Harms, Claus - Das Vater Unser in 11 Predigten - Die dritte Predigt.

Harms, Claus - Das Vater Unser in 11 Predigten - Die dritte Predigt.

Geheiligt werde dein Name.

Gesang 126. Die Himmel rühmen.

So spricht durch seine Schöpfung ihr Schöpfer, und diese Sprache wird von den Menschen gehört, wenn gleichfalls in das Menschenohr der Schöpfer seinen Namen legt, vorher schon gelegt hat oder zur selbigen Stunde, da seine Schöpfung spricht, anderweitig durch Offenbarung sich kund gibt. Erinnern wir uns an jenen Ruf 5 Mos. 6, 4: „Höre, Israel, der Herr unser Gott ist ein einiger Gott, den sollst du lieb haben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allem Vermögen.“ Also durch Mosis Mund, früher, später und später unter den abgöttischen Völkern auch durch andere Knechte zu anderem Volk, mit dieses Volkes Zunge. Denn von Natur, wie wir geboren werden, sind alle Menschen abgöttisch, davor schützt kein Verstand, kein Gemüt, keine Wissenschaft, wie schön auch der Himmel über den Menschen steht und wie wunderschön die Gegend der Erde, da sie wohnen. Nein, Gott muss seine Gebote in unser Herz schreiben, Jer. 31, immer von Neuem, und die Gebete, das Vaterunser muss er uns lehren, lehren lassen. Danach sehen wir die Gebote auch am Firmament geschrieben und danach schöpfen wir manch Vaterunser aus der Schöpfung auch wie aus der eignen Brust.

In Betrachtung dieses teuren Gebets wollen wir heute weiter gehen, zu der ersten von den sieben Bitten, die es befasst. Bitten, ja, befasst das Vaterunser nur, keine Fürbitten, keine Danksagungen, was wohl diesem Gebet als ein Mangel nachgesagt worden ist, den es hätte. Wir müssen, geliebte Christen, allerdings wohl Gehör haben für diese Erinnerung, wenn von uns oder wem behauptet wird, das Vaterunser befasse Alles, was vor Gott zu bringen wäre. Denn 1. Tim. 2, heißt es: „Tut Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung,“ und Kol. 1: „Danksagt dem Vater,“ und ein alttestamentliches Wort, Ps. 50: „Wer Dank opfert, der preist mich,“ und selbst wenn solche biblische Vorschrift fehlte, mit der Bitte ist der Dank zugleich gelehrt, wer das Eine tut, achtet sich des Anderen schuldig, muss ein Versäumen der Danksagung nach erhörter Bitte eine Versündigung an Gott dem Geber heißen. Wir sagen aber dies: Das Vaterunser will ja keineswegs das einzige Gebet sein, das ganze Betgebiet umfassende Gebet sein, und nicht allein, dass es andre Gebete neben sich leidet, es weckt selbst andre Gebete in eines Gottgläubigen Herzen auf. Das tut es. Die Fürbitten aber liegen hier in dem uns und unser der vier letzten Bitten. Was insonderheit das Danksagen betrifft, o da möge nur ein Vaterunserbeter erfahren, dass Gott ihm den Segen des täglichen Brotes gibt, dass Gott ihm seine Schulden vergibt, mit Versuchungen, in die Andre kommen, ihn verschont, von allerlei Übels Leibes und der Seel' ihn erlöst, - oder er sieht den Willen Gottes auf Erden geschehen wie im Himmel, das Reich Gottes sich ausbreiten in der Welt und uns selbst immer völliger dahineinziehen, die Heiligung des Namens Gottes sich mehren, die Entheiligung sich mindern, so treiben die Bitten ihn unablassend zum Danken, und ginge kein anderes Dankgebet ihm zu, dann spräch' er jede Bitte wieder mit den vorgesetzten oder vorgedachten und veränderten Worten: Vater unser, der du bist im Himmel, ich danke dir, dass du uns hilfst deinen Namen heiligen, danke dir, dass du Menschenwerk zur Ausbreitung deines Reichs also segnest, dass du bösen Willen brichst und hinderst, aber deinem Willen die Bahn machst und ihm Raum schaffst, und bei jeder Bitte so weiter. Deswegen also, weil es mit dem nachgesagten Mangel an Dankworten im Vaterunser so sich verhält, behält dieses Gebet für uns seinen hohen Wert, und liegt in der Einrede nichts, das uns abhält, weiter, wie angefangen ist, so fortzufahren, durch nähere Betrachtung uns das liebe Gebet noch lieber zu machen.

Wir beten an des Textes Stelle ein andächtiges Vaterunser.

Zwei Wege sind aufgetan, die wir gehen können, der eine ist der Weg der Erklärung, mit welchem die Erbauung zur Seite sich auf dem Fußpfade hält, der andere ist der Weg der Erbauung, da, wenn sie gebraucht werden soll, die Erklärung hervorgerufen wird. Gehen wir diesen letzteren, indem dass wir die erste Bitte

Geheiligt werde dein Name

preisen als eine Bitte:

I. an welcher sich unsre natürliche Selbstsucht bricht,
II. vor welcher alle Menschenvergötterung fleucht,
III. in welcher sich unser inneres Leben spiegelt,
IV. von welcher auch unser äußeres Tun beleuchtet wird,
V. mit welcher wir uns weiter in unser Christentum hineinbeten.

I.

Geheiligt werde dein Name, das ist nun die erste, die oben angestellte Bitte. Irrte derjenige wohl, der dafür hielte, sie sei die Mutter und die folgenden sechs Bitten ihre Töchter? mit unbildlichem Wort, dass sie in ihr befasst seien und lassen von ihr sich ableiten? Was die zweite und dritte Bitte betrifft, so liegt es offen dar, dass sie aus der ersten hervorgehen. Sein Reich kommt ja eben, sein Wille geschieht ja eben und indem und derweil, wenn sein Name geheiligt wird. Vornan, obenan, da pflegt doch das Wichtigste, Nötigste, Nächste, wenn es eine Bitte ist, in andern Dingen das Schönste, Beste, Herrlichste seine Stelle zu bekommen, wenn jemand Stellen zu geben versteht. Ob wir diesen Verstand wollen zusprechen dem, der uns das Vaterunser gegeben hat? Ebenso pflegt ja das Leichtere beides im Begreifen und im Tun immer dem Schwierigeren und dem Schwereren voraufzugehen, wenn die Anordnung mit Einsicht gemacht wird. Ob wir diese Einsicht zusprechen dem, der von sieben Bitten diese: Geheiligt werde dein Name, vorangestellt hat? So wird hoffentlich ein Jeder tun, falls noch nicht aus der ersten Predigt wieder vergessen ist, dass Jesus Christus uns das Vaterunser gegeben hat, wie es lautet. Darauf denn sag' ich: Lasst einen Menschen ein Gebet für Menschen machen, dass sie es beten, so, so wie hier wird er nimmer damit zu Werke gehen, sondern er wird, was begreiflich ist, was näher liegt und den Menschen nötiger ist, ist oder scheint als Anderes, dasselbige wird er zuerst nennen und zuerst zu beten geben. Christus nicht so. Der Mensch denkt erst an sich und danach an Gott, spricht erst von sich und seinem Bedürfnis, danach von dem, was die Sache Gottes ist, sucht erst, worauf sein Begehren steht, danach, was zur Ehre Gottes gereicht. Ists nicht also? und in Gemäßheit mit jenem Wort des Propheten Jes. 26: „Herr, wenn Trübsal da ist, so sucht man dich; wenn du sie züchtigst, so rufen sie ängstlich?“ Hörer dieses Worts, denkt nur an euer Beten, was da immer zuerst kommt und was danach, wenn überhaupt etwas von dem, was die erste Bitte besagt, wirklich danach kommt und nicht ganz ausbleibt. Macht ihr nicht bei euch die siebente Bitte zu der ersten oder die vierte zu der ersten? Aber Christus verfährt umgekehrt und fängt an, ja fährt fort, als sollte der Mensch und seine eigene Sache gar nicht ihr Aussprechen im Vaterunser haben. Danach sieht es aus während der drei ersten Bitten, auf sie erst folgen unsre menschlichen Angelegenheiten, die einstweilen nicht gedacht werden sollen. Sage ich nun nicht recht, dass die erste Bitte eine sei, an welcher sich unsre Selbstsucht breche?

Wahrlich nicht anders als spräche Christus damit: Sei du hungrig oder krank oder verunehrt, oder was immer für Not du habest, eigne Not oder fremde, Leibesnot oder Seelen, es hat Zeit, dass du damit kommst, gedulde dich, verleugne dich, vergiss dich und denke zuerst an Gott, dass der seine Ehr' erhalte und sein Name die Heiligung erfahre. So hat Christus die Sachen gestellt und uns gebührt es sie in dieser Ordnung zu lassen. Und lassen wir in dieser Ordnung die sieben Bitten stehen, geheiligt werde der Gottesname, diese Bitte zuerst, als die auch ja den Betenden in das rechte Verhältnis setzt zu dem, an welchen er sein Gebet richtet, und ist wie eine Danksagung dafür, dass Gott mit dem Anfang des Vaterunsers uns hat locken lassen, dass wir mögen getrost und mit aller Zuversicht zu ihm bitten, - ihr hört Luthers Erklärung, - wie die lieben Kinder ihren lieben Vater bitten. Geheiligt werde dein Name, dies vorauf, die Sache Gottes, verglichen mit welcher unsere Sachen billig geschwiegen werden, bis weiter, die sich vordrängenden eigenen aber zurückgedrängt werden, bis die Reihe an sie kommt, oder wie ich sagte, bis dass sich unsre Selbstsucht an der ersten Bitte breche.

II.

Ein andres Brechen des Ich's, des Eigennutzes, der Selbstsucht, wie wir uns ausdrücken, wie es auch wohl im natürlichen Leben sich findet bis zu einem gewissen Maß, das geschieht in der Liebe für andre Menschen, in der Verehrung gegen andre Menschen und auch in der Furcht vor gewissen Menschen oder für sie. Da mags wohl geschehen, nicht wahr? dass die Menschen Gott bei Seite schieben und nehmen im Gemüt diejenige Stelle ein, die Gott zukommt. Ihr denkt an das erste Gebot, - wie sinnverwandt ist es auch mit der ersten Bitte! - an die Gebots-Erklärung in dem: Was ist das. „Wir sollen Gott über alle Dinge fürchten, lieben und vertrauen.“ Da ist denn allerdings manchmal eine Furcht unsertwegen nicht vorhanden, wenn wir jemanden in Nöten sehen, ob wir gleich selbst darin stecken, oder dass wir von keiner Furcht wissen für uns, wenn der nur und der auf unsrer Seite ist. Häufiger kommt diese Erscheinung vor in der Liebe. Da braucht man nicht weit zu suchen, in einem Hause um das andere findet sich solche Liebe zwischen Gatten, solche Liebe der Eltern zu ihren Kindern. Und was auch nicht selten vorkommt, worin sich das eigne Ich verklärt, die Bewunderung Jemandes, wegen seiner Leibesgestalt, wegen der Begabtheit seines Geistes, wegen einer und andern Hervorragung, Überlegenheit und was es ist an ihm, das ihm deswegen eine Ehr' erwiesen wird und sein Name einen Klang hat, den kein anderer, auch nicht der Name Gottes, und gilt ein Wort, das von ihm kommt, mehr als ein vom Himmel herabgeredetes. Dawider treten Gebot und Gebet, hier die erste Bitte: Geheiligt werde dein Name. Wessen Name? Betender, nicht Jemandes Name im ganzen Menschengeschlecht, nicht auf der ganzen Welt! Sind nicht alle Geschöpfe, hier wird der Schöpfer genannt, - schwache Wesen allzumal und können ihren eigenen Odem nicht bewahren? Gott ist der Allmächtige. Sind sie nicht fehlbare, fehlende Menschen? Die einen wie die andern, sind Sünder, Gott aber ist der Heilige. Es riefen die Seraphim, dass die Überschwellen bebten von der Stimme ihres Rufens, im Tempel, des Füllung der Saum war vom Kleide des Herrn auf dem erhobenen Stuhl, da ihn der Seher sah, Jes. 6, die riefen: „Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth, alle Lande sind seiner Ehre voll.“ Solch' Beten ist wahrlich ein Wegbeten, wer das spricht, und ob auch in seinem Innern nur, innerhalb der betenden Seele, eine Bebung ist dabei; derselbige betet aus seiner Seele damit weg, was Menschen gegeben ist und es kommt Gott zu, Lieb' oder Ehrfurcht oder Verehrung, wie es heißt, alle Menschenvergötterung fleucht von der ersten Bitte, wo die einzeucht: Geheiligt werde dein Name. Kraft ihrer wirft der Betende sich und alle, die seines Geschlechts sind, mit sich zugleich Gott zu Füßen.

III.

Was nennen wir heilig? Es ist ein schweres Wort, aber wohl getan soll's bei uns heißen, dass dieses schwere Wort schon in dem Vaterunser zu Anfang steht. Da keine Heiligkeit empfunden wird, da kann auch nicht Beten erfolgen rechter Art, und wären es siebenmal sieben Bitten, die danach kamen, so wären sie allesamt kein Beten. Aber ihr begehrt wohl, dass ich Versuchsweise eine Empfindung zum Begriff bringe. So sprech' ich denn: Bringst du, was heilig heißt, an deinen Verstand, so sagt der: Ich verstehe das nicht. Bringst du es zu einer Schätzung seines Wertes, so ist die Aussage: Hierbei findet keine Vergleichung statt. Bringst du es zur Würdigung, vor dein Gewissen etwa, so spricht dein Gewissen: Es ist ja das Allerlauterste und Reinste, kein Mangel an ihm noch Makel, nicht der kleinste. Bringst du es vor deine Empfindung, dass die soll einen Ausspruch tun, was das Heilige sei, so erklärt sie: Anziehend und abstoßend beides, erhebend und drückend, wenn es in unsrer Näh' ist, beides, Scheu erweckend vor seiner Verletzung, die hier Frevel heißt (3 Mos. 10, 1), vor jedem Mangel selbst an gebührlicher Ehrfurcht, hier fließen die erste Bitte und das zweite Gebot in einander: du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes nicht unnütz führen, und vornehmlich der zu einem Eidschwure dastehende, sehe der zu seiner Rechten die erste Bitte stehen und ihn aufmuntern: Was du jetzt tust, ist eine Heiligung des Namens Gottes, - das zweite Gebot zu seiner Linken und ihn warnen: Bist du deiner Sachen nicht ganz gewiss oder gar, wo du wissentlich falsch schwörst, was du dann tust, ist eine schwere Entheiligung des Namens Gottes; er wird dich wegen seines Namens Missbrauch nicht ungestraft lassen; lieblich ferner und peinlich im Gemüte ist, was heilig ist, und zwar je nachdem es eben, wenn das Heilige nahe kommt, mit mir selbst ist, in welchem Maß' ich rein oder befleckt, gut oder schlecht bin. Seht, Lieben, da habt ihr, wie begehrt, brauchen können wir es. Geheiligt werde dein Name, das ist denn eine Bitte, in welcher sich unser inneres Leben spiegelt, wie das ist. Wenn du ein bloßer Verstandesmensch bist, wenn die Welt, darin du bist, bloß mit Begriffen bevölkert ist, o das ist doch eine arme Welt und eine enge, du hast keinen Gott noch Geist darin und bist in der Tat ein Geist, ein gottloser Mensch. Kennst du nur Güter, die so viel wert sind und so viel, dafür sie dir feil sind, o selbst feil, der du bist! wenn man nur den Preis kennt, den du setzt auf dich, so bist du zu haben und bist zu brauchen, wozu immer. Wenn du vor deiner Seele nichts stehen hast, zu welchem du hinaussiehst als zu einem Unermesslichen und unendlich Erhabenen, ein Reines, in Vergleich mit welchem der Schnee schwarz und der Himmel voll Flecken ist und alle Menschentugend kaum von Sünden zu unterscheiden, so hoch leuchtet es, so hell strahlt es, wenn du das nicht hast, Jüngling, und hebst nicht zuweilen damit die Brust, wenn das dir fehlt, Jungfrau, und du erfüllst nicht zuweilen dein Herz damit, so sieht's traurig in euch aus; hingegen in welchem Maß ihr angezogen werdet davon und nicht abgestoßen, gehoben werdet Kraft dessen und niedergedrückt nicht, so dass ihr demselben nachhanget, nachgehet, nachflehet in euren innigsten Gebeten, alsdann steht es wohl in euch, da ist der Kiesel zum Spiegel geworden und Gottesheiligkeit strahlt euch an, gleichwie von eurem inneren Leben Heiligkeit wieder zurück strahlt, ein Licht, das Gott zu Ehren brennt, mit welchem ihr, soviel an euch ist, den Namen Gottes heiligt, ihr tut im inneren Sein, wie der Apostel fordert, 1 Petri 3, ihr heiligt Gott den Herrn in euren Herzen,

IV.

und lasst es nicht dabei, nicht bei dem Sein, sondern ihr zeigt es auch in euerm Tun äußerlich. Freilich das Eine wie das Andere ist ledigliches Menschenwerk nicht, wäre sonst die Heiligung Gottes kein Inhalt einer Bitte, was es doch ja ist und noch dazu der ersten Bitte. Wir rufen Gott von seinem Himmel herab, bei uns zu wohnen, bieten unser Herz ihm, dass er darin seinen Stuhl habe und von da aus unsre Hände strecke zu gutem Werk, die Füße richte auf ebene Bahn, unsre Augen lenke, dass sie nicht auf Verbotenes stehen, unsere Zung' regiere, dass wir kein faul Geschwätz reden. Nimm uns hin, Vater unser, der du bist im Himmel, nimm uns hin und brauch' es zu deiner Ehre! nichts ist so teuer uns, das nicht teurer uns wird, wenn du es nimmst, weih'st, brauchst zu einem Werkzeuge deiner Heiligung auf Erden! lös' es ab von Banden, mit welchen es gehalten worden seither! reiß' es denen aus der Hand, die es missbrauchen zu deines Namens Entheiligung! tue die Hüllen ab, unter welchen dein Bereitetes liegt, und ziehe die Decke vor deinem Fertigen weg! wir können doch ja vor dir beten. Aber ach, es geschieht immer so vieles noch, daran auch keine Spur zu sehen ist, dass es getrieben von dir dazu getan worden, und hat von einem Gottesdienst auch die Farbe nicht, ganz zu geschweigen Wesen und Gestalt. Ja, wir müssen uns schämen, dass du noch in so manchem Worte, Werke entheiligt wirst und dein hoher Name nicht unnütz bloß geführt, sondern der Verstellung als Schleier, der Lüg' als Schirm über der Stirn, selbst der frechen Lüg' im Meineid als Werkzeug einigen Frevlern dienen muss, um zeitlichen Schaden abzuwenden, einen zeitlichen Vorteil zu erhaschen wider Recht und Wahrheit. Davor behüte uns, lieber himmlischer Vater!

Mitbetende Hörer, hörende Mitbeter, wie gehen wir mit demjenigen um, was Gott geheiligt hat? Von der ersten Bitte im Vaterunser wird unser äußerliches Tun beleuchtet. In dieser Rede ist es sein heiliges Wort, das uns beschäftiget. Wenn es in dieser Stunde zu Ehre Gottes geschieht, ich glaube das und möcht es auch von euch Allen versichern, allein nach dieser Stunde, wie bewahren wir's? und morgen und übermorgen lassen wir es auch dann noch seinen Dienst tun, um inneres und äußeres Leben damit zu reinigen, zu heiligen? Dieser Tag ist dem Herrn heilig, wie bringen wir ihn zu? Mancher so, dass er eher für einen Gottesleugner als für einen Gottesbekenner gehalten werden sollte, solche Dinge tut er, verführt und verführend, dass von ihm gesagt wird, wie Paulus den Römern das vorhielt Kap. 2: „Eurethalben wird Gottes Name gelästert. Der, der macht sich nichts aus Sonntag, aus Predigt, aus Bibel, aus Gebet, aus Sakrament, was sollte ich mir denn daraus machen! sie sind klüger als ich, gelehrter als ich und werden weniger als ich von den Übungen der Frömmigkeit abgehalten. Das ist denn die Beschwerung mit fremden Sünden noch zu den eigenen hinzu, so strafbar die einen wie die andern. Wehre dem, o Gott, steure, lass deine Heiligkeit fallen über jeden zum Schreck, der solches tut und wagt doch die Bitte: dein Name werde geheiligt, auszusprechen.

V.

Du hast uns für dich geschaffen, ist von dem Kirchenlehrer Augustinus gebetet, und unser Herz ist unruhig, bis es seine Ruhe in dir findet. Vor dem Spiegel der ersten Bitte, bei dem Lichte der ersten Bitte tut sich in beiden, in unserm inneren Leben und in unserm äußerlichen Tun so vieles kund, das uns wohl unruhig machen kann. Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth, und wir sind so unheilig, unheilig, unheilig; alle Lande sind seiner Ehre voll, aber hier ist's leer von seiner Ehr' und andre Namen gelten uns mehr als seiner. Was sagen wir von dem, der empfangene Wohltat zum Schaden oder Schimpf seines Wohltäters braucht? Der Undankbare! der Schändliche! Allein, wie tun wir mit empfangenen Gottesgaben oftmals? Du mit deiner Gesundheit frönst in Kraft ihrer dem Laster! Du mit Gütern, die dir verliehen sind, sie müssen dir zur Befriedigung deiner Lüste dienen! Du mit guter Begabtheit des Geistes, brauchst sie um die Trägheit damit zu decken, oder die Minderbegabten damit zu drücken, oder die Arglosen damit zu berücken! Und dass ich Eins hervorhebe recht aus dem Leben, du, dessen Leib dein Schöpfer gekleidet mit Wohlgestalt und hat dein Angesicht geschmückt mit Schönheit und Lieblichkeit, dafür solltest du Gott danken und durch Frömmigkeit des Herzens des Angesichts Lieblichkeit erhöhen, anstatt dessen hängst du die Gabe Gottes als ein Schild aus, spannst sie als ein Netz aus, legst sie als eine Fußangel in den Pfad, da der gehet, dessen du habhaft werden willst für deine schlechten Absichten. Es sei genug, ich wollte nur in Anleitung der ersten Bitte dies fragen, so Gott mit dem Worte ist, einen nur andern unruhig machen, welcher ruhig ist und sollt' es nicht sein. Indessen wer, über des' Lippe die erste Bitte kommt mit Bedacht, kann ruhig bleiben? Zu wem aber dann gehen, um von ihm Ruhe zu holen? zu Gott? Vor dem flieht er! Bei sich bleiben und die Sache beruhen lassen auf sich selbst? Sie liegt nicht still und lässt ihm keine Ruhe. Hiermit vermerkt ihrs, Christen, wie das Wort zu nehmen, da ich sagte: Mit der ersten Bitte beten wir uns ins Christentum hinein. Matth. 11. „Kommt her ihr Mühseligen und Beladenen, ich will euch erquicken, bei mir werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Wer sagts? Christus. Das ist ein Weg, da wir uns mit der ersten Bitte ins Christentum hineinbeten. Ungedeutet, wenn auch das nur, werde ein zweiter, ein dritter noch. Dies ist noch einer: Wenn es 2 Mos. 23 von einem Jemand heißet mit dem Worte Jehovahs: Mein Name ist in ihm, wer mag das sein? Sollte der Apostel irren, wenn der schreibet von einem mitfolgenden Christo in der Wüste, von einem versuchten Christo in der Wüste, durch welche Israel zog? Ich meines Teils bin gewohnt des Neuen Testamentes Erklärungen über alttestamentarische Schriftsteller gläubig anzunehmen. Ist dem aber so, nun, wenn wir beten: Geheiligt werde dein Name, so beten wir zugleich zu Christo, als in welchem der Name Gottes ist. Und noch einen anderen Weg, den ich andeuten wollte, macht uns neutestamentliches Schriftwort offenbar. Da heißt es Joh. 1 von Christo: Und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingebornen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. Da heißt es Joh. 5: Wer den Sohn nicht ehret, der ehret auch den Vater nicht, der ihn gesandt hat. Da heißt es Phil. 2: Gott hat ihm einen Namen gegeben, der über alle Namen ist, dass in dem Namen Jesu sich alle Knie beugen sollen. Darum, Christen, wenn wir den Namen Gottes an unserm Teil heiligen wollen, nein wir können es nicht, ohne zu ehren, den Gott geehrt, und lassen uns führen von einem Namen zu dem gleich herrlichen, bewegen den Rücken, heben das Haupt, blicken zum Kreuz hinauf als in den über uns stehenden Himmel hinein und beten uns mit der ersten Bitte ins Christentum hinein und in die Gemeinschaft aller Heiligen hinein und in das Vaterunser selbst hinein. Als wir nun gelehrt sind darüber, so legen wir die Erbauung der ganzen Stunde am und zum Schluss der Predigt in die Bitte: Gott, hilf uns beten: Geheiligt werde dein Name. Amen.

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autoren/h/harms_c/harms_claus_vaterunser_3.txt · Zuletzt geändert: von aj
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