Pistorius, Hermann Alexander - Frau Argula von Grumbach ... - Vorrede.

Pistorius, Hermann Alexander - Frau Argula von Grumbach ... - Vorrede.

Die Geschichte des Reiches Gottes auf Erden bietet uns viele Beispiele von Frauen und Jungfrauen dar, welche, stark im Glauben durch den HErrn, auch öffentlich für den HErrn ein herrliches Zeugnis abgelegt, und allerlei Elend, Kerker und Todesqualen standhaft und freudigen Mutes für Jesum Christum erduldet haben. Wer kennt nicht die Namen einer Potamiana, Vivia Perpetua, Blandina und Anderer hohen und niederen Standes aus den Zeiten des Altertums, und wer kann ihre Martergeschichten lesen, ohne nicht aufs Tiefste davon ergriffen zu werden? Aus den Zeiten der Reformation will ich nur an Elisabeth, die Gemahlin des Churfürsten Joachim von Brandenburg erinnern, welche sich mit Gefahr ihres Lebens zum Evangelium bekannte, und das Wort Gottes einem Throne vorzog. Und was für christliche Heldentaten können wir nicht jetzt von den Frauen der Missionare und den Märtyrern auf Madagaskar und in allen Teilen der Erde lesen!

Mit großer Vorliebe habe ich von jeher solche Geschichten von christlichen Frauen gelesen, und mich allezeit sehr daran erbaut. Der Trost des HErrn, dass seine Kraft in den Schwachen mächtig sei, dessen wir allezeit so sehr bedürfen, dringt uns viel tiefer in das Herz, wenn er uns in solchen lieblichen Gestalten wie verkörpert vor die Augen tritt, und die durch die Hand des Zeugentodes von blühenden Wangen weggepflückten Rosen hauchen, wie Blüten aus jener Welt, kräftige Auferstehungsdüste in unsere Seele. Frauentränen haben schon über natürliche Menschen große Gewalt; wenn sie aber aus solcher Frauen Augen fließen, die um Christi willen dahinschmachten und im Tode brechen, so sind sie kräftig, erquickend und fruchtbar, wie der Tau, der aus wolkenlosem Abendhimmel herabsinkt und einen köstlichen Morgen verkündet.

Darum habe ich auch die Geschichte der Frau Argula von Grumbach mit großer Liebe und Freude bearbeitet, und bin gewiss, dass Vielen damit ein lieber Dienst geschehen ist. Es ist diese Geschichte doppelt interessant, weil wir von dieser edlen Frau auch noch schriftliche Denkmale besitzen, die uns einen tiefen Blick in ihr frommes Gemüt tun lassen, und es wohl wert sind, dass sie der Vergessenheit wieder entzogen werden. Ich habe den Text davon hier so mitgeteilt, wie ihn M. Georg Konrad Rieger, Pastor zu St. Leonhard in Stuttgart, im Jahre 1737 aus Rabus Märtyrerbuch wiedergegeben hat, nur mit dem Unterschiede, dass ich ihn in ein für unsere Zeiten verständliches Deutsch umgearbeitet habe, ohne jedoch die altertümliche Farbe desselben gänzlich zu verwischen. Auf dieselbe Weise habe ich die hier beigefügte Schrift Luthers umgearbeitet, ausgenommen im 2. und 12. Artikel des Arsatius, wo es der Bemerkungen Luthers wegen nicht wohl anging. Auch sind die beiden Episteln in Versen in ihrem altertümlichen Kleide geblieben, weil sie sonst an ihrer Ursprünglichkeit zu viel verloren haben würden. Da habe ich nur erklärende Anmerkungen in Klammern gleich in den Text eingeschoben1); wem ich darin zu viel getan zu haben scheine, der wolle es gütigst damit entschuldigen, dass ich die Schrift jedermann verständlich machen, und daher lieber zu viel, als zu wenig erklären wollte. - In Beziehung auf die angeführten Stellen der Schrift habe ich noch zu bemerken, dass ich in den Fällen, wo ein Spruch wörtlich angeführt war, die Zahl des Verses in eckigen Klammern beigefügt, auch die Textesworte so gegeben habe, wie sie in unseren jetzigen Bibeln stehen. Wo ein Spruch nur dem Sinne nach angeführt war, habe ich nur das, was mir zum Verständnisse notwendig erschien, nach dem Texte unserer Bibeln geändert. Wo Argulas Bibelübersetzung von der unsrigen abweicht, habe ich, wo es nötig war, weil sie im Folgenden darauf Bezug nahm, wie z. B. in Psalm 12, 6, die alte Übersetzung stehen lassen. - Die literarischen Nachrichten verdanke ich M. Riegers Fleiß. Mir standen nicht so viel Hilfsmittel zu Gebote.

Der Engländer D. Daniel Waterland hat im Jahre 1719 in einer Predigt gesagt: Wenn sich alle Frauen in England öffentlich wider die Irrlehrer erklärten, welche die Gottheit Christi verleugneten, so würden sie ihnen ungemeinen Schaden tun; ja, es sei keine Lehre, welche einen allgemeinen Angriff des weiblichen Geschlechtes aushalten könnte. Es wäre der Mühe wert, wenn unsere deutschen Frauen jetzt einmal den Versuch hiervon machten, und sich allgemein wider die überhand nehmende Unchristlichkeit und Vernunftschwärmerei erklärten. Da müssten sie freilich selbst erst alle vom Worte Gottes ergriffen und durchdrungen sein, und sich von Christo, ihrem HErrn, im Gebete den Mut zu einem solchen Angriffe erbitten. Aber wahrlich, es wäre ein herrlicher Krieg, und brächte statt leerer Schmeicheleien, abgöttischer Dienste und armseligen Schmuckes unvergängliche Kronen, treue Liebe und wahren Ruhm bei Gott und Menschen ein! Doch wenn es nicht alle gemeinschaftlich tun wollen, so tue es jede für sich allein, welche der Geist Gottes dazu treibt!

Und wenn Gott durch den Geist seiner heldenmütigen Argula, der hier von Neuem zeugend und mahnend auftritt, solchen christlichen Heldenmut in irgend einem weiblichen Herzen anzünden oder stärken wollte, so wäre das mein schönster Lohn, und ich würde ihm ewig dafür danken durch Jesum Christum, meinen HErrn. Dem sei auch allein und allezeit und für Alles der Dank und die Ehre! Amen.

Süptingen,

am Abend vor dem Reformationstage, den 30. Oktober 1844.

Pistorius.

1)
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