Kohlbrügge, Hermann Friedrich - Eine Weckstimme vor, in und nach dem Kriege
Der 33. Psalm.
Psalm 33,1 Freut euch des HErrn, ihr Gerechten; die Frommen sollen ihn preisen.
Psalm 33,2 Dankt dem HErrn mit Harfen und lobsinget ihm auf dem Psalter von zehn Saiten.
Psalm 33,3 Singet ihm ein neues Lied; macht's gut auf Saitenspiel mit Schall.
Psalm 33,4 Denn des HErrn Wort ist wahrhaftig; und was er zusagt, das hält er gewiss.
Psalm 33,5 Er liebt Gerechtigkeit und Gericht; die Erde ist voll der Güte des Herrn.
Psalm 33,6 Der Himmel ist durch das Wort des HErrn gemacht und all sein Heer durch den Geist seines Mundes.
Psalm 33,7 Er hält das Wasser im Meer zusammen wie in einem Schlauch und legt die Tiefen in das Verborgene.
Psalm 33,8 Alle Welt fürchte den Herrn; und vor ihm scheue sich alles, was auf dem Erdboden wohnt.
Psalm 33,9 Denn so er spricht, so geschieht's; so er gebeut, so stehet's da.
Psalm 33,10 Der HErr macht zunichte der Heiden Rat und wendet die Gedanken der Völker.
Psalm 33,11 Aber der Rat des HErrn bleibt ewig, seines Herzens Gedanken für und für.
Psalm 33,12 Wohl dem Volk, des Gott der HErr ist, dem Volk, das er zum Erbe erwählt hat!
Psalm 33,13 Der HErr schaut vom Himmel und sieht aller Menschen Kinder.
Psalm 33,14 Von seinem festen Thron sieht er auf alle, die auf Erden wohnen.
Psalm 33,15 Er lenkt ihnen allen das Herz; er merkt auf alle ihre Werke.
Psalm 33,16 Einem Könige hilft nicht seine große Macht; ein Riese wird nicht errettet durch seine große Kraft.
Psalm 33,17 Rosse helfen auch nicht, und ihre große Stärke errettet nicht.
Psalm 33,18 Siehe, des HErrn Auge sieht auf die, so ihn fürchten, die auf seine Güte hoffen,
Psalm 33,19 dass er ihre Seele errette vom Tode und ernähre sie in der Teuerung.
Psalm 33,20 Unsre Seele harret auf den HErrn; er ist unsre Hilfe und Schild.
Psalm 33,21 Denn unser Herz freut sich sein, und wir trauen auf seinen heiligen Namen.
Psalm 33,22 Deine Güte, HErr, sei über uns, wie wir auf dich hoffen.
Es spricht zu uns unser teurer Herr und Heiland: in der Welt werdet ihr Angst haben, aber seid getrost: Ich habe die Welt überwunden. Und abermals spricht Er: Niemand soll eure Freude von euch nehmen. So kommt Er denn mit Seinem Wort und Geist, um alle Traurigen in Zion fortwährend zu trösten, sie fortwährend freudig und froh zu machen, und so immerdar die Tränen abzutrocknen von ihren Wangen. Um die himmlische Freude und das Rühmen in Trübsalen, wovon der Apostel Paulus schreibt Römer am 5. in ihnen zu erwecken und zu erhalten, gab Er Seiner Gemeinde unter vielen guten und tröstlichen Worten, in welchen Er Seinen Bekümmerten Antwort gibt zur Zeit der Not, auch die Worte des drei und dreißigsten Psalms. Wer den zwei und dreißigsten Psalm mit durchlebt und dessen Inhalt in seiner Seele gefasst hat, sieht bald ein, dass der drei und dreißigste Psalm mit dem vorigen in genauem Zusammenhang steht. Denn wenn wir durch Glauben gerecht geworden sind, so führt der Weg vom Glauben zum Glauben durch allerlei Not und Trübsal hindurch, denn da hat man ja Tod, Teufel, Welt und Sünde, dazu allerlei Not Leibes und des Lebens auf dem Halse, da wird man niedergeschlagen, tief betrübt, und es wird dem Menschen bang in diesem Leben. Es ist dem Sichtbaren nach nichts da, dessen man sich freuen kann, vielmehr scheint man von Gott vergessen und verlassen, und liegt darnieder wie unter den Toten, man sitzt in einer Ecke, man jammert und weint.
In solcher Traurigkeit und Betrübnis des Herzens werden wir nun im 1. Verse angeredet mit dem Namen: Gerechte, Fromme, und wird uns gesagt, dass wir gerecht sind und geraden Herzens. Diejenigen, die hier angeredet werden, verklagen und verdammen sich selbst vor Gott ihrer Sünden wegen und möchten alles dafür hin- geben, um nach dem Herzen Gottes zu sein. Sie loben und preisen sich selbst nicht, dass sie ein Herz ohne Falsch haben, klagen vielmehr, ihr Herz sei ein trotziges und verzagtes Ding, das sie nicht ergründen können; dennoch aber haben sie gewisse Kennzeichen, womit sie getröstet werden vom Heiligen Geist, dass sie gerecht vor Gott und Erben des ewigen Lebens sind, dass sie auch sich geben, wie sie sind, sich ausschütten vor Gott und auf das Eine, was Not tut, aus sind, auf das, was dem Herrn gefällt und bleibend ist. Solche Kennzeichen sind ihnen aber andrerseits verhüllt und sie liegen danieder, sie sind schwer angefochten, indem sie meinen: Gott zürne über sie, Er wolle ihrer nicht mehr, auch sei ihr Herz doch nicht rechtschaffen vor Gott. Und so stecken sie tief in Trauer, wie die Jünger, da der Herr im Grabe lag, oder da sie nicht wussten, dass Er für sie auferstanden sei, und ihnen nur Das vor Augen stand: wie sie Ihn so schändlich verleugnet und verlassen hätten, weshalb es nun auch aus und vorbei sei mit allen Seinen Worten des Lebens und der Erlösung, welche Er zu ihnen geredet.
David, der diesen Psalm gemacht, muss soeben noch in tiefer Traurigkeit sich befunden haben, aus der er sich durch diese Aufforderung zum Lob und Dank selber befreit. - Denn dieses: freut euch, dankt, singt kommt nicht aus dem Herzen, es sei denn das Herz eben zuvor traurig, zerschlagen und zertreten gewesen, und habe in solcher Erniedrigung frischen Trost geschöpft. Solche Worte, wie diese, richten sich überhaupt nur an Solche, die ein Bedürfnis nach Freude haben. Bedürfnis nach Freude im Herrn, haben aber nur Solche, welche göttlich betrübt sind. David war aber zuvor tief traurig; da hat er den Herrn erblickt, den Auferstandenen, und seine Seele ist getröstet. Nun denkt er sofort an Solche in Zion, denen es auch um Trost bange ist, und die auf dem Punkt sind, von Traurigkeit und Herzeleid verschlungen zu werden. Diesen spielt und singt er ins Herz hinein: freut euch, dankt, singt, und nennt sie Gerechte, sie, die nichts anders fühlen und empfinden, als Verdammnis und nichts anders hören als den Fluch des Gesetzes, auch nichts anders fühlen und empfinden, als dass ihr Herz vom Gnadenwort verschlagen ist, und in die Tiefe zu sinken droht.
Freut euch des Herrn, ihr Gerechten: so David, so der Geist zu der Gemeinde Jesu Christi. Ruft aus, lasst euch vernehmen mit lauter Stimme in dem Herrn. Ihr sollt es wissen, und ich will euch die frohe Botschaft kundtun, dass ihr euch befindet in dem Herrn in Christo, dass ihr mit Ihm vereinigt, in Ihm gerecht seid, in Ihm Gerechtigkeit und Stärke habt; dass ihr in Ihm wohl geborgen seid und Ihn zum zuverlässigen Bürgen und treuen Anwalt habt. Wendet weg die Augen von der Sünde und der Not, von Welt und Tod, und richtet sie im Glauben dorthin, wohin der Psalmist blickt. Er fand sich geborgen im Herrn; und so seid auch ihr geborgen in Ihm; ruft es daher laut aus, dass ihr alles in Ihm habt und in ihm hoch über Not und Tod und über alle Gewalt des Satans und der Sünde hinaus versetzt seid, obschon ihr in der Welt nur Angst habt und traurig darnieder sitzt.
Die Frommen sollen ihn schön loben. Sie, die ihr Heil und Seligkeit bei sich selbst, oder bei der Kreatur nicht mehr finden können; auch nichts mehr haben, oder haben wollen, sondern mit einem Verlangen und festem Vorsatz des Herzens vor dem Gnadenstuhl liegen bleiben: sie sollen sich den Mund nicht stopfen lassen, um es auszukündigen: Du, Herr, bist meine Gerechtigkeit, und ich bin Deine Sünde; - und ob auch die ganze Macht der Finsternis ihnen Schweigen auferlegen will und ihnen zuraunt, es gezieme ihnen, der so großen Sünden wegen, nicht, zu sagen: „Dennoch bist Du, Herr, mein Heil“, so sollen sie wissen, dass eben ihnen in ihrer Hilflosigkeit geziemt, Ihn zu loben.
Dankt dem Herrn mit Harfen usw. will sagen, dass wir alle Kräfte Leibes und der Seele dransetzen sollen, um den Herrn in Seiner Macht, Gnade, Majestät und Wahrheit angesichts unserer Feinde zu verherrlichen; und das neue Lied ist das Lied des Evangeliums, das Lied des Lammes, das Lied, welches gegen die alte Schlange, gegen alte Sünden, gegen neue Not gerichtet ist, und mit vollen Tönen bekennt: Du Herr bist es allein, Du hast es vollbracht, groß und prächtig steht's in Deinem Reiche. Und dabei machen wir es gut auf Saitenspielen mit Schalle, und der Herr wird es bekennen vor seinen Engeln, dass wir gut gespielt haben vor ihm: wenn wir mit dem „Dennoch“ des Glaubens uns an ihm halten und, wo uns die Feinde umringen und in ihrer Gewalt zu haben scheinen, allem Widerspiel entgegen, bekennen: Er sei der Herr. Denn schaut, was der Grund und die Ursache alles Lobens und Dankens ist, und weshalb wir zur himmlischen Musik und zum Festtanz geladen und aufgeweckt werden, wir, die da liegen auf unserm Schmerzenslager, oder vor lauter Traurigkeit und Unmut in einer Ecke sitzen und den Himmel voller Trost und Seligkeit über uns für zugeschlossen halten. Was sagt David, was ruft der Geist in die Gemeinde hinein?
Denn des Herrn Wort ist wahrhaftig und was Er zusagt, das hält Er gewiss. Wer zweifelt denn daran? Nur der sich in der Not befindet, der göttlich betrübt ist, der keine Verheißung von Gott, dem lebendigen Gott, hat. Die anderen finden bei allem Geschrei: des Herrn Wort, des Herrn Wort, sonst wohl Auswege und Mittel, und schlagen die fehl, so gibt man die Sache auf. Aber Jene, die des Herrn Wort, Seine gnädige Verheißung, Verheißungen für dieses und jenes Leben, durch Sein Wort und Seinen Geist ins Herz hineingehaucht erhielten, erleben zunächst von Allem das Gegenteil; es geht alsbald mit ihnen durch Nacht und Nebel hindurch, über ungebahnte und bis dahin unbekannte Wege, ja durch das tiefe Meer und durch das Feuer hin: dass es wohl gar heißen muss: „die Philister über dir“, und die Feinde höhnisch fragen: Wo ist nun dein Gott? Da wird dann dem armen Herzen bange: es geht alles in den Tod, der Feind wirft des Herrn Stuhl um, und der Angefochtene hebt selbst an zu rufen: wo sind Deine vorigen Verheißungen? Aber wer Leben aus Gott hat, möge bis an den Rand des Verzagens, ja der scheinbaren Verzweiflung geraten: er kann dennoch die Wahrheit Seiner gnädigen und gnädigsten Verheißungen, er kann das, was Er, der Herr, der Seele zugesagt, nie und nimmer aufgeben. Ein Solcher verharrt im Ringen mit Gott. Der Herr kann nicht lügen, und endlich, wenn man sich dessen am wenigsten versieht, wenn Lazarus bereits vier Tage begraben, so steht Er wirklich da, so steht Er am Grabe und ruft mit lauter Stimme: Lazare, komm heraus! Und der Verstorbene kommt heraus. Und gelogen hat die verdammende Hölle, gelogen haben die Hiobsfreunde, - alle Menschen sind als Lügner erfunden. Gelogen hat auch das schwache Herz, das in Unmut sprach: Er gedenkt meiner nicht mehr, und, O, wie wahrhaftig findet man das gnädige Wort, das ewige Evangelium, nachdem man selbst gewankt und gemeint bei dir wird es sich nicht erfüllen.
Seine Zusage hält er gewiss. Hast du das Wort vom Herrn, so sei unfruchtbar wie Sarah, werde hundertjährig und erstorbenen Leibes, wie Abraham, komme auf den Aschenhaufen zu sitzen, wie Hiob, es sei am Ende kein Rind mehr auf dem Stall; finde Sünde und wiederum Sünde, und gar keine Heiligung, wie du auch drauf bestehst; es gehe scheinbar dein Gebet in Rauch auf, und der Himmel bleibe ehern; es habe den Anschein, als flössen deine Tränen, die du vor Gott geweint, vergeblich; es werde schlimmer und schlimmer, je mehr du anhältst um Gnade, um Errettung; es sei alles abgeschnitten, alles zugemauert, es gehe alles in den Tod: dennoch wird Er Wort halten; alles, was Er tut und wirkt, wie Er waltet und regiert, das ist alles wahr, zuverlässig. Er hat noch keinen betrogen, der auf sein Heil und Erbarmen gehofft und von Ihm die Zusage erhalten hat: Ich will dir helfen, Ich will dein Gott sein, ich will mit dir sein, und wie all sein Werk Zuverlässig und Wahrheit ist, so wird Er auch dasjenige Werk, das wir selber sind in Christo Jesu, (Ephes. 2, 10) herrlich machen zu seines Namens Ruhme.
Warum das? Er liebt Gerechtigkeit und Gericht. Solches wird auch von Ihm bezeugt in dem fünf und vierzigsten Psalm: Du hast geliebt Gerechtigkeit. Wo Er hier ein Volk geschaffen, dass es Seines Namens Ruhm auskünde, wird er da solches Volk im Stiche lassen? Ist Er nicht der rechten Witwen Mann, der armen Waisen Vater, der Verlassenen Zuflucht, ein Gott der Elenden, die keinen Helfer haben? Es wäre nicht Gerechtigkeit vor Ihm, denen, die Er gerecht spricht, Sich zu entziehen, wo sie nun von der Ungerechtigkeit überwältigt werden. Er muss nach Seines Herzens Drang ihnen Wort und Treue halten; auch ist das Sein Gericht: dieser Arme hat nichts, er verlässt sich aber auf mich, er ist alles Heiles bar, er hält sich aber an meinem Wort: so muss ihm ja Hilfe gewährt werden. Sonst kommt er um. Weil der Herr nun solche Gerechtigkeit liebt, so bekleidet Er die Seinen mit Heil, und weil Er solches Gericht liebt, so sollen Seine Elenden es dennoch gut haben. Fragen wir wo? Allerwärts, wo sie sich befinden. Die Erde ist voll der Güte des Herrn. Komm hin, wo du willst, auf Gottes Erdboden allerwärts gibt es Einen, ja Mehrere, die davon zu singen und zu sagen wissen, dass der Herr Wort und Treue hält, allerwärts gibt es Solche, über welche dasselbe Leiden geht, allerwärts solche, die erst verzagen, die aber sodann zu erzählen wissen, wie sie erfahren haben, dass der alte treue Gott Wunder tut, und dass sie nicht vergeblich auf Seinen Namen gehofft, nicht vergeblich an Seiner Zusage sich gehalten haben. Dieses Wort also, dass die Erde von solcher Gnade des Herrn voll ist, wird zu dir gesagt, wenn du dich allein und ganz verlassen irgendwo in einer Ecke dieser Erde, ja etwa gar in Banden befinden möchtest, auf dass du es weißt, vernimmst und verstehst, auch inmitten deiner Traurigkeit Mut fasst, dass, wo du lediglich an des Herrn Jesu Gnade und an dem Wort seiner Erbarmung hangen bleibst, der Herr bei dir auf dem Plane ist, und Er eben an dir es glorreich beweisen wird, dass Er Sein Wort nicht umsonst gegeben hat, sondern dass es wohl wahr bleiben, auch sich bewahrheiten wird, obschon du augenblicklich nichts davon siehst. Sein Wort kann nicht gelogen haben, und Jesus lebt und erhört das Gebet, und kann dich nicht lassen; seine eigene Güte fordert es, dass gegenüber allen Sünden und Feinden deiner Seele, bei dir wahr werde, was Sein Mund verheißen. Der wahrhaftige Zeuge und Überwinder von Tod, Sünde und Welt spricht: „siehe ich komme bald“. Wir, die wir uns in der Not befinden, möchten darauf von Herzen „Amen“ sagen; aber ach, wie entschwindet uns diese mächtige Wahrheit, dass der Herr wahrhaftig ist und die Seinen nicht lassen kann, sondern viel gewaltiger das Gedränge der Seinen empfindet, als sie selbst es empfinden, wenn nun die Not hoch kommt, und die Wasserströme sich erheben, brausend sich erheben, emporheben die Wellen und die Wasserwogen im Meere groß sind und gräulich brausen, wie solches jetzt geschieht (Psalm 93, 3 u. 4). Wenn die Not vorüber, dann wollen wir glauben. Das ist aber rechte Gnade, dass der Geist unseren Schwachheiten zu Hilfe kommt und uns dringt zum Gebet oder zum Stöhnen vor dem Herrn, so dass wir es wagen, trotz eignen Unglaubens und Verzagens, ihm die Not zu klagen, und Sein Wort, Verheißung und Wert ihm vorzuhalten. Und, o, welch eine Gnade, wenn wir dann hineingeführt werden in das Leiden Christi, in den 22sten Psalm etwa, so dass dieser Psalm Christi unser Psalm in Christo wird: - da wird das weinende Kind gestillt, es beginnt vieles zu schmecken von der Herrlichkeit des Herrn mitten in der Not, und der Teufel, der ein Feind aller guten Musik ist, wird verjagt, das Gebet ist erhört, es geht wunderbar her. Es haftet des Herrn Wort in der Seele, das wir in der Schrift lesen (Nahum 1, 7 9): „Der Herr ist gütig und eine Feste zur Zeit der Not; und kennt die, so auf ihn trauen. Wenn die Flut überläuft, so macht er es mit derselbigen ein Ende. Was gedenkt ihr (O, meine Feinde) wider den Herrn? Er wird es doch ein Ende machen, es wird das Unglück nicht zweimal kommen.“ Und da spricht mancher Dulder mit Hiob das Bekenntnis aus: „Ich habe unweislich geredet, das mir zu hoch ist und ich nicht verstehe. „Ich habe dich mit den Ohren gehört, und mein Auge sieht dich auch nun. Darum schuldige ich mich und tue Buße im Staub und in der Asche. Ich bekenne, dass Du alles vermagst.“ In demselben Sinne bezeugt auch David: Gott hat ein Wort geredet, das habe ich etliche mal gehört, dass Gott allein mächtig ist. Und du, Herr, bist gnädig und bezahlst einem Jeglichen, wie er es verdient. (Ps. 62. 12-13).
Blicken wir auf die traurige Gegenwart, auf die Nöte, die uns getroffen haben, so hat doch wahrlich das arme geplagte Herz eines Kindes Gottes hienieden nichts Besseres, als die gnädige Verheißung des Herrn, als sein Wort, als seinen Christum, in dessen Blut vollkommene Versöhnung aller Sünden ist, und in dessen Überwindung auf Golgatha und am Auferstehungsmorgen eine Macht liegt, welche über alles geht. Deshalb spreche der Dulder zu dem Herrn: Mein Herz hält dir vor dein Wort! Denn so wenig der Mensch vom Brot allein lebt, sondern von einem jeglichen Wort, das durch den Mund Gottes geht, ebenso wenig gibt es eine andere Hilfe für Leib und Seele, gegen Not und Tod, als nur durch das Wort, wofern wir an demselben hangen bleiben und Gnade bekommen, um sich daran zu halten. Der Geist, der die Heiligen aufs Beste vertritt, erleuchtet mit dem Wort das Auge der Seele, dass wir darauf Acht geben, wie durch das Wort des Herrn und durch Seinen Geist alles zu Stande gekommen ist, was gar weit erhaben ist über diesen kleinen Erdball und über alles Irdische. O, welch eine Gnade, wenn uns in der Anfechtung das niedergebückte Haupt aufgerichtet wird, und die in Tränen schwimmenden und fast geblendeten Augen geöffnet werden, um zu sehen die Himmel deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast (Psalm 8). Woher ist dieser gleichsam unendliche, große, blaue Himmel, woher ist doch die unzählige Zahl der so wunderbar hellstrahlenden und so laut die Herrlichkeit und die Macht Gottes verkündenden Sterne? Zähle du diese Sterne, wenn du kannst, heißt es noch immerdar zu den Angefochtenen, wie einst zu Abram (1 Mose 15), als er um die Erfüllung der Verheißung Gottes bekümmert war. Wer kann zählen, was der Gott, der Wort und Treue hält, in einem Nu aus dem Nichts hervorgerufen? O, dem Allmächtigen ist nichts unmöglich und in seinem Christo besitzen wir Angefochtenen die zuverlässige Bürgschaft dafür, dass wir einen Gott haben, der da hilft und vom Tode errettet (Ps. 68, 21), ohne Kraft und Gewalt unsererseits, sondern allein durch des Herrn Geist. Darum bezeugt der Psalmist: Der Himmel ist durch des Herrn Wort gemacht und alles sein Heer durch den Geist Seines Mundes. Im Hebräischen heißt es: die Himmel sind gemacht, so ist es denn nicht alleine der Wolkenhimmel, sondern auch der Himmel der Himmel, wo der Stuhl Gottes steht, wo die vollendeten Geister sind, wo bereits Die alle sind, die durch große Trübsale hindurchgegangen, und ihre Kleider helle gewaschen haben im Blute des Lammes. Auch ist des Himmels Heer nicht allein die unzählige Zahl der Sterne, sondern auch das Heer des Himmels, als dessen Fürst Christus sich bezeichnet (Josua 5, 14), oder die Menge der himmlischen Heerscharen oder Engel, die Gott loben und Sein Angesicht immerdar sehen und ausgesandt werden zum Dienste derer, die die Seligkeit ererben sollen.
Der Apostel Paulus bezeugt: durch Ihn (in Ihm, in Christo) ist alles geschaffen. Und so wissen wir denn von dem Apostel, wie wir die vorliegenden Worte und auch, wie wir das: „Gott sprach: es sei!“ (1 Mose 1) zu verstehen haben. Nämlich, da Gott alles, was da gemacht sein sollte, dem Menschen zum Heil hat machen wollen, so hat Er geredet aus Seinem Schoß oder Busen heraus, das ist aus Seiner unendlichen Barmherzigkeit und Liebe, und geredet hat Er auf Grund einer ewigen Gerechtigkeit und einer Satisfaktion, welche das Wort, das alles machte, ihm allein bringen konnte, auf dass das Wort und was Er gemacht als „gut“ proklamiert wäre, - und das Wort aus dem Busen Gottes war Gottes anderes Ich, Gott aus Gott und zugleich Darsteller einer ewig geltenden Genugtuung, nämlich in Antizipation der Zeit, wo die Sünde dazwischen gekommen sein würde. Und der Schöpfer, Gott Heiliger Geist, welcher nachmals, als die Sünde in die Welt gekommen, der Geist der Heiligung genannt wird, vereinigte sich hier mit dem Worte, um das aus dem Nichts Hervorgerufene zu beleben und zu bilden, dass es dem Wort entspräche und der ewigen Weisheit des Vaters (Sprüche 8, 30-31) zur Darstellung ihrer ewigen Gedanken dienstbar werde. Fürwahr ein mächtiger Trost für den Angefochtenen: des Herrn Wort ist wahrhaftig, es wird uns nicht trügen, auch ist es allmächtig, das hat es bewiesen; es wird nicht allein die Errettung, die Seligkeit für den Verlorenen darstellen, es hat dies bereits getan. Da darf man in seiner Not etwas höher hinaufblicken, dorthin, wo keine Tränen mehr vergossen werden, wo keine Sünde mehr wohnt, wo keine Reue ist, noch Schmerz, noch Leid, kein Tod noch Verderben, sondern Freude und Wonne und liebliches Wesen zu Gottes Rechten immer und ewig ($1. 16, 11).
Hat nun das Wort für uns den Himmel gemacht, dass wir darin auf ewig wohnen, was wohl das grö0te ist, indem unserer Sünde wegen unsererseits nie daran zu denken war, vielmehr nur eine Hölle und ein ewiges Feuer für uns sollte gemacht sein: wie leicht ist es dann diesem Wort, auf diesem kleinen Erdball alles für uns also zu regieren und zu lenken, dass alles uns zum Guten dienen müsse, so übel es auch zunächst scheine; und hat Er mit dem lebendigen Hauch aus Seinem Munde alle Himmel belebt und bevölkert mit von Dienstwilligkeit strahlenden Geistern, jener Menge ohne Zahl, welche, gleichwie die Sterne, die er mit Namen ruft, ohne Zahl sind: was hat dann der Herr Gott im Himmel nicht alles zu seinem Dienst, um uns hienieden zu helfen, und das, was auf Erden für uns groß und mächtig, vor Ihm aber ein geringes ist - durch den lebendigen Hauch und gleichsam als durch ein Blasen seines Mundes so zu ordnen und zusammentreffen zu lassen, dass es wohl offenbar wird, Er allein sei groß, tue allein Wunder und sei mächtig von Rat und Tat. Denn es ist und bleibt eine Zusammenstellung von eitel Wundern, wie Er durch seinen Geist und seine ewige Weisheit, wie Er auch durch den ewigen Trost Seines Wortes und durch uns verborgene Wege, ja durch eine unzählige, uns unsichtbare himmlische Dienerschaft, das Gesamte der irdischen Kreatur, sowie auch Zeit und Weise, mittelbar und unmittelbar also in ihrer von ihm angewiesenen Bahn sich bewegen lässt, dass alle, die auf sein Wort trauen, immerdar Errettung finden und für sich selbst sowohl, als mit dem, was Gott ihnen gegeben, sicher und herrlich an Seiner Hand hindurchkommen. Freilich geht das alles wunderbar her. Aber was sollte zur Errettung der Seele und des Leibes aus Not und aus Tod Dem Gott zu wunderbar sein, dessen ganze Schöpfung Seine Wundermacht auskündet? Denn dünner als die feinste Seide ist das Tuch des Himmels, das die Macht der Wolken, oder das Wasser oben, und das ganze Gewicht der Sterne trägt; und nun die gewaltigen Wasser hienieden, warum schlagen sie den Erdball nicht auseinander mit ihrem furchtbaren, fast durch nichts zu überwindenden Wellenschlage, warum überströmen sie die Erde und was darinnen ist nicht, warum erleben wir Erdenbewohner nicht zum öftern eine Sündflut, wie zur Zeit Noahs? Darum nicht, weil Gott dem Meer ein Ziel gesetzt und zu ihm gesagt: Hier soll sich legen der Stolz deiner Wellen. Er, dessen die Erde ist, der den Erdboden auf den Meeren gegründet und auf den Wassern bereitet hat, sitzt höher, denn jede Flut, und hält auch vor jeder Flut und jeglicher Gewalt der Wasser und Wogen sicher, was ihm gefällt. Darum heißt es: Er hält das Wasser im Meere zusammen, wie in einem Schlauche, und legt die Tiefe in das Verborgene. Wer so etwas vermag, der vermag es auch, alle Wasser der Not, alle Wasser, die uns zu ersäufen drohen, alle Wellen und Wogen des gerechten Zorne über unsere Sünden, alle Wellen und Wogen der Sünde, der Anfechtung, der Verfolgung, allerlei tiefe Wasser des Todes, welche über uns her zu gehen drohen, gleichwie in einem Schlauch zusammenzuhalten, oder auf einen Haufen zu türmen, dass sie dennoch nicht über uns herstürzen, dass also an uns die Verheißung erfüllt werde: „Wenn du durchs Wasser gehst, so will ich bei dir sein, dass dich die Ströme nicht ersäufen sollen“, und auch an uns das Wort wahr werde: „Darum werden dich alle Heiligen bitten zur rechten Zeit; darum, wenn große Wasserfluten kommen, werden sie nicht an die selbigen gelangen. Du bist mein Schirm, du wollest mich vor Angst behüten.“ (Ps. 32, 6 u. 7.)
Und legt die Tiefe in das Verborgene, so dass z. B. das mittelländische Meer, obschon es die ganze Fülle der russischen Flüsse, wie auch diejenigen mehrerer anderer Reiche, ja sogar das Übermaß des Ozeans in sich aufnimmt, dennoch nie höher kommt als Gott einmal gewollt, vielmehr solche Wasserlast an einen Ort abfließt, den Gott allein kennt. Tut Gott nun solches, wie vielmehr wird er alle Notwelche uns stromweise überfällt, also ins Verborgene legen, dass er allein es wissen wird, wo sie einen Abfluss findet und wohin sie gewälzt worden ist. Ja es wird zugleich sich bewahrheiten, was auch in dem Worte nach dem Grundtexte liegt, dass er solche Tiefe zu Schatzkammern macht. In die Tiefe muss sich das natürliche Wasser, wenn auch siedend und kochend und mit widerspenstigem Strudeln, durch das Loch, das Gott allein kennt, hinabstürzen, um sich sodann unter der Erde und unter dem Fuße der Berge hervorzudrängen und in diesem sich Drängen zu bilden strahlende Demanten und allerlei kostbares Metall, auch sich von den Gipfeln der Berge wieder zu ergießen, um zu bereichern Städte und Völker, zu tränken Menschen und Vieh, zu schaffen den Saft dem Weinstock und dem Ölbaum und den Millionen edler Fruchtbäume und schattiger Bäume, wovon die Menschen sich ernähren, Wohnungen verschaffen und allerlei Hausrat. Und so wird auch wohl wahr bleiben, dass Gott die Tiefe der Not, ja der Hölle und der Sünde zu Schatzkammern zu machen weiß, auf dass das Wort erfüllt bleibe, dass alle Dinge zum Besten dienen müssen, denen die Gott lieben, die nach dem Vorsatz berufen sind (Röm. 8, 28).
Darum lässt der Psalmist billig folgen: alle Welt fürchte den Herrn, das ist die ganze Erde, welche im Gegensatz zu dem Himmel und dessen ganzem Heer nur wie ein Pünktlein ist, fürchte den Herrn, und sonst Niemanden, sonst nichts; und vor ihm scheue sich alles, was auf dem Erdboden wohnt. Vor ihm, sagt der Psalmist, nicht vor den Göttern, die eitel Holz und Stein, oder Silber und Gold und leblose Dinge sind, und darum nicht helfen können, nicht Sünde und Zorn, nicht Strafe und Verdammnis, nicht Not und Tod wegnehmen können; - vor ihm sagt der Psalmist, vor ihm, vor dem die Völker alle sind, wie ein Tropfen am Eimer und die Erdbewohner wie ein Stäubchen an der Waage. Darum sprach auch Moses zu dem Volke: Entsetzt euch nicht und fürchtet euch nicht vor dem Feinde, der Herr, euer Gott, zieht vor euch hin und wird für euch streiten, wie er mit euch getan hat in Ägypten vor euren Augen und in der Wüste, da du gesehen hast, wie sich der Herr, dein Gott, getragen hat, wie ein Mann seinen Sohn trägt, durch allen Weg, daher ihr gewandelt habt - bis ihr an diesen Ort gekommen seid (5 Mose 4, 24-31). Und abermals heißt es bei Jesaja: Fürchtet ihr euch nicht also, wie sie tun, und lasst euch nicht grauen. Sondern heiligt den Herrn Zebaoth, den lasst eure Furcht und Schrecken sein (Jesaja 8, 12-13). Die ganze Erde (oder alle Welt) haben wir hier aber zu nehmen, wie in dem 100. Psalm: Jauchzt dem Herrn alle Welt, - und in dem Sinne, wie Johannes schreibt: Dieser ist die Versöhnung für die Sünden der ganzen Welt; es ist demnach die ganze Erde in dem Sinne gemeint, wie auch die Engel von ihr gesungen: Friede auf Erden und an Menschen (das sind aber alle Erdbewohner) ein Wohlgefallen. So dass also nicht von dem jüdischen Volk allein geredet wird, sondern alle, die nahe und fern sind, welche der Herr aus allen Geschlechtern, Nationen, Zungen und Völkern herbeiruft zu dem Panier der ewigen Errettung. Es hätten wohl alle Menschen, Haupt für Haupt, alle Ursache, den Herrn zu fürchten und sich vor ihm zu scheuen; Die aber werden es allein tun, die in tiefer Not, und dem Tode in allerlei Gestalt nahe sind, und keinen Frieden, Trost, Errettung und Leben in den sichtbaren Dingen finden, und zu welchen in solchem betrüben Zustande, in solcher Ratlosigkeit und Angst, dieses Wort kommt. Sie werden alsbald, indem sie solchem Worte glauben, aufhören, Teufel und Tod zu fürchten, und sich zu scheuen vor den Götzen und vor dem Menschen, dessen Atem in seiner Nase ist, und der morgen Heu ist; anheben werden sie dagegen, den Herrn zu fürchten, und mit festem Glauben, den Gott wirket, mit unverrückter Hoffnung, die nicht zu Schanden werden lässt, und mit inbrünstiger Liebe, welche Gott durch seinen Geist, den Er gegeben, ausgießt in das beladene Herz, anhangen dem Herrn Christo und also Gotte dem Vater durch seinen Geist der Gnade. Sie werden sich also vor ihm scheuen, dass sie alle andere Errettung, die vom Teufel angeboten wird, verschmähen, und in wahrhaftiger Demut, in Zerknirschung über ihre Sünden, ihr Heil und Seligkeit, sowie jede Errettung aus der Not, vom Herrn erwarten, eingedenk des Bundesblutes, welches Sünde tilgt, Not und Tod wegnimmt, alle Bande löst und aus der Angst in Freiheit versetzt, ja sie herrlich macht und Gnade und Ehre ihnen gewährt. Wie sehr wir Ursache haben, uns vor dem Herrn zu fürchten, das ist, uns von ihm, angesichts seiner herrlichen Macht und Majestät, bewegen zu lassen, ihm allein zu glauben und zu vertrauen, von ihm allein Heil und Seligkeit, sowie jegliche Errettung aus Sünde, Not und Tod, kurz alle leibliche und geistliche Errettung zu erwarten, und uns durch Unglauben und Zweifelmut nicht aus solcher guten Wehre hinauswerfen zu lassen, zeigt der 9. Vers: Denn so er spricht, so geschieht es, so er gebietet, so steht es da. Unserer Sünden halber hätten wir uns wohl vor ihm zu scheuen. Daher sollen wir nie aufhören, zu beten: „Gehe nicht ins Gericht mit deinem Knecht,“ und: „So du Herr willst Sünde anrechnen, wer kann vor dir bestehen,“ und abermals: „Wer kann merken, wie oft er fehlt, vergib mir meine verborgenen Fehler“, und: „Gedenke nicht der Sünde meiner Jugend und meiner Übertretung, gedenke aber mein nach deiner Barmherzigkeit, um deiner Güte willen.“ Unserer Sünden wegen haben wir uns ferner stets vor Ihm zu demütigen und uns Seiner Strafe und heiligem Willen zu unterwerfen, wie David tat, da er vor Absalom floh und die Lade des Herrn nicht mit sich nehmen wollte. Da sprach er: „Werde ich Gnade finden vor dem Herrn, so wird Er mich wiederholen und wird mich sie sehen lassen und sein Haus.“
Andrerseits kann aber der Glaube nicht zu viel von ihm erwarten, ohne welchen wir doch nichts tun können und Der gesagt hat: „Vater, ich will, dass, wo ich bin, diejenigen auch bei mir seien, die du mir gegeben hast, dass sie meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast“ (Joh. 17) und wiederum: „Alles, was ihr bitten werdet in meinem Namen, das werde ich tun, auf dass der Vater durch mich verherrlicht werde.“ Zu ihm rief ein Elender: „Herr, wenn Du willst, so kannst Du mir wohl helfen,“ und er bekam zur Antwort: „Ich will es tun, sei genesen.“ Oder wie Er zu dem Weibe, dessen Tochter vom Teufel sehr geplagt war und welches rief: „Herr, hilf mir,“ sprach: „Es geschehe dir nach deinem Glauben“. So Er spricht, so geschieht es, so Er gebietet, so steht es da. Sollte dem Herrscher der ganzen Welt Etwas unmöglich sein? Wo sind die Grenzen seines Gebietes, wo die Grenzen seiner Allmacht? Er spricht, und es fließen Wasser aus den härtesten Felsen; Er gebietet, und es regnet Fleisch, zu sättigen ein ganzes Volk. Er spricht, und die Toten leben; Er gebietet, und die Unfruchtbare gebiert. Oder wie es im Liede Luthers heißt: Tod, Sünd, Teufel, Leben und Gnad, alles in Händen Er hat, Er kann erretten, alle die zu ihm treten. „Mein, spricht Er, ist beides, Silber und Gold.“ So hoch also kann die Not nicht gestiegen sein, dass Er nicht durch ein Wort seiner Allmacht, durch den Befehl seines Mundes, alles, alles sollte beseitigen und Heil, Friede und Freude herbeirufen, ja auch alles wiederherstellen können, was durch uns verdorben ist. Wo Er nur seinen Boten Befehl tut, da ergeht das Wort Seiner Gnade, und dahin sind alle Sünden und hinter Seinen Rücken sind die Missetaten geworfen, geschleudert in das tiefe Meer Seiner Gnade, und es geschieht ihrer kein Gedächtnis mehr. Und wo Er befiehlt, da sind 5000 gespeist mit fünf Broten und zwei Fischen, da hört das Mehl in dem Kruge nicht auf, da bekommt man Öl aus einer Kanne, um seine Schulden zu bezahlen und von dem Übrigen zu leben, da wird das Wasser verändert in Wein, und erleben die Eheleute eine Hilfe, auch wenn sie sich dessen zum allerwenigsten versehen. So schützt Er auch mit Seinem Spruch und Befehl Seine Kirche gegen den Trotz, das Wüten und das Toben Seiner und ihrer Feinde, ja Er legt mit Seiner königlichen und schöpferischen Allmacht grade dann Ehre ein, wenn die Feinde aufjauchzen, als hätten sie des Herrn Heilige übermocht und sprechen: „Wo ist euer Gott,“ so dass das Bekenntnis wohl stehen bleibt: Unser Gott ist im Himmel, Er kann schaffen, was Er will (Ps. 115, 3). Ob man gleich klagen und fragen muss: „Warum toben die Heiden und die Herren ratschlagen miteinander wider den Herrn und Seinen Gesalbten?“ so wird man doch wohl bald erfahren, dass der Herr nie eins wird mit dem schädlichen Stuhl, der da Mühe erdichtet mit seinen Satzungen (Ps. 94, 20), ja bald auch mit Jeremia die Antwort bekommen: sie werden sich wider Dich sammeln, aber nicht aus mir, und ob sie sich wider Dich sammeln, so werden sie doch um deinetwillen fallen. Darum heißt es weiter: der Herr macht zunichte der Heiden Rat und wendet die Gedanken der Völker. Heiden sind hier und an vielen Stellen der Psalmen und Propheten Solche, deren Benehmen gegen die Kinder Gottes ein feindliches ist, welchen Namen sie immer führen mögen. Völker ist der große Haufe, der sich heute zu diesem, morgen zu jenem gebrauchen lässt. Diesen Spruch aber finden wir durch die ganze Schrift bestätigt. „Nicht auf das Fest,“ sagten die Pharisäer und Schriftgelehrten, „auf dass kein Aufruhr geschehe,“ und es sollte doch am Feste geschehen. Was fruchtete es, dass die Juden Hüter bestellten an Christi Grab, wo Schloss, Türe und Riegel brechen, wenn Er auferstehen will? Was richten Josephs Brüder aus, ob sie auch meinen, sein Traum könne nicht wahr werden, nachdem sie ihn den Ismaeliten verkauft? „Nun weiß ich wahrhaftig,“ sprach Petrus, „dass der Herr Seinen Engel gesandt hat und mich errettet aus der Hand Herodes und von allem Warten des jüdischen Volkes“ (Apostelg. 12, 11). Wie fein machte der Herr Ahitophels Rat zunichte? Das wusste selbst das Weib Hamans, dass gegen den Herrn und sein Volk weder List noch Vermögen und Kraft etwas vermag, da sie zu Haman sagte: „Ist Mardachai vom Samen der Juden, vor dem du zu fallen angehoben hast, so vermagst du nichts an ihm, sondern du wirst vor ihm fallen.“ Der Tyrann Pharao mag versuchen, mit List Israel zu dämpfen, sie mehren sich, je mehr er ihrer umbringt, und endlich muss er in dem Abgrunde des Meeres erfahren, wer der Herr sei, er, der einmal trotzig gefragt: „Wer ist der Herr, dem ich gehorchen sollte?“ Wie mancher Pharao, wie mancher Sanherib hat da schon erfahren müssen, dass der Herr ihren Rat zerschmettert, so dass nichts aus ihrem ganzen Vorhaben geworden ist? An wie manchem Volke sehen wir es sich bewahrheiten, dass der Herr ihnen einen Haken in die Nase gelegt und alle ihre Gedanken gewendet, dass sie tun mussten, was sie nicht wollten, und dahin kamen, wohin sie nicht gewollt, und es ihnen erging, wie einst den Syrern, die, als sie den Propheten fangen wollten, vom Herrn mit Blindheit geschlagen wurden, und sich mitten in Samaria befanden, als sie gar andere Dinge im Sinne hatten? Traun, was vermag der Herr nicht, vor dem alle Völker sind, wie ein Tropfen am Eimer, wie ein Stäubchen an der Waage? (Jesaia 40, 15.) So listig, so kunstreich kann gegen den Herrn und Sein Wort, Seinen Rat und Willen nichts erdacht, nichts geschmiedet werden, oder Seine Weisheit hat es schon vorher so bestimmt, dass alle, die sich gegen Ihn auflehnen, sich selbst erhängen an dem Strick, den sie gemacht, sich selbst verwickeln in dem Netze, das sie über die, welche des Herrn sind, werfen, und selbst in die Grube fallen, die sie Anderen gegraben.
Darum heißt es auch bei dem Propheten (Jesaia 33, 23): Lasst sie ihre Stricke spannen, sie werden doch nicht halten, und wiederum (Jesaia 49, 26): Ich will deine Schinder speisen mit ihrem eignen Fleisch (vgl. Kap. 50, 11), und nochmals (Kap. 54, 16, 17): Siehe, ich schaffe es dass der Verderber umkommt. Darum, wenn es auch noch so kraus und bunt aussieht, so ist es doch dem Herrn ein Geringes, es so zu machen, dass die Heiden sich untereinander aufreiben, dass der eine in des andern Schwert stürzt, und die Völker, die da meinen, sie ständen so fest, und ihre Gedanken seien bleibende Gesetze, über den Haufen geworfen werden. Ja, der Herr tut solches vor wie nach. Er tut es immerdar, wenn es auch den Anschein hat, als habe Er die Erde und Sein Volk verlassen mit Seinem Walten, Regiment und Schutz. Er, der Herr, legt stets Ehre ein (Psalm 76), und so lange Er in Zion wohnt, das Er sich zum ewigen Sitz erwählt, wird er daselbst zerbrechen Spieß und Bogen, und dem Krieg steuern (Psalm 46, 10), und der Märtyrer Blut wird der Same der Kirche bleiben. Warum das? Mein Rat soll bestehen, spricht der Herr. Dieser Rat wankt nicht. Davon hat Er allen Seinen Heiligen die Gewissheit gegeben, und hat sie damit getröstet und aufgerichtet und ihnen stets damit neuen Mut gemacht, dass sie beharrten trotz alles Widerstandes. Die Propheten und Apostel zeugen allerwärts davon, dass dieser Rat unwandelbar sei. Deshalb lesen wir Hebräer am 6.: „Gott, da Er wollte den Erben der Verheißung überschwänglich beweisen, dass Sein Rat nicht wankt,“ und hier in unserm Psalm: Aber der Rat des Herrn bleibt ewig, Seines Herzens Gedanken für und für. Der Rat des Herrn ist ein Rat Seines Willens, Seines souveränen, freien Wohlgefallens, es ist ein Rat zum Lobe Seiner ewigen Gnade, ein Rat ewiger Liebe, nach welchem Er spricht zu Seinem Volke: „Ich habe dich je und je geliebt“ (Jeremia 31, 3); es ist ein Rat des Friedens, ein Rat, der dahin geht, sein Volk, das Er sich in Christo erwählt, zu segnen mit ewigem Segen, zu erlösen von allem Fluche, und ihm von Niemand ungestraft fluchen zu lassen. Es ist ein Rat, wonach dieses Volk auch zum Segen gelegt und dazu geschaffen und erhalten wird, dass es Sein Lob verkünde, auf dass die ganze Welt an diesem Volke ersehe, wer da Gott sei unter den Göttern, und wer der Mächtige unter den Mächtigen. Dieser Rat dient zur Errettung und zum Verderben; zur Errettung, den Erben der Verheißung; zum Verderben aber den Ungehorsamen. Er dient zum Heile bei allen denen, welche diesem Rat sich unterwerfen, zur Zerstörung bei allen, welche sich dagegen auflehnen. Es sind viele Anschläge in eines Menschen Herzen, schreibt Salomo (Sprüche 19, 21), aber des Herrn Rat bleibt stehen. - So hängt alles allein ab von diesem Rat, was da geschieht, ob es uns nun gut oder böse scheine, und Niemand kann Ihn zur Verantwortung ziehen und sprechen: Was machst Du? Mein Anschlag bestehet, spricht der Herr, und Ich tue alles, was Mir gefällt. Was ich sage, das lasse ich kommen, was ich denke, das tue ich auch (Jes. 46, 10. 11). „Es hilft keine Weisheit, kein Verstand, kein Rat wider den Herrn. Rosse werden zum Streittage bereitet, aber der Sieg kommt von dem Herrn“, bezeuget Salomo (Sprüche 21, 30. 31).
Der Rat des Herrn bleibt ewig. Denn es ist des Herrn Rat, der Rat Dessen, der ist, der Er ist, der war, der Er war, und der sein wird, der Er sein wird. Menschen sind von gestern und sind morgen Heu.
Des Menschen Geist muss davon, und er muss wieder zur Erde werden, alsdann sind verloren alle Seine Anschläge (Psalm 146, 4). Aber der Herr ist der ewige, und Sein allein ist die Weisheit und Macht, und wer hat je des Herrn Sinn erkannt, oder wer ist Sein Ratgeber gewesen (Römer 11, 34)? Ich will, spricht Er, zunichtemachen die Weisheit der Weisen, und den Verstand der Verständigen will ich verwerfen (1. Kor. 1, 19). Was haben nun, die Jahrhunderte hindurch, Fürsten und Völker nicht geschmiedet, um auf Anregen des Teufels, trotz des Herrn Wort im Paradiese: „Ich will Feindschaft setzen“ (1 Mose 3, 15), eine Einheit von Gesinnungen, von Gesetzen und Sitten zu bilden, einen einigen Turm zu erbauen, sich selbst einen Namen zu machen, ein einiges Götzenbild zu errichten, dem Alle huldigen sollten, und allerlei Götzendienst und allerlei Ketzereien und Lehren der Lüge zu einem großen Ganzen zu verschmelzen, auf dass nur der lebendige Gott nicht als Gott erkannt, und sein Christus nicht als das einzige, unfehlbare Haupt, in welchem allein alle wahre Einigkeit Himmels und der Erde obwaltet, geehrt, und damit das einige Volk, für welches der einzige Mittler Gottes und der Menschen gebeten: dass sie alle eins seien (Joh. 17), von der Erde möchte vertilgt werden. Es muss aber solchen Türmen und Götzenbildern der gegenwärtigen Welt ergehen, wie denen der alten Welt, dass man nicht mal die Stelle kann anzeigen, wo die Türme gestanden, und es wird dabei bleiben, dass ein kleiner Stein dem Weltbilde an seine tönernen Füße schlägt, so dass es dahin stürzt und zermalmt wird (Daniel 2). So vereitelte von jeher und vereitelt des Herrn Rat alle Pläne, womit Teufel und Welt es dem Herrn zuvortun wollen, während dessen der Herr die wahre Einheit und Einigkeit schaffen will; der Rat des Herrn aber bleibt, hängt nicht ab von Zeit und Zufall, er stehet unerschütterlich, wie eine Felswand, und die Ratschläge derer, welche die im Paradiese gesetzte Feindschaft, und somit Gottes Wahrheit und das Walten ewiger Gnade aufheben möchten, sind wie Töpfe, mit denen man die Felswand zerschlagen zu können meint. Die Feinde Gottes und Seines Volkes mögen also denken, was sie wollen, und nach ihrer Arithmetik berechnet haben, dass sie schon ausrufen dürften: die ewigen Höhen sind unser, wir haben sie übermocht mit unserer Zahl, es sind nur noch einzelne übrig geblieben, was sollen die wir sind unserer Sache gewiss: so sind die Gedanken des Herrn doch ganz anders. „Weil denn der Elende keinen Helfer hat, so will ich mich aufmachen.“ „Er wendet sich zum Gebet der Verlassenen und verschmäht ihr Gebet nicht. Das werde geschrieben auf die Nachkommen.“ (Ps. 102, 18.)
In dem Sinne lesen wir auch bei dem Propheten Micha, Kap. 4, 12: „Es werden schier sich viele Heiden gegen Dich rotten, und sprechen: Sie ist verbannt, wir wollen unsre Lust an Zion sehen; aber sie wissen des Herrn Gedanken nicht, und merken Seinen Ratschlag nicht, dass Er sie zuhauf gebracht hat, wie Garben auf der Tenne.“ Und wiederum spricht der Herr (Jes. 55, 9): So viel der Himmel höher ist, denn die Erde, so sind auch Meine Wege höher, denn eure Wege und Meine Gedanken, denn eure Bedanken; das Wort, so aus Meinem Munde geht, soll nicht wieder zu Mir leer kommen, sondern tun, das Mir gefällt, und soll ihm gelingen, dazu Ich es sende, denn ihr sollt in Freuden ausziehen.“ Und nochmals (Jerem. 29, 11): „Denn Ich weiß wohl, was ich für Gedanken über Euch habe, spricht der Herr, nämlich Gedanken des Friedens, und nicht des Leides, dass Ich euch gebe das Ende, des ihr wartet, und ihr werdet mich anrufen und mich bitten, und ich will euch erhören.“ Dagegen heißt es wider alle Feinde: „die Gedanken des Herrn bleiben wider Babel (Jerem. 51).“
Seines Herzens Gedanken bleiben für und für, oder von Geschlecht zu Geschlecht. Denn Gottes Gaben und Berufung mögen ihn nicht gereuen (Römer 11, 29). Wie Er denn auch gesagt: „Ich tue Barmherzigkeit an vielen Tausenden, die Mich lieb haben und Meine Gebote halten“, und Psalm 103 singt die Gemeinde: „Die Gnade des Herrn währt von Ewigkeit zu Ewigkeit über die, so Ihn fürchten, und Seine Gerechtigkeit auf Kindeskind“. Der Same des Gerechten wird gesegnet sein, heißt es Psalm 37, 26. Gnade ist zwar kein Erbgut, und das eine Geschlecht kommt, das andere geht; wo aber die Kinder der Menschen sich zusammenrotten, um zu vertilgen die Kinder Gottes, da wird es sich herausstellen, dass die Feinde nur das Wort bestätigen müssen, das geschrieben steht : Er, (der Herr) gedenkt ewig an Seinen Bund, des Worts, das Er verheißen hat auf viele tausend für und für, den Er gemacht hat mit Abraham, da Er zu ihm sprach: Ich will aufrichten meinen Bund zwischen Mir und dir, und deinem Samen nach dir, bei ihren Nachkommen, dass es ein ewiger Bund sei, also dass Ich dein Gott sei und deines Samen nach dir (1. Mose 17, 7. Ps. 105, 8-10).
Indem nun die Gedanken seines Herzens bleiben von Geschlecht zu Geschlecht, und der Herr demzufolge die Gedanken der Feinde wendet, so haben wir, die des Herrn sind, alle Ursache, um zu singen und zu sagen: Seine Gnade und Wahrheit waltet über uns in Ewigkeit (P5. 117), und: „wir wissen, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken, denen, die nach dem Vorsatz berufen sind“, Römer am 8. Darum sollen wir nur ja recht auf die diamantene Kette achten, womit der Hals der Gemeine also geziert ist, dass vor dem Glanze solcher Kette alles weichen und aus dem Wege gehen muss. Das ist aber die Kette: „welche Er verordnet hat, die hat Er auch berufen, welche Er aber berufen hat, die hat Er auch gerecht gemacht, welche Er aber gerecht gemacht, die hat Er auch herrlich gemacht“. So dass wir freimütig sagen dürfen: „der Herr sorgt für mich, was wird mir ein Mensch tun?“ und: „Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein?“ Die Gedanken Seines Herzens über Sein Volk, sind Gedanken Seiner Liebe. Wer kann das weite Herz unseres Gottes ermessen, oder ergründen, wonach Er gesagt hat: „Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig?“ Darum hat das Volk des Herrn keine Not, stehe es auch vor dem roten Meere, habe es auch hinter sich die Ägypter, und keinen Ausweg, weder zur Rechten noch zur Linken. Im Herzen Gottes ist Sein Volk gut gebettet, und nichts mag uns scheiden von der Liebe Gottes, die da ist in Christo Jesu, unserm Herrn (Röm. 8, 38, 39). Darum heißt es ganz nach Wahrheit: Wohl dem Volk, des der Herr Sein Gott ist: das Volk, das Er zum Erbe er wählet hat. Mit diesem Spruch kommt das Unglück über ein jegliches Volk, dessen Gott der Herr nicht ist, es bricht das „Wehe dir“ los über alle, die Er sich nicht zum Erbe erwählt hat, dass wir getrost singen und sagen dürfen:
Je höher sie es treiben,
Je tiefer ist ihr Fall;
Herr, Du wirst überall
Der Hocherhabne bleiben.
Dagegen sollen wir um Gnade des Geistes flehen, dass uns Ohren und Mund aufgetan werden, zu hören und zu sehen, was hier gesagt wird. Denn es wird dem lieben Volke des Herrn zum Trost gesagt in ihrem Unglück, indem es durchweg so aussieht, als gingen alle Wogen und Wellen Gottes über dasselbe her, um es zu vernichten, so dass es heißen muss: das eine Weh ist vorüber, das andere ist wieder da. Denn das ist eben Gottes Volk, das von allerlei Gefahren umlagert ist, und fortwährend von Welt, Sünde, Not und Tod bedroht wird, wie es heißt (Jesaia 54): „Du Elende, über die alle Wetter gehen, du Trostlose.“ Die Wasserwogen im Meere, das ist in der Welt, sind groß und brausen gräulich: Der Herr aber ist noch grö0er in der Höhe. (Ps. 93.) Sein Wort ist die rechte Lehre. Indem nun das Volk des Herrn, des Herrn Wort hat, so bleibt dasselbe da, wo das Wort bleibt. Und: „das Wort sie sollen lassen steh'n und keinen Dank dazu haben.“ Wie das Wort ewig ist und unbeschädigt bleibt, so bleibt auch dieses Volk, das aus solchem Wort geboren, von solchem Wort erzogen, und von solchem Wort geschützt und erhalten, ewig und unversehrt in eben diesem Wort. Ist es doch ein Volk, wovon es geheißen: Und Ich will Mir sie auf Erden zum Samen behalten und Mich erbarmen über die, so in Ungnaden war, und sagen zu dem, das nicht Mein Volk war: Du bist Mein Volk, und es wird jagen: Du bist mein Gott. Es ist aber nicht ein irdischer, sichtbarer und vergänglicher Wohlstand, welcher hier hoch gepriesen wird, wiewohl, wenn wir auf den Grund kommen, es wahr bleiben wird, dass das Wenige, was der Gerechte hat, mehr ist, denn der Überfluss vieler Gottlosen. „Wenn Esau rühmte: Ich habe genug, so konnte Jakob sagen: Ich habe alles genug; und auf die Frage des Herrn: „Habt ihr je Mangel gehabt?“ antworteten Seine Jünger: „Nie keinen.“ Dagegen lesen wir aber auch: „Hofften wir allein in diesem Leben auf Christum, so wären wir die Elendesten aller Menschen. Aber so steht geschrieben Psalm 144: dass unsere Ochsen viel erarbeiten, dass kein Schade, kein Verlust, noch Klage auf unsern Gassen sei. Wohl dem Volke, dem es also geht, aber wohl dem Volk, des der Herr sein Gott ist.“ Von jedem Volk, dessen Gott die Götzen sind, heißt es also: „Die solche machen, sind gleich also, und alle, die auf sie hoffen. Aber Israel hoffe auf den Herrn, Der ist ihre Hilfe und Schild“ (Ps. 115). Das „Wohl dem“, welches hier hochgepriesen wird, ist das gleiche wie im 1. im 32. und in dem hundert und neunzehnten Psalm. Es ist ein „Wohl dem“, wie wir es vernehmen in der Weissagung Moses: „Wohl dir, Israel, wer ist dir gleich?“ O, Volk, das du durch den Herrn selig wirst, der deiner Hilfe Schild und das Schwert deines Sieges ist. Deinen Feinden wird's fehlen, aber du wirst du auf ihrer Höhe einhertreten (5 Mose 33, 9). Es ist ein wohl dem, worin selbst ein falscher Prophet einstimmen musste, wenn er es aussagte: Ich segne, und kann es nicht wenden. Man sieht keine Mühe in Jakob und keine Arbeit in Israel. Der Herr, sein Gott, ist bei ihm und das Trompeten des Königs unter ihm. Gott hat sie aus Ägypten geführt, Seine Freudigkeit ist wie eines Einhorns. Es vermag kein Zauberer etwas wider Jakob, und kein Wahrsager wider Israel. Zu seiner Zeit wird man von Jakob sagen und von 3srael, welche Wunder Gott tut (4 Mose 23, 20-23). Das „Wohl dem“ bezieht sich auf ewige Güter, auf ein ewiges Glück, so dass man nie mehr unglücklich, nie mehr arm werden kann, ja oft im Unglück sich am allerglücklichsten, in Armut, am Meisten bereichert findet; ja es bezieht sich nicht allein auf Güter, sondern auf den Inhaber aller Güter und alles Guten. Es bezieht sich auf Den, der ist, der war und der sein wird, auf Den, dem alles zu Gebote steht, der Wort und Treue hält. Es bezieht sich auf den treuen Gott, den Herrn, der den Bund, den Er mit den Seinen errichtet, treulich hält, den Bund: „wahrlich segnend will ich dich segnen.“ Alle Völker haben ihre Götzen, und ein Jeder macht sich von Hause aus einen Gott, aus irgendeinem Ding. Wie unglücklich sind sie alle, die von dem lebendigen Gott nicht gefunden sind, die nicht gefunden haben den wahrhaftigen Gott, als ihren gnädigen und versöhnten Gott! Dagegen, wer, oder was kann das Wohl, das Glück eines Volkes, eines jeden Einzelnen aus diesem Volke zerstören, zu dem der dreieinige Gott, Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist sich bekennt? „Predige von den Gerechten, dass sie es gut haben.“ Wer den treuen Wundergott zu seinem gnädigen und versöhnten Gott hat, der hat mit ihm die ewigen und unvergänglichen Güter alle, welche der Herr Seinen Bundesgen offen schenkt und zurechnet, als da sind Vergebung der Sünden, oder Gerechtigkeit vor Gott und ein ewiges Leben. Darum wohl dem, der die gute Wahlgetan hat: „Dein Volk ist Mein Volk, und Dein Gott ist Mein Gott.“
Den Armen wird's an Heil nie fehlen,
Weil Er so gnädig ist.
Da ist des Schutzes und Schirmes genug gegen alle Anläufe der Sünde, des Teufels und der Welt. „Unsere Missetat drückt uns hart, Du wollst unsere Sünden vergeben.“ „Wohl dem, den Du erwählst und zu Dir lässt, dass er wohne in Deinen Höfen, der hat reichen Trost von Deinem Hause, Deinem heiligen Tempel.“ Gibt es eine Macht, welche vermögend wäre, die ewige Gnadenwahl zu ändern oder zunichte zu machen? - Es gibt ein Volk, mitten in der Welt, mitten unter den Völkern, mitten unter den Feinden, von dem der Herr gesagt: „Fürchte dich nicht, du kleine Herde, es ist des Vaters Wohlgefallen, euch das Reich zu geben.“ Dieses Volk ist aus Einem Blute, aus dem Blute des Herrn Jesu; es hat gleiche Sitten, wie der Herr gesagt: „Ich will machen, dass sie in Meinen Geboten wandeln.“ Es hat einerlei Herz und Sinn, wie geschrieben steht: „Ich will ihm einerlei Herz und Sinn geben, Mich zu fürchten - Ich will euch ein Fleischernes Herz geben.“ Wir haben Christi Sinn. Es hat ein gemeinschaftliches Vaterland, den Himmel; - und das nicht allein, es ist zu einer wunderbaren Gemeinschaft verbunden, und macht gleichsam eine Familie aus, unter einem ewigen Haupte und Könige, dem Herzog unserer Seligkeit. Dieser ist ihnen alles in Allem, und alle leben freiwillig unter dieses Königes einigem Gesetze und lieben Sein Gesetz von Herzen. Ihr König aber sitzt hoch über Streit und Spott, und so sie in ihn, mit Ihm. Dieses Volk hat sich der Herr zu Seinem besonderen Eigentum erwählt, zu Seinem ewigen Erbteil. Das wird Er wohl schützen und bewahren, und durch alles unversehrt hindurchtragen. Wie Er gesagt: Dies Volk habe ich mir erwählt, es soll Meinen Ruhm verkündigen. Darum will Er uns, die durch ewige Gnade und aus freier Erbarmung zu diesem Volke gehören, ja dem ganzen Volke, in welcher Lage es sich auch befindet, wohl, auf ewig wohl. Wie geschrieben steht: Der im Himmel sitzt, der sei deine Hilfe, und des Herrlichkeit in den Wolken ist (5 Mose 33). Jauchzt Alle, die ihr Sein Volk seid, denn Er wird das Blut Seiner Knechte rächen, und wird sich an Seinen Feinden rächen und gnädig sein dem Lande Seines Volkes (5 Mose 34, 43).
Wohl dem Volke, das jauchzen kann; Herr, sie werden in dem Lichte Deines Antlitzes wandeln, sie werden über Deinen Namen täglich fröhlich sein, und in Deiner Gerechtigkeit herrlich sein usw. Du bist der Ruhm ihrer Stärke! usw. (Ps. 89.) „Wer will uns scheiden von der Liebe Gottes“? (Römer 8.) So mögen wir, die wir unserer ewigen Wahl zur Seligkeit gewiss sind, auch dessen gewiss sein, dass der Herr uns zum Ziel führen wird. Wie wir von Ihm, kraft seiner ewigen Barmherzigkeit, in Christo Jesu zum Erbteil zuvor verordnet sind (Eph. 1, 11), so dürfen wir auch die Zuversicht haben, dass von wegen des Bundes, den wir mit Gott haben, uns keine Kreatur wird schaden können, vielmehr Er alle Kreaturen, also in Seiner Hand hat, dass sie sich ohne Seinen Willen nicht regen noch bewegen können. Gleichwie wir also prädestiniert sind, als Gottes Erben das ewige Leben, die Krone der Gerechtigkeit, die ewige Herrlichkeit zu empfangen, und dessen durch das inwendige Zeugnis des Heiligen Geistes versichert werden, dass der ewige Vater unsers Herrn Jesu Christi, um Seines Sohnes Jesu Christi willen unser Gott und unser Vater ist, und dass Er durch Seinen ewigen Rat und Vorsehung alles Erschaffene erhält und regiert, so dürfen wir so auf Ihn vertrauen, dass wir nicht zweifeln: Er werde uns mit aller Notdurft des Leibes und der Seele versorgen, auch alles Übel, das Er uns in diesem Jammertal zuschicket, uns zu gut wenden, dieweil Er es tun kann, als ein allmächtiger Gott, und auch tun will, als ein getreuer Vater; wie wir auch lesen Psalm 37: „Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf Ihn, Er wird es wohl machen“, und Psalm 68: Wir haben einen Gott, der da hilft, und den Herrn, Herrn, der vom Tode errettet. Damit solches Vertrauen, welches des Herrn Volk auf Seinen Gott setzt, bei uns mehr und mehr befestigt werde, wird uns in den großartigen Worten, die nunmehr in unserm Psalm folgen, das Walten Gottes vorgemalt.
Der Herr schaut vom Himmel und sieht aller Menschen Kinder. Vom Himmel: also sollen wir es nicht dafür halten, dass für Gott eine dicke Wand sei zwischen Himmel und Erde, dass der Erdball mit allem, was darauf sich regt und sich ereignet, vor Gott verborgen sei, nein, die Erde liegt nicht außerhalb des Bereiches seiner Allgewalt, nicht jenseits des Bereiches seiner Augen, die stets offen stehen über seinem Volke. Die Erde ist gar klein vor ihm, und Er ist gar nicht fern, sondern wie wir aus der Haustüre auf die Straße, aus dem Fenster auf den Garten sehen, so und noch besser schaut Er vom Himmel herab. Er schaut aus dem Himmel heraus ganz scharf, und es gibt nichts, was vorfällt, was sich ereignet, scheine es auch noch so geringfügig, was Er nicht ansehe als eine Sache von höchstem Gewicht: so dass dem großen Gott nichts zu groß, aber auch nichts zu gering ist, worüber Er, zum ewigen Wohl der Seinen, seine Augen nicht sollte gehen lassen, um unaufhörlich, ohne müde, oder matt zu werden, als der da groß ist von Tat und mächtig von Tat, einzugreifen. Es wird dies dem Volke des Herrn zum Trost gesagt, dem es so oft geht, wie der Hagar, da sie im Begriff stand, nebst ihrem Ismael vor Durst sterben zu müssen, und sie da ihr Kind von sich warf, um dessen Qual und Tod nicht zu sehen. Da schaute ja auch der Herr vom Himmel und zeigte ihr eine Quelle, worauf sie den Knaben tränkte. Das tut der Herr, der treue Bundesgott, der den Elenden herrlich hilft. Not auf Not! aber Er hat gesandt, sendet und wird senden: Erlösung auf Erlösung. So schaut Er vom Himmel und sieht es wohl, wenn kein Rind mehr auf dem Stall ist. Er sieht aller Menschen Kinder, alle Kinder Adams sieht Er, das ist, Er kennt sie ganz genau mit allen ihren Sorgen, Bedürfnissen, Überlegungen. Was sie im Sinn haben und beraten, ihre Gänge und Wege, Er weiß genau, was in ihnen ist, was im Herzen und in den Nieren verborgen steckt, wo sie hinaus möchten oder hinaus wollen. Er versteht und begreift sie alle. Er erhört, welche Er will, trägt Sorge für sie, nimmt sich ihrer an mit herzlichem Erbarmen, oder verliert sie nicht aus den Augen, wo Er sich vorgenommen, sich an ihnen zu rächen. So sieht der Herr aller Menschen Kinder, wer sie auch seien - gut oder böse, gerecht oder ungerecht. Es kann kein Mensch Etwas denken und sich vornehmen, Hand oder Fuß regen zu wollen, ohne den Herrn. Von diesem Sehen und Rennen aller Menschen teilte Er von jeher Seinen Propheten etwas mit, die darum „Seher“ genannt wurden. Denken wir nur an Samuel, an Elias und Elisa und an andere, denen der Herr zuvor offenbarte, was die Menschen tun würden, aber auch manchmal die Mittel anzeigte, ihr Vorhaben zu vereiteln. „Ich kenne deine Wohnung, deinen Auszug und Einzug und dein Toben wider Mich; weil du denn wider Mich tobst und dein Stolz herauf vor Meinen Ohren gekommen ist, will ich dir einen Ring an die Nase legen und ein Gebiss in dein Maul und will dich des Weges wieder heimführen, den du gekommen bist,“ hieß es zu Sanherib (Jesaia 37.) Dagegen hieß es zu Nathanael: „Ehe denn Philippus dich rief, da du unter dem Feigenbaum warst, sah Ich dich.“ Es schöpfte die Gemeinde von jeher einen starken Trost aus dieser Wahrheit, darum spricht sie mit David: „Ich gehe oder liege, so bist Du um mich und sieht alle meine Wege“ (Ps. 139). Es können sich aber die Heuchler nicht vor ihm verbergen und Gottes Kinder, sowie ihr Weg ist vor ihm auch nicht verborgen. Sie mögen getrost den 37. und den 49. Psalm singen. „Warum sollte ich mich fürchten in bösen Tagen?“
Gedenke, dass Er alles weiß,
Dass alles geht nach sein'm Geheiß.
Wer kann doch seinen Willen hindern?
Kein Engel, Fürstentum, noch Tod,
Kein Hohes, Tiefes, keine Not,
Kann an dem Rat ein Jota mindern.
Ev. Lied 92.
Von diesem Rat, der dem Volk Gottes zu gut gefasst ist, ihm zum ewigen Heil, zeugt nun der Psalm weiter mit diesen Worten: von Seinem festen Thron sieht er auf alle, die auf Erden wohnen, Er lenkt ihnen allen das Herz, Er merkt auf alle ihre Werke. Fürwahr ein hehrer Trost für das wehrlose Volk des Herrn in Zeiten der Verfolgung, besonders in Kriegszeiten, wie wir sie jetzt wiederum erleben. Gottes Thron, der Thron Seiner Gnade und ewigen Erbarmung, steht demnach fest und unerschütterlich, Sein Königreich, das Königreich der Vergebung der Sünde und ewigen Lebens, geht nie auf einen anderen Fürsten über; Sein seliger Himmel, worin Er den Seinen Wohnungen bereitet, und wo Er sie aufnehmen wird, lässt sich von den Feinden nicht erstürmen. Von diesem festen Throne nun, von der Wohnung aus, welche Er den Seinen bereitet, dass sie Seine Herrlichkeit schauen und Ihn ewig sehen, wie Er ist, sieht Er geraden Weges hinab auf alle. Merken wir uns dieses „Alle“, auf alle, die auf Erden, welche vor Ihm so klein ist, wohnen. Wenn wir jetzt an den Landstrich denken, wo Schlachten geschlagen werden, so liegt derselbe unserer Vorstellung sehr nahe, - aber noch weit näher liegt er dem allsehenden Gott. Was nun augenblicklich die Fürsten mit ihren Räten, was die Völker mit ihren Kriegsheeren beraten und ausrichten, es geschieht Nichts ohne den Herrn. Was sie beraten mögen, was sie ins Wert setzen, was in ihren Herzen und Gedanken aufkommen möge: es ist ein Gott der Götter, ein Herr der Herren da, der hat das Alles in seiner Hand; vor Ihm sind die Fürsten und Völker Lehm mit allen ihren Beratungen und Plänen. Er dagegen ist der Töpfer; Er macht den Topf, macht alle Töpfe, wie Er will. Er wirkt es, dass es alles so komme, wie Er gewollt und will, zu Seines Namens Ehre, zur Verherrlichung Seines Christi, zum Wohle Seines auserwählten Volkes, zum Sturze aller Derer, die den Sohn nicht ehren, wie denn geschrieben steht: „Küsst den Sohn, dass Er nicht zürne, und ihr nicht umkommt auf dem Wege; aber wohl allen, die auf Ihn trauen.“(Ps. 2, 12) In gleicher Weise merkt der Herr auch auf alle Werke aller Menschen. Er wendet Sein Auge nicht davon ab. Er kennt ihre Zwecke, sieht, was sie im Schilde führen, die geheimen Triebfedern aller ihrer Taten liegen offen vor Ihm, und Er lässt sie tun, wozu sie Fug und Recht, wozu sie Freiheit zu haben meinen. Inzwischen aber müssen sie sich alle von den Fäden Seiner Vorsehung, Seines Regiments lenken lassen, auf dass den Bösen ihre Bosheit auf den Kopf vergolten, den Guten aber Raum gemacht werde, und bei ihnen stets wahr bleibe das Wort: „Wohl dem Volke, dessen Gott der Herr ist.“ Da hilft keine Tapferkeit, keine Macht, da gelten weder Rosse noch Reisige, wie es denn weiter heißt: Einem Könige hilft nicht seine große Macht, ein Riese (oder Held) wird nicht errettet durch eine große Kraft. Rosse helfen auch nicht und ihre große Stärke errettet nicht. Diese Wahrheit ist durch die Geschichte aller Zeiten sattsam bestätigt worden. Dennoch handeln die Menschen durchweg, als stünde dieses nicht geschrieben. Es liegt einem Könige ob, sein Land zu verteidigen gegen feindliche Eroberungsgelüste, es ist etwas großes, Riesen, oder heldenmütige Generäle zu haben, Streitrosse und Reisige müssen da sein, wie auch Fußknechte, wenn Krieg geführt werden soll. Ein weiser König wird es sich wohl überlegen, inwiefern seine Macht ausreicht gegen des Feindes Macht (Luk. 14, 31 u. 32), und es wird eine gottgefällige Vorsorge sein, dass er sich guter Heerführer und guter Rosse versichert. Aber mit dem bestem Könige, mit den besten Heerführern, mit allem „Drauf und Dran“, mit allem „Vorwärts“, „dennoch und durch“; es wird mit allen Rossen und Wagen, wie gut sie seien, nichts ausgerichtet! Nur, wenn Gott will, wirst du errettet; wenn Gott nicht mit dir ist, so wird, indem das Pferd stürzt, der Fall umso tiefer sein. So finden wir es allerwärts in der Schrift bezeugt, und namentlich, wo sich Könige und Heeresmächte aufgemacht haben, wider Gott und Seinen Gesalbten, wider Seine Kirche und Sein Volk, oder wo Fürsten und Mächte sich aufgemacht haben ohne den Herrn. Sei es, dass sie eine Weile Glück gehabt, Länder und Völker unter sich gezwungen haben, so sind sie doch am Ende mit Schmach untergegangen, und ihre furchtbare Macht, ihre sogenannten unsterblichen Helden, ihre unüberwindlichen Flotten, in einem Nu sind sie verschwunden; ja sogar die Fürsten und Völker, die für Gott und eine gerechte Sache das Schwert gezogen, haben es erleben müssen, wie ohne Gott an keinen Sieg oder Glück zu denken sei, erfahren mussten sie, dass Er ihrer nicht braucht, um Seinen Rat auszuführen.
Es wird hier also des Herrn Volk wider alle Macht der Welt, welche gegen dasselbe sich aufmacht, getröstet und auch belehrt, sich nie zu verlassen auf sichtbare Macht. Wie die Heeresmächte samt ihren Führern, die da Gott, dem Herrn des Himmels und der Erde, nicht die Ehre gaben, nunmehr gekettet liegen in der Hölle, das finden wir nach Wahrheit gezeichnet bei dem Propheten Ezechiel: (Kap. 32, 21 - 32). So bleibt es dabei: „Es hilft keine Weisheit, kein Verstand, kein Rat wider den Herrn, Rosse werden zum Streittage bereitet, aber der Sieg kommt vom Herrn.“ (Sprüche 21, 31 u. 32). Darum, wenn die Feinde sich verlassen auf Wagen und Rosse, so lasst uns denken an den Namen des Herrn, unseres Gottes, so wird wohl folgen: „Sie sind niedergestürzt und gefallen, wir aber stehen aufgerichtet.“ (Ps. 20) Wenn Gott, der Herr, ein Volk strafen will, weil Er es strafen muss, so geht es her nach Amos 2, 13 - 16. Wenn Gott Sein Volk aus freiem Erbarmen erretten will, so geht es her nach Ps. 116 und Ps. 76. Und es ist ein Gesetz Seines Reiches: „Der Herr richtet auf die Elenden und stößt die Gottlosen zu Boden. Er hat nicht Lust an der Stärke des Rosses, noch Gefallen an Jemandes Beinen. „Der Herr hat Gefallen an denen, die Ihn fürchten, die auf Seine Güte hoffen“ (Ps. 147). Und so lautet es auch hier in unserm Psalm: Siehe, des Herrn Auge sieht auf die, so ihn fürchten, die auf Seine Güte hoffen. Da sehen wir, wo das Heil sich niederlässt, wo Gott, der Herr, Seinen Namen verherrlicht. Sein Wohlgefallen ruht nur auf denen, so Ihn fürchten, auf diese sieht Seine Auge. Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang, und das Böse meiden ist Verstand. Die Ruchlosen aber verachten Weisheit und Zucht. Die den Herrn fürchten, die tun Seinen Willen, bewahren Seine Gebote, glauben allein Ihm, geben Ihm allein die Ehre, und halten dafür, dass Sein Wort allein ewig währt. Sie erkennen und bekennen sich zu Ihm, als dem allein wahren und lebendigen Gott, der allein würdig ist, dass Er geehrt, geliebt und dass Ihm gedient werde. Sie beugen sich unter Seine Drohungen und Gerichte, sie demütigen sich unter die gewaltige Hand Gottes, und werden allein aufgerichtet durch Seine Verheißungen, durch Seine Wunder und Großtaten. An und für sich sind sie verlorne Sünder, und was sie im Übrigen sind, ist allein durch Seine Gnade. Diese Gnade, mittelst welcher sie errettet sind durch den Glauben, diese freie Gnade schätzen sie hoch und wollen wohl wissen und können es auch nie vergessen, aus welchen Tiefen sie errettet worden und vor welchen Tiefen sie noch täglich bewahrt werden. Darum, weil sie in sich selbst Nichts sind, aber dem Herrn allein für Alles die Ehre geben, sind sie dem Herrn also dankbar, dass sie Ihn allein, als den Gott Himmels und der Erden, als ihren. Gott und höchsten König und Gesetzgeber auch vor den Menschen laut bekennen. Weil sie aber, als aus dem Babel der gegenwärtigen Welt Errettete, nicht ferner in dasselbige wüste, unordentliche Wesen mit Jenen laufen, so kommen sie ins Gedränge, bis dass Babels Gerichte angehen, bis dass das Wort in Erfüllung geht: „Gott ist Richter, der Diesen erniedrigt und Jenen erhöht. Denn der Herr hat einen Becher in der Hand und mit starkem Weine voll eingeschenkt, und schenkt aus demselben, aber die Gottlosen müssen alle trinken und die Hefen aussaufen.“ (Ps. 75, 8-9.)
Ob es nun lange den Anschein habe, als sei Gottes Auge nicht über die, so ihn fürchten, sodass sie klagen müssen: „ich bin an Deinem Herzen vergessen, wie die Toten, deren man nicht mehr gedenkt“, so kommt doch die Zeit, wo es ihnen wohl offenbar wird, dass sie stets unter der besonderen Obhut und Führung des Herrn waren, sind und bleiben werden. Das ist nun vornehmlich die Zeit, wo, wie gegenwärtig, des Herrn Gerichte über die Erde losbrechen. Da werden sie freilich allererst vor Gott, dem Heiligen, mit ihrer Sünde und Schuld einkommen, auch vor Ihm bekennen, wie sie verdient haben und verdienen, dass die Gerichte sie zuallererst treffen sollten, und wo sie nun dergestalt in sich gar keinen Grund finden, weshalb der Herr sich ihrer in solcher Not annehmen sollte, so werden sie einen Grund und Rechtsboden suchen in Seiner großen Güte, Gnade und Barmherzigkeit in Christo Jesu, wie Er, der Herr, uns dieselbe wiederholt so unverdient hat zu Teil werden lassen. Auf solche Güte werden sie hoffen mit einer lebendigen Hoffnung, welche nicht zu Schanden werden lässt. Die also auf des Herrn Güte hoffen, erfahren es wohl und es wird ihnen hier aufs Neue verheißen, dass, wenn auch nichts zu hoffen ist, des Herrn Auge zu ihrem Heil in Gnaden auf ihnen und den Ihrigen ruht, wie Er gesagt: „Er begehrt meiner, so will ich ihm aushelfen, er kennt meinen Namen, so will ich ihn schützen. Er ruft mich an, so will ich ihn erhören, ich bin bei ihm in der Not, ich will ihn herausreißen und zu Ehren machen.“ (Palm 91.)
So steht denn des Herrn Auge über uns offen, denn Er wendet Seine Augen nicht von den Gerechten (Hiob 36). Es ist auf uns gerichtet, um aus allerlei Not und vom Tode, es sei nun dem leiblichen, oder geistlichen, oder ewigen zu erretten und uns, wie unser Haus, mit der täglichen Notdurft und Nahrung zu versehen, gerade dann, wenn Not und Tod in der Zeit der Gerichte Gottes um uns her wüten. Darum heißt es: Dass Er ihre Seele errette vom Tode und ernähre sie in der Teuerung. Seht, der Herr muss es tun, Er allein wird es tun: „Weg hat er allerwege, an Mitteln fehlt's ihm nicht.“ Der Tod wird da sein in allerlei Gestalten, Teuerung wird sein, dennoch wird der Herr, und nicht der Held, die Seele schützen und erretten von dem Tode, und der Herr, nicht der König oder Hausvater, nicht menschlicher Arm und Kraft, wird ernähren den Hausvater, sein Weib und Kind, wie wir auch lesen Psalm 34: „Fürchtet den Herrn, ihr Seine Heiligen, denn die Ihn fürchten haben keinen Mangel“, und Psalm 37, 19: „Sie werden nicht zu Schanden in der bösen Zeit, und in der Teuerung werden sie genug haben“, und Psalm 146: „Er speist die Hungrigen, der Herr behütet die Fremdlinge und Waisen, und erhält die Witwen, und kehrt zurück den Weg der Gottlosen“ (Hiob 36).
Freilich geht es da wohl durch harte Wege und durch allerlei Widerspiel hindurch. Im Bach Krith war kein Wasser mehr, im Mehlkruge nur noch Mehl für einen Kuchen, und dann drohte der Hungertod, und eine vom Schuldherrn bedrohte Witwe hat nur leere Fässer und ein wenig Öl. Da gilt es, Gott unsern Magen, unsern Bauch anzuvertrauen: will Er ihn füllen, es ist Seine Sache, wir haben nichts zu fordern. Aber Himmel und Erde hat Er doch gemacht, und Seine Verheißung, hier steht sie! Will und wird Er sie auch bei uns erfüllen? Besser Ihn gefürchtet und die Seele zum ewigen Leben erhalten, als ihn drangeben, oder Ihn verlassen um des vergänglichen Lebens willen. Was Er tun will und wird, steht in Seiner Hand.
Unsere Seele harrt auf den Herrn, den treuen Bundesgott. Währt's auch lange , kommen wird Er, kommen muss Er, Er hat's gesagt: bei Ihm also ausgeharrt, sonst sind wir auf ewig verloren. Die Verheißung wird ja noch erfüllt werden zu Seiner Zeit, lesen wir Habakuk 2. Ob es nun wider alle Vernunft scheint, die Vernunft und das Fleisch wissen eben nichts vom „harren“. Aber die Seele wird vom Herrn selbst rege gehalten, um trotz des Widerspieles die Hoffnung nicht aufzugeben, ungeachtet der Trübsal, der Verfolgung, des Hungers, ungeachtet der Blöße und des Schwertes. Was der Herr von sich aus in die Seele gelegt, das hält vor, und man kann, bei wahrer Hoffnung und bei ungeheucheltem Glauben, den Herrn nicht lassen, nicht von Ihm gehen. Den Hunger hat der Herr Jesus Christus für uns erlitten, mehr denn einmal, einmal sogar vierzig Tage und vierzig Nächte. Er hat's für uns durchgefochten, dass der Mensch nicht lebt vom Brot allein. Den Tod hat Er, der Herzog unserer Seligkeit, auch für uns erlitten, den bitteren und schmählichen Tod am Kreuze; darum auf Ihn geharrt: Er ist unsere Hilfe, weshalb es heißt: „Der Herr erhöre dich in der Not, der Name des Gottes Jakobs schütze dich, Er sende dir Hilfe vom Heiligtum und stärke dich aus Zion.“ (Ps. 20.) Seiner hilfreichen Gegenwart beraubt, sind wir ein Spiel des Sturmwindes, mit welchem der Teufel uns hin und her schleudert nach Seinem Wohlgefallen, so dass wir allen argen Gedanken des Unglaubens und Unmutes nachgeben und zu grübeln, zu verzagen beginnen, dass wohl gar harte Worte gegen unsern Gott dem Munde entfahren. Wie bald würde uns der Teufel, wenn wir nur Schutz und Schirm in dem Sichtbaren suchen, und nun nichts finden, zur Verzweiflung bringen. Dagegen wo Er, der wahrhaftige Heiland und treue Schöpfer unserer Seelen, an unserer Spitze zieht, so sind wir geborgen hinter einem Schilde, der alle feurigen Pfeile des Bösewichts auslöscht. O, wenn wir recht bedenken, wer und was der Herr für uns ist, wie mächtig, wie gnädig, wie treu, wie allgenugsam, wie vollselig, welch eine Quelle alles Guten, aller Seligkeit, welch ein Gott und Schatz Er ist für die Seinen, wie Er es ganz und allein ist, und was Er uns getan, was Er für uns erduldet, was Er uns erworben, bereitet, verheißen und weggelegt hat: wie können wir da anders, als uns Seiner freuen, selbst mitten in aller Betrübnis der Seele? Und wenn wir uns Seiner freuen, so hat Er wiederum Seine Freude an uns, dass Er uns wohl Hilfe und Schild sein und bleiben wird. Ja, nochmals, wenn wir auf Seinen Namen vertrauen, wie Er denn eben in der Not am allermeisten nach allen Seinen Tugenden und Vollkommenheiten sich uns offenbart, so können wir nicht umhin, unsere ganze Freude daran zu haben, dass wir auf Seinen Namen vertrauen, darum heißt es: denn unser Herz freut sich Seiner und wir (oder weil wir) trauen auf Seinen heiligen Namen. Indem Sein Name heilig ist, so wird Er ihn nicht von den beiden entheiligen lassen, und weil Er Seinen heiligen Namen auf uns gelegt, so sind wir Seine Heiligen, und wird Er auch uns nicht also schänden lassen, dass wir nicht am Ende. dennoch mit Ihm zu Ehren kommen sollten, wie geschrieben steht: „Ich will Ehre einlegen.“ So geht's denn mit diesem Psalm durch Wasser und Feuer, durch Verfolgung und Kriegslärm, durch Hunger und Tod sicher hindurch, - und schließt der Psalm mit einem Chor und im Jubelton der Freude am Herrn, welche Seines Volkes Stärke ist. Die Häupter und Herzen empor zu Dem, der aus Seiner festen Wohnung das Weltgetümmel beherrscht und auf uns in Gnaden herniedersieht! Und bald werden wir, einmütig im Gebet, selbst vor dein offenen Schlunde, über den wir hinüber müssen, ja vor dem roten Meere, vor dem vollen Jordan, durch den wir hindurch müssen, gläubig ausrufen: Herr, Deine Güte sei über uns, wie wir auf Dich hoffen. Du wirst unser Elend ansehen und uns mit den Unsern erretten aus der Not. Und die Antwort wird lauten: dir geschehe nach deinem Glauben.
Eine Weckstimme vor, in und nach dem Kriege
Psalm 33,
ausgelegt von
Dr. H. F. Kohlbrügge,
Pastor der niederländisch-reformirten Gemeinde in Elberfeld.
Elberfeld, 1870.
Verlag von W. Langewiesche, vorm. W. Hassel's Buch- und Kunsthandlung.