Spurgeon, Charles Haddon - Der himmlische Wind.
Gehalten am Sonntagmorgen, den 27. Mai 1877.
“Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl, aber du weißt nicht, von wannen er kommt und wohin er fährt. Also ist ein jeglicher, der aus dem Geiste geboren ist.“
Joh. 3, 8.
Der Heilige Geist ist zu bewundern, nicht allein wegen der großen Wahrheiten, die er uns in der Heiligen Schrift lehrt, sondern auch wegen der wunderbaren Weise, in welcher diese Wahrheiten sich einander das Gleichgewicht halten. Das Wort Gottes gibt uns nie zu viel von einer Sache und zu wenig von der anderen; es treibt nie eine Wahrheit bis zum Äußersten, sondern mildert sie durch die entgegenstehende Lehre. Die Wahrheit scheint wenigstens in zwei, wenn nicht in drei Parallellinien zu laufen, und wenn der Heilige Geist uns die eine Linie vor Augen stellt, so weist er uns weislich bin auf die andere. Die Wahrheit der göttlichen Unumschränktheit ist beschränkt durch die menschliche Verantwortlichkeit, und die Lehre von der reichen Gnade wird gewürzt durch eine Erinnerung an unbeugsame Gerechtigkeit. Die Schrift gibt uns, so zu sagen, das Acid und das Alkali; den Fels und das Öl, was daraus fließt; das Schwert, das schneidet, und den Balsam, der heilt. Wie unser Herr seine Evangelisten zu zweien aussandte, so scheint er seine Wahrheiten zu zweien zu senden, damit eine der anderen helfe, zum Segen derjenigen, die sie hören. Nun haben wir in diesem merkwürdigen 3. Kapitel des Johannes zwei Wahrheiten so deutlich gelehrt, als wären sie mit einem Sonnenstrahl geschrieben und nebeneinander gelegt. Die eine ist die Notwendigkeit des Glaubens an den Herrn Jesum Christum und die Tatsache, dass, wer an ihn glaubt, nicht gerichtet wird. Dies ist eine Grundwahrheit, aber die Möglichkeit ist da, sie so kahl zu predigen und so außer Zusammenhang mit dem übrigen Wort Gottes, dass die Menschen in ernsten Irrtum geführt werden. Rechtfertigung durch den Glauben ist eine köstliche Wahrheit, sie ist der Kern und Stern des Evangeliums, und doch kann man so ausschließlich dabei verweilen, dass man Viele veranlasst, andere wichtige, praktische und erfahrungsmäßige Wahrheiten zu vergessen und ihnen so ernsten Schaden tun. Salz ist gut, aber es ist nicht alles, dessen ein Mensch zum Leben bedarf, und wenn Leute sich von dem besten trockenen Brot nähren und von nichts anderem, so ist ihnen das nicht gut; jeder Teil der göttlichen Lehre ist von praktischem Wert und darf nicht vernachlässigt werden. Daher legt der Heilige Geist in diesem Kapitel eben so viel Gewicht auf die Notwendigkeit der neuen Geburt oder das Werk des Heiligen Geistes, und spricht es ebenso deutlich aus, wie die andere große Wahrheit. Seht, wie sie zusammenfließen: „ihr müsst von neuem geboren werden;“ aber: „auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ „Es sei denn, dass Jemand geboren werde aus dem Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen;“ aber: „Wer an ihn glaubt, der wird nicht gerichtet.“
Zwei große Wahrheiten sind in lichten Buchstaben über die Himmelspforte geschrieben, als das Erfordernis Aller, die eingehen: Versöhnung durch das Blut Jesu Christi und Wiedergeburt durch das Werk des Heiligen Geistes. Wir müssen nicht die eine Wahrheit der anderen vorziehen, noch der einen gestatten, die andere zu verbergen und in Vergessenheit zu bringen; sie sind von gleicher Wichtigkeit, denn sie sind von demselben göttlichen Geist offenbart und gleich nötig zur ewigen Seligkeit. Der, welcher die eine von ihnen predigen will, sollte auch fleißig die andere lehren, damit er nicht schuldig befunden werde, dass er die heilsame Vorschrift gebrochen: „Was Gott zusammen fügt, das soll der Mensch nicht scheiden.“ Vermeidet jede Zurückstellung des Glaubens und scheut ebenso sehr jede Unterschätzung des Werkes des Heiligen Geistes, so werdet ihr jene schmale Linie finden, in welcher der Pfad der Wahrheit läuft. Ihr müsst in Christo ruhen, damit ihr von Gott angenommen werdet, aber das Werk des Heiligen Geistes in euch ist durchaus nötig, damit ihr Gemeinschaft mit dem reinen und heiligen Gott haben könnt. Der Glaube gibt uns die Rechte der Kinder Gottes, aber die neue Geburt muss stattfinden, damit wir die Natur der Kinder haben; was würden uns Rechte nützen, wenn wir nicht die Fähigkeit hätten, sie auszuüben?
Heute Morgen will ich nun reden von dem Werk des Geistes Gottes und von dem Menschen, in dem der Geist Gottes gewirkt hat nach unserem Texte. Dieser kann auf zwei Weisen gelesen werden. Zuerst kann er sich deutlich auf den Heiligen Geist selbst beziehen. Erwartet ihr nicht, die Stelle so lauten zu hören: „Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht von wannen er kommt, noch wohin er fährt; also ist der Geist Gottes?“ Erwartet ihr nicht ganz natürlich, dass der Spruch so ende? Ja, und ich zweifle nicht, dass dies wirklich des Heilands Meinung war; aber sehr oft ist nach dem Sprachgebrauch des Neuen Testaments eine Sache nicht so ausgedrückt, wie wir nach unserer Redeweise es tun würden, z. B. „Das Himmelreich ist gleich einem Menschen, der guten Samen auf seinen Acker säte.“ Nun ist das Himmelreich nicht gleich dem Menschen, sondern gleich dem ganzen Vorgang in dem Gleichnis, wobei der Mensch der Haupthandelnde war. „Das Himmelreich ist gleich einem Kaufmann, der gute Perlen suchte.“ Aber das Himmelreich ist nicht gleich dem Mann, sondern die Vergleichung geht auf alles, was der Mann tut. So nimmt hier der Herr Jesus ein großartiges Gebiet der Wirkungen des Geistes, und nennt es, indem er es gleichwohl in einem noch weiteren Sinne meint. Es gibt gewisse Erklärungen unseres Textes, die dies klarer machen würden, wenn wir sie zulässig finden könnten, wie z. B. die, wo man das griechische Wort nicht durch „Wind“ wiedergibt, sondern es „Geist“ übersetzt: „Der Geist bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl.“ Ich nehme diese Erklärung nicht an, aber sie hat mehrere große Autoritäten für sich, und dies weist darauf hin, dass unser erster Teil richtig ist. Wenn wir davon gesprochen haben, wollen wir den Ausdruck in seinem zweiten Sinne nehmen, in Bezug auf den wiedergebornen Menschen, und bann lesen wir: „Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl, aber du weißt nicht, von wannen er kommt, noch wohin er fährt; also ist ein Jeglicher, der aus dem Geist geboren ist.“ Er selbst, gleich dem Geist, aus dem er geboren ist, ist frei und ist geheimnisvoll in seinen Wegen, aber wahrnehmbar durch den Ton seiner Werke und seines Lebens.
1.
Nehmt den Text in Bezug auf den Heiligen Geist selber. Das Bild ist der Wind, und wie die Meisten von euch wissen, ist das hebräische Wort für „Wind“ und für „Geist“ dasselbe, und es ist interessant zu beachten, dass das Gleiche der Fall ist mit dem griechischen Wort „pneuma,“ das beides, „Atem“ und „Geist“ bedeutet, so dass das Bild, welches der Heiland brauchte, ganz natürlich aus dem Wort hervorwuchs, dessen er sich bediente. Der Wind ist Luft in Bewegung und ist selbstverständlich etwas körperliches; aber die Luft ist anscheinend geistiger als eins der anderen Elemente, ausgenommen das Feuer, da sie nicht mit der Hand gefasst oder mit dem Auge geschaut wird. ist gewiss, dass der Wind wirklich existiert, denn wir hören den Ton desselben und nehmen seine verschiedenen Wirkungen wahr, aber er kann nicht berührt, angefasst oder geschaut werden; die Menschen können nicht damit handeln, ihn nicht mit der Elle messen oder in der Waagschale wiegen. Wir können Stunden lang die Wolken beobachten, wie sie dahin eilen gleich leicht beschwingten Vögeln, aber den Wind, der sie treibt, können wir nicht sehen; wir erblicken die Wogen, zur Wut gepeitscht vom Sturm, aber den Odem, der sie so erregt, können wir nicht schauen. Daher wird das Wort ein umso trefflicheres Bild jener mächtigen Gewalt des Heiligen Geistes, an dessen Dasein Niemand zweifelt, der je unter seinen Einfluss gekommen ist, der aber des ungeachtet in seinen Bewegungen nicht verfolgt werden kann, noch in seiner göttlichen Person geschaut; denn er ist geheimnisvoll, unbegreiflich und göttlich.
Das Bild des Windes kann den Heiligen Geist nicht völlig darstellen, wie ihr misst, und deshalb werden manche andere natürliche Bilder gebraucht, wie: Feuer, Tau, Wasser, Licht, Öl usw., um alle Erscheinungen seines Einflusses zu veranschaulichen; aber doch ist der Wind ein sehr lehrreiches Bild, so weit es reicht, und da wir alle Lehren, die darin liegen, nicht in Einer Predigt aufzeigen können, wollen wir uns begnügen, uns so genau wie möglich an den Text zu halten.
Zuerst, der Wind ist ein Bild des Heiligen Geistes in seiner Freiheit: „Der Wind bläst, wo er will.“ Wir sprechen von dem Wind, als dem Bilde der Freiheit; wir sagen zu denen, die uns in Fesseln legen wollen: „geht und bindet die Winde,“ wir selber, wir beanspruchen „frei zu sein wie die Winde, die nach ihrem eigenen Willen blasen.“ Niemand kann den Wind fesseln. Xerxes warf Ketten in den Hellespont, um das Meer zu binden, aber selbst er war nicht närrisch genug, von Fesseln für den Wind zu schwatzen. Die Lüfte lassen sich nichts vorschreiben. Der Cäsar mag gebieten, was ihm gefällt, aber der Wind wird in sein Gesicht blasen, wenn er sich nach dessen Seite wendet. Der Papst mag dem Sturm befehlen, sich zu ändern, aber er wird weder mehr noch weniger um den Vatikan blasen aus Rücksicht auf den heiligen Vater und seine Kardinäle. Eine Konferenz von außerordentlichen Gesandten aller Mächte Europas mag eine Woche lang zusammen sitzen und einstimmig beschließen, dass der Ostwind in den nächsten 6 Monaten nicht wehen soll, aber er wird sich um diese Vereinbarung nicht kümmern, sondern Staub in die Augen der Beratenden werfen und ihre Weisheit auspfeifen. Keine Proklamation oder Maßregel in der Welt wird im Stande sein, den Wind auch nur um einen halben Strich des Kompasses zu ändern. Er wird nach seinem eigenen Willen blasen, wo es ihm gefällt, wann es ihm gefällt, wie es ihm gefällt und weil es ihm gefällt, denn „der Wind bläst wo er will.“
So ist es, nur in einem viel höheren und nachdrücklicheren Sinne, mit dem Heiligen Geiste, denn er ist ganz frei und unumschränkt.
Ihr wisst, dass der Wind in Gottes Hand ist, und dass er jeden Zephyr und jeden Tornado verordnet. Winde kommen und Stürme blasen auf Befehl von dem höchsten Throne; aber der Heilige Geist ist selber Gott und gänzlich frei und wirkt nach eigenem Willen und Wohlgefallen unter den Menschenkindern. Über Ein Volk ist der Heilige Geist gekommen und nicht über ein anderes, wer kann sagen warum? Warum liegen jene heidnischen Länder in tiefer Finsternis, während über Britannien das Licht strahlt? Warum hat die Reformation Wurzel gefasst in England und unter den nördlichen Völkern Europas, während sie in Spanien und Italien kaum eine Spur zurückgelassen? Warum bläst der Heilige Geist hier und nicht da? Ist es nicht, weil er tut, wie er will? „Welchem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, und welches ich mich erbarme, des erbarme ich mich,“ ist die Erklärung der göttlichen Unumschränktheit und der Geist Gottes bestätigt sie durch seine Bewegungen. Unter den Völkern, wo der Heilige Geist wirkt, wie ist es, dass er den Einen regnet und den Andern nicht? Wie ist es, dass von Zweien, welche dieselbe Predigt hören und zu Hause unter gleichen Einflüssen sind, der Eine genommen und der Andere gelassen wird? Zwei Kinder, an derselben Brust genährt und von denselben Eltern erzogen, wachsen doch so verschieden auf. Der, welcher in seinen Sünden umkommt, hat Niemand zu tadeln, als sich selbst, hingegen der, welcher errettet ist, schreibt es ganz der göttlichen Gnade zu, warum kam diese Gnade zu ihm? Wir dürfen Gott nicht die Schuld geben, wenn ein Mensch nicht Buße tut und glaubt, die liegt an dem bösen Willen, der sich weigert, dem Evangelium zu gehorchen; aber wir dürfen die Errettung bei dem, der glaubt, niemals irgendwelchem natürlich Gutem in ihm zuschreiben, sondern wir legen es alles der Gnade Gottes bei und glauben, dass der Heilige Geist in Solchen das Wollen und Vollbringen nach seinem Wohlgefallen wirkt. Aber warum wirkt er in uns? Warum in allen Erwählten? Ah, warum? „Der Wind bläst, wo er will.“
So ist es auch mit dem Segen, der auf dem Predigtamt ruht. Ein Mensch gewinnt Seelen für Gott und kehrt als ein fröhlicher Schnitter mit vollen Garben zurück, aber ein anderer, der mit starken Wünschen ausgeht und wenigstens ebenso ernst, wie der andere scheint, kommt heim mit einer dürftigen Hand voll Ähren, die er mit großer Mühe gesammelt. Warum ist des Einen Netz voll Fische und des Andern ganz leer? Ein Knecht des Herrn scheint, sobald er aufsteht das Evangelium zu predigen, die Menschen zu Jesu zu ziehen, als hätte er goldene Ketten in seinem Mund, welche er um die Menschenherzen würfe, um sie in fröhlicher Gefangenschaft zu seinem Herrn zu ziehen, während ein anderer in Bitterkeit der Seele ausruft: „Wer glaubt unserer Predigt?“ Wahrlich, „der Wind bläst, wo er will.“ Ach, und diese Veränderungen erfährt auch Jeder an sich selbst; einen Tag ist der Prediger voll Leben, sein Geist ist erregt, und er spricht augenscheinlich mit dem Heiligen Geist vom Himmel herabgesandt; und morgen findet er sich schwer und trübe, seinem eigenen Gefühl nach, und noch mehr der Erfahrung seiner Hörer nach, denn die Kraft ruht nicht auf ihm. Einen Tag spricht er wie die Stimme Gottes und den anderen ist er nur wie ein Rohr, vom Winde hin und her bewegt. Seine fetten Kühe der vergangenen Jahre sind aufgezehrt von den jetzigen mageren. Er hat seine Hungersnot sowohl wie seine Fülle. Ihr seht ihn heute vortreten mit der Salbung des Herrn auf ihm, sein Antlitz glänzend von der Gemeinschaft mit dem Höchsten, und morgen spricht er: „Seht mich nicht an, denn ich bin schwarz,“ denn die Herrlichkeit ist dahin. Wir wissen, was es ist, auszugeben, wie Simson, nachdem seine Locken geschoren waren; und uns zu schütteln, wie zu früheren Zeiten, und zu entdecken, dass der Herr nicht mit uns ist. Warum all dieses? Ist es nicht, weil „der Wind bläst, wo er will?“
Der Heilige Geist legt aus weisen Gründen nicht jederzeit dieselbe Macht auf einen Menschen. Wir können den Geist des Lebendigen Gottes nicht zwingen, noch ihm befehlen; er ist im höchsten Sinne ein frei Handelnder. „Dein freier Geist“ ist ein Name, den David ihm gab und ein sehr passender Name ist es.
Doch, Geliebte, geratet nicht in ein Missverständnis. Der Heilige Geist ist ganz frei in seinem Wirken, aber er ist nicht willkürlich; er tut wie er will, aber sein Wille ist unfehlbare Weisheit. Der Wind, obgleich wir keine Gewalt über ihn haben, hat sein eigenes Gesetz und der Heilige Geist ist sich selbst ein Gesetz; er tut, wie er will, aber er will stets das tun, was das Beste ist. Überdies, wir wissen vom Winde, dass es gewisse Stellen gibt, wo ihr fast immer einen Windhauch findet; nicht hier in der überfüllten Stadt, noch drunten in dem von Bergen eingeschlossenen Tal, noch in jenem dampfenden Sumpf; aber hebt eure Augen auf zu den Bergen und seht, wie der Bauch längs den Dünen daher zieht und auf den Gipfeln der Gebirge weht. Am Morgen und Abend, wenn die Luft des Binnenlandes heiß ist wie ein Ofen, kommen sanfte Winde über die See daher und fächeln des Fischers Wange; ihr könnt Plätze finden, wo die Luft fast immer stehend scheint, und die Herzen der Menschen werden schwer unter der fieberischen Stille, aber es gibt hohe Berggegenden, wo das Leben leicht ist, denn die Luft erheitert durch ihre beständige Frische. Brüder, unter lebendigen Heiligen, im Gebrauch der Gnadenmittel, im einsamen Gebet, in Gemeinschaft mit dem Herrn, da werdet ihr den Wind, der bläst, wo er will, immer in Bewegung finden.
Der Wind hat auch, in einigen Ländern wenigstens, seine Seiten und Perioden. Wir wissen, dass wir zu gewissen Zeiten des Jahres Winde erwarten können, und wenn sie nicht gerade auf den Tag ein treffen, so ist doch der Monat stürmisch; und es gibt auch Passatwinde, Monsune, die mit merkwürdiger Regelmäßigkeit wehen und auf welche die Schiffer rechnen. So mit dem Geiste Gottes. Wir wissen, dass er zu gewissen Zeiten die Kirchen besucht und unter gewissen Bedingungen seine Macht bezeugt. Wenn z. B. mächtiges Gebet da ist, so könnt ihr gewiss sein, dass der Geist Gottes wirkt; wenn das Volk Gottes zusammen kommt und den Gnadenthron mit Schreien und Tränen belagert, so zeigt das geistliche Barometer an, dass der segensvolle Wind sich erhebt. Außerdem, der Heilige Geist hat sich gnädig mit zwei Dingen verbunden: Wahrheit und Gebet. Predigt die Wahrheit, verkündet das Evangelium Jesu Christi, und es ist die Gewohnheit des Heiligen Geistes, das Wort lebendig und mächtig an den Menschenherzen zu machen. Wenn wir sein Wort fälschen, wenn wir einen Teil der Wahrheit vorenthalten, wenn wir untreu werden, so können wir nicht erwarten, dass der Heilige Geist uns segne; aber wenn wir Christum den Gekreuzigten lehren, ihn mit Liebe predigen und die Gnade Gottes in ihrer Fülle verkünden, so wird der Heilige Geist das Wort begleiten und es zu einer großen Kraft Gottes machen. Ich will nicht sagen, dass es immer und ohne Ausnahme so ist, aber ich denke, Ausnahmen müssen selten sein. Fast immer zeugt der Geist für die Wahrheit durch Belehrungen von Menschen. So auch mit dem Gebet; dem Heiligen Geist hat es gefallen, sich auch damit zu verbinden, wenn es gläubiges Gebet ist. Hier ist die Verbindung außerordentlich enge, weil es der Geist Gottes ist, der selbst das gläubige Gebet gibt, und es ist nicht nur wahr, dass der Geist gegeben werden soll in Erhörung des Gebets, sondern der Geist ist schon gegeben, sonst würde das Gebet nicht dargebracht sein. Der Geist des Gebets, der Geist der Sorge um die Bekehrung der Menschen, ist eins der sichersten Anzeichen, dass der Heilige Geist schon in den Herzen seines Volkes wirkt.
Wir kommen indes zurück auf die große Tatsache, dass wir dem Heiligen Geist nicht gebieten können, welchen Einfluss sollte diese Wahrheit auf uns haben? Sollte es nicht dies sein? Sie sollte uns dahin bringen, sehr sorgfältig und achtsam in unserem Betragen gegen den Heiligen Geist zu sein, dass wir ihn nicht betrüben und er nicht von uns weiche. Betrübt nicht den Geist. Wenn ihr sein gnädiges Wirten verspürt, seid tief dankbar und wandelt demütig vor Gott, damit es euch verbleibe; und wenn er wirkt, so lasst keine Nachlässigkeit von eurer Seite Schuld sein, dass ihr die Gnade Gottes vergeblich empfangt. Der Wind blies, aber der Schiffer schlief; es war eine günstige Brise, aber er war vor Anker gegangen und seine Barke bewegte sich nicht. Hätte er es nur gewusst, so hätte er die ganze Nacht sein Segel ausgespannt und eine gute Strecke nach dem Hafen zurückgelegt; aber er schlummerte und der gute Wind pfiff durch das Tauwerk und das Schiff lag ruhig vor Anker.
Lasst es nicht so sein mit uns. Lasst niemals den Geist Gottes mit uns sein und finden, dass wir seine Gegenwart nicht beachten. In alten Zeiten, als die Landleute mehr als jetzt von der Windmühle abhängig waren, die ihr Korn mahlte, waren einige Gemeinden halb verhungert, wenn Woche auf Woche kein Wind kam. Der Müller sah ängstlich aus und Jeder in der Gemeinde beobachtete die Flügel der Mühle, in der Hoffnung, sie würden bald in Bewegung gesetzt. Wenn der Wind sich regte in der Stille der Nacht und der Müller fest im Schlafe war, so lief Einer oder der Andere hin, ihn aufzuklopfen: „Der Wind bläst, der Wind bläst, mahle unser Korn.“ So sollte es sein, sobald der Geist Gottes kräftig in seiner Kirche wirkt, so sollten wir eifrig seine Macht benutzen. Wir sollten uns so nach seiner göttlichen Wirkung lehnen, dass alle auf der Hut ständen, so dass, wenn Einige es nicht wahrnähmen, Andere es täten, und die Beobachtenden ausriefen: „Der Heilige Geist wirkt mit uns, lasst uns aufstehen und fleißiger arbeiten.“ Hisst die Segel, wenn der Wind günstig ist; ihr könnt ihn nicht gebieten, deshalb benutzt ihn sorgfältig.
Aber wir müssen weiter gehen. Der Heilige Geist wird beschrieben, als dem Winde gleichend in seinen Kundgebungen. „Du hörst,“ spricht Jesus, „sein Sausen wohl.“ Es ist gesagt worden und Einige haben dabei verweilt, dass es viele andere Kundgebungen des Windes gibt: ihr könnt ihn fühlen, ihr könnt seine Wirkungen an Bäumen und Wellen sehen, und zuweilen seid ihr sicher, dass der Wind geweht hat wegen der Verwüstungen, die er angerichtet; aber hier spielt unser Herr nicht so sehr auf einen starken Wind an, als auf den sanften Hauch. Das griechische Wort „pneuma“ wird übersetzt „Atem“ und kann kaum einen Sturm bedeuten. Es war ein sanfter Wind gleich einem Zephyr, von dem unser Herr hier sprach. Die starken Winde können, wie schon gesagt, manchmal vorher berechnet werden, aber wenn ihr in der Abendkühle im Garten sitzt, so ist es ganz unmöglich für euch, zu sagen, woher die Zephyre kommen und wohin sie gehen; sie sind so flüchtig in ihren Bewegungen und unverfolgbar in ihrem Lauf; hier, da, überall legen sich die sanften Abendhauche über die Blumen. Unser Herr sagt uns, dass dieser milde Hauch gehört wird; Nikodemus konnte ihn in der Stille der Nacht hören. „Du hörst sein Sausen wohl.“ Die Blätter rauschen und das ist alles; du hörst eine sanfte Bewegung von Zweig und Stiel, so zu sagen, ein Läuten der Blumenglocken und so entdeckst du das Flüstern des Windes unter den Beeten und Gebüschen. Nun, Geliebte, dies zeigt uns, dass das hörende Ohr dazu von Gott bestimmt ist, den Geist dem Menschen wahrnehmbar zu machen, für die meisten Menschen das einzige Wahrnehmungsmittel, das sie haben. Welche wundervolle Würde hat der Herr diesem kleinen Organ, dem Ohr, verliehen. Die römische Kirche gibt immer dem Auge den Vorzug; ihre Priester sind stets dafür, die Menschen durch das Staunen über ihre wundervollen Verrichtungen in die Gnade hinein zu versetzen; aber Gottes Weg ist: „Der Glaube kommt durchs Hören,“ und der erste Wahrnehmer des Heiligen Geistes ist das Ohr. Für einige Menschen ist dies der einzige Offenbarer seiner geheimnisvollen Gegenwart, wie ich schon gesagt habe; sie hören das Sausen, d. h. sie hören das Evangelium gepredigt, sie hören das Wort Gottes verlesen. Die Wahrheit, wenn sie in Worte gefasst ist, ist das Rauschen des heiligen Windes, es ist der Fußtritt des ewigen Geistes, wenn er geheimnisvoll durch eine Versammlung geht. O, wie traurig ist es, dass Einige niemals weiter gelangen, als hierzu, und bleiben, wo Nikodemus zuerst war: sie hören das Sausen und nichts mehr. Einige von euch hören jetzt täglich die Wahrheit, welche Tausende errettet hat, aber sie errettet euch nicht; ihr hört dieselbe Wahrheit, welche den Himmel bevölkert, aber sie lässt euch ohne eine Hoffnung ewigen Lebens; doch dessen seid gewiss, das Reich Gottes ist euch nahe gekommen. „Du hörst sein Sausen wohl,“ und jener Wind, dessen Flüstern du hörst, ist nicht weit von deiner eigenen Wange. Wenn du das Rauschen unter den Zweigen der Bäume hörst, so ist der Lufthauch nicht weit zu suchen, und der Geist Gottes ist nicht fern, wo sein Rauschen gehört wird.
Einige Hörer gehen indes weiter, denn sie hören das Sausen des Geistes in ihrem Gewissen und es stört sie; sie möchten schlafen, wie Andere, aber wie der Wind manchmal durchs Schlüsselloch pfeift oder den Kamin hinunter heult und den Trägen weckt, oder wie wenn ein Mann im Garten schlafend liegt, die Lüfte um sein Ohr und Antlitz spielen und ihn aufschrecken, so ist es mit vielen Unbekehrten; sie können nicht ruhig sein, denn sie hören das Sausen des Heiligen Geistes in ihrem Gewissen und sind beunruhigt und verwirrt. Es ist eine Erweckung da und sie sind nicht errettet, aber sie werden dadurch aufgeschreckt und beängstigt; ihre Schwester ist bekehrt, sie sind es nicht, aber es kommt ihnen nahe und sie fühlen, als wenn ein Pfeil bei ihrem Ohr vorüber gesaust wäre. Es ist schwer, in sorglosem Zustand in der Mitte einer Erweckung zu leben. „Du hörst sein Sausen wohl.“ Einige von euch hören das Sausen jetzt in ihrem Familienkreise, da Einer nach dem Andern von euren Verwandten zur Erkenntnis des Herrn gelangte; ihr könnt dem Gefühl nicht entgehen, dass etwas Mächtiges wirksam ist, obgleich es seine wiedergebärende Kraft noch nicht an euch erwiesen hat.
Der, welcher errettet ist, hört den Heiligen Geist in einem höheren Sinne, und mit welcher Verschiedenheit kommt der Ton zu ihm! Zuerst hörte er ihn als drohenden Wind, der ihn in Traurigkeit niederbeugte und alle seine Hoffnungen wegzufegen schien, wie die dürren Blätter des Waldes vom Herbstwind umher gewirbelt werden. Als des Geistes Stimme zuerst an mein Ohr tönte, war es eine Wehklage, wie ein Wind unter den Gräbern, wie ein Seufzer unter verwelkten Lilien. Es schien, als wenn alle meine Hoffnungen wie Rauch verflogen wären oder wie der nächtliche Nebel vor dem Morgenhauche; nichts blieb mir übrig, als über mein Nichts zu weinen. Dann hörte ich einen Ton von dem heißen Scirocco des Orients, wie aus einem glühenden Ofen heraus. Ihr kennt den Spruch: „Das Heu verdorrt, die Blume verwelkt, denn des Herrn Geist bläst drein. Ja, das Volk ist Heu.“ In meiner Seele hatte eine schöne Wiese voll goldener Kelchblumen und schönen Blümlein in zarten Farben geblüht, aber der Geist blies darein und vertrocknete sie alle, und ließ nur eine trockene, braune, harte Ebene nach, worauf weder Leben noch Schönheit war. So weit zerstört der heilige Wind das, was böse ist, aber es endet damit nicht, denn wir danken Gott, wir haben den Ton des Geistes als einen lebendig machenden Wind gehört.
Der Prophet rief: „Wind, komm herzu aus den vier Winden, und blase die Getöteten an, dass sie wieder lebendig werden;“ der Wind kam und die Toten standen auf, ein sehr großes Heer. Das gleiche Wunder ist an uns geschehen. Die dürren Gebeine unseres eigenen Todes sind zusammen gekrochen, Bein zu seinem Bein, und Fleisch ist darauf gekommen und nun haben wir durch den göttlichen Odem das Leben begonnen. So auch, wenn der Heilige Geist uns besucht, erneuert er unser Leben und unsere Tatkraft und wir haben das Leben völliger. Der Heilige Geist ist seit der Zeit sehr oft für uns ein schmelzender Wind gewesen. Er spricht, so zerschmilzt es, er lässt seinen Wind gehen, so taut es auf.“ Eingeschlossen in den Ketten des Eises den ganzen Winter sind die Wasser still wie ein Stein, aber die Frühlingswinde kommen, die Bäche werden frei und strömen fort zu den Flüssen, und diese fließen in all' ihrer Stärke, um sich ins Meer zu ergießen. So hat der Geist Gottes unseren Frost aufgebrochen und unserem Geist fröhliche Freiheit gegeben. Er schmilzt das felsige Herz und löst den eisernen Geist auf, beim Ton seines Schrittes werden die Menschen zu Empfindungen bewegt. Wir kennen das Sausen dieses Windes auch als einen Hauch, der unsere schlummernden Gnaden hervorlockt und sich ausbreiten lässt. „Stehe auf, Nordwind, und komm, Südwind, und wehe durch meinen Garten, dass seine Würze triefen.“ O, welch ein süßes Ergießen von heiliger Dankbarkeit, Liebe, Hoffnung und Freude ist in unserem Herzen gewesen, wenn der Geist Gottes uns besucht hat. Wie süße Wohlgerüche in den Blumen verborgen liegen, und nicht hervorkommen, bis der liebliche Wind sie verlockt, umher zu fliegen, so liegen süße Gnaden in den erneuerten Seelen, bis der Heilige Geist zu ihnen spricht, und dann kennen sie seine Stimme und gehen aus ihm entgegen und süße Düfte verbreiten sich rund umher.
Ja, meine Brüder, all' dieses kennen wir, und wir haben den Ton des Heiligen Geistes in einem anderen Sinne gehört, nämlich, wenn er mit uns auszieht in den Streit des Herrn. Wir haben jenes Rauschen oben auf den Maulbeerbäumen gehört, welches David hörte, und wir haben uns aufgemacht und der Sieg ist unser gewesen. Wenn wir nicht jenes Brausen eines gewaltigen Windes gehört haben, der um Pfingsten kam, so haben wir doch seine göttliche Wirkung gefühlt, die nicht aufhört, sondern Leben, Macht, Tatkraft bringt und alles, was nötig zur Bekehrung der Menschen ist für uns, die wir geheißen sind, auszugehen und das Evangelium unter den Völkern zu predigen. In all' diesen hat der Heilige Geist sich durch seinen Ton kundgegeben, wie der Wind es tut. „Du hörst sein Sausen wohl.“ „Zwar es ist je in alle Land ausgegangen ihr Schall und in alle Welt ihre Worte.“
Eine dritte Ähnlichkeit des Geistes mit dem Winde ist uns dargestellt dem Geheimnisvollen. „Du weißt nicht, von wannen er kommt und wohin er fährt.“ Vom Winde können wir sagen, dass er von der und der Weltgegend kommt, aber man kann nicht den Finger auf die Karte legen und sprechen: „Der Nordwind begann in dieser Region,“ oder „Hier ward der Westwind geboren.“ In der Tat, wir wissen sehr wenig von den Winden, ihrem Ursprung, oder ihren Gesetzen. Einer der besten und genauesten Beobachter des Windes verzeichnete jeden Wind in seiner Gegend 30 Jahre lang, bis er am Ende dieses Zeitraums die wenigen Regeln aufgab, die er während der ersten 2 oder 3 Jahre aufgestellt, denn er fand, dass keine Regel Stich hielt. Niemand kann sagen, woher der Wind entspringt. Die Heiden träumten von einer Höhle, in welcher die Winde wie in einem Kerker eingeschlossen seien und einer nach dem anderen losgelassen werden; es war nur eine Fabel; wir wissen nicht, wo die Winde zuerst ihre Flügel ausbreiten oder wo sie schlafen, wenn alles still ist. So ist es mit dem Heiligen Geist in der menschlichen Seele, seine ersten Bewegungen sind in Geheimnis gehüllt. Du weißt, dass du bekehrt bist, mein lieber Freund, und du weißt ungefähr die Zeit, und wahrscheinlich erinnerst du etwas von den Mitteln, die der Herr zu deinem Heil gebrauchte. Diese äußeren Umstände kennst du, aber wie der Geist auf dich wirkte, das kannst du nicht sagen, nicht mehr als du sagen kannst, wie das Leben in dem Samen aufschwillt, bis es aufsprießt und das volle Korn in der Lehre wird, oder wie der Saft in den Bäumen zuerst im Winter hinunter steigt und nachher im Frühling wieder hinauf. Da sind Geheimnisse, welche die Natur nicht offenbart, und das Werk des Geistes ist noch mehr ein Geheimnis, und sicher kann kein Mensch es sich selber oder seinen Mitmenschen erklären. Warum ist es, mein Freund, dass du einen Segen empfingst unter einer Predigt, aber nicht unter einer anderen, und doch, als du mit deiner Schwester darüber sprachst, da hatte sie mehr Segen unter der zweiten als unter der ersten gehabt? Die Kraft kommt also nicht von dem Prediger, das ist klar, und „du weißt nicht, von wannen sie kommt.“ Es gibt Zeiten, wo du fühlst, nicht nur, dass du beten kannst, sondern dass du beten musst; wie kamst du in diesen Zustand? Ich weiß, was es ist, ein wahres Entzücken in dem Herrn zu fühlen, das ich kaum erklären kann, denn zu anderer Zeit, wenn ich mit demselben Werk beschäftigt gewesen bin, und ich meine, mit demselben Ernst, habe ich keine solche außerordentliche Freude in Gott gefühlt. Zu einer Zeit ist das Herz voll Buße, als ob es brechen möchte der Sünde wegen, und zu anderer Zeit fließt es über vor Wonne in Christo, so dass die Sünde fast vergessen scheint in dem Versöhnungsopfer. Weshalb diese verschiedenen Wirkungen? Wir wissen, was es heißt, zu Zeiten solchen Tod in uns zu fühlen, dass wir ernstlich uns auf unsere letzten Stunden vorbereiten; und zu anderer Zeit den Tod ganz zu vergessen, so zu sprechen, schon das unsterbliche Leben zu leben, erhoben und ins himmlische Wesen versetzt mit Christo. Aber wie diese verschiedenen Arten, Formen und Wirkungen des Geistes kommen, wer unter uns kann es sagen? Geht und findet die Spur der Tautropfen, wenn ihr's könnt, in dein Schoß des Morgens, und entdeckt, welchen Weg der zuckende Blitzstrahl nahm, oder wie der Donner hallte längs den Spitzen der Gebirge, aber ihr werdet nicht sagen, noch raten, woher der Geist Gottes in eure Seelen kommt.
Ebenso wenig können wir sagen, wohin er geht. Hier ist wieder ein anderes Geheimnis. O, es macht mich froh zu denken, dass, wenn wir die Wahrheit ausgehen lassen in der Kraft des Geistes, wir niemals wissen, wohin sie fliegen wird. Ein Kind nimmt einen Samen, einen von diesen kleinen, flaumigen Samen, die ihren eigenen Fallschirm haben, um sie durch die Luft zu tragen; der Kleine bläst es in die Höhe, aber wer weiß, wo dieser flaumige Samen sich niederlassen und in wessen Garten er wachsen wird? So ist die Wahrheit selbst aus dem Munde der Unmündigen und Säuglinge. Ganze Erdteile sind mit fremdartigen Blumen bedeckt worden, nur weil der Wind Samen von anderen Ländern hinüber trug, und Seefahrende haben sonnige Eilande drüben in der Südsee entdeckt, die nie ein menschlicher Fuß betreten, die aber mit üppigen Pflanzen bedeckt sind, die der Wind allmählich hinübergeführt. Sprengt die Wahrheit nach allen Seiten aus, denn ihr könnt nicht wissen, wohin der Geist sie führen wird. Streut sie in die Winde und ihr werdet sie nach vielen Tagen wieder finden. Streut den lebendigen Samen mit beiden Händen aus, sendet ihn nach Norden, Süden, Ost und West, und Gott wird ihm Flügel geben.
„Tragt, Winde, ihr die Kunde,
Und ihr, ihr Wasser, wallt,
Bis sie von Mund zu Munde,
Von Pol zu Pole schallt.“
Ich erhielt neulich, als ich sehr krank war, einen Brief; er war von einer Schwester in Christo, so recht in der Mitte von Brasilien. Sie schrieb, sie hätte meine „Betrachtungen für den Morgen“ bekommen und dadurch den Weg zum Frieden gefunden, und deshalb schrieb sie mir einen so rührenden, liebevollen Brief, dass er Tränen in mein Auge brachte. Doch es war etwas noch Ergreifenderes dabei, denn am Ende waren Worte von einer anderen Hand, die mir mitteilte, dass seine Gattin, die diesen Brief geschrieben, bald nachdem sie ihn beendet, gestorben sei, und mit blutendem Herzen sandte der vereinsamte Gatte mir den Brief, sich freuend, dass das Wort zu der Seele seiner Frau in dem weit entfernten Land gekommen sei. Brüder, ihr wisst nicht, wohin das Wort geben wird und der Geist mit ihm. In Böhmen glaubten die Papisten das Evangelium ausgerottet zu haben, und durch grausame Edikte hielten sie jeden Gedanken an Protestantismus darnieder, aber kürzlich, seit Toleranz herrscht, ist das Evangelium dort gepredigt worden, und zum Erstaunen Aller sind aus einsamen Hütten und verschiedenen Winkeln der großen Städte des Landes Männer und Frauen hervorgekommen, die alte Exemplare des Wortes Gottes mit sich brachten und begierig waren, die teure Wahrheit zu lernen, für die, wie sie erinnerten, ihre Väter gestorben waren. Eine Wahrheit hält sich Jahrhunderte lang; gleich dem Flusse singt sie:
„Menschen kommen, Menschen gehen,
Ich gehe weiter immerdar.“
„Du weißt nicht, wohin sie fährt,“ sie wird fortgehen bis zum tausendjährigen Reiche. Sendet das Wort weit umher, dass die Wahrheit nicht sterben kann. Der Verfolger kann sie nicht töten, sie ist uns sterblich wie der Gott, der sie aussandte; die Verfolgung kann nicht einmal ihren Lauf aufhalten, sie ist göttlich. Das Papsttum wird immer in Gefahr sein, so lange ein Blatt der Bibel auf Erden ist oder ein Mensch lebt, welcher den Heiland kennt. Der Antichrist kann nicht triumphieren; der Heilige Geist bekriegt ihn mit dem Schwert des Wortes und du weißt nicht, wie weit in das Herz des Irrtums eine Wahrheit getrieben werden mag. Zum Umsturz der Lüge und zum Tode der Sünde befördert der Geist seinen Lauf, aber du weißt nicht wie.
„Du weißt nicht, wohin er fährt,“ auch nicht in dem einzelnen Herzen. Wenn du den Heiligen Geist in deinem Herzen empfangen hast, so kannst du nicht sagen, wohin er dich führen wird. Ich bin gewiss, als William Carey sein junges Herz Christo ergab, dachte er nie, dass der Geist Gottes ihn nach Semaphore führen würde, den Hindus das Evangelium zu predigen, und als George Whitefield zuerst von dem lebengebenden Geiste trank, kam es ihm nie in den Sinn, dass der Küchenjunge in dem Wirtshaus zu Gloucester das Evangelium über zwei Erdteile hindonnern und Tausende zu Christo bekehren würde. Nein! Ihr wisst nicht, an welch' segensvolles Ziel dieser Wind euch führen wird. Befehlt euch ihm an; seid der himmlischen Erscheinung nicht ungehorsam; seid bereit, euch führen zu lassen, wie der Geist Gottes es will, eben wie der Staub im Sommerwind. Und, o sind Gottes, du weißt selbst nicht, zu welchen Höhen der Heiligkeit und Graden der Erkenntnis und Wonnen des Genusses der Geist Gottes euch tragen will. „Das kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, das Gott bereitet hat denen, die ihn lieben,“ und obgleich er ihnen dies durch seinen Geist offenbart hat (denn der Geist erforschet alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit), so ist es doch dem am meisten vom Herrn gelehrten Kinde Gottes nicht völlig bekannt, wohin der Geist Gottes geht.
„Verlasst euch auf den Herrn ewiglich, denn Gott, der Herr, ist ein Fels ewiglich,“ und er wird euch vorwärts tragen und aufwärts, selbst bis zur Vollkommenheit, und ihr sollt mit Jesu sein, wo er ist, und seine Herrlichkeit schauen.
II.
Mir sind nur wenige Minuten für meinen zweiten Teil geblieben, aber ich brauche nicht viele, da ich nicht wünsche, viel darüber zu sagen. Der Text bezieht sich auf die, welche vom Geiste geboren sind. „Der Wind bläst, wo er will und du hörst lein Sausen wohl, aber du weißt nicht, von wannen er kommt und wohin er fährt. Also ist ein jeglicher, der aus dem Geiste geboren ist.“ Das Kind ist der Natur der Eltern teilhaftig. Das, was vom Geist geboren ist, gleicht dem Geist, von dem es geboren, eben wie das, was vom Fleisch geboren ist, Fleisch ist, und dem Fleisch gleicht, von dem es gezeugt ist. Der zweimal geborene Mensch ist gleich dem Heiligen Geist, der ihn gezeugt, und er ist ihm gleich in jedem der Punkte, von denen wir schon gesprochen. In Betreff der Freiheit, da könnt ihr jagen: „Er bläst, wo er will.“ Der Geist Gottes macht den Gläubigen zum freien Manne, verleiht ihm die Freiheit des Willens, die er nie zuvor hatte, und gibt ihm ein frohes Gefühl derselben. „So euch nun der Sohn frei macht, so seid ihr recht frei.“ Ich behaupte nicht, dass jeder geistliche Mensch tut, was er will, denn ach, ich sehe ein anderes Gesetz in unseren Gliedern, das dem Gesetz in unserem Gemüt widerstreitet, und uns unter das Gesetz der Sünde und des Todes gefangen nimmt; aber dennoch, wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.“ Nun könnt ihr beten, was ihr vorher nicht konntet; nun könnt ihr loben, obgleich ihr vorher keinen Ton des Lobes aus eurem undankbaren Herzen hervorbringen konntet; nun könnt ihr rufen: „Abba, lieber Vater;“ nun könnt ihr euch Gott nahen. Ihr seid nicht mehr unter dem Zwang der Menschen, sondern blast, wo ihr wollt; ihr werdet nicht mehr von Priestern regiert, noch von der Meinung eurer Mitmenschen beherrscht. Der Herr hat euch frei gemacht, und ihr wollt gehen, wohin Gottes Wort euch gehen heißt, und findet es die größte Freiheit, diesen Weg zu gehen. O, Brüder, ich kann euch nicht sagen, welche Veränderung ein Wiedergeborner in der geistlichen Freiheit fühlt. Als ihr unter der Knechtschaft des Gesetzes, der Gewohnheit und der Sünde, der Furcht des Todes und dem Schrecken vor der Hölle wart, da glicht ihr einem Mann, der in einer jener Zellen Venedigs eingeschlossen ist, die unter dem Niveau des Wassers liegen, wo die Luft faul ist, und der arme Gefangene nur ein halb Dutzend Fuß gehen kann und dann wieder umkehren muss in der Dunkelheit; aber wenn der Geist Gottes kommt, bringt er die Seele aus der Finsternis zum Licht, von der feuchten Dumpfheit in die frische Luft; er macht ihr die Tür offen, hilft ihr den Weg der Gebote Gottes laufen und, als wenn das nicht genug wäre, leiht er ihr selbst Flügel und heißt sie ausfliegen, wie die Adler, denn er hat sie frei gemacht.
Wiederum, der, welcher vom Geiste geboren ist, wird kund, und wird an seinem Ton erkannt. Der ungöttlichste Mensch, der in der Nähe eines Christen lebt, wird seinen Ton hören. Das geheime, innere Leben wird reden; Worte werden da sein, denn Christen sind nicht stumm, aber Taten werden noch lauter sprechen; und selbst abgesehen von den Taten wird der bloße Geist und Ton des wahrhaft Wiedergebornen reden, und der Ungöttliche wird gezwungen sein, es zu hören. „Du hörst sein Sausen wohl.“
Und nun beachtet das Geheimnisvolle, das an einem Christen ist. Du weißt nichts, wenn du unwiedergeboren bist, von dem Leben, das der Gläubige führt, denn er ist gestorben und sein, Leben ist verborgen mit Christo in Gott. Du weißt nicht, woher er kommt am Morgen; jene „Würzgärtlein,“ davon seine Kleider duften, hast du nicht gesehen; jenes Weinen im Gebet oder jene Freude in der Gemeinschaft, womit er den Morgen anfing, kennst du nicht, und kannst du nicht kennen, bis du selber vom Geist geboren bist. Ebenso wenig kannst du sagen, wohin der geistliche Mensch geht. In der Mitte seiner Leiden siehst du ihn ruhig; weißt du, wohin er ging, um diese seltene Gelassenheit zu gewinnen? In der Stunde des Todes siehst du ihn triumphierend; weißt du, wo er gelernt hat, so freudig zu sterben? Nein, der Unwiedergeborene weiß nicht, wohin der Gläubige geht. Da ist ein geheimer Ort des Höchsten, und die, welche gelernt haben, das hinein zu gehen, bleiben unter dem Schatten des Allmächtigen, aber fleischlich Gesinnte kommen nicht in dies geheime Kämmerlein. Das Christenleben ist ein Geheimnis, von Anfang bis zu Ende; für den Weltling ganz und gar und für den Christen selbst ein Wunder. Er kann sein eigenes Rätsel nicht lösen, noch sich selbst verstehen. Dies Eine weiß er: „Ich war blind und bin nun sehend;“ und dies weiß er auch: „O Herr, ich bin dein Knecht, ich bin dein Knecht und der Sohn deiner Magd; du hast meine Bande zerrissen;“ dies auch weiß er, dass, wenn sein Herr offenbart wird werden, er scheinen soll, wie die Sonne. Das Leben in ihm, in seinem Kommen und Geben ist ein Geheimnis für ihn, aber er dankt Gott, dass er Teil daran hat. Er geht seinen Weg in den Gefühl, dass, obgleich Menschen nicht wissen, woher er ist, noch wohin er geht, der Herr ihn doch kennt, und er selbst ist gewiss, dass er zu seinem Vater und seinem Gott geht. O, dass Jeder von euch solche freudige Hoffnung hätte. Der Herr gebe sie euch, um Jesu willen. Amen.