn sie dem Lamme ihr herrliches Lied singen, das Niemand außer ihnen lernen kann. Ich will gern auch ihr Zuhörer sein auf dem Berge Zion, wenn mir’s der Herr vergönnt, weil ich mich für zu schwach halte, um unter sie zu kommen. Johannes sah im Gesicht schon die volle Zahl, vermuthlich leben noch viele unter uns, die einst dazu kommen sollen. Das wird dann ein reiner Ton sein und keine so heiseren Stimmen mehr, wie wir sie so oft haben beim Loben und Danken. Da wird man keinem mehr es anspüren, wenn er etwa auf Erden keine Gaben hatte, eine Melodie mitzusingen; aber geistlicher Weise wird man ihnen doch hier schon etwas angespürt haben von dem reinen Ton im Lobe Gottes, der drüben aus ihrem Munde geht. „Diese sind es, die mit Weibern nicht befleckt sind, sonderlich sind Jungfrauen und Junggesellen, Leute von beiderlei Geschlecht, die sich rein bewahrt, ein ernstes, heiliges Gemüth besessen haben, und folgen dem Lamme nach, wo es hingeht, hier unter das Kreuz, dort in die Herrlichkeit: sie haben in Aufrichtigkeit und Wahrheit Gott gedient.“ Wohlan, es sei hier schon meine Lebensregel: „Deine Rechte sind mein Lied im Hause meiner Wallfahrt,“ und mein redlicher Entschluß:
Indessen sing’ ich unter Thränen
Gott und dem Lamm mein Pilgerlied;
Die Zeit kommt doch, nach meinem Sehnen,
Daß Gott zum neuen Lied mich zieht.
Hier heißt der Text: o wär’ ich da!
Dort sing ich mit: Hallelujah! Amen. (Friedrich Arndt)
14:6 Und ich sah einen Engel fliegen mitten durch den Himmel, der hatte ein ewig Evangelium, zu verkündigen denen, die auf Erden sitzen und wohnen, und allen Heiden und Geschlechtern und Sprachen und Völkern;
14:7 und sprach mit großer Stimme: Fürchtet GOtt und gebet ihm die Ehre; denn die Zeit seines Gerichts ist kommen; und betet an den, der gemacht hat Himmel und Erde und Meer und die Wasserbrunnen!
14:8 Und ein anderer Engel folgete nach, der sprach: Sie ist gefallen, sie ist gefallen, Babylon, die große Stadt; denn sie hat mit dem Wein ihrer Hurerei getränket alle Heiden.
14:9 Und der dritte Engel folgete diesem nach und sprach mit großer Stimme: So jemand das Tier anbetet und sein Bild und nimmt das Malzeichen an seine Stirn oder an seine Hand,
14:10 der wird von dem Wein der Zornes GOttes trinken, der eingeschenket und lauter ist in seines Zornes Kelch; und wird gequälet werden mit Feuer und Schwefel vor den heiligen Engeln und vor dem Lamm.
14:11 Und der Rauch ihrer Qual wird aufsteigen von Ewigkeit zu Ewigkeit; und sie haben keine Ruhe Tag und Nacht, die das Tier haben angebetet und sein Bild, und so jemand hat das Malzeichen seines Namens angenommen.
14:12 Hier ist Geduld der Heiligen; hier sind, die da halten die Gebote GOttes und den Glauben an JEsum.
14:13 Und ich hörete eine Stimme vom Himmel zu mir sagen: Schreibe: Selig sind die Toten, die in dem HErrn sterben, von nun an. Ja, der Geist spricht, daß sie ruhen von ihrer Arbeit; denn ihre Werke folgen ihnen nach.
14:14 Und ich sah, und siehe, eine weiße Wolke, und auf der Wolke sitzen einen, der gleich war eines Menschen Sohn; der hatte eine güldene Krone auf seinem Haupt und in seiner Hand eine scharfe Sichel.
14:15 Und ein anderer Engel ging aus dem Tempel und schrie mit großer Stimme zu dem, der auf der Wolke saß: Schlage an mit deiner Sichel und ernte; denn die Zeit zu ernten ist kommen; denn die Ernte der Erde ist dürre worden.
14:16 Und der auf der Wolke saß, schlug an mit seiner Sichel an die Erde; und die Erde ward geerntet.
14:17 Und ein anderer Engel ging aus dem Tempel im Himmel, der hatte eine scharfe Hippe.
14:18 Und ein anderer Engel ging aus dem Altar, der hatte Macht über das Feuer und rief mit großem Geschrei zu dem, der die scharfe Hippe hatte, und sprach: Schlag an mit deiner scharfen Hippe und schneide die Trauben auf Erden; denn ihre Beeren sind reif.
14:19 Und der Engel schlug an mit seiner Hippe an die Erde und schnitt die Reben der Erde und warf sie in die große Kelter des Zornes GOttes.
14:20 Und die Kelter ward außer der Stadt gekeltert; und das Blut ging von der Kelter bis an die Zäume der Pferde, durch tausend sechshundert Feldwegs.
Von vier großen Ereignissen ist in diesen Worten die Rede, welche der letzten Zeit der Welt unmittelbar vorhergehen. 1) von der Reformation und der Ausbreitung des Evangelii über die ganze Erde (V. 6. 7.). 2) vom Sturze des römischen Papstthums (V. 8.). 3) vom antichristlichen Geiste, der, in Rom begonnen, im falschen Propheten immer mehr Nahrung gefunden hatte, endlich bis zum höchsten Gipfel des Verderbens wächst (V. 9-13.). Hier gilt es, daß die Heiligen eine besonders treue Ausdauer beweisen und dem Verführer widerstehen bis auf’s Blut im Kampf wider die Sünde; und das um so mehr, da der Herr für alle treuen Kämpfer die köstliche Verheißung hinzugefügt: daß die im Glauben an Christum sterben, vom Augenblick ihres Todes an zum Vollgenuß der Seligkeit und Herrlichkeit gelangen sollen. 4) von dem beginnenden Gericht über die Erde. Es ist dies noch nicht das letzte oder Weltgericht; vor dessen Eintritt kommt erst noch das tausendjährige Reich und der allerletzte Streit mit dem Satan und dessen vollständige und ewige Ueberwindung; aber es ist ein Vorbote des allgemeinen Weltgerichts, zunächst nur auf die Erde beschränkt. Die angedrohten Strafgerichte treffen die Gemeinde des Herrn nicht, das Volk Gottes bleibt, wie einst Israel in Gosen, davon verschont. Das Nähere von dem Allen enthüllt sich dem Apostel erst in den folgenden Kapiteln, ist aber natürlich im Einzelnen uns noch unklar, weil es noch zukünftig ist. So viel ist aber gewiß, jeder von uns ist ein Halm und eine Beere, und der Tod ist die Sichel, die einmal auf ihn angeschlagen wird. Keiner weiß, wie bald! Wenige sehen acht Tage vorher ihr Ende kommen; den Meisten kommt es unerwartet, wie ein Dieb in der Nacht. Darum richte dich ein, daß du dann nicht in die Kelter des Zornes Gottes geworfen werdest, sondern mit neuen Kleidern angethan und Palmen in den Händen, in die Friedensstadt einziehst! Wer sich eine Distel weiß, suche ein Weizenhalm zu werden. Amen. (Friedrich Arndt)
Kapitel 15
15:1 Und ich sah ein ander Zeichen im Himmel, das war groß und wundersam: sieben Engel, die hatten die letzten sieben Plagen; denn mit denselbigen ist vollendet der Zorn GOttes.
15:2 Und sah als ein gläsern Meer, mit Feuer gemenget; und die den Sieg behalten hatten an dem Tier und seinem Bilde und seinem Malzeichen und seines Namens Zahl, daß sie stunden an dem gläsernen Meer und hatten GOttes Harfen.
15:3 Und sangen das Lied Mose's, des Knechts GOttes, und das Lied des Lammes und sprachen: Groß und wundersam sind deine Werke, HErr, allmächtiger GOtt; gerecht und wahrhaftig sind deine Wege, du König der Heiligen!
15:4 Wer soll dich nicht fürchten, HErr, und deinen Namen preisen? Denn du bist allein heilig. Denn alle Heiden werden kommen und anbeten vor dir; denn deine Urteile sind offenbar worden.
15:5 Danach sah ich, und siehe, da ward aufgetan der Tempel der Hütte des Zeugnisses im Himmel.
15:6 Und gingen aus dem Tempel die sieben Engel, die die sieben Plagen hatten, angetan mit reiner, heller Leinwand, und umgürtet an ihren Brüsten mit güldenen Gürteln.
15:7 Und eines der vier Tiere gab den sieben Engeln sieben güldene Schalen voll Zornes GOttes, der da lebet von Ewigkeit zu Ewigkeit.
15:8 Und der Tempel ward voll Rauchs vor der Herrlichkeit GOttes und vor seiner Kraft; und niemand konnte in den Tempel gehen, bis daß die sieben Plagen der sieben Engel vollendet wurden.
Kapitel 16
16:1 Und ich hörete eine große Stimme aus dem Tempel, die sprach zu den sieben Engeln: Gehet hin und gießet aus die Schalen des Zornes GOttes auf die Erde.
16:2 Und der erste ging hin und goß seine Schale aus auf die Erde. Und es ward eine böse und arge Drüse an den Menschen, die das Malzeichen des Tieres hatten, und die sein Bild anbeteten.
16:3 Und der andere Engel goß aus seine Schale ins Meer. Und es ward Blut, als eines Toten; und alle lebendigen Seelen starben in dem Meer.
16:4 Und der dritte Engel goß aus seine Schale in die Wasserströme und in die Wasserbrunnen. Und es ward Blut.
16:5 Und ich hörete den Engel sagen: HErr, du bist gerecht, der da ist, und der da war, und heilig, daß du solches geurteilt hast.
16:6 Denn sie haben das Blut der Heiligen und der Propheten vergossen, und Blut hast du ihnen zu trinken gegeben; denn sie sind's wert.
16:7 Und ich hörete einen andern Engel aus dem Altar sagen: Ja, HErr, allmächtiger GOtt, deine Gerichte sind wahrhaftig und gerecht.
16:8 Und der vierte Engel goß aus seine Schale in die Sonne, und ward ihm gegeben, den Menschen heiß zu machen mit Feuer.
16:9 Und den Menschen ward heiß vor großer Hitze, und lästerten den Namen GOttes, der Macht hat über diese Plagen; und taten nicht Buße, ihm die Ehre zu geben.
16:10 Und der fünfte Engel goß aus seine Schale auf den Stuhl des Tieres. Und sein Reich ward verfinstert; und sie zerbissen ihre Zungen vor Schmerzen
16:11 und lästerten GOtt im Himmel vor ihren Schmerzen und vor ihren Drüsen; und taten nicht Buße für ihre Werke.
16:12 Und der sechste Engel goß aus seine Schale auf den großen Wasserstrom Euphrat; und das Wasser vertrocknete, auf daß bereitet würde der Weg den Königen vom Aufgang der Sonne.
16:13 Und ich sah aus dem Munde des Drachen und aus dem Munde des Tieres und aus dem Munde des falschen Propheten drei unreine Geister gehen gleich den Fröschen.
16:14 Und sind Geister der Teufel; die tun Zeichen und gehen aus zu den Königen auf Erden und auf den ganzen Kreis der Welt, sie zu versammeln in den Streit auf jenen großen Tag GOttes, des Allmächtigen.
16:15 Siehe, ich komme wie ein Dieb! Selig ist, der da wachet und hält seine Kleider, daß er nicht bloß wandele, und man nicht seine Schande sehe.
16:16 Und er hat sie versammelt an einen Ort, der da heißt auf hebräisch Harmageddon.
16:17 Und der siebente Engel goß aus seine Schale in die Luft. Und es ging aus eine Stimme vom Himmel aus dem Stuhl, die sprach: Es ist geschehen.
16:18 Und es wurden Stimmen und Donner und Blitze; und ward ein großes Erdbeben, daß solches nicht gewesen ist, seit der Zeit Menschen auf Erden gewesen sind, solches Erdbeben also groß.
16:19 Und aus der großen Stadt wurden drei Teile, und die Städte der Heiden fielen. Und Babylon, der großen, ward gedacht vor GOtt, ihr zu geben den Kelch des Weins von seinem grimmigen Zorn.
16:20 Und alle Inseln entflohen, und keine Berge wurden funden.
16:21 Und ein großer Hagel als ein Zentner fiel vom Himmel auf die Menschen. Und die Menschen lästerten GOtt über der Plage des Hagels; denn seine Plage ist sehr groß.
Kapitel 17
17:1 Und es kam einer von den sieben Engeln, die die sieben Schalen hatten, redete mit mir und sprach zu mir: Komm, ich will dir zeigen das Urteil der großen Hure, die da auf vielen Wassern sitzt,
17:2 mit welcher gehuret haben die Könige auf Erden, und die da wohnen auf Erden, trunken worden sind von dem Wein ihrer Hurerei.
17:3 Und er brachte mich im Geist in die Wüste. Und ich sah das Weib sitzen auf einem rosinfarbenen Tier; das war voll Namen der Lästerung und hatte sieben Häupter und zehn Hörner.
17:4 Und das Weib war bekleidet mit Scharlach und Rosinfarbe und übergüldet mit Golde und Edelgestein und Perlen und hatte einen güldenen Becher in der Hand voll Greuels und Unsauberkeit ihrer Hurerei;
17:5 und an ihrer Stirn geschrieben den Namen, das Geheimnis: Die große Babylon, die Mutter der Hurerei und aller Greuel auf Erden.
17:6 Und ich sah das Weib trunken von dem Blut der Heiligen und von dem Blut der Zeugen JEsu. Und ich verwunderte mich sehr, da ich sie sah.
17:7 Und der Engel sprach zu mir: Warum verwunderst du dich? Ich will dir sagen das Geheimnis von dem Weibe und von dem Tier, das sie trägt, und hat sieben Häupter und zehn Hörner.
17:8 Das Tier, das du gesehen hast, ist gewesen und ist nicht und wird wiederkommen aus dem Abgrund und wird fahren in die Verdammnis, und werden sich verwundern, die auf Erden wohnen (deren Namen nicht geschrieben stehen in dem Buch des Lebens von Anfang der Welt), wenn sie sehen das Tier, daß es gewesen ist und nicht ist, wiewohl es doch ist.
17:9 Und hier ist der Sinn, da Weisheit zu gehöret. Die sieben Häupter sind sieben Berge, auf welchen das Weib sitzt, und sind sieben Könige.
17:10 Fünf sind gefallen, und einer ist, und der andere ist noch nicht kommen, und wenn er kommt, muß er eine kleine Zeit bleiben.
17:11 Und das Tier, das gewesen ist und nicht ist, das ist der achte und ist von den sieben und fährt in die Verdammnis.
17:12 Und die zehn Hörner, die du gesehen hast, das sind zehn Könige, die das Reich noch nicht empfangen haben; aber wie Könige werden sie eine Zeit Macht empfangen mit dem Tier.
17:13 Diese haben eine Meinung und werden ihre Kraft und Macht geben dem Tier.
17:14 Diese werden streiten mit dem Lamm, und das Lamm wird sie überwinden; denn es ist der HErr aller Herren und der König aller Könige; und mit ihm die Berufenen und Auserwählten und Gläubigen.
17:15 Und er sprach zu mir: Die Wasser, die du gesehen hast, da die Hure sitzt, sind Völker und Scharen und Heiden und Sprachen.
17:16 Und die zehn Hörner, die du gesehen hast auf dem Tier, die werden die Hure hassen und werden sie wüste machen und bloß und werden ihr Fleisch essen und werden sie mit Feuer verbrennen.
17:17 Denn GOtt hat's ihnen gegeben in ihr Herz, zu tun seine Meinung und zu tun einerlei Meinung und zu geben ihr Reich dem Tier, bis daß vollendet werden die Worte GOttes.
17:18 Und das Weib, das du gesehen hast, ist die große Stadt, die das Reich hat über die Könige auf Erden.
Kapitel 18
18:1 Und danach sah ich einen andern Engel niederfahren vom Himmel, der hatte eine große Macht, und die Erde ward erleuchtet von seiner Klarheit.
18:2 Und schrie aus Macht mit großer Stimme und sprach: Sie ist gefallen, sie ist gefallen, Babylon, die große, und eine Behausung der Teufel worden und ein Behältnis aller unreinen Geister und ein Behältnis aller unreinen und feindseligen Vögel.
18:3 Denn von dem Wein des Zorns ihrer Hurerei haben alle Heiden getrunken; und die Könige auf Erden haben mit ihr Hurerei getrieben, und ihre Kaufleute sind reich worden von ihrer großen Wollust.
18:4 Und ich hörete eine andere Stimme vom Himmel, die sprach: Gehet aus von ihr, mein Volk, daß ihr nicht teilhaftig werdet ihrer Sünden, auf daß ihr nicht empfanget etwas von ihren Plagen;
18:5 Denn ihre Sünden reichen bis in den Himmel, und GOtt denkt an ihren Frevel.
18:6 Bezahlet sie, wie sie euch bezahlet hat, und macht's ihr zwiefältig nach ihren Werken; und mit welchem Kelch sie euch eingeschenket hat, schenket ihr zwiefältig ein.
18:7 Wieviel sie sich herrlich gemacht und ihren Mutwillen gehabt hat, so viel schenket ihr Qual und Leid ein. Denn sie spricht in ihrem Herzen: Ich sitze und bin eine Königin und werde keine Witwe sein, und Leid werde ich nicht sehen.
18:8 Darum werden ihre Plagen auf einen Tag kommen, der Tod, Leid und Hunger; mit Feuer wird sie verbrannt werden. Denn stark ist GOtt der HErr, der sie richten wird.
18:9 Und es werden sie beweinen und sich über sie beklagen die Könige auf Erden, die mit ihr gehuret und Mutwillen getrieben haben, wenn sie sehen werden den Rauch von ihrem Brande.
18:10 Und werden von ferne stehen vor Furcht ihrer Qual und sprechen: Wehe, wehe, die große Stadt Babylon, die starke Stadt! Auf eine Stunde ist dein Gericht kommen.
18:11 Und die Kaufleute auf Erden werden weinen und Leid tragen bei sich selbst, daß ihre Ware niemand mehr kaufen wird,
18:12 die Ware des Goldes und Silbers und Edelgesteins und die Perlen und Seide und Purpur und Scharlach und allerlei Thinenholz und allerlei Gefäß von Elfenbein und allerlei Gefäß von köstlichem Holz und von Erz und von Eisen und von Marmor
18:13 und Zimt und Thymian und Salben und Weihrauch und Wein und Öl und Semmeln und Weizen und Vieh und Schafe und Pferde und Wagen und Leichname und Seelen der Menschen.
18:14 Und das Obst, daran deine Seele Lust hatte, ist von dir gewichen; und alles, was völlig und herrlich war, ist von dir gewichen; und du wirst solches nicht mehr finden.
18:15 Die Kaufleute solcher Ware, die von ihr sind reich worden, werden von ferne stehen vor Furcht ihrer Qual, weinen und klagen
18:16 und sagen: Wehe, wehe! die große Stadt, die bekleidet war mit Seide und Purpur und Scharlach und übergüldet war mit Golde und Edelgestein und Perlen!
18:17 Denn in einer Stunde ist verwüstet solcher Reichtum. Und alle Schiffsherren und der Haufe, die auf den Schiffen hantieren, und Schiffsleute, die auf dem Meer hantieren, stunden von ferne
18:18 und schrieen, da sie den Rauch von ihrem Brande sahen, und sprachen: Wer ist gleich der großen Stadt?
18:19 Und sie warfen Staub auf ihre Häupter und schrieen, weineten und klagten und sprachen: Wehe, wehe! die große Stadt, in welcher reich worden sind alle, die da Schiffe im Meer hatten, von ihrer Ware! Denn in einer Stunde ist sie verwüstet.
18:20 Freue dich über sie, Himmel und ihr heiligen Apostel und Propheten! Denn GOtt hat euer Urteil an ihr gerichtet.
18:21 Und ein starker Engel hub einen großen Stein auf als einen Mühlstein warf ihn ins Meer und sprach: Also wird mit einem Sturm verworfen die große Stadt Babylon und nicht mehr erfunden werden.
18:22 Und die Stimme der Sänger und Saitenspieler, Pfeifer und Posaunen soll nicht mehr in dir gehöret werden; und kein Handwerksmann einiges Handwerks soll mehr in dir erfunden werden; und die Stimme der Mühle soll nicht mehr in dir gehöret werden;
18:23 und das Licht der Leuchte soll nicht mehr in dir leuchten; und die Stimme des Bräutigams und der Braut soll nicht mehr in dir gehöret werden; denn deine Kaufleute waren Fürsten auf Erden; denn durch deine Zauberei sind verirret worden alle Heiden.
18:24 Und das Blut der Propheten und der Heiligen ist in ihr erfunden worden und aller derer, die auf Erden erwürget sind.
Kapitel 19
19:1 Danach hörete ich eine Stimme großer Scharen im Himmel, die sprachen: Halleluja! Heil und Preis, Ehre und Kraft sei GOtt, unserm HErrn!
19:2 Denn wahrhaftig und gerecht sind seine Gerichte, daß er die große Hure verurteilet hat, welche die Erde mit ihrer Hurerei verderbet, und hat das Blut seiner Knechte von ihrer Hand gerächt.
19:3 Und sprachen zum andernmal: Halleluja! Und der Rauch gehet auf ewiglich.
19:4 Und die vierundzwanzig Ältesten und die vier Tiere fielen nieder und beteten an GOtt, der auf dem Stuhl saß, und sprachen: Amen Halleluja!
19:5 Und eine Stimme ging von dem Stuhl: Lobet unsern GOtt, alle seine Knechte, und die ihn fürchten, beide, klein und groß!
19:6 Und ich hörete eine Stimme einer großen Schar und wie eine Stimme großer Wasser und wie eine Stimme starker Donner, die sprachen: Halleluja! Denn der allmächtige GOtt hat das Reich eingenommen.
19:7 Lasset uns freuen und fröhlich sein und ihm die Ehre geben; denn die Hochzeit des Lammes ist kommen, und sein Weib hat sich bereitet.
19:8 Und es ward ihr gegeben, sich anzutun mit reiner und schöner Seide. (Die Seide aber ist die Gerechtigkeit der Heiligen.)
19:9 Und er sprach zu mir: Schreibe: Selig sind, die zum Abendmahl des Lammes berufen sind. Und er sprach zu mir: Dies sind wahrhaftige Worte GOttes.
19:10 Und ich fiel vor ihn zu seinen Füßen, ihn anzubeten. Und er sprach zu mir: Siehe zu, tu es nicht; ich bin dein Mitknecht und deiner Brüder und derer, die das Zeugnis JEsu haben. Bete GOtt an! (Das Zeugnis aber JEsu ist der Geist der Weissagung.)
19:11 Und ich sah den Himmel aufgetan; und siehe, ein weiß Pferd, und der darauf saß, hieß Treu und Wahrhaftig und richtet und streitet mit Gerechtigkeit.
19:12 Und seine Augen sind wie eine Feuerflamme, und auf seinem Haupt viel Kronen; und hatte einen Namen geschrieben den niemand wußte denn er selbst.
19:13 Und war angetan mit einem Kleide, das mit Blut besprenget war; und sein Name heißt GOttes Wort.
19:14 Und ihm folgete nach das Heer im Himmel auf weißen Pferden, angetan mit weißer und reiner Seide.
19:15 Und aus seinem Munde ging ein scharf Schwert, daß er damit die Heiden schlüge; und er wird sie regieren mit der eisernen Rute. Und er tritt die Kelter des Weins des grimmigen Zornes des allmächtigen GOttes.
19:16 Und hat einen Namen geschrieben auf seinem Kleid und auf seiner Hüfte also: Ein König aller Könige und ein HErr aller Herren.
19:17 Und ich sah einen Engel in der Sonne stehen; und er schrie mit großer Stimme und sprach zu allen Vögeln, die unter dem Himmel fliegen: Kommet und versammelt euch zu dem Abendmahl des großen GOttes,
19:18 daß ihr esset das Fleisch der Könige und der Hauptleute und das Fleisch der Starken und der Pferde und derer, die daraufsitzen, und das Fleisch aller Freien und Knechte, beide, der Kleinen und der Großen.
19:19 Und ich sah das Tier und die Könige auf Erden und ihre Heere versammelt, Streit zu halten mit dem, der auf dem Pferde saß, und mit seinem Heer.
19:20 Und das Tier ward gegriffen und mit ihm der falsche Prophet, der die Zeichen tat vor ihm, durch welche er verführete, die das Malzeichen des Tieres nahmen, und die das Bild des Tieres anbeteten; lebendig wurden diese beide in den feurigen Pfuhl geworfen, der mit Schwefel brannte.
19:21 Und die andern wurden erwürget mit dem Schwert des, der auf dem Pferde saß, das aus seinem Munde ging. Und alle Vögel wurden satt von ihrem Fleisch.
Kapitel 20
20:1 Und ich sah einen Engel vom Himmel fahren, der hatte den Schlüssel zum Abgrund und eine große Kette in seiner Hand
20:2 und ergriff den Drachen, die alte Schlange, welche ist der Teufel und der Satan, und band ihn tausend Jahre.
20:3 Und warf ihn in den Abgrund und verschloß ihn und versiegelte oben darauf, daß er nicht verführen sollte die Heiden, bis daß vollendet würden tausend Jahre; und danach muß er los werden eine kleine Zeit.
20:4 Und ich sah Stühle, und sie setzten sich darauf, und ihnen ward gegeben das Gericht; und die Seelen der Enthaupteten um des Zeugnisses JEsu und um des Wortes GOttes willen, und die nicht angebetet hatten das Tier noch sein Bild und nicht genommen hatten sein Malzeichen an ihre Stirn und auf ihre Hand: diese lebten und regierten mit Christo tausend Jahre.
20:5 Die andern Toten aber wurden nicht wieder lebendig, bis daß tausend Jahre vollendet wurden. Dies ist die erste Auferstehung.
20:6 Selig ist der und heilig, der teilhat an der ersten Auferstehung; über solche hat der andere Tod keine Macht, sondern sie werden Priester GOttes und Christi sein und mit ihm regieren tausend Jahre.
Was Johannes gedrängt im 14. Kapitel gesehen, entwickelte sich eines nach dem andern immer genauer vom 15. bis 19. Kapitel. Nachdem das Papstthum, der Antichrist und der falsche Prophet ihren Lohn bekommen haben, folgt das tausendjährige Reich, wie ein Ruhepunkt im rollenden Kreislauf der göttlichen Gerichte. Unser Text ist die einzige Stelle der heiligen Schrift, in welcher von diesem Gegenstande die Rede ist; aber diese Stelle lehrt diese Wahrheit klar und gewiß. nach ihr beginnt das tausendjährige Reich erst mit der Wiederkunft Christi, nach der Besiegung des Antichrists und seiner Genossen. Es wird weder ein weltliches noch ein allgemeines Reich sein, sondern ein Gnadenreich, in welchem die Gläubigen die Oberhand haben, wenn gleich Ungläubige und Gottlose noch vorhanden sind. Die macht des Satans ist noch nicht gebrochen, wohl aber gebunden. Der Gegensatz von Himmel und Erde besteht noch fort, der Kampf des Geistes mit dem Fleische dauert auch noch an, die Heiligen wandeln noch im Glauben, nicht im Schauen, es bleibt das Gesetz, das Evangelium, das Sacrament in vollem Gebrauch, bis daß Er kommt. Auch in der äußern Welt geht Alles seinen Gang wie früher, Geburt und Tod, obrigkeitlicher und Ehestand, und Arbeit im Schweiß des Angesichts. Dennoch ist ein Blüthezustand des Reiches Gottes, eine irdische Vollendung der Gemeinde Christi, eine reiche Ausgießung des heiligen Geistes, ein Ueberfluß von Gnadengaben, ein Lieben und Jauchzen, wie nie vorher, erschienen. Das Christenthum durchdringt alle Verhältnisse und die Erde ist ein Schauplatz zur Verherrlichung Christi geworden. Leicht und siegreich ist der Kampf des Geistes mit dem Fleisch und der Kirche mit den Feinden des Heils. Das Gesetz Gottes ist die allgemeine Regel aller Völker, Empörungen und Kriege haben aufgehört, Pest und Seuche sind verschwunden, die Erde ist voll Erkenntniß der Ehre des Herrn, und die Menschheit sammelt allen Segen der vorangegangenen Jahrhunderte des Kampfes in einen Brennpunkt zusammen und lebt im vollen Vorgenuß der letzten, höchsten Vollendung. Es entspricht dies tausendjährige Reich demnach ganz dem allgemeinen Gesetz der menschlichen Entwickelung, daß jede wesentlich neue Gestaltung, ehe sie zur vollen und bleibenden Erscheinung gelangt, sich vorher in noch vorübergehenden Erscheinungen ankündigt, abspiegelt und Bahn bricht. So die Erscheinung Christi in den Vorbildern des alten Testaments, so die Auferstehung und Himmelfahrt des Herrn in der Verklärung auf Thabor, die Ausgießung des heiligen Geistes am Pfingstfest in der vorläufigen Mittheilung des Geistes an die Jünger (Joh. 20,22.). So bahnt sich auch hier das Zukünftige an, die allgemeine Auferstehung durch die erste Auferstehung, das jüngste Gericht durch das Regiment Christi und seiner Heiligen, die ewige Seligkeit durch tausendjährigen Frieden, die Verklärung des Himmels und der Erde durch kräftigere Blüthen des Naturlebens (Jes. 20,26. 11,6-9. 65,20). Glückselige Zeit! Entspricht sie nicht den tiefsten Wünschen aller, die den Herrn Jesum lieb haben unverrückt? Sollte denn wirklich nie auf Erde eine Zeit kommen, wo die Sache Christi als die einzig wahre und rechte von Gott glänzend vor aller Welt beglaubigt würde? Sollte nach der langen Zeit der Arbeit und Mühe ihr kein Vorsabbath in ungestörter Gemeinschaft mit dem Herrn und allen Heiligen aufgehen? Als Jesus gen Himmel fuhr, umgab Ihn ein kleiner Kreis Gläubiger; ein größerer wird’s sein, wenn Er mit seinen Heiligen eine Zeitlang die alsdann Lebenden regiert: wie wird das seine Sache an einem Tage mehr förderten als sonst in Jahren und Jahrhunderten! O möchte der Herr dies Reich bald aufrichten! Laßt uns denn danach trachten, daß wir dem Herrn ganz angehören, Ihn allein anbeten, und sein Maalzeichen an Hand und Stirn, in Mund und Herz an uns tragen, damit sein Sabbath auch uns zu Theil werde ewiglich! Amen. (Friedrich Arndt)
20:7 Und wenn tausend Jahre vollendet sind, wird der Satanas los werden aus seinem Gefängnis
20:8 und wird ausgehen, zu verführen die Heiden in den vier Vrtern der Erde, den Gog und Magog, sie zu versammeln in einen Streit, welcher Zahl ist wie der Sand am Meer.
20:9 Und sie traten auf die Breite der Erde und umringeten das Heerlager der Heiligen und die geliebte Stadt. Und es fiel das Feuer von GOtt aus dem Himmel und verzehrete sie.
20:10 Und der Teufel, der sie verführete, ward geworfen in den feurigen Pfuhl und Schwefel, da das Tier und der falsche Prophet war; und werden gequälet werden Tag und Nacht von Ewigkeit zu Ewigkeit.
20:11 Und ich sah einen großen weißen Stuhl und den, der darauf saß, vor welches Angesicht floh die Erde und der Himmel; und ihnen ward keine Stätte gefunden.
20:12 Und ich sah die Toten, beide, groß und klein, stehen vor GOtt. Und die Bücher wurden aufgetan; und ein ander Buch ward aufgetan, welches ist des Lebens. Und die Toten wurden gerichtet nach der Schrift in den Büchern, nach ihren Werken.
20:13 Und das Meer gab die Toten, die darinnen waren; und der Tod und die Hölle gaben die Toten, die darinnen waren. Und sie wurden gerichtet, ein jeglicher nach seinen Werken.
20:14 Und der Tod und die Hölle wurden geworfen in den feurigen Pfuhl. Das ist der andere Tod.
20:15 Und so jemand nicht ward erfunden geschrieben in dem Buch des Lebens, der ward geworfen in den feurigen Pfuhl.
Die höchste irdische Vollendung der Gemeinde des Herrn im tausendjährigen Reich ist noch nicht ihre volle himmlische Verklärung. Letztere ist erst möglich nach einem letzten und äußersten Kampf und Sieg. Gegen das Ende der tausend Jahre schleicht sich nämlich wieder eine Sicherheit, eine laodicäische Gesinnung ein, und Satans Macht bricht, wenn auch nur auf kurze Zeit, wieder hervor; wilde Völkerschaften (Gog und Magog) beginnen einen Vertilgungskrieg gegen die Stadt Gottes. Gott läßt diese letzte Anstrengung des Bösen zu, um den Gegensatz des Bösen und Guten recht scharf zu offenbaren und die vollkommene Scheidung beider vorzubereiten. Darauf vernichtet Er selbst die Feinde seines Reiches unmittelbar und vollzieht das letzte oder jüngste Gericht. Die sichtbare Welt flieht vor dem Herrn und geht unter; die Todten stehen alle auf, die Bücher werden aufgethan, sowohl das Buch, in welchem die menschlichen Handlungen verzeichnet stehen, als das Begnadigungs- und Rettungsbuch der Erwählten. Ist das auch ein Bild, das Bild hat doch seine Bedeutung. Es bedeutet, daß Gott nichts vergißt, daß Er nach Ordnung und Gerechtigkeit richtet, daß Alles vollständig, gründlich, haarklein und unwidersprechlich an Tages Licht kommt, das Böse wie das Gute, der Unglaube wie der Glaube. Darauf werden Tod und Todtenreich (Hölle) dem Reich der Verdammten zugewiesen, dem ewigen Sterben ohne Hoffnung der Seligkeit, und ohne Erlösung aus dem Flammenpfuhl. Die Uhr in der Ewigkeit ist einmal aufgezogen, und läuft nimmer wieder ab. Es gibt dann keine Mitte mehr: jeder ist entweder ewig selig und herrlich oder ewig verdammt, jeder ist bei dem, deß Bild er getragen. Wessen Name hier im Himmel angeschrieben war, dessen Loos wird auch dort der Himmel sein. Wir wollen uns deßhalb oft das Lebens- und Weltende vergegenwärtigen und oft beten: Hilf, Gott, daß jeder kommen mag, wo tausend Jahr ist wie ein Tag; vor dem Ort uns, o Gott, bewahr, wo ein Tag ist wie tausend Jahr. Amen. (Friedrich Arndt)
Kapitel 21
21:1 Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde. Denn der erste Himmel und die erste Erde verging, und das Meer ist nicht mehr.
21:2 Und ich, Johannes, sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von GOtt aus dem Himmel herabfahren, zubereitet als eine geschmückte Braut ihrem Mann.
21:3 Und hörete eine große Stimme von dem Stuhl, die sprach: Siehe da, eine Hütte GOttes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen; und sie werden sein Volk sein, und er selbst, GOtt mit ihnen, wird ihr GOtt sein.
21:4 Und GOtt wird abwischen alle Tränen von ihren Augen. Und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerzen wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.
21:5 Und der auf dem Stuhl saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu. Und er spricht zu mir: Schreibe; denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiß.
21:6 Und er sprach zu mir: Es ist geschehen. Ich bin das A und das O der Anfang und das Ende. Ich will dem Durstigen geben von dem Brunn des lebendigen Wassers umsonst.
21:7 Wer überwindet der wird's alles ererben; und ich werde sein GOtt sein, und er wird mein Sohn sein.
21:8 Den Verzagten aber und Ungläubigen, den Greulichen und Totschlägern und Hurern und Zauberern und Abgöttischen und allen Lügnern, deren Teil wird sein in dem Pfuhl, der mit Feuer und Schwefel brennet, welches ist der andere Tod.
21:9 Und es kam zu mir einer von den sieben Engeln, welche die sieben Schalen voll hatten der letzten sieben Plagen, und redete mit mir und sprach: Komm, ich will dir das Weib zeigen, die Braut des Lammes.
21:10 Und führete mich hin im Geist auf einen großen und hohen Berg und zeigte mir die große Stadt, das heilige Jerusalem, herniederfahren aus dem Himmel von GOtt.
21:11 Und hatte die Herrlichkeit GOttes; und ihr Licht war gleich dem alleredelsten Stein, einem hellen Jaspis.
21:12 Und hatte große und hohe Mauern und hatte zwölf Tore und auf den Toren zwölf Engel und Namen geschrieben, welche sind die zwölf Geschlechter der Kinder Israel:
21:13 vom Morgen drei Tore, von Mitternacht drei Tore, vom Mittag drei Tore, vom Abend drei Tore.
21:14 Und die Mauer der Stadt hatte zwölf Gründe und in denselbigen die Namen der zwölf Apostel des Lammes.
21:15 Und der mit mir redete, hatte ein gülden Rohr, daß er die Stadt messen sollte und ihre Tore und Mauern.
21:16 Und die Stadt liegt viereckig, und ihre Länge ist so groß als die Breite. Und er maß die Stadt mit dem Rohr auf zwölftausend Feldwegs. Die Länge und die Breite und die Höhe der Stadt sind gleich.
21:17 Und er maß ihre Mauern, hundertvierundvierzig Ellen, nach dem Maß eines Menschen, das der Engel hat.
21:18 Und der Bau ihrer Mauern war von Jaspis und die Stadt von lauterem Golde gleich dem reinen Glase.
21:19 Und die Gründe der Mauern und der Stadt waren geschmückt mit allerlei Edelsteinen. Der erste Grund war ein Jaspis; der andere ein Saphir, der dritte ein Chalzedonier, der vierte ein Smaragd,
21:20 der fünfte ein Sardonich, der sechste ein Sardis, der siebente ein Chrysolith, der achte ein Beryll, der neunte ein Topasier, der zehnte ein Chrysopras, der elfte ein Hyazinth, der zwölfte ein Amethyst.
21:21 Und die zwölf Tore waren zwölf Perlen, und ein jeglich Tor war von einer Perle. Und die Gassen der Stadt waren lauter Gold, als ein durchscheinend Glas.
21:22 Und ich sah keinen Tempel darinnen; denn der HErr, der allmächtige GOtt, ist ihr Tempel und das Lamm.
21:23 Und die Stadt bedarf keiner Sonne noch des Mondes, daß sie ihr scheinen; denn die Herrlichkeit GOttes erleuchtet sie, und ihre Leuchte ist das Lamm.
21:24 Und die Heiden, die da selig werden, wandeln in demselbigen Licht. Und die Könige auf Erden werden ihre Herrlichkeit in dieselbige bringen.
21:25 Und ihre Tore werden nicht verschlossen des Tages; denn da wird keine Nacht sein.
21:26 Und man wird die Herrlichkeit und die Ehre der Heiden in sie bringen.
21:27 Und wird nicht hineingehen irgendein Gemeines, und das da Greuel tut und Lügen, sondern die geschrieben sind in dem lebendigen Buch des Lammes.
Johannes schildert uns hier das himmlische Jerusalem. War der erste Himmel schön, wie viel herrlicher wird der neue Himmel und die neue Erde sein! Dort ist ja Alles entfernt, was uns hier unselig macht oder doch den vollkommnen Genuß der Seligkeit beeinträchtigt, Tod, Leid, Geschrei und Schmerzen, die Folgen der Sünde, und Alles wieder hergestellt und verklärt, was die Sünde entstellt und zerstört hat: neuer Himmel, neue Erde, neue Herzen, neue verklärte Leiber. Für die auferstandenen Leiber gehört aber auch eine leibliche Wohnung, und je geistiger und verklärter jene sind, desto geistiger und verklärter wird auch diese sein. Wie groß ist das himmlische Jerusalem: darum heißt sie eine Stadt; wie eng und vertraulich leben ihre Bewohner unter einander: darum heißt sie das Haus Gottes! Wie hell, wie sicher, wie bequem ihr Eingang! Wie unermeßlich ihre Höhe, Breite und Länge! Welcher Glanz, gleich dem Golde, welche Durchsichtigkeit gleich dem Glase! Welche Mannichfaltigkeit und welche Einheit! Und die ganze Stadt – ein Tempel; jeder Einzelne seiner Bewohner ein Heiligthum des Herrn! Es gibt dort noch Völker und noch Könige; nur von Kirchenparteien, Sekten und Konfessionen ist keine Rede mehr. Wie einst David im irdischen Jerusalem alles Wahre, Schöne und Gute vereinigte, so wird im himmlischen Jerusalem ein herrlicher Chorgesang der mannichfachsten Gaben, Kräfte, Zungen und Volksthümlichkeiten Statt finden, zusammenstimmend im Preise Gottes. Wallfahrtete das alte Israel so gern nach seinem Jerusalem zu seinen großen Festen: wehe, wenn wir nicht Pilger sein wollten alle Tage nach der himmlischen Gottesstadt! wenn es bei uns nicht auch hieße: „Vergesse ich Dein, Jerusalem, so werde meiner Rechten vergessen!“ Was uns auch auf Erden schwindet und stirbt: dies Jerusalem bleibt. Herr, gieb uns Sehnsucht, glühende Augen und brennende Herzen nach der Stadt der Liebe und des Friedens! Wir haben hier keine bleibende Statt, stärke uns, um so mehr die zukünftige zu suchen! Amen. (Friedrich Arndt)
Kapitel 22
22:1 Und er zeigte mir einen lauteren Strom des lebendigen Wassers, klar wie ein Kristall; der ging von dem Stuhl GOttes und des Lammes.
22:2 Mitten auf ihrer Gasse und auf beiden Seiten des Stromes stund Holz des Lebens, das trug zwölferlei Früchte und brachte seine Früchte alle Monden; und die Blätter des Holzes dieneten zu der Gesundheit der Heiden.
22:3 Und wird kein Verbannetes mehr sein; und der Stuhl GOttes und des Lammes wird darinnen sein; und seine Knechte werden ihm dienen
22:4 und sehen sein Angesicht; und sein Name wird an ihren Stirnen sein.
22:5 Und wird keine Nacht da sein, und nicht bedürfen einer Leuchte oder des Lichts der Sonne; denn GOtt der HErr wird sie erleuchten, und sie werden regieren von Ewigkeit zu Ewigkeit.
22:6 Und er sprach zu mir: Diese Worte sind gewiß und wahrhaftig. Und GOtt, der HErr der heiligen Propheten, hat seinen Engel gesandt, zu zeigen seinen Knechten, was bald geschehen muß.
22:7 Siehe, ich komme bald! Selig ist, der da hält die Worte der Weissagung in diesem Buch.
22:8 Und ich bin Johannes, der solches gesehen und gehöret hat. Und da ich es gehöret und gesehen, fiel ich nieder, anzubeten zu den Füßen des Engels, der mir solches zeigete.
22:9 Und er spricht zu mir: Siehe zu, tu es nicht; denn ich bin dein Mitknecht und deiner Brüder, der Propheten, und derer, die da halten die Worte dieses Buchs; bete GOtt an!
22:10 Und er spricht zu mir: versiegle nicht die Worte der Weissagung in diesem Buch; denn die Zeit ist nahe.
22:11 Wer böse ist, der sei immerhin böse; und wer unrein ist, der sei immerhin unrein. Aber wer fromm ist, der sei immerhin fromm; und wer heilig ist, der sei immerhin heilig.
22:12 Und siehe, ich komme bald und mein Lohn mit mir, zu geben einem jeglichen, wie seine Werke sein werden.
22:13 Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende, der Erste und der Letzte.
22:14 Selig sind, die seine Gebote halten, auf daß ihre Macht sei an dem Holz des Lebens, und zu den Toren eingehen in die Stadt.
22:15 Denn draußen sind die Hunde und die Zauberer und die Hurer und die Totschläger und die Abgöttischen und alle, die liebhaben und tun die Lüge.
22:16 Ich, JEsus, habe gesandt meinen Engel, solches euch zu zeugen an die Gemeinden. Ich bin die Wurzel des Geschlechts Davids, ein heller Morgenstern.
22:17 Und der Geist und die Braut sprechen: Komm! Und wer es höret, der spreche: Komm! Und wen dürstet, der komme; und wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst.
22:18 Ich bezeuge aber allen, die da hören die Worte der Weissagung in diesem Buch: So jemand dazusetzt, so wird GOtt zusetzen auf ihn die Plagen, die in diesem Buch geschrieben stehen.
22:19 Und so jemand davontut von den Worten des Buchs dieser Weissagung, so wird GOtt abtun sein Teil vom Buch des Lebens und von der heiligen Stadt und von dem, was in diesem Buch geschrieben stehet.
22:20 Es spricht, der solches zeuget: Ja, ich komme bald. Amen. Ja komm, HErr JEsu!
22:21 Die Gnade unsers HErrn JEsu Christi sei mit euch allen! Amen.
Köstlicher Schluß der heiligen Offenbarung und der ganzen heiligen Schrift! Mit der Schöpfung der sichtbaren Welt hatte sie begonnen, mit der Schöpfung der unsichtbaren Welt schließt sie ihre Enthülllungen. – Köstlicher Schlußwunsch: “die Gnade unseres Herrn Jesu Christi sei mit euch Allen!“ Ja, Deine freie, reiche, ewige Gnade, Herr Jesu, sei mit mir, mit jedem, der dies liest und hört, ja, mit Allen, die sie bedürfen und verlangen; besonders wenn Du wieder kommst! Diese Gnade züchtige uns, zu warten auf Deine große und majestätische Erscheinung! Diese allgemeine Gnade, dieser allumfassende Erlösungsrath und Heilsplan Gottes in Christo ist der Hauptinhalt der ganzen, Ein Ganzes bildenden heiligen Schrift vom Anfange bis zum Ende. – Köstliche Schlußverheißung aus dem Munde des Herrn Jesu: “Ja, ich komme bald. Amen!“ Nichts als Liebe, Trost und Freude enthält sie, nichts als bräutliches Verlangen und immer heißere Sehnsucht will sie wecken. Sprächen wir doch immer mit dem Liede: „Dort oben im Himmel da haben wir’s gut; wer’s glaubt und beherzigt, dem wächset der Muth,“ und mit der Braut, der gläubigen und gerechten Gemeinde. “Ja komm, Herr Jesu,“ wir glauben Dein Wort und Deine darin verheißene Zukunft nicht nur, wir sehen ihr auch wachend und verlangend entgegen. Hat aber der Herr Jesus schon zu Johannes gesagt: ich komme bald, so darf ich heute mit dem größten Recht dafür halten, Er werde bald erscheinen. Und habe ich Gnade und den heiligen Geist empfangen, bin ich los vom bösen Gewissen, ist seine Liebe in meinem Herzen ausgegossen, stehe ich in der gewissen Hoffnung des himmlischen Erbes: dann darf und soll ich ihm entgegenrufen: komm! Ja komm, Herr Jesu, und mache dem Leid und Streit, der Gefahr und der Noth ein Ende. Komm und erfülle Deine Verheißungen und laß das Warten derer, die Dich lieben, zur Freude werden. Ja komm, Herr Jesu. Deine Gnade sei mit uns Allen. Amen. (Friedrich Arndt)