Stockmayer, Otto - Römer 5
(Ein Auszug aus seinem Buch „Aus Glauben in Glauben“)
III. Der Zugang zur Gnade
Der Apostel schreibt an Kinder Gottes, also an Gerechtfertigte und ich hoffe, dass auch du, lieber Leser, ein Gerechtfertigter bist, losgelöst von der Vergangenheit und mit der Vergebung der Sünden verpflanzt in eine neue Welt durch den heiligen Geist, der uns als Siegel der Sündenvergebung geschenkt worden ist aus freier Gnade. Die Rechfertigung ist im Grunde ein Akt des Augenblicks, wenn es auch nicht so scheint. Es ist der Augenblick in dem ein Lichtstrahl auf unser vergangenes Leben gefallen war. Nun sehen wir unser vergangenes, verlorenes Leben nicht mehr als etwas an, was nicht mehr gut gemacht werden kann, sondern wir betrachten es im Lichte Jesu Christi, der kam, um die Verlorenen zu retten, und der die verlorene Vergangenheit nicht nur vergibt, sondern sogar noch fruchtbar macht für die Ewigkeit. Das war es ja, was den Kirchenvater Augustinus veranlasste auszurufen: „Oh glückselige Schuld!“ Er war besonders tief gefallen - infolge dessen hatte im Gott tiefe Blicke in die Gnade geschenkt - aus der Tiefe der Schuld in die Tiefe der Erlösungsgnade. Wir brauchen aber nicht durch den tiefsten Sündenschlamm gegangen zu sein, um die Tiefe der Erlösungsgnade zu erfassen - wir brauchen uns nur unserem Gott hinzugeben, dann öffnet er uns den Blick in die Tiefe unserer natürlichen Verderbtheit, auch wenn wir vor Menschenaugen rein und unschuldig dastehen.
In der Erfahrung braucht die Rechtfertigung aber nicht immer ein einzelner Akt, der Akt eines Augenblicks, zu sein. Gott hat unsere Schuld getilgt und in der Bekehrung löst er uns von unserer Vergangenheit. Wenn wir aber durch die Wiedergeburt hineingeboren werden in eine kranke, sieche Gemeinde, wie das vielfach der Fall ist, so kann es geschehen, dass der Herr dem Einzelnen, der sich bekehrt, erst später - erst ganz allmählich - die Tiefe des Falls aufdecken, ihn erst ganz allmählich auf dieses oder jenes aufmerksam machen kann. Worauf er in der schwülen Luft lauer, nicht durchgeheiligter Kinder Gottes nicht aufmerksam werden konnte. Da kann es vorkommen, dass der Herr uns für Einzelnes erst das Gewissen weckt und uns erst Stufenweise von der Vergangenheit löst.
Vers 1: „Nun wir denn sind gerecht geworden durch den Glauben“ - nicht durch besondere Übungen - nicht durch alle möglichen Übungen, in denen sich unsere teuren Brüder vor der Reformation in ihrer Aufrichtigkeit und in ihrem Durst nach Heiligung verzehrten - nein durch Glauben, durch Glauben an das Verdienst Jesu Christi, der unsere Sünden hinauf genommen hat ans Kreuz, der sie für immer und ewig getilgt und der niemand durch den Geist in das neue Heil einführt, ohne ihn zugleich einzuführen in ein neues Leben, in Lebensgemeinschaft mit Ihm. Andernfalls würden wir in der nächsten Stunde wieder ebenso befleckt dastehen, wie wir es vorher gewesen sind. Er hebt uns aus der Welt heraus und in Christo hinein - das ist eine neue Welt, unsere Heimatwelt; denn wir sind in und zu Christus geschaffen. Dort ist unsere Heimat, und nur soweit wir in unserem Geiste zur Ruhe kommen, sind wir tüchtig in einem neuen Leben zu wandeln - zu wandeln in der Richtung zu Gott hin, so dass wir die Augen aufheben können zum Vater, als versöhnte Kinder, die Ruhe gefunden haben am Kreuze, die Gewissheit haben, dass ihre Sünden getilgt sind und die somit Frieden haben mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus! Das ermöglicht uns dann auch mit anderen als Friedenskinder umzugehen, auch wenn sie noch Waffen tragen, noch kriegerisch gesinnt sind. Wir sind Friedenskinder und durch die Macht des Friedens und der Friedensstellung Gott gegenüber haben wir Ausrüstung, alles feindliche Waffengeklirr zu überwinden, alles zu überwinden, was der freien Betätigung brüderlicher Gemeinschaft noch im Wege steht. In den allen überwinden wir weit in der Macht des Friedens und des neuen Leben, das mit der Vergebung der Sünden mitgeteilt worden ist. Das ist etwas ununterbrochen Fortsetzendes. Als Versöhnte stehen wir nun in Verbindung mit der oberen Welt. Wir haben durch den gleichen Glauben, durch den wir gerechtfertigt worden sind, einen freien Zugang hinauf zu der Gnadenfülle für den täglichen Bedarf zum Ausharren und Stillesein, zu immer erneutem Vergeben. Es ist eine Fülle von Gnade, die sich nie erschöpft und die im täglichen Bedarf auch bei den widerwärtigsten Elementen vollkommen genügt. Und wo wir uns beklagt haben, dass man uns das Leben so schwer macht, lernen wir Gott danken, dass wir durch das Schwere in unserem Leben einen tiefen Einblick bekommen in die Tiefen der Gnade - eben weil wir durch diese tiefere Nöte gegangen sind als andere. Da hört das Klagen dann auf.
Vers 2: „Durch welchen wir haben den Zugang zu dieser Gnade, darinnen wir stehen.“ Es handelt sich hier nicht nur um ein sich Emporarbeiten in die Lichtswelt aus der Scheinwelt heraus, sondern um ein Stehen in der Gnade mitten in der schwülsten Luft, umgeben von Einflüssen, Charakteren, Temperamenten, wo alles darauf angelegt ist, uns aus dem Konzept zu bringen - Gnade in Verbindung mit dem oberen Heiligtum, wo ein Vorrat an Gnade ist, der nie erschöpft werden kann, sondern sich immer tiefer auftut in einer Höhe, Länge, Tiefe und Breite, von der der Anfänger keine Ahnung hat und für die ihm zuerst die Augen aufgehen müssen. In dieser Gnade stehen wir. Darin haben wir Fuss gefasst. Da müssen wir nicht nur hineingehen - ja einerseits allerdings fortwährend hineingehen, aber anderwärts darin stehen bleiben. Nur soweit wir in der Gnade stehen, haben wir Freudigkeit fortwährend zu nehmen Gnade um Gnade. Je fester wir in der Gnade stehen, umso mehr haben wir von innen heraus Freudigkeit, zu schöpfen aus seiner Fülle Gnade um Gnade. Wir stehen heute in dieser Gnade - das ist die Gegenwart - aber mit einem wunderbaren Ausblick in die Herrlichkeit. Da wird uns dann das Leben nicht zu lang und die Proben werden uns nicht zu schwer. Wir haben einen herrlichen Ausblick, sind Kinder der Hoffnung und sagen nicht immer: „Wird es dann nicht endlich einmal aufhören?“ Wer immer diese Frage im Herzen bewegt, hat kein offenes Fenster nach Jerusalem hin, wie Daniel - kein offenes Fenster nach dem oberen Jerusalem, heraus aus der Stinkluft der unteren Welt. Wo andere geknickt werden und zusammenbrechen, rühmen wir uns - nicht dessen, was wir fertig gebracht haben, nicht unserer eigenen Widerstandskraft - wir rühmen uns der Herrlichkeit Gottes. Das tiefste Bewusstsein, dass aus den Leiden der Zeit Herrlichkeit herausgeboren wird - gerade in den schwersten Zeiten - geht das Fenster nach Jerusalem hin weiter und immer weiter auf - dieses Bewusstsein stärkt uns und bringt es fertig, dass wir uns rühmen der zukünftigen Herrlichkeit.
Vers 2: „Wir rühmen uns der zukünftigen Herrlichkeit, die Gott geben soll.“ Wir sind Hoffnungskinder, die auf die Offenbarung der Herrlichkeit Gottes hoffen. Die Herrlichkeit - Seine eigene Herrlichkeit hat der Vater mit dem Sohne geteilt, und im Sohne ist die Herrlichkeit Gottes in Menschengestalt auf die Erde gekommen für alle, die Augen haben zu sehen. Bei Jesus war die ganze Strahlenfülle. Er war die völlige Wiederstrahlung göttlichen Lebens. Von uns hat jedes einen Strahl, der je länger, je mehr durchblitzen soll durch alles, was in uns noch zurecht gebracht, ausgestaltet und neugeschaffen werden muss. Dieser Hoffnung der Herrlichkeit, stehen die Leiden der Zeit gegenüber. Eins ruft das andere.
IV. Bewährung in Trübsal
Vers 3: „Wir rühmen uns nicht allein der zukünftigen Herrlichkeit, sondern wir rühmen uns auch der Trübsale, weil wir wissen, dass Trübsal Geduld bringt.“ Wir hätten vielleicht gedacht: „Nicht allein aber das »leider«“ - während dem der Apostel sagt: „Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch der Trübsale.“ Soll das denn noch etwas Höheres sein?
Allerdings ist das noch etwas Höheres, dass man sich rühmen kann der Trübsale, den schweren Führungen, der Wege, die Er uns führt, der Erziehung, die Er uns durchmachen lässt, damit wir zur Herrlichkeit gelangen. Je höher die Berufung desto strammer die Erziehung. Wer auf einen Thron Anspruch macht, muss sich für denselben erziehen lassen. Wer das Ziel will, muss auch die Mittel wollen und sich nicht nur die Mittel und Wege schicken, die zum Ziele führen, sondern derselben rühmen. Und wie können wir das?
„Dieweil wir wissen, dass Trübsal Geduld bringt,“ das heisst, weil wir wissen , wie viel Segen in der Trübsalsschule liegt, was sie bewirkt bei denen, die sich hineinstellen und der Schule nicht immer zu entlaufen suchen wollen, während dem der natürliche Mensch unter dem Joche der Sünde, der fleischlichen Lüste und Triebe bleibt, bleiben wir unter dem Joche Jesu Christi, der gesagt hat: „Mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht,“ und während wir mit Ihm im gleichen Joche dahingehen, lernen wir von Ihm, unsere Bewegungen richten sich je länger je mehr nach den Seinigen. Wenn zwei unter demselbigen Joche dahingehen müssen sie sich nacheinander richten. Wir richten uns nach unserem Heiland und werden uns im Zusammenleben mit Ihm erst recht klar über alles, was nicht mit Ihm Schritt halten kann und daher ausgeschieden werden muss, wenn man nicht zurückbleiben will, wenn man nicht nach rechts oder links vom schmalen Weg abbiegen will. Da bleibt man Schüler bis zur Vollendung und lernt immer besser ausharren. Man lernt und das Lernen wird erleichtert durch die Erfahrung, die man während des Lernens macht. Man lernt erkennen, dass die Schulen, in die der Herr die Seinen nimmt, die herrlichsten sind und man sieht ein, wie töricht man war, nicht einfach dahinzugehen, wohin der Herr uns schickte. Man sammelt Erfahrungen und durch die gesammelten Erfahrungen wird man weise. Man schlägt sich nicht mehr mit der alten Natur herum, sondern geht mit allem sofort unters Kreuz. „Trübsal bringt Erfahrung“ - Erprobung mit dem wunderbaren Ausblick auf das Hoffnungsgebiet der Herrlichkeit. „Es ist noch nicht erschienen, was wir sein werden; wir wissen aber, dass wenn es erscheinen wird, dass wir Ihm gleich sein werden, denn wir werden Ihn sehen, wie er ist.“ „Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, was in keines Menschen Sinn gekommen ist, dass hat Gott bereitet denen, die Ihn lieb haben.“ Das ist noch nicht in Erscheinung getreten. Wir können wohl eine Ahnung davon haben, aber wir haben es noch nicht gesehen. Die Schrift lüftet den Schleier, soweit wir es ertragen können, und gibt uns immer neue Freudigkeit, auszuharren im Tragen.
Vers 5: „Erfahrung aber bringt Hoffnung; Hoffnung aber lässt nicht zu Schanden werden.“ Es handelt sich nicht um eine schwärmerische, abenteuerliche Hoffnung, sondern um etwas Sicheres, um etwas viel Sicheres, als was vor Augen ist. Eher könnten uns unsere Augen trügen als ein Wort aus der heiligen Schrift. Eher würde ich meinen fünf Sinnen misstrauen, als einem einzigen Worte, dass mein Heiland mir gesagt hat. Die Hoffnung von der hier die Rede ist, beschämt nicht und ein Pfand dafür haben wir im heiligen Geist.
„Denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den heiligen Geist, welcher uns gegeben ist.“ So gewiss wir versiegelt sind durch den Geist, so gewiss stellen uns Wort und Geist nichts in den Horizont, was nicht in Erscheinung trete. Weiss man das einmal, so macht man es nicht wie Schüler, die nicht abwarten können, bis der Unterricht vorüber ist, und sie wieder ihre Freiheit haben. Unsere Freiheit wird durch den heiligen Geist da ausgewirkt, wo man sich unter das tägliche Leben mit Seinen Lasten und Pflichten hinunterstellt, ohne sich beständig zu fragen, wie lange es wohl noch dauern wird. Gott verschwendet keine Zeit und verrechnet sich nicht mit der Zeit. Er lässt das Gold nicht eine Minute länger im Schmelztiegel, als nötig ist zur Umbiegung und Ausglättung jeder Falte in unserem Charakter und Wesen, für jedes Zurückbleiben hinter dem Bilde Christi. Wo der Herr etwas in Angriff nimmt, lässt Er nicht wieder los. Er bleibt dabei, bis wieder ein neuer Zug des Bildes Christi an Stelle des alten, adamitischen Charakterzuges getreten ist, bis wieder ein Zug unseres natürlichen Wesens der umgestaltenden Macht des Wortes Gottes Raum gemacht. Zum drunterbleiben braucht es göttliche Macht und Ausrüstung; denn mit dem Falle ist uns das Gegenteil das Davonlaufen eingegraben. Nur durch Drunterbleiben kommt es zur Bewährung, nur durch Drunterbleiben, werden wir zu Christen, die ihre Schule und die verschiedenen Schulen, durch die der Herr sie führt, durchmachen ohne immer auf die Uhr zu sehen, und bei denen die Geduld unvermischt ist mit Ungeduld. Es gilt, auszuharren unter dem Joche, sonst kann der Herr nicht sein Ziel erreichen und der heilige Geist kann nicht ausarbeiten. Das braucht Zeit, das geht nicht von einem Tag auf den anderen. Bewährung, Erprobung schafft etwas Durchschlagendes, löst immer mehr vom Druck der Sichtbarkeit und öffnet neue Horizonte in der unsichtbaren Welt des Glaubens, Hoffens und Liebens. Von Bewährung zu Bewährung gestaltet sich das zukünftige Herrlichkeitsgebiet. Alles, was uns von Herrlichkeit verbürgt ist, gewinnt Gestalt. Und die Leiden der Sichtbarkeit verlieren an Druck und Gewicht. Wir werden immer freier, eingetaucht in die christliche Hoffnung der Wiederkunft Jesu Christi, die allem Leid ein Ende macht.
Diese Hoffnung beschämt nicht, lässt - wie gesagt - nicht zu Schanden werden. Wie viel irdische Hoffnungen werden begraben! Man hofft auf bessere Zeiten, ein leichteres Dasein, einen ebneren Weg und es ist allzumal nichts. An Stelle des früheren Drucks kommt ein anderer. Es ist nichts gewonnen - im Gegenteil - es wird schwerer als es vorher gewesen ist. Mit der christlichen Hoffnung verhält es sich anders. Da öffnet sich der Blick weiter und weiter. Die Wahrheiten der heiligen Schrift gewinnen Gestalt; es ist nicht mehr so ein unklares, seelisches: „Wenn ich nur selig werde, wenn ich nur aus der Not und dem Jammer herauskomme“, sondern die Welt der Herrlichkeit, der wir entgegen gehen, gewinnt Gestalt, in dem sich die Herrlichkeit in die Quellen unseres Lebens hineinsenkt.
Von Natur sind die Quellen unseres Lebens beschmutzt und getrübt, da kann keine klare, lebendige Hoffnung emporwachsen. Ist aber einmal die Liebe Gottes in unsere Herzen ausgegossen, von der der Apostel in Vers 5 schreibt, so werden unsere Herzen anders. Unter dieser Liebe ist zunächst nicht die Liebe zu Gott zu verstehen. Zuerst muss Gott Seine Liebe ausgiessen, die Liebe, die der Mensch mit dem Fall verloren hat und an deren Stelle dann die Selbstliebe, Kreaturenliebe, Weltliebe getreten ist. Die Gottes Liebe wird nur ausgegossen in die Erlösten, in die mit dem Blute Jesu Losgekauften. Dort allein ist Raum für die Liebe Gottes, für die Liebe mit der Gott Seinen Sohn und uns geliebt hat. Diese Liebe Gottes hat jetzt weiten Raum und kommt nun nicht mehr nur tropfenweise.
Auch in die Welt und in das Herz eines gefallenen Menschen fallen nun Lichtstrahlen dieser Liebe und bahnen dessen Umkehr an. Bei dem Erlösten aber ist es noch ganz anders. Da öffnet sich der Himmel, da wird die Liebe Gottes ausgegossen, ausgeschüttet, die Liebe mit der Gott liebt. Wo die Liebe bei einem erlösten Gotteskind nur tropfenweise vorhanden ist, ist mit dem Alten noch nicht völlig aufgeräumt, da kann sich die Liebe noch nicht ausgiessen wie ein Strom. Diese Liebe brauchen wir nicht zu fühlen. Ist die Liebe einmal ausgegossen, so haben Herz und Geist eine andere Richtung. Dann kommt Gott in den Mittelpunkt, alles beherrschend, regulierend und durchdringend. Dann wird uns erst durch den heiligen Geist unsere Erlösung aufgeschlossen. Das ist ein ganz neues Licht, das am Horizont aufgeht und sich allmählich verbreitet über alle Gebiete unseres inneren uns äusseren Lebens bis in die verborgensten Beweggründe, Gedanken und Hintergedanken unseres Herzens und Wesens.
Damit, dass Gott uns Seinen heiligen Geist gegeben hat, hat Er uns eine neue Natur gegeben und es kommt nur noch darauf an, dass wir dem Geist Gottes, der in uns ist, nun auch das Regiment ganz und ungeteilt überlassen zur Umgestaltung des Charakterbildes Jesu Christi in unserem Wesen. Das tut Gott und dafür haben wir ein Unterpfand in der grossen Heilstatsache, auf der unser Glaube, unsere Liebe und unsere Hoffnung beruhen.
V. Christus starb für uns Gottlose
Vers 6: „Denn auch Christus ist, als wir noch schwach waren, nach dieser Zeit für uns Gottlose gestorben…“ Für alle Dinge waren wir also zu schwach, hatten nicht einmal ein Organ, um solche Herrlichkeit in uns aufzunehmen. Wir hatten nicht das rechte Verständnis dafür, aber Christus kam und starb zu seiner Zeit für uns Gottlose und dieses Opfer Christi das im Mittelpunkt der Welt und Kirchengeschichte steht, hat auch rückwärts gewirkt, oder vielmehr, die Alten hatten schon etwas vom Geiste Christi und standen unter der deckenden Macht der Opfertiere, alles Im Blick auf Christum und Sein Opfer. „Christus starb für uns Schwache,“ Geschwächte, die wir unfähig geworden waren, diese Dinge auch nur zu fassen, geschweige denn, darauf einzugehen und Geistesmenschen zu werden.
Vers 7: fährt der Apostel fort: „Nun stirbt kaum jemand um eines Gerechten willen,“ das könnte man allenfalls noch verstehen, „Um des Guten willen dürfte vielleicht jemand sterben.“ Solche Heldentaten kennt ja die Geschichte sogar schon die Weltgeschichte, aber Vers 8: „Gott preiset Seine Liebe zu uns, dass Christus für uns gestorben ist, da wir noch Sünder waren.“ Sind wir denn heute keine Sünder mehr? Die heilige Schrift nennt Kinder Gottes nie Sünder. Mit der Bekehrung und Wiedergeburt sind wir aus der Welt der Sünder herausgetreten, wir sind Gerechte und Heilige. Damit ist aber nicht gesagt, dass wir keine Sünde haben. Dennoch nennt uns die Schrift, wie gesagt, nicht Sünder. Wir sind Gerechtfertigte, und werden in dem Masse, in dem wir unsere neue Stellung erkennen, tiefer gelöst, ohne uns sagen zu dürfen, auch wo wir uns keiner Sünde bewusst sind, wir haben keine Sünde. Tun wir das, so betrügen wir uns selbst. „Da wir noch Sünder waren,“ unter die Sünde verkauft, wie der Apostel im siebten Kapitel des gleichen Briefes sagt: „Ich elender Mensch, wer wird mich erlösen vom Leibe dieses Todes?“, sich hineinstellend in jenen Kampf und versetzend in den Kampf eines Menschen, der noch nicht mit dem Blute Christi von der Sünde gelöst ist. Je aufrichtiger jemand danach ringt, frei zu werden von der Sünde, desto eher kommt er dazu, dass er ausruft: Wer wird mich erlösen vom Leibe dieses Todes?
Da gibt es keine andere Erlösung, als die, welche uns unser Heiland am Kreuze erworben hat. Diese reinigt, wäscht, löst wesenhaft von der Sünde, und das ist Gnade und Herrlichkeit, eine neue Welt des Lebens und Liebens mit Gott, dem nun der Weg geöffnet ist, das keimartig Niedergelegte immer mehr zum Durchbruch zu bringen bei denen, die den heiligen Geist nicht mehr betrüben, ihrer Berufung gemäss sich königlich geben und mit Gott wandeln. Mit der Wiedergeburt sind wir geheiligt durch das einmal vollbrachte Opfer Jesu Christi. Wir gehören nicht mehr uns selbst, sondern sind von Gott erkauft. Nun kommt alles darauf an, dass wir dieser Stellung würdig leben, in die wir mit der Bekehrung eingetreten sind. Damit, dass wir uns keiner Sünde bewusst sind, ist nicht alles gesagt. Tiefer eindringend in die Gemeinschaft Jesu Christi, können wir Flecken in uns und an uns sehen, von derer Existenz wir früher keine Ahnung hatten. In einem auf tiefem Geistesniveau stehenden Gemeinde treten solche Flecken nicht so leicht in Erscheinung. Ist es aber eine geheiligte Gemeinde, in der wir leben, wie z.B die erste Gemeinde, so kann eine einzige Untreue, eine einzige Unlauterkeit, wie sie bei Ananias und Saphira vorkam (sie wollten besser scheinen, als sie in Wirklichkeit waren), zur Sünden wider den heiligen Geist werden. Je klarer das Licht, umso schwerer wiegt alles Finstere, während bei einem niederen Geistesniveau der Gemeinde gewisse Unlauterkeiten gar nicht an die Oberfläche kommen und daher auch nicht gerichtet werden können. „In diesem Licht, sehen wir das Licht,“ und wo es trübe ist, kommt nicht alles zum Vorschein.
„Da wir noch Sünder waren, ist Christus für uns gestorben..“ Hat er das getan, dann hat die Liebe zu uns, Ihn in den Tod getrieben, da wir noch Sünder waren, wie vielmehr werden jetzt gerettet durch Ihn, wo wir nicht mehr Sünder sind, nicht absolute Heilige aber Gerechtfertigte, gerecht Gemachte! Die wahre Rechtfertigung bringt uns auf einen neuen Boden, schafft in uns neue Triebe und Absichten, erneuert unser Wesen und unseren Wandel. Wie vielmehr werden wir jetzt als Gerechtfertigte als in Seinem Blute Gewaschene und Erlöste durch Ihn gerechtfertigt werden von dem zukünftigen Zorn, von den kommenden Zorngerichten! Jetzt sind wir noch in der Gnadenzeit. Da und dort gehen Gottes Gerichte über die Welt, aber nur um der Gnade Bahn zu brechen. Jetzt sind wir noch in der Gnadenzeit, sie kann aber bald zu Ende gehen. Unsere Sünden sind uns vergeben und wir haben jetzt als Gerechtfertigte die Bürgschaft, errettet zu werden von dem zukünftigen Zorn.
Vers 9: Gottes Zorngericht hat sich über Christus ergossen; nun wartet für uns kein Zorngericht mehr und wenn wir noch durch Gerichte zu gehen haben, so sind es Gnadengerichte. Es ist reine Gnade, wenn Gott uns nichts durchgehen lässt, wenn Er oft auch lange warten muss, bis Er gewisse Züge unseres Charakters und Wesens in Angriff nehmen und uns ins Licht stellen kann. Das alles geht stufenweise. Je treuer wir vor dem Herrn bleiben, desto freier werden wir allmählich, desto mehr wird Ihm Raum gemacht, tiefer mit uns zu gehen und uns geradewegs der Herrlichkeit entgegen zu führen.
„So wir nun mit Gott versöhnt sind, da wir noch Feinde waren,“ heisst es in einer anderen Übersetzung, „wie vielmehr, da wir jetzt versöhnt sind,“ wie viel mehr werden wir jetzt gerettet durch Sein Leben dadurch, dass Er in uns lebt, dass Er Macht erlangt über unser adamitisches Leben, dass Er unsere alte Natur unter die Füsse bekommt und Raum gewinnt, Sein Leben in uns auszugestalten. Seine Gedanken in uns zur Geltung zu bringen! Das sind neue Welten, in die wir aufgrund der Erlösung eingeführt werden, unter der sicheren Leitung des Geistes Christi.
Wie vielmehr werden wir durch Ihn errettet vor den kommenden Zorngerichten, von welchen die Offenbarung spricht! Während wir jetzt Gnadengerichte haben, kommen dann Zorngerichte.
Vers 10: „Wenn wir, da wir noch Feinde waren, mit Gott versöhnt worden sind durch den Tod Seines Sohnes, wie vielmehr werden wir gerettet werden durch Sein Leben, so wir nun versöhnt sind!“ Gebe Gott, dass auch du, lieber Leser, ein mit Gott Versöhnter bist, und sollte das nicht der Fall sein, so hast du keine Entschuldigung, wenn du länger in deinem Jammer stecken bleibst. Es ist alles vollbracht, was jeden Sünder zurückbringen kann bis zu Gott, durch das Blut Jesu Christi, das ihn für Zeit und Ewigkeit wieder mit Gott verbinden kann.
Wie vielmehr jetzt, da wir versöhnt sind mit Seinem Leben,„ mit unseres Lebenswurzeln in Ihm eingepflanzt, so dass Er in uns lebt, nicht mehr ich und nicht mehr du! Jesus Christus lebt in uns, und lebt Er in uns, so stehen wir in Seinem Leben, eingepflanzt in Ihm. Wie sollten wir den nicht gerettet werden in dem Mass, indem unser Geistesauge sich schärft für alles, was in uns nicht mit dem Bilde Christi stimmt! Da braucht uns nicht bange zu sein. Wir werden dadurch nur angetrieben, uns tiefer einzusenken in Sein Leben. Dadurch dass wir, was wir leben, tiefer im Glauben leben, senken sich die Wurzeln Seines Lebens tiefer in uns ein, und wird Sein Leben Herr und Meister über alles was von unserem natürlichen, schmutzigen Dasein noch eingeschmuggelt hat in unser Leben und dort noch seine Existenz behauptet oder wenigstens hinschleppt.
Als Versöhnte werden wir wieder mit Gott verbunden und Gott näher gebracht, als wir Ihm vorher gewesen sind - in Seinem Leben gerettet. Das geschieht aber nur dadurch, dass wir tiefer in Sein Leben eindringen. Paulus konnte sagen: „Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir,“ und was ich noch lebe im Leibesleben, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der sich selbst für mich gegeben hat und der mich - Vers 10 - in Sein Leben hineingerettet hat.“ Bergung und Deckung gegen Wiederkehr der alten Sünde haben wir nicht durch die Vergebung an sich, sondern weil uns Gott mit der Sündenvergebung näher zu sich zieht, tiefer hinein in Seine Gnade und Seine Gemeinschaft. Der Mensch kehrt durch Aufrichtung vom Fall nicht in den früheren Staub zurück, sondern er kommt Gott näher als vorher. So meint es Gott, und so müssen wir Gott verstehen, sonst kommen wir moralisch herunter, werden sittlich gesunkenen Leute, die sich daran gewöhnen, dass dieselben Dinge immer wiederkehren. Das ist nicht wirkliche Reinigung und ist nicht nach Gottes Sinn.
VI. Die Gnade ist mächtiger als die Sünde
Vers 11 fährt der Apostel fort: „Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch Gottes durch unseren Herrn Jesus Christus, durch welchen wir nun die Versöhnung empfangen haben.“ Durch den Sohn bis zum Vater gebracht. So nahe und eng wieder mit dem Vater verbunden, dass wir uns in Gott rühmen dürfen, können und sollen, immer durch die Vermittlung Jesu Christi unseres Heilandes, durch den wir die Versöhnung erlangt haben, die Wiederverbindung mit Gott und damit Zugang zum Gnadenthron, zu der Arbeit des heiligen Geistes, die sofort beginnt, sobald jemand in die Versöhnung eingeht. Der heilige Geist richtet jetzt Sein Zelt in uns auf und bringt uns in immer tiefere Verbindung mit unserem Herrn Jesu Christo und damit mit Gott, den Vater selbst. Also wie gesagt die Versöhnung, von der hier die Rede ist, ist wirkliches Aufstehen vom Fall, eine Sündentilgung, die uns der Macht der Sünde in uns und um uns ferner rückt. Je treuer und einfältiger wir wandeln, desto mehr verliert die Sünde Macht über uns und die Gnade gewinnt Raum.
Vers 12: „Derhalben wie durch einen Menschen die Sünde gekommen ist in die Welt und der Tod durch die Sünde, und ist also der Tod zu allen Menschen hindurch gedrungen, dieweil sie alle gesündigt haben…,“ weil sie eben schon eine Sündennatur mit auf die Welt gebracht haben. Das sieht man schon an den ganz kleinen Kindern. Wir teilen ihnen unsere sündige Natur mit, die wir durch unsere Abstammung vom ersten Adam ererbt haben. Aber höher als die vom ersten Adam ererbte Natur ist die durch die Wiedergeburt vom zweiten Adam ererbte.
Wir bringen die Sünde schon mit auf die Welt durch die Abstammung und können uns nicht von unseren Stammeltern trennen und sagen: wenn ich an ihrer Stelle gewesen wäre, hätte ich nicht gesündigt. Wir haben uns zu beugen, dass wir als sündiges Geschlecht überhaupt geduldet und getragen werden und wissen ja, dass hinter dem Fall schon die Gnade, das Erbarmen steht. Der Sohn Gottes stund vor Seinem Vater, bereit ins Mittel zu treten. In Ihm ist alles geschaffen; Er trägt alles und tritt für alles ein als Mittler und Versöhner. Er ist Mensch geworden, um sich unter die Schuld der Menschheit zu stellen, sie zu tragen und zu sühnen. Er ist einerseits Mensch wie wir, andererseits doch wiederum das Haupt der Menschheit in dem alles geschaffen ist und in dem sich jeder einzelne Mensch wieder findet.
„Sie haben alle gesündigt,“ und wir haben alle zu dem traurigen Erbe, das wir von unseren Eltern übernommen haben, das unsrige hinzu getan und haben uns deshalb zu beugen.
Vers 13 und 14: „Denn die Sünde war wohl in der Welt bis auf das Gesetz, aber wo kein Gesetz ist, wird die Sünde nicht zugerechnet; dennoch herrschte der Tod über alle bis auf Mose, auch über die, welche nicht gesündigt haben mit der gleichen Übertretung wie Adam, welcher ist ein Bild des, der zukünftig war,“ das heisst wir haben die Sünde schon mit auf die Welt gebracht, während Adam und Eva die Sünde auf der Welt eingeführt haben durch ihren Ungehorsam. Es verhält sich nicht so mit dem Fehltritt wie mit dem Gnadengeschenk. Das Gnadengeschenk geht weiter als der Fehltritt. Alle haben persönlich gesündigt, haben wir gesagt. Jedes Geschlecht liefert seinen Beitrag zu der Masse der angehäuften Schuld und diese wächst an, bis die Menschheit reif ist zum Gericht. Keiner kann sich dem Tode entziehen, bis Jesus kommt und die Seinigen hinauf nimmt. Die Sünde war schon in der Welt vor dem Gesetz, wie wir gesehen haben, Vers 13, aber die Menschheit hatte nicht die gleiche Schuld und Verantwortung wie Israel sie nach der Gesetzgebung hatte. Das Gesetz das Gott in die Herzen der Menschen geschrieben, Das Gewissen ist eine unsichere Stimme, eine Stimme, die immer schwächer wird, wenn man ihr nicht gehorcht und durch die man auch in Unklarheit geraten kann, wenn man nicht vom Worte Gottes erleuchtet ist. Da kann es Verdunkelungen des Gewissens geben, ein sich werfen auf Nebensächliches, eine ungesunde Ängstlichkeit und eine Unklarheit. Aus dem allem wird man nur heraus gerettet, indem man sich ganz unter Christus stellt; denn das Gewissen kann irre gehn, aber das Wort Gottes ist untrüglich und in ihm findet sich schliesslich auch das krankhafte Gewissen wieder zurecht. Dann müssen wir uns aber auch stramm halten an das ganze geschriebene Wort Gottes.
Unsere Leuchte unser Licht ist Christus, das fleischgewordene Wort und die heilige Schrift, das geschriebene Wort. Wer darin steht und wandelt, kann nicht irren.
Adam ist mit der Sünde aus dem Stand der Unschuld herausgetreten, während wir die Anlage zur Sünde schon mit auf die Welt bringen als Kinder eines gefallenen Geschlechts. Der erste Adam ist ein Vorbild des zweiten Adam und dieser zweite Adam rettet uns heraus aus der Erbschaft des ersten. Da werden wir dann Miterben Christi. Wir haben in Ihm eine Zuflucht gegen die Sünde und können durch Ihn überwinden.
Vers 15ff.: „Es ist aber mit der Gnadengabe nicht wie mit der Übertretung. Denn so an eines Sünde viele gestorben sind, so ist vielmehr Gottes Gnade vielen reichlich durch die Gnade des einen Menschen Jesus Christus.“ Wo die Sünde mächtig - überströmend - geworden, ist sie noch in ganz anderer Weise überströmend geworden zu allen, die sich unter diese Gnade stellen. Was die Erbschaft des ersten Adam betrifft, werden wir in dieselbe hineingeführt durch die natürliche Geburt, in das Erbe des zweiten Adam hingegen durch die Wiedergeburt. Was wir da bekommen, überwiegt weit das, was wir durch die erste Geburt auf die Welt mitgebracht haben. Es kommt darum alles darauf an, dass wir uns unter die Gnade stellen. Unsere Versuche, uns zu ändern, führen zu keinem anderen Ziele, als das wir uns unserer Unfähigkeit bewusst werden und für die Gnade reifen. Kann der Herr dann aber in uns wirken durch Seine Gnade, so geht es von Sieg zu Sieg, vielleicht langsam aber sicher.
„Wo die Sünde mächtig geworden ist, ist die Gnade noch viel mächtiger geworden,“ und sind durch die Sünde, die der Teufel in die Menschheit eingeführt hat, dem Herrn neue Wege gebahnt worden, Seine Gnade zu offenbaren. Der Teufel verrechnet sich, wenn wir lernen, uns der Gnade anzuvertrauen und in dieser Kraft mit allem zu Gott zurück zukehren. Die in Jesu allen geschenkte Gnade führt zur Rechtfertigung. Er hat die Sünde auf sich genommen, getilgt. Wir werden aus Gnaden gerechtfertigt, wenn wir uns stützen auf unseren Heiland und daran appellieren, dass Er das Gericht für uns getragen und, uns im Glauben an Ihn zusammenschliessend, Glieder Seines Leibes werden. Vom Haupte strömt dann den Gliedern alles zu, was sie bedürfen. Sie stehen unter dem Schutze des Hauptes und werden Seiner Herrlichkeit teilhaftig. Es ist Gnade und Herrlichkeit, in der Lebensverbindung mit Ihm, Macht zu haben, über unsere Charaktere, Stimmungen, Eindrücke. Über alles, was Gott nicht wohlgefällig ist, haben wir Macht und Befreiung in der Gnade Christi. Es geht durch Gnade zur Herrschaft. Die Gnade macht Herrschende aus uns. Wir waren gebunden, konnten uns nicht frei machen, konnten nicht fertig werden mit uns selbst, konnten unsere guten Vorsätze nicht durchführen, fielen immer wieder der Knechtschaft unserer Leidenschaften, der Kreaturenliebe, dem fleischlichen Wesen anheim. Jetzt haben wir Macht in dem Herrn und in Seiner Erlösung. Er gibt und Macht zu herrschen im Leben durch Ihn, durch den Einen, Jesum Christum.
Um aber im Leben herrschen zu können, müssen wir vor allem über uns selbst herrschen. Das Leben mit allem, was es gibt und nimmt, hat keine Macht mehr über uns, wenn wir einmal Jesus Christus angenommen haben. „Alles ist euer - Leben oder Tod - aber ihr seid Christi.“
Es ist alles unser, es muss uns alles dienen dadurch, dass wir in Lebensverbindung mit dem Haupte kommen.
Vers 18ff.: „Wie nun durch eines Sünde die Verdammnis über alle Menschen gekommen ist, also ist auch durch des einen Gerechtigkeit die Rechtfertigung des Lebens über alles Menschen gekommen.“ Die Nachkommen Adams bringen die gefallene Natur, die Neigung zur Sünde mit auf die Welt, eine befleckte Natur, aber gerade so treten wir umgekehrt durch die Lebensverbindung mit Christo, durch Lebenszusammenhang mit Ihm in Seine Nachkommenschaft. Wir sind Sein Same. Als aus dem Geiste Gezeugte haben wir nun göttliche Natur in uns, und es kommt nun darauf an, dass diese göttliche Natur durchbricht, wo die alte Natur noch nicht abgestorben ist und sich noch geltend machen möchte. Wir werden der göttlichen Natur teilhaftig dadurch, dass wir uns enger mit Christus zusammenschliessen durch den Glauben, wie wir mit unseren leiblichen Eltern zusammengeschlossen sein konnten. Dieser göttlichen Natur werden wir jetzt teilhaftig durch die Wiedergeburt, indem wir uns im Glauben mit Christus zusammenschliessen. „Er ist uns gemacht von Gott zur Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung.“
Vers 20: „Das Gesetz aber ist neben eingeschlichen, auf dass die Sünde mächtiger wurde, mächtiger würde…“ Das Gesetz ist zu des Herrn Stunde in der Entwicklung der Menschheit hereingekommen. Es hatte eine erzieherische Aufgabe an der Menschheit. Es konnte die Gefallenen nicht zurecht bringen, denn es scheiterte am Widerstand des Fleisches. Da musste zuerst ein anderer in unser Fleisch kommen, da musste Gottes eingeborener Sohn Fleisch werden, Mittler zwischen Gott und Menschen und durch Seine Menschwerdung so organisch mit der Menschheit verbunden werden, dass wir durch Ihn der göttlichen Natur teilhaftig werden durch Vermittlung des Geistes. So ist denn gerade das Vollwerden des Masses der Sünde der Weg geworden, um der Gnade Raum zu machen. Gerade als die Sünde durch die Verwerfung Jesu Christi ihren Höhepunkt erreichte hatte, gerade als die Menschheit durch die Ausgeburt der Hölle ihren Erlöser verworfen hatte, wurde das Heil vollendet. Das sind Dinge der Anbetung und Danksagung.
Vers 21: „Auf dass, gleich wie die Sünde geherrscht hatte zum Tode, also auch herrsche die Gnade durch die Gerechtigkeit zum ewigen Leben durch Jesum Christum, unserem Herrn.“ Da sind nun Gnade und Gerechtigkeit beieinander. Sie küssen sich, wie die Schrift einmal sagt. Die Gnade konnte nur dadurch zur Herrschaft gelangen, dass alle Gerechtigkeit in Christo erfüllt wurde. Dadurch dass Er, der Vertreter der Menschheit geworden ist und als Solcher am Kreuzes Sühnung getan hat, hat Er den Heiligem Geist und dem freien Walten der Gnade Raum gemacht. Wer nun Jesum Christum im Glauben ergreift und sich an Ihn hält, dem gibt Gott Seinen Geist und der kann eben durch den heiligen Geist fortan Gott wohlgefällig leben, heilig uns unsträflich. Und wo dieses Leben eine Unterbrechung erleidet, da ist nicht alles vorbei, sondern da gibt es Vergebung und Reinigung und engeren Zusammenschluss mit dem Haupte als je zuvor. Wenn wir frei werden wollen, muss die Sünde nicht nur vergeben, sondern auch getilgt werden und einer engeren Verbindung mit Christum Platz machen, damit wir nicht von einer Sünde zu der anderen fallen, ins Verderben und sittlichen Ruin, sondern damit jede Sünde dahinführe, dass wir nichts mehr von uns selbst erwarten, sondern alles von Ihm. So wird den jeder Fall eine treibende Macht, dem Herrn näher zu kommen - wo der Glaubensgehorsam die bestimmende Macht und die fortwährende Triebfeder ist, wo der Herr durch Seinen Geist das immer tiefere Bedürfnis in uns pflanzt, Ihn nicht mehr zu betrüben, sondern Ihm Frucht zu bringen in Neuheit des Lebens, auf den Tag Seiner Ankunft.