Krummacher, Emil-Wilhelm - Tägliche Herzensweide aus Luther's Werken - Dezember
Am 1. December.
Ich thue Barmherzigkeit an vielen Tausend, die mich lieben und meine Gebote halten rc. Er verheißet den Juden leibliche Wohlthat. Er will es aber also verstanden haben, daß Er sie an sich will binden; als wollte Er sagen: Wenn du gleich Nichts im Kasten, im Keller oder im Beutel hast, so sollst du es doch bei mir haben. Warum? Ich bin der Herr, dein Gott. Bin ich dein Gott, so kann ich dir geben ohn allen Vorrath; meine Hand ist nicht verkürzet, 4 M. 11, 23. Jes. 50, 2. Etliche haben ihren Schatz an Geld und Gut; Etliche an mir alleine. Was ist daran gelegen, du habest an Geld oder Gut Vorrath, oder nicht; es ist dir ja bei mir so gewiß, und wohl gewisser, denn wenn du ihn liegen hattest auf einem Haufen. Denn der Vorrath, den du bei dir hast, der kann verbrennen, versaufen, gestohlen, oder von Motten und Würmern gefressen werden und umkommen. Aber bei mir bleibet er gewiß, und ob du gleich Nichts hast, so bist du dennoch reich und versorget, denn du hast mich und in mir alle Dinge. Wiederum ein Gottloser hat Nichts; und ob er gleich vor Augen reich ist, so hat er doch Mangel, hat Unglück gar genug; und wiewohl er Alles im Vorrath mehr, denn zuviel hat, so ist er dennoch armer, denn arm. Denn was schadet Lazaro seine Armuth? Was nützet dem reichen Mann sein großer Reichthum? Luc. 16, 24. 25. Darum ist Niemand reich, er heiße Kaiser oder Papst rc., denn wer in Gott reich ist, Luc. 12, 21.
Am 2. December.
Es ist nütze und gut, daß man diese Dinge denen Menschen zum öftermal vorhalte und einblaue, von deren wegen, entweder, die solche Anfechtung selber erfahren, oder Andere, so darinnen stecken, trösten sollen, nachdem in der Schrift geboten ist, man solle die Kleinmüthigen trösten, ein glimmend Docht nicht auslöschen, sondern wiederum aufblasen. Der heilige Geist weiß wohl, daß der Satan vielfältig gerüstet ist, und alle Stunden sich befleißiget, uns mit solchen Gedanken der Verzweiflung und Lästerung anzugreifen; darum vermahnet und reizet er allenthalben, daß die Christen mit göttlicher Autorität einer den andern lehren und aufrichten soll. Derohalben soll auch unter uns kein Fleiß und Mühe gesparet werden, daß du mich und ich dich aus Gottes Gebot, wenn wir in Kampf und Gefahr stehen, tröste, daß du mir gläubest, und ich wiederum dir, wenn ich in gleicher Gefährlichkeit wandle. Ich bin wohl ein Doctor, es bekennen auch ihrer Viele, daß sie durch mich in der heiligen Schrift nicht wenig gefördert sind; das ist mir aber oft widerfahren, daß ich empfunden habe, daß mich eines Bruders einiges Wort, geholfen und aufgerichtet hat, der doch sich mir in keinem Weg gleichmäßig geachtet hat. Denn es ist groß, wichtig und viel gelegen am Wort eines Bruders, das zur Zeit der Noth und Gefährlichkeit aus heiliger Schrift verkündigt und gesprochen wird. Denn die heilige Schrift hat mit sich einen unabscheidlichen Gefährten, den heiligen Geist, der in mancherlei Weise die Herzen durchs Wort beweget und aufrichtet. Also haben Timotheus, Titus, Epaphroditus St. Pallium getröstet, dergleichen die Brüder, so von Rom ihm entgegen zogen, ob er gleich viel gelehrter, denn sie, und geübter im Worte Gottes war. Denn es haben die größten Heiligen auch ihre Zeit, in der sie schwach sind, die Andern aber starker.
Am 3. December.
Im Gewissen gehet es so zu: Wenn Gott mit seiner Gnade kommt, Vergebung der Sünden und ewiges Leben lauter umsonst, durch Christum verheißet, da wird die Gnade so groß, daß man denkt, es sei gar zu viel, und dürfen es uns nicht annehmen. Das kann man wohl glauben, daß Gott gnädig und barmherzig sei; aber daß er uns so überaus wolle gnädig sein, das will schlecht ins Herz. Jedermann denkt: Wenn ich so rein und fromm wäre, wie die Jungfrau Maria, St. Peter, St. Paul, so wollte ich mich mit Gnaden trösten und annehmen; aber ich bin ein Sünder, bin der Gnade nicht werth, sondern der Ungnade und des Zorns. Da schlagt denn der Teufel auch zu, und blaset die Sünde im Herzen dermaßen auf, daß du Nichts kannst sehen, denn deine Unwürdigkeit, und mußt also von der großen überschwenglichen Gnade erschrecken. Dieß ist eine geistliche Anfechtung, da rohe Leute, wie wir gemeiniglich Alle sind, Nichts von wissen, die man lernet allein in der Erfahrung, und sonst nirgend. Darum gehet der Theil Menschen dahin, daß sie weder an ihre Sünden, noch Gottes Gnade denken. Aber die rechten Christen erschrecken davor, und dünkt sie immerdar, es sei zu viel, daß Gott um ihretwillen das thun solle. Was bin ich, denken sie, bin ichs doch nicht werth, daß Gott mir selbst gnädig sei.
Am 4. December.
Ein rechter Theologus sieht nicht schlecht die bloßen Werke an, sondern sieht auf die Person und das Herz, welches, so es gläubig ist, schließt er, daß Alles, was es im Glauben thut, ob es wohl dem Schein nach gering anzusehen ist, als diese natürliche Dinge sind: Essen, Trinken rc., womit man, wie es scheint, keinen Glauben, noch Gottesdienst üben kann, gleichwohl heilige und Gott wohlgefällige Werke sind. Denn obwohl alle Frommen und Gottesfürchtigen gewisse Zeit haben, darin sie beten, Gottes Wort und heilige Dinge betrachten, die Ihrigen lehren und unterrichten in der Religion, so bleiben sie doch auch, wenn sie solches zu thun unterlassen, und entweder ihr Haus und Nahrung bestellen oder ihres Berufes warten, in einem guten Stande, und haben vor Gott diesen Ruhm, daß auch dieselben äußerlichen und weltlichen Werke, damit auch die Heiden, wie es scheint, umgehen, eitel Gottesdienst und gefälliger Gehorsam gegen Gott sind. Daher soll Jeder in seinem Berufe den Trost haben und wissen, daß man auch äußerliche Liebeswerke, daß ich so rede, thun möge, und nicht immerdar mit geistlichen Werken, wie die Mönche lehrten, umgehen soll; denn man muß dem Leibe auch seine Zeit lassen, daß er ruhe, und sein pflegen mit Essen, Trinken rc. Ob aber gleich solche Werke keinen Schein der Heiligen haben, so bleibst du doch in einem guten Stande, wenn du sie thust; denn wir sehen, daß Gott solche unansehnliche und geringe Werke nicht verwirft, sondern achtet sie werth, daß sie in sein Buch mögen geschrieben werden. Denn was die Gläubigen thun, ob es gleich ein frei Werk ist, so ist es doch Gott angenehm um des Glaubens willen. So es nun ein solches Werk ist, das Gott geboten hat, so hast du desto weniger zu zweifeln, daß ihm Gott den Gehorsam gefallen laßt.
Am 5. December.
Wenn das gottlose Wesen und weltliche Begierden waren an des Hauses Wand gemalt, so möchtest du daraus laufen; oder waren in den rothen Rock gestickt, so möchtest du ihn aus und einen grauen anthun, oder wüchsen dir in den Haaren, so möchtest du dich lassen bescheren, oder waren ins Brod gebacken, so möchtest du Wurzel dafür essen. Nun sie aber in deinem Herzen stecken, und dich durch und durch besitzen, wo willt du hin laufen, dahin du sie nicht mitnehmest? Was willt du anthun, daß du nicht unterbleibest? Was willt du essen und trinken, daß du nicht beiseist? Kürzlich was willt du thun, daß du nicht selbst seist, wie du an dir selbst bist? Lieber Mensch, die größte Reizung ist in dir und mußt vor dir selbst am ersten laufen und fliehen, wie Jacobus sagt: Ein jeglicher sündiget, von seinen selbst Begierden dazu gereizet und verführet. So lesen wir von einem Altvater, der möcht im Kloster nicht bleiben für Unleiden der Reizungen, gedacht in der Wüsten mit Frieden zu dienen. Da er nun drin war, siel ihm einmal sein Wasserkrüglein um, er richtet's wieder auf, es fiel aber um, da ward er zornig und zerwarf den Krug auf einzelne Stücken; da schlug er in sich selbst, siehe, sprach er, ich kann mit mir alleine nicht Frieden haben, nun sehe ich, daß in mir der Gebrechen ist, und ging wieder ins Kloster, hob sich in Leiden der Reizung und lernte hinfort nicht mit Fliehen, sondern mit Absagung die weltlichen Begierden dämpfen.
Am 6. December.
Gott ist ein reicher Geber, der uns aus herzlicher großer Liebe gibt. Was gibt er nun? Nicht große Königreiche, nicht eine oder mehr Welt voll Silber und Gold, nicht Himmel und Erde, mit Allem, was darin ist, nicht die ganze Creatur: sondern seinen Sohn, der so groß ist, als er selbst, das ist, ein ewig, unbegreiflich Geschenk; gleichwie auch der Geber und seine Liebe unbegreiflich sind; daß da der Brunn und Quell ist aller Gnaden, Güte und Wohlthat, ja, die Besitzung und Eigenthum ewiger Güter und Schätze Gottes. Das heißt eine Liebe, nicht mit Worten, sondern mit der That und in dem höchsten Grad, mit dem theuersten Gut und Werk beweiset, das Gott selbst hat und vermag. Was soll oder kann er mehr thun und geben? denn weil er den Sohn gibt, was behalt er, das er nicht gebe? Ja, er gibt damit sich selbst ganz und gar, wie Paulus Röm. 8, 32. sagt: So er seines eingebornen Sohns nicht verschont hat, wie sollte er nicht mit ihm Alles gegeben haben? Es muß freilich wohl Alles mit diesem gegeben sein, der da ist sein eingeborner liebster Sohn, der Erbe und Herr aller Creaturen; und alle Creaturen uns unterworfen sind, Engel, Teufel, Tod, Leben, Himmel und Erde, Sünde, Gerechtigkeit, Gegenwärtiges und Zukünftiges, wie abermal St. Paulus 1 Kor. 3, 22. 23. sagt: Alles ist euer; ihr aber seid Christi; Christus aber ist Gottes; denn in diesem Sohn ist es Alles und Alles.
Am 7. December.
Vernunft ist auch ein Licht, und ein schönes Licht. Aber den Weg und Fuß, der da soll aus den Sünden und aus dem Tode gehen, zur Gerechtigkeit und zum Leben, kann es nicht weisen noch treffen, sondern bleibet in Finsterniß. Gleichwie unsere Unschlitt- und Wachslichter nicht erleuchten den Himmel, auch die Erde nicht, sondern die engen Winkel in Häusern; die Sonne aber beleuchtet Himmel, Erde und Alles. Also ist Gottes Wort auch die rechte Sonne, die uns den ewigen Tag gibt zu leben und fröhlich zu sein. Solch Wort ist gar reichlich und lieblich im Psalter gegeben. Wohl dem, der Lust dazu hat und solch Licht gerne sieht; denn es scheinet gerne. Aber Maulwürfe und Feldmäuse haben es nicht gerne, das ist, die Welt. Wer auch ein ander Licht suchet, denn Gottes Wort, der findet gewiß eitel Irrwische, bei welchen viel gefährlicher gehen ist, weder in der Finsterniß selbst. Denn solch falsch Licht ist zweifältig Finsterniß, weil es nicht allein irre führet in der Finsterniß, sondern lasset sich kein Licht weisen, ja, will selbst Licht sein. Darum ist seiner Finsterniß nicht zu helfen. Viel besser ist es, schlecht finster zu sein; da kann man doch helfen und zum Licht weisen.
Am 8. December.
Der Feind ist da, und zwar ein solcher Feind, der sehr zahlreich, groß, sehr mächtig und unermüdet ist, und, daß ich desselben Menge, Größe, Stärke und Hartnackigkeit geschweige, wir können nicht einen einfachen Anfall desselben aushalten, wo der Herr nicht unsere Stärke ist, weil wir auch ohne des Feindes Anfall von uns selbsten zu allem Bösen geneigt sind. Was wird aber für eine Kunst dazu erfordert, wenn wir es dahin bringen wollen, daß bei dieser Menge, Größe, Macht und Hartnäckigkeit der Feinde, der Herr unsere Stärke, unsere Burg, unsere Zuflucht, unser Erretter, unser Helfer sein möge? Also wird es geschehen, wenn du den Herrn anrufen wirst. Denn durch dieses mit seinem Lobe verbundene Anrufen wirst du von allen deinen Feinden errettet werden; wie Paulus zu Röm. 10,13., aus dem Joel, 3 Capitel Vers 5 anziehet: wer den Namen des Herrn anrufen wird, der soll selig werden; und wie es Sprüchw. 18,10 heißt. Der Name des Herrn ist ein vester Thurm; der Gerechte läuft dahin, und wird beschirmt. Gewiß, diese Lehre ist in Trübsal die alleredelste und ganz gülden, das ist der beste Rath, durch welchen wir aus allem Unglück können herausgerissen werden, wenn wir in Trübsalen Gott können rechtfertigen, sagen und preisen wie uns hierin die drei Männer, so in den Feuerofen zu Babel geworfen wurden, ein herrliches Exempel gegeben hatten, Dan. 3,19. ff., und daß wir mit Daniel, Kap. 9,7. sagen: Herr, du bist gerecht, wir aber müssen uns schämen, wie es denn jetzt gehet. Man kann nicht glauben, was dergleichen Lob Gottes vor ein kräftiges Mittel bei zugestoßener Gefahr sei. Denn sobald du anfangen wirst, Gott zu loben, sobald wird das Uebel gemildert, der getroste Muth wachset und es folget die Anrufung Gottes mit Zuversicht. Derowegen haben sich alle rechtschaffene Knechte Gottes wohl vorzusehen, daß sie sich nicht unterfangen, auf eine andere Weise und auf eine andere Ordnung sich im Unglück zu trösten, oder das Uebel zu überwinden, als in diesem Verse vorgeschrieben ist; man soll den Herrn nicht zuerst anrufen, sondern zuerst loben. Denn es gibt Leute, die da schreien zum Herrn und werden nicht erhört, wie im 18. Psalm steht, V. 42: Sie rufen; aber da ist kein Helfer; zum Herrn; aber er antwortet ihnen nicht; warum das? Weil sie, wenn sie zum Herrn geschrieen, ihn nicht gelobet, sondern auf ihn unwillig gewesen; sie haben sich nicht den Herrn vorgestellt! wie süße er ist, sondern nur auf ihre Bitterkeit gesehen. Niemand aber wird vom Bösen befreiet dadurch, wenn er nur auf seine Uebel siehet und vor denselben erschrecket; sondern dadurch, wenn er dieselben überwindet und an dem Herrn hanget, und auf dessen Güte siehet. Wie wir bei Erklärung des 16. Ps. V. 8 gesehen haben, da es hieß: Ich habe den Herrn allezeit vor Augen, denn er ist mir zur Rechten, darum werde ich nicht bewegt werden. O gewiß ein schwerer Rath! und das ist was Seltsames, mitten in dem Unglück sich Gott süße und lobenswerth einbilden, und Ihn, wenn er sich von uns entfernt hat und unbegreiflich ist, starker ansehen, als unser gegenwärtiges Unglück, das uns abhält, Ihn anzusehen. Ich kann die Annehmlichkeit und Kraft dieses schönen Verses, in welchem die Worte so geschickt und nachdrücklich gesetzt sind, nicht genugsam anpreisen. Diejenigen aber, welche nicht vom Lobe dieses Herrn den Anfang zum Ueberwinden machen, sondern sich nach Menschentrost umsehen, oder sich zu ihren Verdiensten kehren, oder sich mit der Hoffnung eines bessern, künftigen Lebens schmeicheln, die werden niemals überwinden, weil der Ausspruch fest steht: Wer den Herrn mit Lobe anruft, der wird von seinen Feinden errettet werden, und kein Anderer.
Am 9. December.
Die allerheiligsten Männer müssen greulichem Unglück unterworfen sein, und lasset sich die Vernunft bedünken, es werde das Reich Gottes dermaßen verwaltet, daß die Gottseligen und Gottlosen gleich geachtet werden, ja, daß die Gottlosen viel besser Glück haben, denn die Gottseligen. Warum lasset es aber Gott geschehen, daß der heilige Patriarche Jakob mit solchem Kreuze hat beschweret werden, gleich als ob er nicht heilig, und Gott angenehm und gefällig wäre? Antwort: Das ist um unsertwillen geschehen, auf daß wir lernen Geduld haben und uns trösten können in unserer Widerwärtigkeit, und das Maul zuzustopfen, wenn uns solches Unglück auch begegnen würde. Denn wir sind nicht besser, denn diese große Männer; darum sollen wir auch kein sonderlich Glück begehren, sondern sollen uns gewöhnen zu solcher Uebung und Prüfung des Glaubens, des Trostes und der Geduld; sintemal es Gott also Wohlgefallen hat, daß Er über den Schweiß des Angesichtes und die gewöhnlichen geistlichen Trübsale, auch solch ungewöhnlich und unerhörtes scheußlich Unglück über uns verhänget.
Am 10. December.
Was Gott segnet, ist mit der That und Werk gesegnet. Denn Er segnet nicht, wie die Leute, alleine mit Worten, da Nichts mehr nachfolget, sondern ist so ein lebendiger Segen, der alles Gut mitbringet. Es ist nicht ein Gruß allein, sondern ein Werk und geschäftig Ding, das bald von statten gehet. Die Frucht, so solchem Segen folget, ist, daß es Niemand wehren, noch hindern kann, wenn Gott segnet, so ist Reden und Thun Ein Ding, wie im 33. Ps. V. 9 stehet: Er saget, so stehet es da. Darum muß der Segen ausrichten, was Er redet, und thätig sein. Gehet es von Gott, so muß es treffen Sünde, Tod, Teufel und Hölle, so tief gehet sein Wort.
Am 11. December.
Gleichwie die Sonne, wenn sie aufgehet, so gar mit ihrem Licht die Welt füllet, daß man Mond und Sterne nicht mehr siehet, noch achtet, die doch des Nachts auch ihr Licht geben; also lasse man hier auch leuchten, was da kann, es heißen gelehrte, heilige Leute, auch Mosen, Propheten, Väter, und St. Johannen, den Taufer selbst, so sollen sie doch Alle Christo weichen, ja, Zeugniß geben, daß Er allein sei das Licht, von dem alle Menschen erleuchtet werden, und sie selbst auch desselben müssen theilhaftig werden, und in der Christenheit alles Licht, Weisheit und Lehre außer Christo aufhöre, oder allein in Ihm sich finden lasse. Deßgleichen soll auch der schöne Klang und die liebliche Musik des Evangelii von Christo also die Ohren einnehmen und füllen, daß man dafür auch kein anders nicht höre; gleich als eine große Glocke oder Heerpauke und Posaune die Luft so voll schallet und tönet, daß man nicht dafür höret, was man sonst redet, singet und schreiet; also, daß in allem unsern Leben und Thun allezeit dieß Wort die Oberhand habe im Herzen, durch den Glauben, und von keinem andern Trost, Gerechtigkeit und Heil wisse. Das wären wohl selige Augen und Ohren, die der seligen Zeit des Evangelii könnten also brauchen und erkennen, was ihnen darin Gott gegeben; denn solche Augen und Ohren halt Gott selbst für einen trefflichen, theuren Schatz und Heiligthum, mit aller Welt nicht zu bezahlen, wenn sie auch viel mehr und heller Licht und Sonne hätte.
Am 12. December.
Das Evangelium gibt allenthalben den Christen böse Tage im Kreuz, darum rüstet es uns auch nicht anders denn mit göttlichen Waffen, d. i. es lehret uns nicht, wie wir des Unglücks los werden und Frieden haben, sondern wie wir darunter bleiben und überwinden, daß es nicht durch unser Zuthun und Widerstehen abgewendet werde, sondern daß sichs an uns matt und müde arbeite, und so lang uns treibe, bis es nicht mehr kann, und von ihm selbst aufhöre und kraftlos abfalle, wie die Wellen auf dem Wasser am Rande sich stoßen und von ihnen selbst zurückfahren und verschwinden.
Am 13. December.
Was helfen uns die Werke, Kappen, Platten, der geistliche Stand? Wenn ich Blut schwitzte und mich zu Tode martere, so fället es doch dahin; wenn der Tod hertritt, so hält es die Furcht und Zorn Gottes nicht auf. Was ist es denn, daß ich mich lange und zu Tode martere , wenn ich nicht gebessert werde? Es hilft dazu Nichts, weder unser Wort noch Werk. Es muß es alleine Christus ausrichten, den ich für einen Bruder und Freund erkennen soll, und zu Gott sprechen: Herr, ich weiß Niemand, weder im Himmel, noch auf Erden, zu welchem ich eine tröstliche Zuflucht haben möchte, denn zu dir, durch Christum. Ich muß mich nackend ausziehen von allen Freuden, Werken und Verdienst. Herr, ich habe keine Zuflucht, denn zu deinem göttlichen Schoos, darinnen der Sohn sitzet. Wenn ich die Hoffnung nicht habe, so ist es verloren. Diesen Text hat man unter die Bank gesteckt. Hätte man ihn hervorgezogen, hatten wir gewußt, was der Mensch vor Gott vermöchte, und die Lehre von Werken und freiem Willen wäre nicht also eingerissen, die doch keinen Stich halten kann! Darum wage es der Teufel auf sie, und, so sie nicht Hilft, so es an das Treffen geht, so gebe Gott allen Pfaffen, Mönchen, Platten, Kappen, Werken, Verdiensten, allem guten Leben eine gute Nacht. Denn es muß ja ein ander und viel höher Ding sein, das mich zu Gott führet, denn eine lausige Kappe oder Platte. Kurzum, es muß ein solcher Muth und Herz da sein, das den Zorn Gottes, die Sünde, Tod, Teufel und Hölle nicht fürchte; und wo es sich schon dafür fürchtet und entsetzet, daß es doch endlich frei hindurch dringe. Einen solchen Muth vermag mir keine Kappe zu geben, es muß etwas Höheres und Besseres da sein, denn aller Mönche und Nonnen Verdienst und Werk.
Am 14. December.
„Dein König kommt zu dir sanftmüthig.“ Dieß Wort ist sonderlich zu merken und tröstet lieblich die sündlichen Gewissen; denn die Sünde machet natürlich ein furchtsam, flüchtig Gewissen, das sich vor Gott entsetzet und verbirget, wie Adam im Paradies that, und kann nicht leiden die Zukunft Gottes; sintemal es weiß und natürlich fühlet, daß Gott der Sünde feind ist und sie gräulich strafet; darum fleucht und erschrickt es, wo es Gott nur höret nennen; besorget sich, er schlage sobald mit der Keule drein. Daß nun solcher Wahn und Zag uns nicht jage, verheißet er uns hier tröstlich, daß dieser König komme sanftmüthig, als sollte er sagen: Fleuch nicht und zage nicht, er kommt jetzt nicht, wie er kam zu Adam. Kam, zur Sündfluth, zu Babylonien, zu Sodoma und Gomorra; auch nicht, wie er kam zum Volk Israel auf dem Berg Sinai; er kommt nicht im Zorn, will nicht mit dir rechnen, noch Schuld fordern; es ist aller Zorn abgelegt, eitel Sanfte und Güte ist da, er will einmal mit dir fahren, daß dein Herz Lust, Liebe und alle Zuversicht zu ihm haben soll; daß du hinfort ja so sehr und vielmehr dich zu ihm sollst halten und Zuflucht suchen, als du dich zuvor hast vor ihm entsetzet und geflohen. Siehe, er ist doch ganz eitel Sanftmuth gegen dir, er ist ganz ein anderer Mann, stellet sich als dem es leid sei, daß er dich je einmal erschreckt und flüchtig gemacht hat mit seiner Straf und Zorn; darum will er dich nun wiederum kühne und getrost machen, und freundlich zu sich bringen. Siehe, das heißt, meine ich, einem armen sündlichen Gewissen tröstlich ins Herz sprechen, das heißt recht von Christo geprediget und das Evangelium verkündiget. Wie ists möglich, daß eine solche Rede nicht sollte ein Herz fröhlich machen, und alle Furcht der Sünde, Todes und Hölle vertreiben, ein frei, sicher, gut Gewissen aufrichten, das hinfort mit Freuden thue und lasse Alles und mehr, denn man von ihm begehret.
Am 15. December.
Was richten wir damit aus, wenn wir uns schon zu Tode sorgen? Ein sehr närrisch Ding wäre es, wenn ein kleines Männlein sich in einen Winkel setzen und da sein Lebtag sorgen und gedenken wollte, wie er könnte größer werden. Meinest du nicht, alle Welt würde sein spotten und ihn für einen lautern Narren halten? Eben also, spricht Christus, thut die Welt, wenn sie sorget, wie sie Geld und Gut könnte zu wege bringen; es wird sich Keiner reich sorgen; es liegt ganz und gar an dem, ob Gott seinen Segen gebe, und nicht am Sorgen. Ist der Segen Gottes da, so hat mans; ist er nicht da, ob mans schon hat, so wird mans doch nicht genießen, noch behalten können, wie die Exempel vor Augen sind.
Am 16. December.
Christus ist gegangen in den Werken des fünften Gebots. Das sind aber solche Werke, deren Vater und Mutter im Hause bedürfen, daß er Wasser, Trinken, Brod, Fleisch geholet, des Hauses gewartet, und dergleichen mehr gethan hat, was man ihn hat geheißen wie ein ander Kind. Das hat das liebe Jesulein gethan. Wenn seine Mutter gesagt hat: Sohn, lauf hin und hole mir eine Kandel voll Wasser, hole mir Kofent, hole Holz, Stroh rc., so ist er hingelaufen und hats geholet. Da sollten billig alle Kinder, so gottselig und fromm sind, sprechen: Ach, ich bins nicht werth, daß ich zu den Ehren soll kommen, und dem Kindlein Jesu gleich werden, in dem, das ich thue, was er, mein Herr Christus, gethan hat. Hat er Spane aufgelesen, und Anders, was ihm seine Aeltern befohlen haben, gethan, welches gemeine geringe Werke anzusehen gewest sind, wie sie im Hause vorfallen: ei, wie feine Kinder wären wir, wenn wir seinem Exempel folgeren, und auch dasjenige thäten, was uns unsere Aeltern heißen, es wäre auch so schlecht und gering, als es sein könnte.
Am 17. December.
In geistlichen und Glaubenssachen überwinde sich Niemand, mit Gott zu handeln durch seine Gedanken; er soll bleiben bei dem Worte, sonst hebt er es nicht wohl an mit seiner Vernunft. Die Vernunft muß wider ihren Willen bekennen, daß es ihr zu hoch ist. Weil es ihr nun zu hoch ist; denn trachtet sie danach aus ihren Kräften, so wird sie zur Närrin drüber. Sie wird es wohl unverlangt und bei dem Worte lassen müssen; darum muß sie sagen, daß in ihren Augen und Sinnen Thorheit sei, was sie auch nachdenkt. Es ist ihr gleich, als wenn ich wollte mit den Fingern an den Himmel reichen oder die Sonne mit der Hand verfinstern; das wäre doch unmöglich und ein närrisch Vornehmen; darum laßt uns nicht Gott gleich sein, oder auf Ihn überklügeln, sondern weit, weit uns Ihm unterwerfen. Derohalben sind es gar grobe, große Narren, die da trachten, Gott zu erkennen aus ihrer Vernunft; am Worte soll man hängen und darein sich wickeln, wie ein Kind in seine Windeln eingebunden wird; sonst kommen daraus so viele Rotten und Secten, Orden, Aberglauben und Abgöttereien in der Welt, daß ein Jeder seine Gedanken will ausbreiten, als etwas Sonderliches, und ohne Gottes Wort, aus seinen Kräften und Vernunft Gott speculiren und erfinden. Es hat Mühe und Arbeit genug, wenn man gleich rein bei dem Worte bleibt, daß man bestehe. Was will denn werden, wenn Einer irre flattert mit seinen Gedanken und seiner Vernunft. Denn hätten wir es können treffen mit unserer Vernunft, so wäre es nicht vonnöthen gewesen, daß Er sich hätte vom Himmel lassen hören, und das Wort lassen klingen, und Alles in das Wort gefaßt und gebunden. Gott hat sonst kein ander Mittel, ohne sein göttliches Wort, gegeben, worin man allein Christum hören soll. Und Niemand weiß, daß der Teufel ein so künstlicher Meister und Geist ist, der sich pflegt zu verstellen in die göttliche Majestät, und also geschicklich der Vernunft sich vorzubilden, auf daß er sie betrüge, und wenn wir ihm folgen, so geschieht der Vernunft, daß sie meint, es sei eitel Gold, was da gleiße, und Alles eitel göttliche Weisheit; aber darnach ist Nichts dahinter, und Niemand besteht damit. So nimm du die Vernunft gefangen und sage: Ich will Nichts sehen, noch hören; denn was Gottes Wort ist, dabei bleibe ich.
Am 18. December.
Es wird wohl ein König sein, spricht Zacharias, aber ein elender, armer König, der ganz und gar kein Ansehen eines Königs hat, wenn man Ihn nach der äußerlichen Pracht rechnen und ansehen will, welche die weltlichen Könige und Fürsten vor der Welt führen. Dagegen aber, sagt Zacharias, werde dieser arme und bettlerische König eine andere Macht haben, denn sonst alle Kaiser und Könige gehabt haben, die jemals auf Erden kommen sind, sie seien gleich so große und mächtige Herren gewest, als sie immer gekannt haben, denn Er heißt nicht ein reicher, prächtiger, herrlicher König vor der Welt, sondern ein Gerechter und ein Heiland, der Gerechtigkeit und Seligkeit mit sich bringen, und Sünde und Tod angreifen, und ein Sündenfeind und Todeswürger sein soll, der allen denen von Sünden und ewigem Tode will helfen, die an Ihn glauben und Ihn als ihren König aufnehmen, und sich den armen, entlehnten Esel nicht ärgern lassen. Die solches thun, denen soll die Sünde vergeben sein und der Tod nicht schaden, sondern sollen das ewige Leben haben und nicht sterben, und ob sie schon leiblich einmal sterben und begraben werden, so soll es doch nicht ein Tod sein, sondern nur ein Schlaf. Solches will der Prophet von diesem König uns lehren mit dem, daß er Ihm diese zwei Namen gibt und heißet Ihn gerecht und ein Heiland, als sollte er sagen: Dieser König soll sein und heißen ein Sündenfresser und Todverschlinger, der die Sünde tilgen, der dem Tode die Zahne ausbrechen, dem Teufel den Bauch zerreißen, und also uns, die wir an Ihn glauben, von Sünd und Tod frei machen soll und unter die Engel führen, da ewiges Leben und Seligkeit ist. Den andern Königen laßt Er ihre Pracht, Schlösser, Hauser, Geld und Gut; laßt sie köstlicher essen, trinken, kleiden, bauen, denn andere Leute. Aber diese Kunst können sie nicht, die der arme Bettelkönig Christus kann; denn da weder Kaiser, König, noch Papst, mit all ihrer Macht von der geringsten Sünde helfen, noch mit ihrem Geld und Gut die geringste Krankheit heilen; ich geschweige, daß sie wider den ewigen Tod und die Holle sollten helfen. Aber dieser König Christus, welcher gerecht und ein Heiland ist, ob Er wohl arm und elend einher reitet auf einem Esel, hilft nicht allein wider eine Sünde, sondern wider alle meine Sünde, und nicht allein wider meine, sondern auch wider der ganzen ,Welt Sünde. Er kommt, daß Er will wegnehmen nicht allein meine Krankheit, sondern auch meinen Tod, und nicht allein meinen Tod, sondern auch der ganzen Welt Tod. Wenn man solches nicht mit den Ohren fassen, sondern mit Augen sehen und Händen tasten will, der fehlet des Königs, und so ists verloren. Denn mit diesem König H es weit anders, denn sonst mit andern Königen.
Am 19. December.
Den Artikel von der Schöpfung sollen wir recht und wohl lernen, nämlich, daß Alles in Gottes Hand und Gewalt stehe, und daß wir uns gewöhnen und erwecken, unserm Schöpfer zu vertrauen, welches Vertrauen in uns noch fast schwach und gering ist. Denn wenn wir es fest dafür hielten, daß Gott der Schöpfer ist, so würden wir wahrlich auch gewißlich glauben müssen, daß Er in seinen Händen und Gewalt hat Himmel und Erde und Alles, was darinnen ist. Ja, was noch mehr ist, wenn wir sehen würden, daß die Welt mit allen Elementen brechen und über einen Haufen fallen wollte, und uns schon auf dem Halse läge, so würden wir doch sagen: Du wirst nicht fallen, wenn du schon fällst, es sei denn, daß es Gott haben wolle; und wenn sie uns auf dem Kopfe liegen würde, so würden wir sagen: du wirst mir keinen Schaden thun, und wirst du mich auch nicht unterdrücken, oder wenn es ja Gott also wohlgefällt. Meine Zeit steht in seinen Händen. Wo es Ihm aber anders gefällt, so will ich dir, Himmel und Erde, mit aller Gewalt des Türken und Papstes und anderm grimmigen Zorn der ganzen Welt Trotz bieten.
Am 20. December.
Ich bin kommen, die Sünder zur Buße zu rufen, und nicht die Frommen.
Das ist ein überaus großer Trost, daß selbst der Herr den Ausspruch thut, darinne bestehe sein Beruf, oder deßwegen sei Er vom Vater gesandt, daß Er die Sünder rufe, nicht die Gerechten. Denn daß Er spricht: Ich bin kommen, das ist eben so viel, als wenn Er anderweit saget: Ich bin gesandt. Denn Er ist kommen, weil es der Vater so hat haben wollen, weil Er es befohlen, weil Er Ihn gesandt hat. Verwegen spricht Er, es sei des Vaters Wille, daß Er die Sünder, nicht die Gerechten, rufen solle. Deßwegen ist Er nicht kommen, daß Er die Welt richte, sondern, daß Er die Welt selig mache, Joh. 3, 17, und dieses nach dem Willen des Vaters.
Derowegen sei dieses fürs erste feste gestellet, daß das Amt Christi nicht ein Amt der Sünde, noch des Todes sei, sondern der Gerechtigkeit und des Lebens; dieses will der Vater, daß wir glauben sollen.
Fürs andere versöhnet Christus mit diesen Worten die Pharisäer, die vielleicht sagen könnten: Lehren denn nicht auch wir, daß sich die Sünder sollen zur Buße bekehren? Was bringst du denn etwan Neues vor? Rufet denn nicht auch das Amt Mosis, oder des Gesetzes, die Sünder zur Buße? Ja (spricht Er), ihr wollet Gerechte sein, die ihr doch Sünder seid, und thut sonst Nichts, als daß ihr sowohl euch, als Andere für gerecht sprechet, die doch vor Gott erschreckliche Sünder sind. Diese Gerechten rufe ich nicht zur Buße, da sie nach eurem Ausspruch gerecht sind.
So gehet denn immerhin, ihr eingebildeten Gerechten mit euren Gerechten, seid Heilige mit euren Heiligen, und lasset mich mit meinen Sündern zu schaffen haben, bis auch ich selbige zu Gerechten mache; doch nicht, wie ihrs macht, durch Werke des Gesetzes, auf daß ihr zwiefältige Sünder machet, gleichwie ihr seyd. Ich rufe zur Buße nach der Vergebung der Sünden, auf daß ich zwiefaltig Gerechte mache, nämlich in Gnade und Wahrheit; in Gnade, daß ihnen die Sünden vergeben sind; in der Wahrheit, weil sie wahrhaftig angefangen, fromm zu sein und gute Werke zu thun. Ihr machet zwiefältige Sünder durch eure Buße, nämlich durch Schuld und Lügen; durch Schuld, weil sie auf die Gerechtigkeit des Gesetzes stolzer thun, als da sie noch Sünder waren; durch Lügen, weil sie meinen, die erdichteten Werke waren gut. Also haben sie weit mehr Schuld auf sich, sowohl in Ansehung ihres Herzens von Innen, wegen ihres Unglaubens und hoffährtigen Vertrauens, als auch in Ansehung ihrer Werke von Außen; denn da sind sie Lügner und Heuchler wegen des falschen Scheins der Werke und des Ruhms dererselben; dergleichen seid auch ihr. Aus mit euch und solchen Heiligen; ihr gehöret nicht zu meiner Buße.
Dieses muß man sehr wohl merken wider die Verkehrten, und die die Gnade Gottes mißbrauchen, oder, wie Judas in seiner Epistel, V. 4, spricht, die die Gnade unsers Gottes auf Muthwillen ziehen.
Denn sehr Viele mißbrauchen heut zu Tage die christliche Freiheit und sagen: Gnade! Gnade! folglich ist es nicht nöthig, daß man Gutes thue, oder Uebels leide. Diese machen aus der Gnade einen Muthwillen, das ist eine Freiheit, nach ihren eigenen Lüsten und Gefallen zu thun, was sie wollen, und aus der Vergebung der Sünden, eine Freiheit zu sündigen, wie heut zu Tage leider allzu Viele thun. Allein Christus spricht allhier: Er rufe zwar die Sünder, aber nicht zur Freiheit zu sündigen, noch auch darzu, daß sie nach ihren Lüsten thun möchten, was sie wollten, sondern zur Buße, nämlich zur Tödtung der Sünden, wie Paulus zu den Römern 6,2 lehret: Sind wir der Sünde abgestorben, wie sollten wir in derselben leben wollen? Denn was ist die Buße Anderes , als die Sünde todten? Derowegen, wenn die Sünder zur Buße berufen werden, so ist es so viel, als daß, ob ihnen zwar die Sünden vergeben sind, sie dennoch gerufen werden zu einer immerwährenden Bemühung, die Sünden zu erkennen, zu hassen, zu todten, zu begraben, nach den Worten Pauli, Röm. 6,4, nicht, daß ihnen die Sünden freigestellet würde zu thun, was ihnen beliebte.
Am 21. December.
Ich verhehle meine Missethat nicht, als die thun, denen die List im Geist betrügliche Zuversicht machet, daß sie auch sich selbst ohne Furcht dürfen rechtfertigen, entschuldigen, und darüber in Gezänk sich gegen andere Leute legen, in Hoffahrt, Zorn, Haß, Ungeduld, Urtheil und Nachreden fallen, um ihrer Ungeduld willen erst recht schuldig werden, und in dem Allem dennoch recht und wohl gethan und billig gehandelt haben wollen. Die verbergen tief ihre Bosheit; denn sie sehen an ihre Frömmigkeit, und bekennen Gott ihre Sünde nicht wahrhaftig, und ohne arge List ihres Geistes inwendig. Aber die gerechten Menschen bergen nicht ihre Bosheit, zürnen nicht, werden nicht ungeduldig, ob man ihnen Unrecht thue; denn sie meinen nicht, daß man ihnen könnte Unrecht thun, so sie keine Gerechtigkeit bei ihnen finden. Und das sind die Seligen, denen Gott ihre Ungerechtigkeit erlaßt und verneinet darum, daß sie die bekennen und bejahen, und weil sie ihre Sünde nicht decken oder bergen, so decket und birget sie Gott.
Am 22. December.
Wer den Tod recht fühlet und Gottes Wort nicht hat, der wüthet und tobet, als wäre er unsinnig und gar besessen. Darum denket, meine lieben Kinder, was ihr für einen Vortheil habt, wenn ihr Gottes Wort fleißig und gern höret. Da ist das erste, das ihr wisset, daß ihr von Gott seid, und habt den Teufel und die Hölle überwunden, und soll euch weder Gottes Gericht, noch Sünde Schaden thun. Was neben solchem euch für Unrath begegnet, dem sollt ihr Allem entlaufen können, da dagegen die Welt auch in dem geringsten Anliegen ungeduldig und verzagt wird und endlich verzweifeln muß. Die Christen müssen zwar viel leiden, als denen der Teufel und die Welt bitter feind ist, müssen derhalben Leib und Leben, Gut und Ehre wagen und in Gefahr setzen. Wie können sie aber solches Alles leiden und , geduldig dazu sein? Durch nichts Anders, denn daß sie am Wort bleiben hangen und sagen: Lasse gehen, wie es gehet; ich bin nicht von der Welt, sondern von Gott, sonst würde die Welt anders mit mir umgehen; es ist mir aber viel lieber, sie hasse mich und lege mir alles Leid an, denn daß sie mich lieb hatte, und ich nicht von Gott wäre. Wo das Herz also gesinnet ist, da geht allerlei Anfechtung und Widerwärtigkeit überhin, gleichwie die Wolken am Himmel über uns, oder die Vögel in der Luft, die uns ein wenig ankecken, fliegen darnach davon und lassen uns unverworren. Was heißt aber Gottes Wort halten? Anders Nichts, denn glauben, was uns Christus von Vergebung der Sünden und ewigem Leben im Evangelium zusagt, daß es wahr sei, und an solchem Glauben und Hoffnung fest halten. Wer bist du, spricht Christus, der hat das ewige Leben, darf sich nicht fürchten vor der Sünde, Hölle und jüngstem Gericht, denn da ist alle Gnade und Barmherzigkeit. Der Tod wird wohl über ihn fallen und ihn erwürgen; aber er soll ihn doch nicht fühlen, wie ihn die fühlen, so in des Teufels Namen und ohne Gottes Wort sterben. Dieselben sterben in allem Unwillen, strampfen, stoßen um sich, brüllen, wie die Ochsen, denn sie wollen nicht sterben, und müssen doch sterben. Darum, so es möglich wäre, liefen sie durch eine eiserne Mauer für dem Tode. So soll, spricht Christus, meinen Christen, die mein Wort hören, nicht gehen. Wenn sie auf dem Bette liegen und sterben sollen, werden sie solche Angst und Noth nicht haben, sie werden in ihrem Herzen gegen Gott zufrieden eines bessern Lebens gewißlich hoffen, und in solcher Hoffnung entschlafen und ohne alles Zittern von hinnen scheiden; denn obwohl der Tod sie leiblich wird erwürgen, so soll doch derselbe Tod so zugedecket und geschwächt sein, daß sie ihn nicht recht fühlen, sondern für ein sanft Ruhebettlein ansehen sollen, da sie auf einschlafen. Wie man oft an den armen Leuten siehet, die der Henker würget, daß sie mit Freuden zum Tode gehen, und sich nicht so jämmerlich stellen, wie die, so den Trost des Worts nicht haben.
Am 23. December.
Alle Werke Gottes sind unerforschlich und unaussprechlich, keine Vernunft kann sie aussinnen, allein der Glaube fasset sie, ohne alle menschliche Kraft und Zuthun, welches man alsdann verstehet und erfähret, wenn man allein bedenket, wozu das Stroh gut und nütze ist. Auf eine andere Weise sprach Dr. M. Luther: Glauben, daß Gott ein Schöpfer sei, ist menschlicher Vernunft unmöglich; denn wenn wir glaubten, so wüßten wir, daß Er so gewaltig ist, daß Er nur mit einem Wort und in einem Augenblick die ganze Welt könnte in einen Haufen reißen, gleichwie ein Töpfer einen Topf zerbrechen und zerschmettern kann. Aber wir glaubens nicht, und wir setzen wider Gott unsere Weisheit und Macht; darum glauben wir nicht, daß Er ein Schöpfer sei. Summa: Niemand kann Gott in seiner Majestät begreifen oder erkennen, darum hat Er sich heruntergelassen in der allergeringsten Gestalt und ist Mensch worden, ja zur Sünde, zum Tode und Schwachheit selbst worden: Er ist klein jung worden, da er Knechtsgestalt an sich genommen hat, wie St. Paulus zu den Philippern, Cap. 2, 7 saget. Aber wer kanns glauben? Wir meinen, der türkische Kaiser sei viel mächtiger, Erasmus viel gelehrter, ein Mönch viel frömmer, denn Gott ist. Sonst sagt Dr. M. Luther auf eine andere Zeit: Alle Werke Gottes sind öffentlich am Tage, und doch unbegreiflich und unausforschlich. Denn wer kann sagen, wie Gott das allerkleinste Ding und die geringste Creatur geschaffen habe?
Am 24. December.
Sie wird einen Sohn gebären, deß Namen sollst du Jesum heißen, denn Er wird sein Volk selig machen von ihren Sünden.
(Matth. 1, 21.)
Kein feindseligerer Name auf Erden ist, denn eben Jesus Christus, nicht daß man ihn nicht nennen, oder nennen hören könnte. Ja eben die ärgsten und bittersten Feinde dieses Namens führen und rühmen ihn wohl am allermeisten, heißen sich dazu die christliche Kirche und Gottes Volk, uns aber lästern und verdammen sie als Ketzer und ärgste Feinde Gottes. Warum? darum, daß wir diesen Namen nicht einen schlechten Namen lassen bleiben mit ledigen Buchstaben geschrieben, wie meiner und deiner, sondern glauben, predigen und bekennen, daß die Person, so Jesus Christus heißet, ihrem Namen nach der einige Heiland der Welt, der von Sünde selig mache, der einige Hohepriester, der die Sünder mit Gott versöhne, der einige Herr und König, der aus aller Angst und Noth helfe, und daß alleine die, so Ihn dafür erkennen, von Sünde und Tod erlöset, Gnade und ewige Seligkeit erlangen.
Am 25. December.
Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volle widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr.
(Lucä 2,10.11.)
Diese Freude ist nicht allein darum groß, daß wir gelehret sind über alle Enget, da der Sohn Gottes, durch welchen Alles erschaffen ist, die hohe Majestät, unser Fleisch und Blut worden ist, sondern auch, daß uns der Heiland geboren ist. Das drückt recht nach. Denn es geht weit über die natürliche Ehre und Freude, daß Er, der Mensch Jesus, auch unser Heiland will sein. Diese Worte sollten billig Himmel und Erde zerschmelzen und uns aus dem Tode eitel Zucker, und aus allem Unglück, das doch unzählig viel ist, eitel köstlichen Malvasier machen. Denn welcher Mensch ist, der doch dies könnte ausdenken, daß der Heiland uns geboren und unser Heiland ist? Solchen Schatz gibt der Engel nicht allein seiner Mutter, der Jungfrau Maria, sondern uns Menschen allen. Euch, euch, spricht der Engel, ist der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr. Das Wörtlein „euch“ sollte uns je fröhlich machen. Denn mit wem redet er? mit Holz oder Steinen? Nein, sondern mit Menschen, und nicht mit einem oder zween allein, sondern mit allem Volke. Was wollen wir nun daraus machen?
Wollen wir auch weiter zweifeln an der Gnade Gottes und sprechen: Des Heilandes mag wohl St. Petrus und St. Paulus sich freuen, ich darf's nicht thun, ich bin ein armer Sünder, dieser edle, theure Schatz geht mir nicht an? Lieber, wenn du so willst sagen: „er gehet mich nicht an,“ ich auch so will sagen: wem gehöret Er denn an? Ist Er um der Gänse, Enten, oder Kühe willen gekommen? Denn du mußt hieher sehen, wie Er sei. Hätte Er wollen einer andern Creatur werden; aber Er ist allein eines Menschen Sohn geworden. Die Engel dürfen sein nicht, die Teufel wollen sein nicht; wir aber dürfen sein, und um unsertwillen ist Er Mensch worden. Derhalben gebühret es uns Menschen, daß wir mit Freuden uns sein sollen annehmen, wie der Engel saget: Euch ist der Heiland geboren, als sollte er sagen: Diese Geburt ist nicht mein, darf mich ihrer nicht annehmen, ohne daß ich's euch von Herzen gern gönne; aber euer ist's, die ihr arme, verlorene und verdorbene Menschen seid. Jenes ist an ihm selbst ein herrlich und groß Ding, daß Gott ist Mensch worden; aber dies ist weit drüber, daß Er soll unser geistlicher und ewiger Heiland sein. Wer solches recht fühlete und glaubte, der würde davon zu sagen wissen, was eine rechte Freude wäre; ja, er sollte nicht lange vor großer Freude leben können. Aber unmöglich ist's, daß wir diese Predigt auf Erden völlig fassen oder auslernen könnten; denn dies Leben ist zu enge, so ist unser Herz zu schwach dazu und vermag nicht, die große Freude zu begreifen.
Am 26. December.
Ehre sei Gott in der Höhe! Friede auf Erden! und den Menschen ein Wohlgefallen!
(Luc. 2,14.)
Soll Gott geehret werden, so muß es durch und in dem Kindlein, welches ist Christus, der Herr, geschehen; außer Ihm findet und ehret man Gott nicht, sondern fehlet sein und schändet Ihn auf's höchste. Ein lebendig, heilig und Gott wohlgefälliges Opfer und vernünftiger Gottesdienst soll heißen: Christus und in Christo, oder soll kein Gottesdienst sein. Denn was außer und ohne Christo ist, es sei so herrlich und groß es immer wolle, so ist's Nichts, denn Gotteslästerung. So aber Gott soll Gott sein, das ist, von den Leuten für Gott gehalten und geehret werden, so muß es durch dieses Kindlein allein geschehen; denn da allein können wir lernen und gewiß sein, daß Gott ein gnädiger, barmherziger, gütiger Gott ist, sintemal Er seines eingebornen Sohnes nicht verschonet, sondern Ihn um unsertwillen hat lassen Mensch werden. Diese unaussprechlich große Wohlthat dringet und treibet die Herzen, daß sie sich in rechter Liebe, Vertrauen und Hoffnung gegen Gott aufthun, Ihn darum loben und danken und sagen: Ich bin Nichts, meine Gerechtigkeit, meine Heiligkeit, meine Weisheit, Kunst, Geld, Gewalt ist Alles Nichts, das Kindlein Jesus aber ist's Alles.
Also kommt denn Gott zu seinen Ehren, daß Er allein unsere Stärke, Trotz, Freude, unser Gulden und Thaler sei, und wir mit ganzem Herzen alle Zuversicht, Trost, Trotz und Freude auf Ihn allein setzen. Das heißt denn Gott geehret, daß man könne sagen zum Mammon, welchem die ganze Welt als einem Gott dienet und ehret: Ich weiß mich dein sonst Nichts zu trösten, außer wenn ich dich habe, daß ich von dir esse, mich von dir nach Nothdurft kleide, und Andern auch zu essen und kleiden schaffe, die dich nicht haben, sonst will ich mir dein zu Nichts wünschen. Also zu der Kunst und Weisheit: Ich bin gelehrt, Gott hat mir einen feinen Verstand gegeben, den will ich brauchen meinem Gott zu Ehren und den Nächsten zum Besten, darnach auf und dahin! Aber mein Trost, Trotz und Freude soll sein nicht mein Geld, nicht meine Kunst, sondern mein Herr Jesus Christus, Gottes Sohn. Solches heißt Gott recht ehren und Ihn zu seiner Ehre und Majestät kommen lassen, daß man sagt: Lieber Herr Gott, was wir haben und brauchen, ist Alles Dein; wir haben's ja nicht gemacht, Du hast's uns gegeben. Das aber ist sonderlich Dein eigen Werk und Barmherzigkeit, daß wir dem Teufel entlaufen, von Sünden frei und ledig worden sind. Derhalben gebühret Dir allein die Ehre davon und nicht mir.
Mit solchen Rosen will Gott von uns geschmücket sein, und das ist seine Ehre in der Höhe, daß wir's Ihm ganz und gar geben, alle Ehre von uns werfen und Ihm mit Danksagung heimtragen, eben sowohl von den geringsten Gaben, als den meisten. - Solchen Engelsgesang kehret die Welt um, wie man siehet. Denn weil die Menschen dieses Kindlein nicht erkennen, noch achten, wüthet und tobet es Alles wider einander, will Alles empor; der Bauer will ein Bürger, der Edelmann ein Graf, der Graf ein Fürst, der Fürst Kaiser, und der Kaiser Gott sein. Das ist eine Anzeigung, daß sie außer Christo sind und Nichts von Ihm wissen. Darum verkehren sie diesen Engelgesang und singen: Ehre und Lob sei hienieden auf Erden den rothen Gulden, den weißen Joachimsthalern, meiner Gewalt, Kunst, gnädigen Fürsten und guten Freunden. Solches aber heißt den Menschen und dem Mammon Ehre gesungen auf Erden, ja dem leidigen Teufel in der Hölle drunten, und nicht Gott in der Höhe.
Am 27. December.
Wir wollten wohl gern, singen die lieben Engel, daß es so zuginge, daß alle Welt Gott in der Höhe ehrete und mit einander zufrieden wären; aber da werden sich Viele finden, die das Evangelium nicht achten, und diesen Sohn nicht annehmen, ja auch wohl verfolgen werden.
So gebe nun Gott den andern frommen Menschen ein fröhlich, freudenreich Herz, daß sie sagen: Ich habe meinen Heiland, das Himmelreich ist mein, Christus, der Sohn Gottes, ist mein, darum, ob man mir gleich Leid darüber thut, mich verfolget, sollte es doch mir auch gefallen, will Lust und Freude auch in dem Leiden und der Verfolgung haben, dieses Heilandes halben. Ein solch Herz gönnen und wünschen uns die lieben Engel mit ihrem Gesang. Die Welt singt diesen Gesang den lieben Engeln nicht nach, sondern ihrem Gott, dem Teufel; Her kehrt's um, daß es so lautet: Ehre dem Teufel in der Hölle, Unfriede auf Erden, und den Menschen ein Widerwillen und lauter Unlust. Denn dahin treibt er seine Braut, die Welt, daß sie Gott fluchet und lästert, sein Wort verfolgt und verdammet, darnach Unruhe, Zwietracht, Uneinigkeit, Krieg, Mord anrichtet rc., daß sie so haushalten soll, daß kein Mensch keinen fröhlichen Augenblick haben, keinen fröhlichen Bissen vor Kümmerniß und Angst genießen möge. Da helfen die leidigen Rottengeister zu; die sind des Teufels Maul, schänden und lästern durch falsche Lehre Gott im Himmel. Darnach fährt er fort, daß er Fürsten und Herren an einander hetzt, alle Untreue und Unfriede anrichtet, daß Einer dem Andern das Beste unter Augen sagt, und das Aergste beweiset. Das heißt denn dem Teufel Ehre in der Hölle geben, Unfriede auf Erden anrichten, und den Leuten ein blöde, verzagt Herz machen. Daher kommt es, daß man Viele findet, denen Gott Alles genug gibt, haben aber keine fröhliche Stunde dabei. Obgleich Kasten und Keller voll sind, gehen sie doch hin, hängen den Kopf, ist alles Traurigkeit, was sie haben, können an keinem Ding einige Ergötzlichkeit haben. Da geht es nach des- Teufels Wunsch; der gönnt uns Menschen keine Lust, noch Freude, die wir an Gott und seinen Gaben sollten haben. Dagegen singen die lieben Engel, und wünschen uns ein muthig Herz, das trotzen und pochen kann, auch wenn's übel geht, in allerlei Unglück und Anfechtung.
Am 28. December.
So viel Ihn aber aufnahmen, denen gab Er Gewalt, Gottes Kinder zu werden.
Hier höret ihr, was für eine große, mächtige Herrlichkeit, und unaussprechlicher, ewiger Schatz ist, der durch Gottes Sohn mit seiner Zukunft ist angerichtet unter denen, die Ihn annehmen, an Ihn glauben, und für den Mann halten, der von Gott der Welt zu helfen gesandt ist; nämlich das soll das neue Wesen und Werk sein, daß Er Macht und Recht geben soll, Kinder Gottes zu werden allen denen, die da glauben an seinen Namen. Wenn wir nun glauben, daß Er das ewige Wort des Vaters ist, durch welches alle Dinge gemacht sind, item, das Leben und Licht der Menschen und Gottes Lamm ist, welches der Welt Sünde traget, wegnimmt und in die Tiefe des Meeres wirft, wie der Prophet Micha am 7ten Kap. V. 19. spricht; auch in allerlei Noth anrufen, und für seine unaussprechliche Gnade und Wohlthaten Ihm danken, so werden wir zu der großen Herrlichkeit gebracht, und uns das trefflichste Recht zugesprochen, die herrliche Gewalt und Freiheit geschenket, daß wir einen gnädigen Vater im Himmel haben, ja seine lieben Kinder sind und Erben aller seiner ewigen, himmlischen Güter, und wie Paulus zu den Römern, 8, 17. saget: Christi Brüder und Miterben sind, ewiges Leben und Seligkeit zu haben. Wie? Hat Er allen Menschen die Gewalt und Freiheit gegeben, so sie doch alle Kinder des Zorns sind? Nein, sagt der Evangelist, sondern allen denen, so viel ihr sind, keinen ausgeschloffen, die an seinen Namen glauben, das ist, wie gesagt, die sein Wort mit Glauben annehmen und fest dabei halten, Ihn anrufen. Hier hörest du kurz und gut, daß durch keinen andern Weg, Mittel und Weise wir zu dieser hohen Ehre, herrlichen Freiheit und Gewalt kommen, daß wir Gottes Kinder werden, denn allein durch das Erkenntniß und Glauben an Christum.
Darum muß der heilige Geist hier Meister sein dieses Erkenntnisses und Glaubens uns in das Herz schreiben, und unserm Geist Zeugniß geben, daß es gewiß und Amen ist, daß wir durch den Glauben an Christum Gottes Kinder worden sind, und ewiglich bleiben. Denn St. Johannes hat sein Evangelium nicht aus menschlichem Willen herfür gebracht, sondern er ist von dem heiligen Geist getrieben, der ein Geist der Wahrheit ist, darum wird er uns gewißlich nicht betrügen. Sonst ist es gar ein groß Ding, daß ein armer Mensch soll Gottes Sohn, und ein Erbe Christi sein. So wird nun durch Christum, Gottes Sohn, diese Gewalt und herrliche Freiheit, daß sie Gottes Kinder sollen sein, angeboten, und gegeben denen, die an seinen Namen glauben. Schrecklich aber ist zu sagen und zu hören, daß diese hohe, treffliche Herrschaft, Gottes Kinder sein, von der blinden, verdammten Welt, nicht allein veracht, verspottet und verlacht, sondern auch geschändet und für die höheste Gotteslästerung gehalten wird, also daß sie die, so an Christum glauben, seinen Namen und Wort bekennen, und derhalben Gottes Kinder sind, für des Teufels Kinder, Gotteslästerer und Aufrührer hinrichtet, wie die Juden Christo, dem eingeborenen Sohne Gottes, selbst thaten, gaben Ihm Schuld, Er hätte das Volk erregt und dem Kaiser den Schoß zu geben verboten, item, sich selber zu Gottes Sohn gemacht, so doch die Welt diese Herrschaft auf den Händen und Knien holen sollte, wenn sie gleich jenseit Babylon anzutreffen wäre. Aber man siehets wohl, wie wir uns dargegen halten. Zudem setzet der Teufel den frommen christlichen Herzen zuweilen so harte zu mit seinen feurigen Pfeilen, daß sie nicht allein vergessen der überschwänglichen Herrlichkeit, daß sie Gottes Kinder sind, sondern gar widersinnische Gedanken haben, als habe Gott ihrer gar vergessen, sie verlassen, von seinen Augen verstoßen. Es ist auch St. Paulus nicht immerdar in Sprüngen hereingangen, sich der großen Herrlichkeit (daß er Gottes Sohn sei) gefreuet, darauf wider den Teufel und falsche Welt getotzet. Das weisen diese und dergleichen Reden wohl aus, da er spricht: 1. Cor. 2,3: Ich war bei euch mit Schwachheit, mit Furcht und großem Zittern. Item 2. Epist. 7,5, daß er spricht zu den Corinthern, daß in ihm sei auswendig Streit, inwendig Furcht.
Darum ist unser Glaube noch sehr schwach und kalt. Wäre er also gewiß und stark, als er wohl sein sollte, so könnten wir vor großer Freude nicht leben. Aber Gott Lob, wir wissen, daß auch die Schwachgläubigen Gottes Kinder sind. Denn Christus saget nicht vergebens, Luc. 12, 32: Fürchte dich nicht, du kleine Heerde rc. Doch sollen wir immer seufzen und bitten mit den Aposteln: Herr, stärke uns den Glauben, Luc. 17, 5. und wie Jener, Marci 9, 24: Ich glaube, lieber Herr, hilf meinem Unglauben.
Am 29. December.
Es ist das Licht noch eine kleine Zeit bei euch. Wandelt, dieweil ihr das Licht habt, daß euch die Finsterniß nicht überfalle.
(Joh. 12,35.)
Lieben Deutsche! kauft, weil der Markt vor der Thüre ist; sammelt ein, weil es scheinet und gut Wetter ist; braucht Gottes Gnaden und Wort, weil es da ist. Denn das sollt ihr wissen, Gottes Wort und Gnade ist ein fahrender Platzregen, der nicht wiederkommt, wo er einmal gewesen ist. Er ist bei den Juden gewesen; aber hin ist hin, sie haben nun Nichts. Paulus brachte ihn in Griechenland; hin ist auch hin, nun haben sie den Türken. Rom und lateinisch Land hat ihn auch gehabt; hin ist hin, sie haben nun den Papst. Und ihr Deutsche dürft nicht denken, daß ihr ihn ewig haben werdet; denn der Undank und Verachtung wird ihn nicht lassen bleiben. Darum greife zu und halte zu, wer greifen und halten kann! Faule Hände müssen ein böses Jahr haben.
Am 30. December.
Unsere Missethat drücket uns hart, Du wollest unsere Sünde vergeben.
(Ps. 65,4.)
Das ist der Stein, der fast Jedermann auf dem Herzen liegt und drückt, daß wir nicht können beten. O ich wollte wohl gern beten, sprechen wir, wenn ich wüßte, daß mein Gebet Ihm angenehm wäre. Ich will lassen Andere beten, die frömmer und geschickter sind, denn ich bin; denn ich bin ein armer sündiger Mensch, wo aber Sünde ist, da gilt das Gebet nicht. (Joh. 9, 31.) Also gehet es denn, daß gar selten Jemand betet, ein Jeglicher verlaßt sich auf einen Andern und denkt: Ich kann jetzt nicht beten, will die beten lassen, die fromm sind, und harren, bis ich einmal auch fromm werde. Und also beten weder ich, noch du, noch Andere. Wo will man denn zuletzt Jemand finden, der da betet? - Nun, wie soll man ihm rathen? Wir können dawider nicht; da stehet es und ist wahr, wir sind Alle zumal Sünder, und unsre Sünde drücket uns hart. Aber wenn dir solches einfällt und das Gebet will hindern, so thue, wie du hörest und siehest den Propheten reden und thun. Unsere Missethat drücket uns, spricht er. Das ist wahr, aber sollte ich darum nicht beten, und nicht eher ansahen, denn wenn ich mich ohne Sünde fühlte, so würde ich nimmermehr dazu kommen, und würde mir der Teufel ein Schloß davor legen, daß ich nimmer den Mund könnte aufthun. Darum allein also gethan, daß du geradezu mit dieser Noth vor Gott fallest und sprechest: Ach Herr, unsere Sünde drücket uns. Und ob wir wohl wissen, daß wir beten sollen und Du gern hörest; wir können aber vor dieser Last nicht dazu kommen. Doch, weil Du willst gebeten sein, und heißest alles Fleisch zu Dir kommen, so komme ich eben damit und lege solche Last vor dir nieder, und bitte, daß Du meine Sünden vergeben und mir gnädig sein wollest. Siehe, also hast Du das Gebet recht angefangen und eben an der höchsten Noth, die dich drückt und hindert, oder ungeschickt macht, daß du nicht beten kannst, und also den schweren Stein vom Herzen gebracht. So gehet es denn recht von Statten; sonst wirst du nimmer dazu kommen, daß du ein recht Gebet thust. Denn ich habe es auch versucht, und kann mir noch wohl widerfahren, wenn ich will ansahen zu beten, daß mich der Teufel davon treibet durch solche Gedanken: Ach, du bist nicht geschickt, ich will noch eine Weile harren, und dieweil etwas Anders thun, bis ich geschickter werde, und also immer weiter davon komme, von einer Stunde zur andern, ja von einem Tage zum andern, daß ich doch muß zuletzt mit Gewalt mich dawider legen und fortfahren zu beten, wenn ich mich am allerungeschicktesien fühle. Denn es heißt doch also: Wer heute nicht geschickt ist, der ist morgen noch ungeschickter; und durch Verziehen wird Niemand geschickt. Wo du nicht lernest beten, weil du ungeschickt bist und deine Beschwerung fühlest, so lernest du es nimmermehr. Denn wenn die süße Andacht kommt: Ey, nun bin ich geschickt, nun will ich recht beten, da soll wohl der Teufel sein und dein Gebet zu Sünden und Schanden machen. Siehe, das wäre die rechte güldene Kunst, wie man möge geschickt werden zu beten, nicht dusch eigene Würdigkeit oder Andacht, sondern daß du eben daran anfahest, da du dich ungeschickt fühlest, und Ihm das vertragest und sprechest: Herr, weil Du willst und heißest, daß ich beten und zu Dir kommen soll, so will ich kommen und zu beten genug bringen, und eben das, das mich am meisten hindert und von Dir zurück treibt, welches ist meine Sünde, die mir auf dem Halse liegt und drücket, daß Du dieselbe von mir nehmest und vergebest. Also wirst du denn gewißlich geschickter werden, und dich bald leichter und lustiger fühlen. Und nur immer also wider diese Last hindurchgedrungen und fortgefahren, daß du dich durch Sünde nicht lassest irren noch wehren zu beten; doch also, daß du nicht denkest in Sünden zu bleiben.
Am 31. December.
Von dem Wörtlein „Amen.“
Das Wörtlein „Amen“ ist hebräischer oder jüdischer Sprache, und heißt auf Deutsch fürwahr, oder wahrlich, und ist fast wohl zu bedenken. Denn es drückt aus den Glauben, den man haben soll in allen Bitten. Denn Christus hat gesagt, Math. 21, 2: Wenn ihr bittet, so glaubet fest, daß ihre werdet erlangen, so geschiehet es gewißlich. Item, am andern Ort, Marc. 11, 24: Alles, was ihr bittet, glaubet, so werdet ihrs empfangen. Denn also empfing das heidnische Weiblein, da es bat, daß es nicht abließ und fest glaubete, daß auch der Herr zu ihr sagte: Math. 15, 28: O Weib, wie groß ist drin Glaube; dir geschehe, wie du willst und gebeten hast! Also spricht auch St. Jacobus am 1sten Capitel, V. 6: wer da von Gott bittet, der soll ja nicht zweifeln im Glauben, es werde ihm. Denn wer da im Glauben zweifelt, der nehme es ihm nicht vor, daß er Etwas von Gott empfange. Darum wie der weise Mann sagt, Pred. 7,8: Das Ende des Gebets ist besser, denn der Anfang. Denn am Ende, so du Amen sprichst mit herzlicher Zuversicht und Glauben, so ist gewiß das Gebet befestiget und erhöret, und wo dies Ende nicht ist, da ist weder Anfang, noch Mittel des Gebetes nütze.
Also sollte ein Mensch, der da beten will, sich prüfen, und erforschen, ob er es auch glaube, oder zweifele, daß er erhöret werde. Findet er sich, daß er daran zweifele, oder setzt es in ungewissen Wahn und wagt es auf Abentheuer, so ist das Gebet Nichts. Denn er hält sein Herz nicht stille, sondern wappelt und schluttert hin und her. Darum kann Gott nichts Gewisses drein gießen, gleich als wenig du kannst einem Menschen Etwas geben, wenn er die Hand nicht stille hält. Und denke doch, wie wollte dirs gefallen, wenn dich Jemand hätte fleißig gebeten, und am Ende spräche er zu dir. Ich glaube aber nicht, daß du mirs gebest! Du würdest das Gebet für einen Spott annehmen und widerrufen Alles, was du gesprochen hattest, und vielleicht dazu ihn strafen. Wie soll es denn Gott gefallen, der uns gewiß zusagt, wenn wir bitten, daß wir es haben wollen, und durch unsern Zweifel ihn Lügen strafen, und im Gebet eben wider das Gebet handeln, seine Wahrheit beleidigen, die wir mit dem Gebet anrufen? Darum heißt das Wörtlein „Amen“: „wahrlich, fürwahr, gewiß,“ und ist ein Wort des festen, herzlichen Glaubens, als sprachest du: O Gott, Vater! diese Dinge, die ich gebeten habe, zweifele ich nicht, sie seien gewiß wahr, und werden geschehen; nicht darum, daß ich sie gebeten habe, sondern, daß du sie hast heißen bitten und gewißlich zugesagt; so bin ich gewiß, daß du, Gott, wahrhaftig bist, kannst nicht lügen. Und also nicht meines Gebetes Würdigkeit, sondern deiner Wahrheit Gewißheit, macht mich, daß ich festiglich glaube, und ist mir nicht Zweifel, es wird ein Amen draus werden, und ein Amen sein.
Hier irren Etliche über die Maaßen, die ihr Gebet da zu nichte machen, und viel mit dem Munde, nimmer mit dem Herzen beten, darum, daß sie nicht ehe wollen glauben, sie seien erhöret, sie wissen oder dünken denn, sie haben würdiglich und wohl gebeten, und bauen also auf sich selbst, auf den Sand; die werden alle verdammt. Denn ein solch Gebet ist nicht möglich, das von ihm selbst genugsam sei, und würdig vor Gott zu erhören, sondern es muß auf die Wahrheit und Versprechen Gottes sich verlassen. Denn so Gott nicht hatte heißen beten und Erhörung versprochen, vermöchten alle Creaturen nicht ein Körnlein erbitten, mit allem ihrem Gebet. Darum schaue drauf: Nicht ist das Gebet gut und recht, das viel ist, andächtig, süß, lang, um zeitlich oder ewig Gut, sondern das fest bauet und trauet. Es wird erhöret (wie geringe und unwürdig es sei in ihm selbst) um die wahrhaftige Gelübde und Versprechungen Gottes. Gottes Wort und Verheißen macht dein Gebet gut, nicht deine Andacht. Denn derselbe Glaube, auf sein Wort gegründet, ist auch die rechte Andacht.