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Bunyan, John - Rückfall

Bunyan, John - Rückfall

O meine Brüder, sagt der Rückfällige, der umgekehrt ist, habt ihr gesehen, wie ich Gott verlassen habe? habt ihr gesehen, wie ich zu jenen Eitelkeiten zurückgekehrt bin, welche ich einige Zeit geflohen hatte? O ich war getäuscht, ich war bezaubert, ich war betrogen; denn ich fand Alles, was ich früher geflohen hatte, noch weit schlimmer als ich zum zweiten Mal mich ihm zuwandte. Hütet euch vor dem Rückfall, o hütet euch! Der erste Grund euerer Scheidung von der Welt und ihrer Lust war gut; versuchet nimmer Gott zum zweiten Male!

Der Rückfällige, der sich von neuem zum Herrn wendet, kommt zu Ihm gleich einem neuerweckten Sünder, und zwar aus denselben Beweggründen, aber mit einer Erkenntniß der Dinge, welche letzterer nicht hat, nämlich mit dem Bewußtsein der Schuld seines Rückfalles, welches eine Schuld von schlimmerem Charakter und von schwererer Natur ist als jede andere Schuld. Er ist auch begleitet von Furcht und Zweifeln, welche aus andern Gründen und Betrachtungen aufsteigen als die Zweifel und Befürchtungen des Neuerweckten, Zweifeln, welche sich auf die Schlechtigkeit seines Rückfalles gründen. Er hat auch erschreckendere Schriftstellen zu beachten, und diese blicken ihm auch eher in die Augen, und erscheinen ihm in einem düsteren Licht als dem neuerweckten Menschen. Ueberdieß entzieht ihm Gott zur Strafe seines Rückfalles den süßen Einfluß seines Geistes, als wenn Er ihn nicht wollte beten oder Buße thun lassen (Psalm 51,11), als wenn Er ihm alles entziehen und ihn seinen altgewohnten Lüsten und Götzen überlassen wollte. Niemand kennt die Dinge, welche das Gemüth des Rückfälligen erschrecken; seine neuen Sünden sind alle zu schwatzenden, drohenden Teufeln geworden in seinem Innern. Ueberdieß zweifelt er nun an der Wahrheit seiner ersten Bekehrung, folglich liegt auf ihm der starke Argwohn, daß an seinen ersten Gnadenerfahrungen nichts wahres gewesen sei; und dies hängt wie Blei an seinen Fersen und bewirkt, daß er mit schwererem Herzen und mit größerer Schwierigkeit durch Christum zu Gott kommt. Da die Treue anderer Menschen ihm gleichsam tödtlich ist, so kann er keinen redlichen, demüthigen und treuen Diener Gottes sehen, ohne eine Wunde und einen Stich in's Herz zu bekommen. „Ach, sagt er, dieser Mensch fürchtet Gott, dieser Mensch ist treulich dem Herrn nachgefolgt, er ist auf seinem Posten geblieben; aber ich bin von meinem Posten abgefallen!“ — Diese und andere Gedanken kommen mit ihm, schauen ihm in's Angesicht und spotten sein auf dem ganzen Wege, auf dem er zu Gott zurückkehrt, und dies macht sein Kommen zu Christo so hart und so schwer!

Nun will ich noch ein Wort oder zwei zu dem sagen, der nach langem Rückfall wirklich zu Christo zurückkehrt: Dein Weg, du doppelsinniger Sünder, ist dennoch offen, zu Christo zu kommen. Dich meine ich, dessen Herz, nach langer Rückfälligkeit, entschlossen ist, zu Ihm wiederzukehren. Dein Weg zu Ihm, sage ich, ist offen, gleichwie der Weg anderer Kommender. Beweis: der Text „Wer zu mir kommt, den werde Ich nicht hinausstoßen“ - macht keine Ausnahme; er öffnet ohne alle Schranken seine Arme jeder kommenden Seele entgegen; darum kannst du getrost kommen. Und hüt dich nur, daß du nicht das Thor schließest durch Unglauben, welches Gott geöffnet hat durch seine Gnade. — Und daß der Rückfällige, wenn er Buße thut, nicht ausgeschlossen ist, geht auch daraus hervor, daß Christus nach seiner Auferstehung sagt: Geht und sagt es meinen Jüngern und dem Petrus (Marc. 16,7). Aber Petrus war ein gottseliger Mann! Wohl! er war aber auch ein Rückfälliger; er hatte seinen Meister ein, zwei, dreimal verläugnet und hatte sich dabei verflucht und verschworen.

Aber nach diesen Erfahrungen, vielleicht, wird die Seele wieder kalt; sie vergißt die empfangene Gnade und wird allmählig fleischlich, fängt wieder an, mit der Welt zu liebäugeln, verliert das Leben und den Geschmack der himmlischen Dinge, betrübt den Geist Gottes, wird rückfällig, wirft die besondern Pflichten weg oder behält von denselben nur die Formalität bei, betrübt die Herzen derer, die erweckt sind. - Was wird nun Gott thun? wird Er diese Gelegenheit ergreifen, um den Sünder zu vernichten? Nein! Wird er ihn seinem Abfall überlassen? wird er ihn durch seine eigene Kraft sich wieder aufrichten lassen? Nein! Wie denn? Nun, Er wird diesen Menschen aufsuchen, bis Er ihn findet, und ihn wieder heimholen zu sich. Denn so spricht der Herr: „Siehe, Ich, ja Ich, will meine Schafe aufsuchen. Wie ein Schäfer seine Heerde sucht an dem Tage, da sie zerstreut ist, so will Ich meine Schafe aufsuchen und will sie befreien von allen Orten, wohin sie zerstreut sind. Ich will suchen, was verloren war, und wiederbringen, was weggetrieben war, und will verbinden was zerbrochen, und heilen was krank ist.“ (Ezech. 34,11.16).

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