Mallet, Friedrich - Der Name Christ.

Mallet, Friedrich - Der Name Christ.

Ap. 11, 26.
Und da er ihn fand, führte er ihn gegen Antiochien. Und sie blieben bei der Gemeine ein ganzes Jahr, und lehrten viel Volks; daher die Jünger am ersten zu Antiochien Christen genannt wurden.

Wir Alle tragen mancherlei Namen, die für uns von großer Bedeutung sind. Wir tragen den Namen der Familie, mit der wir verbunden sind; wir tragen den Namen der Stadt, in der wir wohnen; wir tragen den Namen des Volkes, dem wir angehören; wir tragen den Namen der Kirchengemeinschaft, zu der wir uns bekennen. Mit allen diesen Namen sind Rechte verbunden, die wir uns nicht nehmen lassen, und Pflichten, von denen wir uns nicht lossprechen können. Wir tragen aber auch einen Namen, den wir mit vielen Millionen teilen, der über alle Namen ist, dessen Rechte bis in den Himmel gehen, und dessen Verpflichtungen das ganze menschliche Dasein umfassen.

Diesem Namen wollen wir unsere Andacht zuwenden, indem wir 1) zuerst, einen Blick in die Gemeinde tun, wo er zuerst ist laut geworden und 2) sehen, wie er entstanden ist, und 3) Einiges über seine tiefe und reiche Bedeutung sagen.

I.

Unser Text versetzt uns in die Mitte der interessanten, Lebensvollen ersten Christengemeinde aus den Heiden, von der die Predigt des Evangeliums in die heidnische Welt ausgegangen ist, und die eigentlich die Mutter der aus den Heiden gesammelten christlichen Gemeinden ist. Gleich in ihrer Stiftung hat unser Herr gezeigt, dass er frei und unabhängig ist selbst von den von ihm gestifteten Ordnungen, an die wir gebunden sind, und dass sein Geist weht, wohin er will. Die Gemeinde zu Antiochien ist nicht durch die Apostel gestiftet worden und auch nicht durch irgendeinen von Menschen abgeschickten Boten des Evangeliums. Zehn Jahre waren seit der Himmelfahrt des Herrn verflossen. In Jerusalem und ganz Judäa und in Samaria war das Evangelium gepredigt worden, aber an der Grenze der heidnischen Welt standen seine Apostel still. Sie waren mit der Gemeinde in Jerusalem der nicht ganz unrichtigen Ansicht, nach göttlicher Ordnung und des Herrn Vorschrift müsse erst das ganze Volk Israel bekehrt sein, ehe das Evangelium vom Reiche Gottes zu den Völkern der Erde dürfe gebracht werden. Selbst als ihr erster Apostel Petrus durch Zeichen und Wunder bei den Heiden war eingeführt und Cornelius und sein Haus von oben herab mit dem heiligen Geist war getauft worden, sahen sie dies als eine Ausnahme von der heiligen Regel an. Auch die Flüchtlinge der Gemeinde zu Jerusalem, die bis nach der Insel Zypern kamen, verkündigten wo sie hinkamen das Evangelium nur den unter den Heiden wohnenden zerstreuten Juden. Einige dieser Flüchtlinge kamen auch auf ihrer Flucht nach der großen Stadt Antiochien. Das Wort Gottes nennt ihre Namen nicht, aber es müssen Männer gewesen sein, auf welche die immer zunehmende Verstockung ihres Volkes und die Erzählung des Apostel Petrus von seinem Eingang bei den Heiden einen tiefen Eindruck gemacht hat, und die eben dadurch zur Aufnahme des Lichts des Geistes Gottes über die Zeit der Heiden befähigt waren. Ohne eine Autorisation von den Menschen, ohne einen äußern Beruf und wider die Ansicht der Christengemeinde in Jerusalem durchbrachen sie im Licht und in der Kraft des Geistes die zwischen Juden und Heiden stehende Scheidewand und verkündigten den Heiden die frohe Botschaft von dem Herrn und Heiland der Juden und der Heiden und forderten sie auf, ihre Tempel, ihre Götter, ihre Altäre, die ganze heidnische Welt zu verlassen, um in das himmlische Reich dieses Königs einzugehen und seines Heiles in der Vergebung der Sünde und der Gabe des Geistes teilhaftig zu werden.

Und über all ihr Bitten und Hoffen segnete und belohnte der Herr diese neue Tat ihres Glaubens und die Arbeit ihrer Liebe. In überschwänglicher Weise offenbarte er sein Wohlgefallen an ihrem Werk und machte es zu seinem Werke. Eine Menge Heiden wurden bekehrt von ihrer Finsternis zu seinem wunderbaren Lichte und aus dem Elend der Sünde und des Todes in ein himmlisches Leben versetzt. Die Gemeinde in Jerusalem konnte man zählen, aber hier waren der Bekehrungen so viel, und sie vermehrten sich so sehr von Tag zu Tage, dass man sie nicht zählen konnte und die Geschichte nur sagt, es sei ein großes Volk gewesen. So ist von Anfang an die Judenkirche gezählt worden und die Mitglieder der Heidenkirche sind ungezählt geblieben und unzählbar bis auf den heutigen Tag, und es hat damit die Erfüllung der Weissagung angefangen, in der Gott zu Abraham sagte: Siehe die Sterne an am Himmel, kannst du sie zählen? also soll dein Same sein.

Die Nachricht von dieser großen und herrlichen Tat des Herrn kam bald nach Jerusalem und konnte natürlich dort des tiefsten Eindrucks nicht verfehlen; doch fand keiner der Apostel sich bewogen, wie früher nach Samarien, nun nach Antiochien zu gehen. Doch sandte man zwei Deputierte an diese neue Christengemeinde, um mit ihr in Verbindung zu treten und um ihr wo möglich die nötige geistige Handreichung zu tun. Dazu hatte man mit Weisheit und Liebe den Mann erwählt, der zu einer solchen Sendung seinem Herzen und Geiste nach am passendsten war. Die Schrift sagt von ihm, er sei ein guter Mann gewesen, d. h. ein gutmütiger, freundlicher Mensch, kein vorherrschender Verstandes sondern ein Herzensmensch, der überall gern zu mildem Urteil und fröhlichem Vertrauen geneigt war. Dabei war er, wie sie bemerkt, voll Geistes und Glaubens, also ein Mann, der sich nicht leicht täuschen ließ, und der trotz aller Weichheit und Wärme des Herzens die Felsennatur der Wahrheit in sich trug. Er war also ein Mann, der hier auf das Wesen der Dinge sah und sich nicht durch etwaige Formen einer der jüdischen Gesetzlichkeit entgegenstehenden Freiheit abstoßen ließ. Ihm erschien das Werk des Herrn bei dieser Gemeinde so herrlich, dass er gar nichts zu tadeln fand und sie nur ermahnte, fest im Glauben zu bleiben. Während er in Jerusalem es mit tiefem Kummer je länger je mehr erkannt hatte, dass diese Gottesstadt sich ihrem Ende nahe, sah er, wie hier eine neue Gottesstadt sich erhob, und während er in der Gemeinde zu Jerusalem die letzten Strahlen der untergehenden Sonne erblickte, erblickte er hier die ersten hellen Strahlen der aufgehenden Sonne, von der geschrieben stand, sie sei ein Licht zu erleuchten die Heiden. Die Stadt wurde ihm so wichtig, und er gewann die Gemeinde so lieb, dass er beschloss, bei ihr zu bleiben, wozu ihn ohne Zweifel auch die Arbeit bewog, die eine solche Gemeinde und eine solche Zeit fordert, denn eine lebendige Gemeinde ist wie ein Garten voll Pflanzen und Bäume, die alle der Pflege bedürfen. Wie viel gab's in einer solchen Gemeinde, die eben erst mitten aus der heidnischen Welt mit ihrem ganzen Herzen und Geistesleben geschieden war und doch in ihrer Mitte bleiben und leben. musste, zu lehren, zu trösten, zu ermahnen. Wie viele Widersacher traten auf, gegen die ihr Glaube musste verteidigt werden, wie viel wiss- und heilsbegierige Seelen drängten sich herzu, die der Belehrung bedurften. Hier musste Barnabas an das Wort seines Herrn denken: die Ernte ist groß, aber der Arbeiter sind wenige, bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte sende.

Aber indem er den Herrn darum bat, erinnerte ihn der Geist des Herrn an den merkwürdigen Mann, der einst der Schrecken der Gläubigen gewesen war, und den er einst nach seiner Bekehrung bei der Gemeinde in Jerusalem eingeführt hatte. Vier Jahre waren verflossen, seitdem der Herr seinen heftigsten Feind auf Erden vom Rande des Abgrunds zurück und zu sich gerufen und in seinen Dienst berufen hatte. Drei Jahre nach dieser Berufung hatte Saulus in heißen und tiefen Geistes- und Herzenskämpfen verborgen in Arabien durchlebt, war dann nach Jerusalem gegangen, konnte aber da, wo die Gemeinde ihrem ehemaligen Verfolger nicht ganz und freudig vertraute, und wo der Hass seiner ehemaligen Freunde sein Leben bedrohte, nicht bleiben. Er flüchtete nach seinem Geburtsort Tarsus und hielt sich hier so still und verborgen, dass Niemand wusste wo er war. Barnabas musste ihn suchen und fand diesen starken und mächtigen Geist so zerschlagen und zerknirscht über seine Sünde wider den Herrn und seine Gemeinde, dass er Mühe hatte, ihn zu bewegen ihm zu folgen. Drum sagt die Geschichte: Barnabas führte ihn mit sich. So begann denn dieses auserwählte Werkzeug des Herrn in tiefer Demut seine himmlische Berufung als Prediger in der Gemeinde zu Antiochien und zwar als der letzte der fünf von dieser Gemeinde angestellten Pastoren, setzte es fort als ein mit Barnabas von dieser Gemeinde ausgeschickter Missionar und erhielt auf diesem Felde die ihm vom Himmel herab zugesagte apostolische Krone, in der er leuchten und strahlen wird mitten in der Christenheit bis an das Ende der Lage, wo er aus der Hand seines Herrn empfangen wird die Krone der Gerechtigkeit mit Allen, die seine Erscheinung lieb haben, und die in dieser Liebe den guten Kampf kämpfen, den Lauf vollenden und Glauben halten bis zum Übergang in das seligste Schauen.

II.

Es lässt sich aber denken, was das für ein Leben und eine Bewegung gegeben hat, wo eine solche neue geistige Welt ins Dasein getreten war, wo solche Männer lehrten und wirkten und aus ihrem Leben und Lehren solche Blitze und Strahlen des göttlichen Lichtes in die Nacht der heidnischen Welt hineinfielen. Das Christentum war da und zwar nicht in einzelnen Gläubigen, die sich hie und da in einer Familie befanden und verloren, sondern in einer ganzen großen Gemeinde, deren Mitglieder, alle eng miteinander verbunden, sich von den heidnischen Göttern und allem heidnischen Wesen geschieden hatten. Notwendig musste die Frage nach ihrem Namen entstehen, die Frage: wer seid Ihr, wie heißt Ihr? Denn Alles, was in der Welt ist, muss einen Namen haben und ist für die Welt des Geistes und Herzens erst ganz da, wenn es seinen Namen empfangen hat. Gott selbst hat sich dem Menschen von Anfang an genannt und sich mancherlei Namen gegeben, um ihm zu sagen, was er selbst ist in seinem innersten Wesen, und was er ihm und der ganzen Welt ist und sein will, denn bei ihm ist Heißen und Sein, Namen und Wesen einerlei. Er hat auch gleich dem Menschen einen Namen gegeben und hat ihn Adam genannt, d. h. nicht Erde, sondern Bild, um ihm sein Wesen und seine Bestimmung kund zu tun, und ebenso hat er dem Menschen gesagt, dass er Allem, was auf Erden ist, einen Namen geben und eben damit das göttliche Majestätsrecht ausüben soll, wie denn auch geschieht bis auf den heutigen Tag. Als aber Gott in der Erwählung Abrahams einen neuen Anfang machte zur Ausführung seines Ratschlusses über die Welt, da hat er Abrahams und dann Jacobs Namen verändert und damit seinem Volke den Namen Israel gegeben, den auch die gläubige Gemeinde zu Jerusalem als einen heiligen Namen beibehalten hatte. Von ihren Feinden aber wurden sie nicht mehr Juden oder Israeliten, sondern Galiläer oder Nazarener genannt, nach dem Spottnamen, womit ihr Herr selbst von dem ungläubigen Israel war geschmäht worden, und gewiss würden sie diesen Schmähnamen des Herrn, den seine Feinde immer lobten, auch wenn sie ihn schimpfen wollten, als den größten Ehrennamen angenommen haben, und vielleicht würden wir heute alle Galiläer oder Nazarener heißen, wenn das Reich Gottes unmittelbar durch die Gemeinde in Jerusalem zu uns gekommen wäre.

Wie aber nun diese große Gemeinde in Antiochien dastand in der Welt und an sie die Frage kam: wer seid Ihr? und wie heißt Ihr? da konnten sie nur mit einer Umschreibung antworten. Sie waren keine Heiden und sie waren keine Juden. Den Heiden gehörten sie nicht mehr an, und Juden wollten sie nicht werden und nicht heißen. Da ist ihnen denn ein neuer Name geworden, und zwar der höchste und heiligste Name, in dem allein das Heil ist, das außer ihm in keinem anderen Namen im Himmel und auf Erden kann gefunden werden, und der eben darum über alle Namen ist, sie wurden Christen genannt, d. h. sie haben sich nicht selbst so genannt, sie haben nicht etwa eine Versammlung gehalten und beraten: wie sollen wir uns nennen? Nie würden sie es gewagt haben, sich den höchsten Namen zu geben, der im Himmel und auf Erden ist. Der Name ist ihnen auch nicht vom Himmel herab gegeben worden, sondern ist im Gegenteil ihnen von der heidnischen Welt zugerufen als ein Schmähname, womit man an ihnen das Verlassen des Heidentums rächen wollte. Denn der Name Christi war in der Welt bekannt. Als er im jüdischen Lande umherzog, ging das Gerücht von ihm in alle umherliegenden heidnischen Länder und Völker. Von Griechenland reiste man nach Jerusalem, um ihn zu sehen. Als es aber überall bekannt wurde, dass er von seinem eigenen Volke verlassen und verstoßen durch die römische Obrigkeit verurteilt und gekreuzigt sei, da bedeckte seinen Namen die ganze Schmach dieser schrecklichen Strafe, und es erschien als die äußerste Torheit, um eines Gekreuzigten willen alle Götter der Welt zu verlassen. So gab man ihnen denn diesen Namen, um sie als die größten Toren zu bezeichnen. Daher schreibt Petrus später von der Schmach dieses Namens, die auf den Gläubigen liege, und darum heißt es hier nicht, sie hätten sich diesen Namen gegeben, sondern sie seien so genannt worden. Und freilich haben sie mit unendlicher Freude diesen Schimpfnamen als den höchsten Ehrennamen angenommen, und dieser Name ist ihnen geblieben und ist bald allen Gläubigen zu Teil geworden. In Palästen und Hütten sind sie Christen genannt worden, wie wir das sehen aus der heiligen Szene, wo der König Agrippa, ergriffen und erschüttert von der Predigt des Apostel Paulus, ausruft: Du beredest mich beinahe, dass ich ein Christ würde. Und er ist seitdem in der Welt laut geworden, er ist ein welthistorischer Name geworden, mit dem und in dem ein großer Teil des menschlichen Geschlechtes, und zwar derjenige, der auf Erden die Krone der Herrschaft trägt, der jüdischen und heidnischen Welt gegenübersteht.

III.

Auch wir alle haben diesen großen und heiligen Namen in der heiligen Taufe empfangen. Wir tragen also den Namen, der Himmel und Erde, Zeit und Ewigkeit, Gott und Menschen miteinander verbindet, den Namen, der mit dem eingeborenen Sohn Gottes vom Himmel auf die Erde herabgekommen und der es ausspricht, was er nach Gottes Willen durch seine Erniedrigung und seine Erhöhung, durch seinen Tod am Kreuze und sein Leben in der Herrlichkeit den Menschen und der ganzen Schöpfung geworden ist. Es ist also sein Name, der ihm angehört, in einem Sinne, in dem er nie eines anderen sein kann. Es ist der Name der Herrlichkeit, von dem es heißt, dass in ihm sich alle Knie beugen und alle Zungen bekennen müssen, dass er der Herr ist in der Herrlichkeit Gottes. Es ist der Name, von dem es heißt, dass er über alle Namen ist, so dass alles Große, Heilige und Herrliche, was in irgendeinem Namen im Himmel und auf Erden enthalten ist, in diesem Namen in allerhöchster Vollkommenheit und Herrlichkeit sich findet, so dass er unter allen hohen und glänzenden Namen dasteht wie die Sonne unter den Sternen. Es gibt große und heilige Namen auf Erden, die alles Große und Heilige enthalten, was je auf Erden an ein menschliches Wesen geknüpft ist. Welch ein hoher und heiliger Name war einst unter Israel der Name Prophet. Wer diesen. Namen von Gott empfangen hatte, d. h. wen Gott zu einem Propheten berufen hatte, aus dem leuchteten Strahlen der heimlichen, verborgenen Weisheit, die in Gott ist, sie verkündigten, was kein Auge gesehen, kein Ohr gehört und nie in eines Menschen Herz gekommen ist; aber Christus ist nicht ein, sondern der Prophet, dem sein himmlischer Vater alle seine Geheimnisse kund getan und Alles gezeigt hat, was er tut, der den Geist empfangen hat ohne Maß, so dass in ihm wohnen alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis Gottes, von dem Gott gesagt hat: Den sollt ihr hören, und wer ihn nicht hören wird, von dem will ich's fordern.

Es gibt einen Namen auf Erden, den Gott dazu geweiht hat, die Liebe und den Dienst der Liebe zu bezeichnen, das ist der Name eines Hohenpriesters; dieser Name umfasst den ganzen Liebesschatz und Liebesdienst, der in dem von Gott gegebenen Namen Vater und Mutter enthalten ist. Es gibt keine Liebe, die so dienen, so vergeben, so geben und segnen kann, wie die Vater- und Mutterliebe. Und diese Liebe soll in ihrer größten Herrlichkeit in dem Verhältnis des sündigen Menschen zu Gott, im Dienen, Segnen, Vergeben des hohenpriesterlichen Amtes sich offenbaren; aber Christus ist der Name über alle Namen, in ihm ist alle Gottes- und alle Menschenliebe, in ihm ist das Dienen, das Opfern, das Vergeben, das Segnen der Liebe in aller Vollkommenheit und Herrlichkeit. Wir müssen zu ihm kommen, wir müssen in seine Arme fallen, dann wird an uns die höchste Liebesmacht offenbar, die uns dient, die für uns geopfert ist, die uns vergibt, die uns segnet, die uns nicht lässt, bis uns geholfen ist aus unserem Elend in seine Herrlichkeit.

In dem Königsnamen ist alle Macht, Herrlichkeit und Herrschaft ausgesprochen, und es hat herrliche und mächtige Könige gegeben. Wie herrlich war David in seiner Siegesmacht, wie herrlich war Salomo in seiner die Welt überstrahlenden Weisheit; aber Christus ist über alle Namen, er ist nicht ein König, sondern der König, in ihm ist alle Macht und alle Majestät und alle Herrlichkeit, er hat alle Gewalt im Himmel und auf Erden, er ist der König des Himmelreichs, die Grenze seines Reiches ist die Welt, und der Thron seiner Herrschaft währet für und für; er ist das von Gott gesalbte Haupt der ganzen Schöpfung, es wird an ihm alle königliche Macht und Herrlichkeit offenbar werden, er wird jeden Aufruhr wider Gott niederschlagen, er wird alle seine Feinde überwinden, alle Werke des Teufels zerstören, er wird richten die Lebendigen und die Toten, er wird Alles neu machen. So ist in dem Namen Christus alle Weisheit, alle Liebe, alle Macht, alle Fülle Gottes enthalten, die in ihm wohnt, und wenn wir diesen Namen tragen, so überstrahlt er uns mit seiner Herrlichkeit, so heißt das eben, dass dieser Name an uns soll offenbar werden zeitlich und ewiglich, so heißt das, dass wir in diesem Namen vor Gott gerecht, ihm wohlgefällig, seine Kinder und seine Erben sind, dass wir in ihm das allerhöchste Recht besitzen, dass bis in den Himmel hinauf und in das Herz Gottes hineinreicht, das heilige, herrliche Kindesrecht. Wenn wir aber vorher gesagt haben, dass dieser Name uns nicht von oben herab, nicht von der göttlichen Liebe, sondern von dem weltlichen Hass ist gegeben, so müssen wir fragen, ob wir uns denn so nennen dürfen, ob wir eine Erlaubnis von Oben haben, diesen heiligen Namen als unseren anzunehmen. Wir können darüber nicht in Zweifel sein, der Herr hat sich mit seiner Gemeinde so eng und unauflöslich verbunden, dass Alles, was unser ist, sein ist geworden und Alles, was sein, unser ist geworden; wie er unser ganzes Elend auf sich genommen hat, um es zu tilgen, so hat er uns sich selbst und Alles, was er ist und hat, zu eigen gegeben, und so hat er uns eben damit die Erlaubnis gegeben, uns als sein teuer erkauftes Eigentum nach seinem Namen zu nennen. Ja wir können gewiss sein, dass er daran seine Freude und Wohlgefallen hatte, dass seine Gemeinde diesen Namen von der Welt annahm, die sie damit nicht ehren, sondern schmähen wollte, und dass also die Gemeinde damit erklärte, die Schmach seines Namens wollen wir mit Freuden tragen, sie ist unsere Ehre.

Wenn wir aber nun seinen Namen tragen, wenn wir mit Wahrheit sagen: ich bin ein Christ, so heißt das ja nicht anders als: ich gehöre ihm an mit Leib und Seele, in Zeit und Ewigkeit, ohne ihn will ich nicht leben, ohne ihn kann ich nicht sterben, er ist der Prophet Gottes, ihm glaube ich mehr als der ganzen Welt, mehr als allen Menschen; sein Wort ist mir das Liebste und Teuerste, das Festeste und Gewisseste, worauf ich leben und sterben kann. Ihm glaube ich, wie ein Kind seiner Mutter glaubt. Sein Wort ist das Licht meiner Seele und die Leuchte auf meinem Wege, wenn Alles von ihm wiche, ich ginge nicht mit. Er allein hat Worte des ewigen Lebens.

Ich bin ein Christ, das heißt: mein Herr Christus ist der gesalbte, barmherzige, ewige Hohepriester, sein ganzes Wesen und Leben ist ein Lieben und ein Dienen in der Liebe, er ist für mich gestorben und lebt für mich, er hat das Opfer gebracht für meine und der ganzen Welt Sünde, das ewiglich gilt; er ist mit seinem Blut in das Allerheiligste gegangen und hat eine ewige Erlösung erfunden, er ist der barmherzige Mittler und Heiland, der Mitleiden mit mir hat, sein Werk ist heilen, stillen, trösten, vergeben, helfen, segnen; zu ihm fliehe ich, ihn rufe ich an, auf ihn hoffe ich, von seiner Barmherzigkeit lebe ich, er ist mein und ich will keines Andern sein.

Ich bin ein Christ, das heißt: ich freue und tröste mich des, dass er der König, und dass Alles in seiner Hand ist; er ist auch mein König, und ich bin auch sein Untertan und ein seliger Bürger seines himmlischen Reiches. Ich will nicht der Sünde und nicht der Welt, ich will diesem Könige und in seinem Dienst den Menschen dienen. Er soll regieren in meinem Herzen und regieren in meinem Hause, er soll mein ganzes Herz einnehmen so weit es ist und jede fremde Gewalt und Macht daraus verdrängen, bis es ganz sein ist und mein ganzes Leben davon Zeugnis gibt, dass ich von aller fremden Herrschaft erlöst und er allein mein Herr ist, und dass ich also aus der Knechtschaft in die Freiheit gekommen bin und hoffen darf, mit Freudigkeit vor seinem Thron zu stehen, wenn er kommt, um seinen hohen heiligen Namen in und an der ganzen Welt zu offenbaren.

Wer daher in Wahrheit sagt: ich bin ein Christ, der wird es mit unaussprechlicher Freude tun, denn er spricht eben damit aus, dass ein neues und seliges Leben in ihm angefangen und dass die ganze göttliche Liebe und Macht ihn umfangen und zu sich gezogen hat. Und doch wird er's nicht ohne Schmerz sagen, wenn er sich gestehen muss, wie wenig er noch dieses Namens wert und wie viel noch in ihm ist, was diesem heiligen Namen widerspricht. Aber eben das soll in uns einen heiligen Ernst wirken, der Heiligkeit und Herrlichkeit dieses Namens nachzujagen und nicht zu ruhen, bis er ganz unser Eigentum geworden ist. Wir sollen diesen unseren Namen über Alles hoch und groß achten und uns ja nicht verführen lassen, ihn darum gering zu achten, weil wir sehen, wie Viele ihn tragen, die das Gegenteil dieses Namens sind, und die dieses Kleinod mit lauter Schmutz und Unrat besudelt haben, so dass man von seiner Schönheit nichts sehen kann. Wir können es nicht hindern, dass es so ist, und wir sollen Niemand diesen heiligen Namen nehmen, der ihn durch die Taufe empfangen hat. Es wird der Tag schon kommen, wo er allen denen genommen wird, die ihn nicht geachtet und besudelt haben, wo der Herr zu ihnen sagen wird: ich kenne euch nicht, und eben damit ausspricht, sie hätten nie seinen Namen gehabt.

Lasst uns nur umso mehr dafür sorgen, dass wir diesen Namen nicht verleugnen und nicht verlieren, dass wir ihn als das höchste Kleinod bewahren und behandeln, das in unserem Besitze ist, dass das Leben des Herrn selbst in uns offenbar werde, so offenbar werde, dass die Schmach seines Namens auf uns fällt und wir es erfahren, dass, wo die ist, auch der Geist der Herrlichkeit auf uns ruht. Mag dann die Stunde schlagen, wo wir Alles, was wir auf Erden durch unsere Namen besaßen, zurücklassen müssen, so werden wir diesen Namen mitnehmen und mit ewiger und unaussprechlicher Freude erfahren, dass vor ihm alle Pforten des ewigen Lebens sich auftun und an ihn alle himmlischen Erben und Güter gebunden sind. Amen.

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autoren/m/mallet/mallet-der_name_christ.txt · Zuletzt geändert: von aj
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