Blumhardt, Johann Christoph - Über die Lehre von den Engeln - 7. Der Engel des HErrn als Gabriel.
Eine besondere Eigentümlichkeit des Engels, der dem Zacharias erscheint, ist die, dass er sich im Verlauf einen Namen gibt, indem er sagte: „Ich bin Gabriel, der vor Gott steht, und bin gesandt, mit dir zu reden, dass ich dir Solches verkündige“. Hierauf bezüglich wird sodann nachher der Engel, der zu Maria kam (Luk. 1,26), geradezu Gabriel genannt, zur Anzeige, dass es derselbe Engel gewesen sei, was voraussetzt, dass er auch bei Maria in gleicher Weise sich eingeführt haben werde, wie bei Zacharias, obgleich es nicht ausdrücklich dasteht. Weil solche Benennung etwas Befremdendes hat, müssen wir auch sie besprechen, hauptsächlich denen gegenüber, welche schon um solcher Namen willen alle Engelgeschichten in die Fabelwelt zu versetzen geneigt sind, wie es denn bei manchen Auslegern der Schrift als ausgemacht erscheint, dass in jede Erzählung, in welcher Engel eine Rolle spielen, Mythisches, d. h. Fabelhaftes oder geschichtlich Unwahres, sich eingeschlichen habe. Diese Ausleger sind darum gleich bei der Hand, aus späteren jüdischen Schriftstellern, auch aus dem Talmud, Darstellungen der Engellehre, welche nur ein sonderbares Spiel der Phantasie sein können, mit hereinzuziehen, um mit desto größerem Rechte auch die biblischen Engelgeschichten in denselben Phantasienebel einzuhüllen. Indem man nämlich Biblisches und sonst Jüdisches so ineinander mengt, dass man das Eine von dem Andern kaum mehr unterscheiden kann, so geschieht dies nur zum Nachteil des Biblischen, weil Jeder sich berechtigt glaubt, bezüglich der Engellehre Alles mit einander als ungeschichtlich fallen zu lassen. Wie viel aber dabei von der ganzen Geschichte der heiligen Schrift mitfallen muss, und wirklich im Gemüte der heutigen Christen mit fällt, kann man nur mit Schrecken wahrnehmen. Wir werden aber. sehen, wie auch die wenigen, in der Schrift vorkommenden Benennungen von Engeln gar wohl einen geschichtlichen Boden haben können, ohne dass man misstrauisch Abergläubisches zu wittern braucht.
Wir stellen zuerst alles hierher Gehörige zusammen. Im Alten Testamente finden wir nur die beiden Engelnamen Gabriel, d. h. „Held Gottes“ (Dan. 8,16; 9,21), und Michael, d. h. „Wer ist wie Gott?“ (Dan. 10,13.21; 12,1), und beide allein im Buche Daniel, welches durch speziellere Weissagungen von den andern prophetischen Büchern sich unterscheidet. Sonst nennt sich noch im Buch Josua (4,14) der vor der Eroberung Kanaans dem Josua erscheinende Engel „den Fürsten über das Heer des HErrn“, wie Michael bei Daniel „der vornehmsten Fürsten Einer“, und ferner „der große Fürst, der für das Volk Israel stehe“, genannt wird.
Im Neuen Testamente kommen keine weiteren Namen vor, sondern wiederum nur Gabriel bei Zacharias und Maria in Lukas (1,19 u. 26) als der die Ankunft des Messias ankündigende Engel, und wie wir sehen werden, mit offenbarer Beziehung auf die Aussprüche bei Daniel. Michael wird sodann im Briefe Judä (V. 9) angeführt, wo er zugleich der Erzengel genannt wird, der mit dem Teufel zankte und zu diesem sagte: „Der HErr strafe dich“, was wiederum seine Beziehung zu einer Stelle im Propheten Sacharia (3,2) hat, wo von dem dort erscheinenden Engel gesagt wird, dass er dem Satan widerstanden habe mit den Worten: „Der HErr schelte dich!“ Derselbe Michael kommt auch Off. 12,7 vor, als „Einer, der an der Spitze seiner Engel mit dem Drachen stritt“. Zusammenstimmend mit diesem, finden wir nur noch Einmal bei Paulus (1 Thess. 4,16) des Erzengels gedacht, mit dessen „Feldgeschrei und Stimme unter Trompetenschall der HErr kommen werde“.
Dies ist Alles, was in der ganzen heiligen Schrift von den bestimmten Persönlichkeiten einzelner Engel gesagt wird; und wir sehen schon hieraus, wie wenig Recht man hat, bei diesen Stellen der Schrift nur gleich mit dem ganzen Heere abergläubischer Phantasien, wie sie in den noch vorhandenen Schriften späterer Juden sich finden, zur Erklärung oder Beleuchtung oder eigentlich zur Verdächtigung aufzuziehen. Indessen erwähnen wir nur noch das, dass in dem apokryphischen Buch Tobias (3,25; 5,6.18; 12,15) des Erzengels Raphael, d. h. Gottesarzt, gedacht wird. Dieser nennt sich zuerst auf die Frage, wer er sei, einen Israeliten. Dann bestimmter Azarias, des großen Ananiä Sohn, was wir so gesagt sein lassen, bis er zuletzt sich zu erkennen gibt (12,15) als „Raphael, einen von den sieben Engeln, die vor dem HErrn stehen“. Ihm war aufgetragen, den jungen Tobias auf seiner Reise zu begleiten, und dessen zukünftige Frau durch Anleitungen, die er dem Tobias gab, von einem bösen Geiste zu befreien. Dass allerdings hier schon jüdische Phantasie ihr Spiel treibt, ist nicht zu leugnen; aber die einfachen, nüchternen biblischen Erzählungen und Angaben sollten doch das nicht zu entgelten haben, so wenig, als was sonst noch im 4. Buch Esra, einem von Luther nicht übersetzten apokryphischen Buch des Alten Testaments, von einem Uriel (4,1; 5,20; 10,28), ferner dem Erzengel Jeremiel (4,36) und endlich dem Fürsten des Volks Sealthiel (5,16) berichtet wird.
Indem wir nun das Biblische etwas weiter erläutern, so bemerken wir voraus, dass es uns nicht befremden sollte, wenn mitunter auch individuell Persönliches von Engeln, die mit Menschen in Berührung kommen, angedeutet wird. Sind Engel, so sind sie doch auch vernünftige Personwesen; und so erscheint es sonderbar, wie man, wenn die Schrift ihre Persönlichkeit irgendwie betont, nur gleich ein Geschrei erheben mag über Aberglauben, der sich mit der gesunden Vernunft und mit nüchternem Denken nicht vertragen könne. Offenbar sind die Engel Gott ähnliche Wesen, um nichts geringer als die Menschen. Obwohl sonst ganz Eins mit Gott, haben sie doch auch eine freie selbständige Persönlichkeit, wie wir sie auch für die Menschen erwarten, wenn sie in die vollkommenste Einheit mit Gott gekommen sind. Denn darin eben besteht das Große der zukünftigen Seligkeit, dass die Wesen neben dem Einssein mit Gott, und neben einem vollkommenen Gehorsam unter Seinen Willen, doch auch wieder selbständige freie Persönlichkeiten sind. Wie bestimmt das Personwesen der Menschen insbesondere hervortreten soll, ist damit angedeutet, dass den Getreuen mit dem Zeugnis soll ein neuer Name gegeben werden, „welchen Niemand kenne, denn der ihn empfahe“ (Off. 3,17). Man kann nicht stärker, als mit diesen Worten, die Personbedeutung jedes Menschen ausdrücken. Gerade so ist es auch bei Engeln. Sie müssen je nach ihrer Persönlichkeit verschieden gestellt und befähigt sein. Wäre dem nicht so, so wären ja die Wesen nichts Anderes in der Hand Gottes, als uns die vernunft- und darum personlosen Haustiere. Auch der Heerscharen im Großen mag es daher verschiedene geben, wie schon in dem Spruch (Psalm 103,21) liegt: „Lobt den HErrn, alle Seine Heerscharen“, und wie auch aus den Benennungen der Cherubs und Seraphs zu ersehen ist. Wenn nun unter diesen wieder eine Mannigfaltigkeit von Abstufungen, Ständen und Geschäften gedacht und angenommen wird, so kann doch darin nichts Befremdendes liegen, sofern eine Vorstellung, die auch an die jetzigen menschlichen Verhältnisse erinnert, nicht an und für sich unvernünftig oder aberwitzig genannt werden kann. Werden darum gewisse Engel Heerfürsten genannt, die an der Spitze Vieler stehen, werden sie stärkere Engel vor andern (2 Petr. 2,11 und sonst Off. 5,2; 10,1; 18,21), werden sie Erzengel genannt, d. h. Oberste über allen andern, erscheinen sie als die sieben Geister, die die Kräfte des heiligen Geistes repräsentieren (Off. 1,4), als die Engel des Angesichtes des HErrn (Jes. 63,9, wenn wörtlich übersetzt, siehe oben), oder als Opferengel, welche die Gebete der Heiligen als Weihrauch Gott darbringen (Off. 8,4), werden überhaupt unter den Engeln Thronen, Fürstentümer, Herrschaften, Gewaltige (Kol. 1,16), Kräfte (1 Petr. 3,22) unterschieden, - so kann uns das Alles nicht befremden, sondern muss uns dazu helfen, eine recht lebendige und wohltuende Anschauung von den Engeln zu bekommen, weil sie dann nicht als willenlose Maschinen oder Puppen erscheinen; und man möchte es fast einen Frevel am Heiligen nennen, dergleichen um der übertriebenen Phantasien der späteren Juden willen ins Abergläubische, oder gar ins Lächerliche ziehen zu wollen. Sind überhaupt Engel, so lässt sich's gar nicht anders denken, als wie wir's ganz unbefangen und als selbstverständlich in der heiligen Schrift vorausgesetzt finden.
Was nun die Namen der beiden Engel Gabriel und Michael betrifft, die einzigen, wie bemerkt, die in der Schrift vorkommen, so ist nicht entfernt daran zu denken, dass es die diesen Engeln eigens auch jenseits zukommenden Namen seien. Sie sind vielmehr für uns gegeben, damit sie uns in dem, was ihnen obliegt, bestimmt bezeichnet wären, auch angedeutet sei, wie dieselben Engel fortgehend demselben Berufe obliegen. Sie zeigen die Identität der Engel mit früher erschienenen an. Solches zu wissen, muss unsrem Gemüte wohltun, und unsern Glauben stärken, namentlich die Personen, denen die Engel erscheinen, ungemein ermutigen, weil das Verkündigte und Gewirkte, wenn oft durch dieselben Engel vermittelt, um so bestimmter als etwas von Anfang an von Gott Beschlossenes und stetig Festgehaltenes erscheint. Auch macht es die Zusammengehörigkeit aller Offenbarung deutlich, wie auch die Beziehung der späteren zu den früheren Zeiten. Soll ja die Offenbarung ein zusammengehöriges Ganzes sein, und nichts, wie zufällig, für sich allein dastehen, was mit nichts klarer dargestellt werden konnte, als mit Namen wenigstens der wichtigsten Engel, die immer wieder für den gleichen Zweck der Offenbarung als dieselben hervortreten. So ist mit Gabriel uns angezeigt, wie in der Regel derselbe Mund dasselbe nach dem Auftrag Gottes verkündigt, und mit Michael, wie in der Regel dieselbe Hand denselben Kampf als von Gott aus führt. Schon wenige Namen, und auch diese nur sparsam angeführt, reichen sodann hin, unser Gefühl der Gemeinschaft mit den Engeln zu erhöhen, indem wenigstens in etwas dadurch die Persönlichkeit Aller uns näher gerückt wird. Solches Gemeinschaftsgefühl aber darf wohl unser Gemüt berühren, wenn wir sonst wissen, wie sehr die Engel sich freuen über Einen Sünder, der Buße tut (Luk. 15,10), wie sie ausgesandt sind zum Dienste derer, die ererben sollen das ewige Leben (Hebr. 1,14), wie sie uns als Kindern zum Schutze beigegeben sind (Matth. 18,10), wie es sie gelüstet, hineinzuschauen in die Geheimnisse Gottes, die geoffenbart werden sollten (1 Petr. 1,12), wie wir, indem wir gläubig geworden sind, gekommen sind auch zu der Menge vieler tausend Engel (Hebr. 12,22), wie einmal die Engel in der Gemeinschaft der Heiligen in der Herrlichkeit des wiederkehrenden Heilandes erscheinen werden (2 Thess. 1,7.10), wie wir einmal sein werden, wie die Engel im Himmel (Mark. 12,25), wie überhaupt zuletzt alle der Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erden sind, in dem Namen JEsu sich beugen sollen (Phil. 2,10). Ist dem Allem so, so kann es nur zu unsrer Erbauung dienen und zu sicherer Freude, in keinem Fall als etwas Ungereimtes und Seltsames erscheinen, wenn etliche Engel durch eine Benennung eine bestimmte Persönlichkeit für uns gewinnen, und dadurch alle, den Menschen in dieser Zeit noch dienenden Engel unsrem Gemüte näher kommen, obwohl sie andererseits uns auch wieder ferner stehen müssen, damit keine abgöttische Verehrung auf unsrer Seite sich einschliche.
Alles Bedenken muss vollends verschwinden, wenn man im Text nachsieht, wie jene beiden Namen gleichsam erst entstehen. Daniel hatte, um zuerst von Gabriel zu reden, ein Gesicht gesehen (Kap. 8), das in die weiteste Ferne, ja in die Zeit des Endes (8,17) und auf die Zukunft Christi zielte, und das Daniel gerne verstanden hätte. Letzterer stand zwischen den Ufern oder Krümmungen des Flusses Ulai, und sah da eine Gestalt, wie eines Mannes. Dabei hörte er die Stimme eines Menschen, d. h. eines andern Engels, welche, nach dem ersten gerichtet, rief und sprach: „Gabriel“, (d. h. Held Gottes), „lege diesem das Gesicht aus“. Der Name entsteht also durch das Zusammentreffen zweier Engel, von denen der Eine auf den Andern hinwies. Gerade der Person des letzteren soll damit eine Bedeutung gegeben werden, und es wird darauf hingedeutet, dass eben er es ist, der für gewöhnlich zu dem erscheint, wozu er in der Anrede aufgefordert wird. Es ist derjenige Engel, durch welchen Gott die Offenbarungen bezüglich des Endes, und was dazu gehört, an die Propheten in der Regel vermittelt. Desselben Engels, der also auch in seiner Erscheinung etwas Unterscheidendes hatte, sollte sich Daniel später (Dan. 9,20 ff.) wieder erinnern, wozu der Name mithalf. Während da Daniel betete, stets auf die Endschicksale des Volkes Gottes mit seinen Gedanken gerichtet, heißt es: „Eben da ich so redete in meinem Gebet, flog daher der Mann Gabriel, den ich vorhin gesehen hatte im Gesicht, und rührte mich an“ rc. Nun trat der Berufscharakter dieses Engels noch deutlicher hervor, indem derselbe jetzt von den bekannten 70 Wochen berichtet, von der zukünftigen Versöhnung der Missetat des Volks, und dass bis auf Christum, den Fürsten, (so ist's ausgedrückt), die Stadt, die eben in Trümmern lag, würde wieder aufgerichtet werden. Die Verkündigung des kommenden Messias war also das Geschäft des Engels, der Gabriel genannt wurde, und zwar, wenigstens vornehmlich eben dieses Engels, dem es meist, können wir wohl hinzudenken, von Anfang an von Gott aufgetragen war, und stets wieder aufs Neue aufgetragen wurde. Derselbe Engel nun, und wie schön stimmt das Alles zusammen! Beide war es von der größten Wichtigkeit, eben von dem Engel, der erscheint dem Zacharias, erscheint der Maria; und für im Propheten mit Namen genannt war, die wunderbare Botschaft von der nun erfolgenden Ankunft des Messias auf Erden zu vernehmen. Brauchte es doch gerade für sie eines sicheren Anhalts an die Propheten. Wenn wir wollten, könnten wir den weiteren Schluss machen, dass es etwa eben auch dieser Engel gewesen sei, der schon dem Abraham im Namen des HErrn den zukünftigen Segen verhieß, der von seinem Samen über alle Geschlechter kommen würde (1 Mos. 12), obgleich dort gar keines Engels, sondern nur des HErrn gedacht ist, ferner dass derselbe Engel des HErrn den Hirten auf dem Felde die Freudenbotschaft zurief, dass der Heiland, Christus, geboren sei. Wie mag aber, wenn man das Alles überdenkt, Jemand sich herausnehmen, in dieser ganzen Geschichte um des Namens willen Ungereimtes oder Seltsames oder Abergläubisches herauszufinden, wenn überhaupt die Bezeigungen Gottes durch Engel als etwas Geschichtliches, und das sind sie wahrlich! angenommen werden wollen. Ähnliche Betrachtungen lassen sich über den Namen Michael, (d. h. „Wer ist wie Gott?“ nach der gewöhnlichen Auslegung, Andere nehmen's auch anders), machen. Daniel hatte gebetet, und ein Engel erscheint ihm, und sagt, ein Satansfürst in Persien hätte ihm widerstanden, bis ihm Michael, der vornehmsten Fürsten Einer, zu Hilfe gekommen sei (Dan. 10,13). Da ist es also wieder das Zusammentreffen zweier Engel, was zu einer Benennung Anlass gibt; und die Person des Engels, der mit Namen genannt wird, bekommt wieder dadurch eine besondere Bedeutung. Die Vorstellung aber, dass ein Engel dem andern helfe, als der Stärkere und besonders von Gott Ausgerüstete, gibt einen Einblick in die Stufenverhältnisse der Engel, die einmal sind und gegen deren Vorhandensein sich nichts einwenden lässt, wenn man überhaupt eine Engelwelt sich wirklich denkt. Auch später (10,21) wiederholt es der andere Engel, dass Keiner sei, der ihm gegen den Widersacher helfe, denn der Fürst Michael; und noch einmal (12,1) wird Letzterer der große Fürst genannt, der für Israel stehe und zu seiner Hilfe sich aufmachen werde, namentlich in der entscheidenden letzten Zeit; mit solchen Stellen ist Michael als ein oberstes Personwesen unter den Engeln bezeichnet, welches stetig im Kampfe für Israel wider entgegenstehende Mächte sich befindet. Ihm vornehmlich ist vom HErrn solcher Kampf aufgetragen; und in ihm konzentrieren sich andere Engelscharen, die im Kampfe mithelfen.
Derselbe Engel, Michael, nun wird auch im Brief Judä der Erzengel genannt, der mit dem Teufel um den Leichnam Mosis zankte, und, ohne das Urteil der Lästerung zu fällen, nur sprach: „Der HErr strafe dich“. In der Offenbarung (12,7-9) erscheint er nebst seinen Engeln in einem Streit mit dem Drachen, in Folge dessen dieser ausgeworfen, ward. Wir können nach diesen Stellen denselben Michael auch unter dem Heerfürsten, wenn wir wollen, verstehen, der dem Josua (Jos. 5,14) zur Hilfe erschien, ferner bei Sacharia (3,2) unter dem Engel, dem der Satan zur Rechten stund, dass er ihm widerstünde mit den Worten: „Der HErr schelte dich“, endlich unter dem Erzengel (1 Thess. 4,16), mit dessen Feldgeschrei und Stimme der HErr erscheinen wird in Seiner Zukunft, vielleicht hiernach auch unter dem Zeichen des Menschensohnes, das im Himmel erscheinen wird (Matth. 24,30). Wenn also auch Christus als der uns vorgestellt ist, der herrschen muss, bis dass Er alle Seine Feinde zum Schemel Seiner Füße gelegt hat, so geschieht Sein Herrschen mit Aussenden von Engeln, an deren Spitze stets ein bestimmter höherer Engel, darunter vornehmlich Michael, steht; und indem uns so nur Weniges von der Person der kämpfenden Engel gesagt wird, die immer wieder auftretend zu denken sind, so bekommen wir um so bestimmter den erhebenden Eindruck, dass es immer einerlei Kampf sei von Anfang an, bis zur Vollendung des Reiches Gottes, da aufgehoben werden wird alle entgegenstehende Herrschaft und alle Obrigkeit und Gewalt (1 Kor. 15,24). Wir sehen so, wie das Auffallende auch des Namens Michael („Wer ist wie Gott?“ vergl. Jes. 45,6.21.22 rc.) völlig für uns verschwindet, und wie die Namen in der Schrift nicht die geringste Beziehung zu den Albernheiten der jüdischen Engellehre, welche große Engelregister enthält, haben, sehen aber auch, wie leicht wir, wenn wir das Wort nur genau und gründlich betrachten, über die spöttischen Einwürfe der Gegner, welche Alles schnell nach dem oberflächlichen Schein richten und in die Rumpelkammer des Aberglaubens werfen wollen, hinüberkommen, wenn wir uns nur nicht durch eine Alles entleerende Weltweisheit aus der Einfalt verrücken lassen.