Spener, Philipp Jakob - An einen Prediger, der keine Frucht seiner Arbeit zu sehen meinte.

Spener, Philipp Jakob - An einen Prediger, der keine Frucht seiner Arbeit zu sehen meinte.

Im J. 1686.

Was die Klage anlanget über die Unwissenheit seiner Gemeinde und das rohe Wesen, dem man kaum steuern könne, sodann daß er der rechtschaffenen Früchte seiner Arbeit nicht gewahr werde, sei derselbige versichert, es seien die Klagen, welche mit uns auch anderer Orten unsre Brüder führen, ja, wo wir uns hinwenden, solche hören und die Ursachen dazu sehen müssen. Das betrübteste ist, daß auch bei den noch ziemlich unterrichteten Leuten wenig besseres Christenthum sich zeiget, als bei andern unwissenden, zum Zeugniß, daß, was bei denselben mit Fleiß endlich in den Kopf gebracht worden, dennoch nicht so bald in das Herz gebracht oder darinnen lebendig werde. Indessen aber, geliebter Bruder, lasset uns dadurch nicht so niedergeschlagen werden, daß - wir die Hände sinken, und alle Hoffnung schwinden lassen wollten, sondern ernstlich fortfahren in dem Werk, dazu uns der Herr setzet, herzlich beten, und Zeit und Maß des Segens zu unserer Arbeit lediglich dem Herrn überlassen, mit dieser steten Vorstellung, wir leben jetzo wegen der vorhergegangenen schrecklichen Undankbarkeit in denjenigen Zeiten des Gerichts, da uns Gott gleichsam worden ist, wie ein Brunn, der nicht mehr quellen will, und wir ganz wenig Frucht einiger unserer Arbeit gewahr werden. Wir müssen aber auch in solchem Stande dem Herrn aushalten, und mit demüthiger Zufriedenheit seine heilige Verfügung verehren, dabei gleichwohl versichert, die Arbeit mit redlichem Herzen in der Furcht des Herrn gethan, könne niemal ganz ohne Frucht bleiben, als welches der göttlichen Verheißung entgegen wäre. Ob wir also wohl meinen, es seie ganz keine Frucht geschaffet worden, aufs Wenigste keine rechte Geistesfrucht, wo uns aber unser Gewissen dabei gleichwohl Zeugniß gibt, wir haben das lautere Wort Gottes nach dem Vermögen, das uns der Herr ertheilet, getrieben, und gerne treu erfunden wollen werden, so bleibets gewiß dabei, es ist dennoch die Arbeit nicht gar vergebens, nicht nur so ferne, als der Herr unsere Arbeit und Dienst selbsten in Gnaden anstehet, und denselben ihren Gnadenlohn nicht versagt, sondern auch, daß allezeit bei Einigen die Kraft des Geistes durchdringet. Daher, ob wir auch schon noch nicht sehen, was wir verlangen, so folgt noch nicht, daß davon nichts geschehen sei. Der Herr verbirgt uns Vieles, daß er uns vor Hochmut bewahre, zu fleißigerm Gebet und Fleißantriebe, und unsern Glauben und Geduld übe; es ist oft ein Körnlein noch lebendig, so in den Herzen lieget, ob es wohl noch nicht aufgegangen, aber der Herr durch einen gesegneten Regen es einmal wird anfeuchten und aufgehen lassen. Es ist oft allein eine grüne Saat aufgegangen, die wir nur für unfruchtbar Gras achten, weil sich die Aehren noch nicht weisen; indessen ist doch eine fruchtbare Kraft darinnen, die zu seiner Zeit sich weiter vorthun wird nach Mark. 4, 28. Also stehet uns zu, zu thun, was der Herr uns befohlen hat, und ihm die Sache zu befehlen; in seiner Hand aber bleibet zu wirken, wie viel er will, zu jegliches Menschen Bekehrung, zu segnen, wen er will, die Zeit zu ordnen, wie er will. Ja sollte er auch vieles und das Meiste unsers Amts dazu lassen ausschlagen, daß es nur zum Zeugniß über die Zuhörer diente, und ein Geruch des Todes zum Tode würde, haben wir doch nicht zu murren. Er ist der Herr, und wir seine Diener; wo er uns dann, da wir verlangten Werk Zeuge seiner Barmherzigkeit zu sein, bei Vielen lasset Diener seiner Gerechtigkeit werden, an denen, die dem Verderben zueilen, so hat er's Macht, wir aber müssen sagen: Dein Wille ist allezeit gut, wo er auch unsrem besten Willen zuwider ist, er geschehe also von uns, in uns, durch uns in Zeit und Ewigkeit. Nun er lasse uns allen diese Lection recht lernen, daß wir nicht nur den Worten davon beipflichten, sondern auch unser Herz damit erfüllet werde.

Quelle: Renner, C. E. - Auserlesene geistvolle Briefe der Reformatoren

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