Gossner, Johannes Evangelista - Der uralte katholische Glaube.

Gossner, Johannes Evangelista - Der uralte katholische Glaube.

Ihr seid erbaut auf den Grund der Apostel und Propheten, wovon Jesus Christus der Eckstein ist.
Ephes. 2.20.

Unser Heiland hat, als Er auf Erden wandelte, einmal die merkwürdige Frage gestellt; Wenn der Menschen-Sohn kommt, wird Er wohl Glauben finden auf Erden? Damit schien Er zu weissagen, dass am Ende der Lage der Glaube, der echte und wahre, ein seltenes Ding, und die Zahl der lebendig Gläubigen klein sein werde. Mir ist es klar, und gewiss, dass diese traurigen Seiten bereits eingetroffen sind. Zwar scheint jetzt die ganze Welt voll Christen zu sein, und sie ist auch voll von Maul- und Namen-Christen, aber der lebendig gläubigen Christen, wie sie Christus will, sind leider jetzt sehr wenige. Der wahre katholische Glaube ist so in Abfall gekommen, dass man ihn kaum mehr finden kann unter den Christen, und dagegen ist ein Christentum aufgekommen und allgemein herrschend geworden, welches diesen ehrwürdigen Namen nicht nur nicht verdient, sondern ihn schändet und brandmarkt unter allen Nationen der Erde; denn wenn man den großen Haufen der heutigen Christen betrachtet, so findet man keinen Unterschied zwischen ihnen und den rohen, blinden Heiden. Es ist so weit gekommen, dass man die Wilden, die Heiden, nicht mehr weit suchen darf. Man muss nicht mehr über das Meer in andere Weltteile gehen, man kann sie in dem sogenannten christlichen Europa, in jedem Lande, in jeder Stadt, in jedem Dorfe, ja fast in jedem Hause finden. Unsere heutigen Christen scheinen zu wetteifern mit den Heiden, es schlechter machen zu wollen als diese. Wenn man ihr Denken, Dichten und Trachten mit dem Sinn und Wandel der ersten Christen vergleicht, so fällt ein himmelweiter Unterschied heraus; und man könnte schier glauben, das wahre, uralte katholische Christentum sei ausgestorben, oder habe sich verloren von der Erde. Da aber dies zum Voraus unmöglich ist, weil Christus seine Kirche auf einen Felsen und Grund gebaut hat, der nicht wankt, sondern ewig fest steht, wie Gott selbst, so dürfen wir ungezweifelt annehmen, der Herr ist noch immer nicht von seinem Volke gewichen, und er hat noch, wie zu Elias Zeiten, wo es auch recht schlimm aussah, seine sieben Tausende, die das Knie vor Baal nicht gebeugt haben.

Da Simon bekannte: Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes, so sagte Christus um dieses Bekenntnisses und Glaubens wegen zu ihm: Und du bist Petrus (ein Fels), und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen: Matth. 16,18,19. Und Paulus schreibt an die Epheser 2,20, Ihr seid erbaut auf den Grund der Apostel und Propheten wovon Jesus Christus der Eckstein ist. Auf diesem Felsen, auf diesem Grunde und Eckstein ruht also die katholische Kirche, der katholische Glaube; darum kann er nicht erloschen sein, sondern muss noch bestehen, aber, wie Christus selbst voraussagte, in den letzteren Zeiten in geringer Anzahl, bei einer kleinen Herde.

Nun, meine Lieben! da sich so viele Menschen jetzt rühmen und damit prahlen, dass sie katholische Christen, auf den Felsen Petrus gegründet, Mitglieder der auf den Grund der Apostel und den Eckstein Christus gegründeten katholischen Kirche seien; so lohnt es der Mühe zu untersuchen, ob wir wirklich auf diesem Felsen stehen, das heißt, wahre, echte katholische Christen seien, oder ob wir nur mit dem Munde und dem Namen nach uns dazu bekennen. Lasst uns diesen Felsen, diesen Grund und Eckstein näher betrachten; lasst uns ihn selbst hören, denn dieser Fels ist kein toter, sondern ein lebendiger Fels; er kann reden, er hat sich ausgesprochen; dieser Grund und Eckstein muss selbst gehört werden, dass wir ihn kennen lernen und uns prüfen mögen, ob wir darauf gebaut sind; ob wir den alten, wahren, auf diesen Felsen gegründeten katholischen Glauben haben oder nicht.

Gott, Vater des Lichts! erleuchte uns, dass wir die Wahrheit erkennen, und durch sie frei werden von Trug und Irrtum. Im Namen Jesu! Amen.

1.

Der uralte katholische Glaube, wie ihn Christus und die Apostel verkündigten und die ersten Christen übten - besteht

1. In der festen Überzeugung, dass alle Menschen Sünder, und deswegen der Buße, oder Bekehrung, Sinnesänderung, bedürftig sind, und dass, wenn sie auch bekehrt sind, sie doch täglich der Erneuerung ihres Sinnes nötig haben.

Buße, Sinnesänderung ist der erste Stein, den die Baumeister des Christentums, des katholischen Glaubens, legten. Damit fing Johannes, der Vorläufer Christi, Christus selbst und alle Apostel ihr Predigtamt, ihren Bau an. Tut Buße, riefen sie allem Volk zu, ändert euern Sinn ohne Ausrede, die Art ist schon dem Baume an die Wurzel gelegt, wenn ihr nicht Buße tut, und euch ändert, so werdet ihr, wie ein uns fruchtbarer Baum, umgehauen und in das Feuer geworfen. Matth. 3,8-10. Marci 1,15. Apost. Gesch. 2,38. Die erste Predigt war allemal eine Bußpredigt, die öfters wiederholt wurde.

So hätten diese Baumeister der Kirche Gottes nicht angefangen, wenn es nicht eine ausgemachte katholische Wahrheit wäre, dass alle Menschen Sünder, verkehrt, verdorben und verlorene Leute sind, und dass sie nur durch wahre Bekehrung gerettet werden können.

Christus wiederholte öfters, Matth. 18,3. Joh. 3,3: Wenn ihr euch nicht bekehrt und werdet wie die Kinder, wenn ihr nicht von neuem geboren, von oben, wieder geboren werdet aus Wasser und Geist, so könnt ihr nicht ins Reich Gottes eingehen. Was vom Fleische geboren ist, das ist Fleisch, das heißt, ganz verkehrt, tot, Feindschaft gegen Gott, wie es Paulus, Römer 8,6.7. erklärt.

Als ihm die Leute erzählten, dass der Turm zu Siloah mehrere Menschen erschlagen, und Pilatus einige Galiläer beim Opfer umgebracht habe, so sprach er: Meint ihr, dass diese Galiläer und die zu Siloah größere Sünder seien als die übrigen, weil sie dieses Unglück erlitten haben? Nein, sage ich euch; ihr seid um kein Haar besser, wenn ihr euch nicht bekehrt, so werdet ihr alle auf gleiche Weise umkommen. Luk. 13,15. Daher soll kein Mensch denken, dass er dem Verderben, der Strafe oder dem zukünftigen Zorne entrinnen werde, wenn er sich nicht bekehrt. Es ist da kein Ausweg, als würdige Früchte der Buße. Natternbrut, sprach Johannes, der ernste Mann, zu solchen Leuten, die einen Ausweg gefunden zu haben glaubten, Natternbrut! wer hat euch gelehrt, gewiesen, wie ihr dem bevorstehenden Zorne entfliehen könnet? So wirkt denn würdige Früchte der Buße. Matth. 3, 7. rc. Ohne diese kommt keiner zu seinem Heile. Das ist der einzige Weg, wo man entkommen kann. Die Heuchelei mag noch so viele andere Wege suchen, sie werden ihr nichts helfen.

Nach seiner Auferstehung, kurz vor seiner Himmelfahrt, gab Jesus seinen Aposteln den bestimmten Befehl: Nun muss Buße und Vergebung der Sünden unter allen Völkern verkündiget werden. Luk. 24,47. Da ist kein Volk der Erde, so wie keine Seele ausgenommen; alle, alle, sie heißen und seien wie sie wollen, müssen vor allem zur Buße greifen und ihren Sinn ändern. Das will, so spricht Jesus, der Eckstein der katholischen Kirche.

Und was spricht der katholische Fels Petrus, wie baut denn dieser die Kirche? Tut Buße! war seine erste Predigt, Ap. Gesch. 2,38. Seine Zuhörer waren Menschen von allen Nationen der Erde, Juden und Heiden; und alle forderte er zur Buße auf. Und als er das nächste Mal, Apost. Gesch. 3,19. wieder ein Auditorium hatte, so wiederholte er auch diesem dieselbe Predigt: So tut denn Buße und bekehrt euch, damit eure Sünden getilgt werden! So machten es alle übrigen Apostel, ihrem Auftrage gemäß.

Sie wussten nämlich durch den empfangenen heiligen Geist, dass, wie Paulus Römer 3,10. schreibt, Keiner von allen Menschen gerecht ist, auch nicht Einer: dass alle abgewichen und untüchtig geworden, dass Keiner Gutes tue, auch nicht Einer; dass alle Welt vor Gott eine große Schuldnerin sei und den Mund zuzuhalten Ursache habe.

Sie waren überzeugt, dass, wie Johannes 1 Br. 5,19 sagt, des Teufels Gewalt die ganze Welt im Argen liege, in des und der Sünde Tyrannei. Johan 3,8. Sie glaubten der der Schrift, die da sagt: Das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf. 1 Mos. 8, 21. und 6,5.; dass der Mensch in Sünden empfangen und geboren sei Ps. 50; dass man unter den Unreinen keinen Reinen finden könne, wie Hiob sagte. Darum bekannten sie: ich bin der größte unter den Sündern; 1 Tim. 1,15.16. und Herr, geh hinaus von mir, ich bin ein sündiger Mensch.

Darum macht Paulus den Schluss, Röm, 3, 23: Es ist da kein Unterschied, alle haben gesündigt, und es kann sich keiner rühmen vor Gott, dass er von Natur oder durch sich selbst gerecht sei oder werde, sondern wir werden ohne Verdienst gerecht durch seine Gnade, durch seine Erlösung, die durch Jesum Christum geschehen ist, welchen Gott zur Versöhnung vorgestellt hat, durch den Glauben an sein Blut, um seine Gerechtigkeit zu zeigen durch Vergebung der Sünden, die vorher begangen wurden.

Was die Apostel predigten, glaubten und übten die ersten Christen. Wenn die Apostel Buße predigten, so taten sie Buße. Ihr Manner, lieben Brüder! was müssen wir tun, dass wir selig werden? fragten sie redlich ernstlich, Apost. Gesch. 2,37. und 16,30. Und nachdem ihnen die Apostel Anweisung gegeben hatten, änderten sie wirklich ihren Sinn, bekehrten sich, wenn sie Juden waren, von ihren kalten Zeremonien zu dem Gottesdienste im Geist und in der Wahrheit; wenn sie Heiden waren, von den toten, stummen Götzen zum lebendigen Gott. 1 Thess. 1,9. Sie nahmen die Bußpredigt mit Freuden auf, beharrten in der Apostel Lehre, in der Gemeinschaft und im Brotbrechen, im heilsamen Gebrauche der Sakramente. Sie waren vor ihrer Bekehrung wohl auch grobe Sünder; wir waren, sagt Paulus, unverständig, ungläubig, irrend, Sklaven von mancherlei Begierden und Wollüsten, wir wandelten in Bosheit und Leid, waren hassenswert und gehässig gegeneinander. Ephes. 2,2. Einige von ihnen waren Hurer, Ehebrecher, Götzendiener, Weichlinge, Knabenschänder, Diebe, Geizige Trunkenbolde, Lästerer, Räuber. Aber solche, hieß es nach der Belehrung, solche seid ihr gewesen, nun aber seid ihr abgewaschen, geheiligt und gerechtfertigt durch den Namen unsers Herrn Jesu Christi und durch den Geist unsers Gottes. 1 Kor. 6,10.11.

Und auch nach ihrer Sinnesänderung ward ihnen zugerufen: Stellt euch dieser Welt nicht gleich, sondern lasst euch umwandeln durch Erneuerung eures Sinnes, so dass ihr prüft, was Gottes Wille, was gut, wohlgefällig und vollkommen sei: Röm. 12,2. Sie mussten sich also entfernen von allem, was die Welt liebt und treibt, mussten durch ernstliches Streben unter dem Beistande des Heiligen Geistes ganz neue Menschen werden, und in diesem Streben täglich verharren.

Was tun unsere heutigen Christen? Diese glauben schon gar nicht, dass sie so große Sünder sind, dass sie der Buße und Bekehrung nötig hätten, obwohl sie bis über die Ohren in Sünden versoffen und versunken sind, die Sünden wie Wasser hineinsaufen, und dem Satan wie ein abgerichteter Hund über den Stock springen, das ist, seinen Willen tun müssen, weil sie ganz in seiner Gewalt sind.

Wenn wir den großen Haufen der heutigen Christen betrachten, so finden wir in demselben gerade das, was Johannes der Apostel, Br. 2, 16. in der Welt fand, das ist, Augenlust, Fleischeslust und Hoffart des Lebens. Davon strotzt die heutige Christenheit; darum ist sie ganz zur Welt geworden. Geiz, Wollust und Ehrsucht sind die drei Götzen, denen fast alle heutigen Christen das Knie beugen, denen sie Leben, Gesundheit, Gut und Blut, Ehre und Vermögen opfern. Man sage mir ein Laster, das unter den heutigen Christen nicht im Schwange geht? Die Sünden und Gräuel, von welchen Paulus sagt, dass sie unter den Christen nicht genannt werden sollen, sind so herrschend und einheimisch geworden, dass fast jedes Kind von sieben Jahren davon zu sagen weiß. Ist nicht die gesamte Christenheit ein gottloser Haufen geworden, indem man die Frommen und Gerechten wie mit Laternen suchen muss, wenn man solche finden will? Wie ist alles so voll Diebe, Räuber, Ungerechte, Betrüger, Mörder, Meineidige, Lügner, Ehrabschneider, Ohrenbläser, Verleumder, Trunkenbolde, Verschwender, Spieler, Geizige, Wucherer, Unbarmherzige, Eigennützige, Gewinnsüchtige, Neidige, Karge, Geldsorger und Mammonsknechte, Hurer, Ehebrecher, Knabenschänder, Wollüstlinge, Unreine, Hoffärtige, Stolze, Selbstgefällige, Feindselige, Hasser, Rachsüchtige, Unversöhnliche, Zornige, Flucher, Schwörer, Friedensstörer, Plagegeister, Teufel und Teufelinnen, die nur Zwietracht und Kriege stiften? Wie ist alles, so voll Weltsinn, Leichtsinn, Menschenfurcht, rc.!

Kurz, der Christenhaufen könnte kaum schlechter sein, als er ist. Und doch wer von ihnen glaubt, dass er der Buße und Bekehrung nötig habe, oder dass es möglich sei, sich zu bekehren? Wer verlacht und verspottet nicht den Prediger, den Freund, der ihm sagt, du musst dich bekehren? Wie viele behaupten geradezu, sie könnten nicht anders sein noch werden; es sei nun einmal ihre Natur, ihr Temperament, ihre Neigung so; Gott werde es so genau nicht nehmen? rc.

Dabei gehen die heutigen Christen dennoch zur Kirche, zur Beichte, zum Abendmahle; sie empfangen alle Sakramente, bedienen sich aller Zeichen der Religion, wallfahrten, opfern, kaufen Ablässe, bezahlen gute Werke und treiben mancherlei, um nach ihrer Meinung dadurch die Bekehrung oder Buße zu erfahren, ihre Sünden zu büßen, Gott zu versöhnen und den Himmel zu verdienen, oder sich ein glückseliges Sterbestündlein zu erkaufen, dass sie indes ruhig fortsündigen dürfen. Sie wollen alles tun und treiben, nur sich belehren wollen sie nicht, Von ihren Götzen wollen sie sich nicht scheiden, sondern Christen scheinen, und doch der Hoffart, dem Neid, dem Geiz, dem Zorn, dem Fraß und der Völlerei, der Unkeuschheit und Trägheit täglich dienen. Sie wollen samt diesen ihren Hausgötzen, auf denen sie fest sitzen, wie Rachel in das himmlische Kanaan eingehen; sie wollen durch ihre heuchlerischen Werke Löcher in den Himmel bohren und Fenster hineinbrechen, um wie Diebe und Räuber einzusteigen, um nur den einzig wahren und schmalen Weg nicht einschlagen zu müssen, der allein zum Ziele führt; um nur nicht die einzig wahre, aber enge Türe passieren zu müssen, durch die man allein eingehen kann. Aber wie werden sie sich betrogen finden, wenn sie sich nicht wahrhaftig belehren! Sie werden den Himmel nicht sehen und die rechte Türe nicht finden, sondern mit Blindheit geschlagen werden, wie die Sodomiten vor Lots Türe.

O darum ihr Lieben! seht nicht auf diesen ausgearteten Haufen der heutigen, sondern auf die apostolischen Vorbilder der ersten Christen, und stellt euch diesen, nicht jenen gleich; ändert euren Sinn alle Tage mehr, wenn ihr anders auf dem katholischen Felsen stehen, auf den Grund der Apostel gebaut und vom Ecksteine Jesus Christus gehalten werden wollt. Wer nicht Buße tut, und den Sinn nicht ändert, der rühmt sich umsonst, den katholischen Glauben zu haben; denn den wahren, den Christus, den Petrus, Paulus predigten, hat er einmal nicht, und die werden doch wohl gut katholisch gewesen sein. und gepredigt haben.

2.

Das uralte katholische Christentum, wie es Christus und die Apostel predigten und die ersten Christen übten besteht

2. In der lebendigen Überzeugung, dass das Evangelium seine Kraft Gottes ist selig zu machen alle, die daran glauben Röm. 1,16. und dass Jesus Christus in die Welt gekommen ist, die Sünder selig zu machen, 1. Tim. 1,15. dass sein Blut und Tod, wenn wir es in Buße und lebendigen Glauben ergreifen und die von Christo verordneten Gnadenmittel gebrauchen uns entsündige, reinige; rechtfertige und Heilige.

Diese Anweisung verbanden Johannes, Christus und die Apostel mit der Forderung einer rechtschaffenen Buße.

Johannes weist alle zerknirschten, nach ihrem Heil fragenden, Sünder gleich und unmittelbar an Christus: Ich taufe nur mit Wasser sprach er geht zu dem, der nach mir kommt, der wird euch mit Geist und Feuer taufen. Matth. 3. Und wenn er ihm begegnete, wies er mit Fingern auf Ihn und zeigte Ihn seinen Schülern: Seht, das ist das Lamm Gottes, das die Sünden der Welt hinwegnimmt. Joh.1,29. Der kann und wird eure Sünden wegtragen, das kann ich nicht. Ich muss abnehmen, Er muss wachsen. Von der Bußtaufe muss man zur Geistes- und Feuertaufe gehen.

Christus selbst, wenn er predigte: Tut Buße! setzte bei: und glaubt an das Evangelium! Mark. 1,15, und Joh. 8,24. sagte Er zu den hartköpfigen Juden, die alles tun wollten nur ihn nicht annehmen: Wenn ihr es nicht glaubt, dass ich es bin, euer Erlöser, Heiland, Versöhner, Entsündiger und Seligmacher, so werdet ihr sterben in euren Sünden. Ihr werdet sie umsonst anderswo anzubringen, auf eine andere Weise zu tilgen, zu büßen suchen. Es wird sie euch kein anderer abnehmen, und nichts, was ihr treibt und künstelt, wird sie versöhnen.

Und wie einladend rief Er, Matth. 9,13. K. 11,28. K. 18,11. Ich bin gekommen, das Verlorene die Sünder zu suchen und selig zu machen. Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und mit Sünden und Schulden beladen seid, ich will euch erquicken. Das ist der Wille meines Vaters, dass wer den Sohn sieht und glaubt an Ihn, das ewige Leben habe. Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass Er seinen eingebornen Sohn dahin gab, damit alle, die an Ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben. Joh. 6,40. K. 3,16.

Sein letzter Wille an seine Apostel war: Geht hin in alle Welt und predigt das Evangelium allen Kreaturen; wer glaubt und getauft ist, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, das Evangelium von Vergebung der Sünden durch den Glauben an mich nicht annimmt, der wird verdammt werden. Mark, 16,15.

Die Apostel taten, wie ihnen der Herr befohlen hatte. Hört zuerst den Felsen, auf den der Herr seine Kirche baute, hört, was dieser lebendige Fels predigt, was Er zum Grundstein der katholischen Kirche legte. Tut Buße, spricht Er, und Lasse sich ein jeder taufen im Namen Jesu Christi zur Vergebung der Sünden, das heißt, durch sein Blut und seinen Tod abwaschen. Dieser, spricht Er, Apost. Gesch. 4,7.23. ist der Stein, von den Bauleuten verworfen, (leider noch!) der aber zum Eckstein geworden ist. Und es ist in keinem andern Heil; es ist auch kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, in dem sie selig werden könnten. Hört da, was dieser Fels spricht! Steht ihr auf diesem Felsen? Kennt ihr diesen Eckstein, zu dem euch der katholische Fels weist? Ihr mögt, will Er sagen, alle Winkel im Himmel und auf Erden durchsuchen, ihr werdet, wenn ihr bei allen Nothelfern umherlauft und euch zu Tode sucht, doch keinen andern Namen finden im Himmel und auf Erden, der euch sündenfrei und selig machen könnte, als Jesus. Diesen, wiederholt Er, Apost. Gesch. 5,31. diesen hat Gott durch seine Rechte zum Fürsten und Heiland erhöht, Israel, das ist, allen redlich zerknirschten, um ihr Heil verlegenen Sündern, Buße (wie tröstlich!) und Vergebung der Sünden zu geben. Und im Hause des Kornelius, Apost. Gesch. 10,43. rc. predigte er noch einmal: Diesem geben alle Propheten das Zeugnis, dass alle, die an Ihn glauben, durch seinen Namen Vergebung der Sünden erhalten.

Seht, das ist der Fels der Kirche Gottes, das ist der Grund der Apostel, der Eckstein, darauf ihr gebaut sein und euch gründen müsst, wenn ihr echte Glieder der auf diesen Felsen gegründeten katholischen Kirche sein wollt.

Dieser Fels sprach noch deutlicher auf dem Konzilium der Apostel zu Jerusalem, als ein großer Streit entstand, ob das jüdische Gesetz auch im Christentume noch beobachtet werden müsse; da erhob sich Petrus und bezeugte, dass Gott zwischen den Heiden, und ihnen keinen Unterschied gemacht, sondern denselben, wie ihnen, den heiligen Geist mitgeteilt und ihre Herzen durch den Glauben gereinigt habe. Warum, fuhr er fort, versucht ihr also denn Gott, dass ihr ein Joch auf den Nacken der Jünger legen wollet, das weder wir noch unsere Väter tragen konnten. Vielmehr glauben wir, durch die Gnade des Herrn Jesu selig zu werden, gleichwie sie. Apost. Gesch. 15, 8. 2. Dieser Fels widerspricht da allen denen, die ein dem jüdischen Gesetze ähnliches Joch auf die Hälse der Christen legen, wenn sie eine andere Heilsordnung als Christus einführen, und die Sünder nicht durch den Glauben rein und nicht durch Gnade, sondern durch andere Wege selig werden lassen wollen. Steht ihr nun auf diesem Felsen, der so laut und öffentlich vor allen Aposteln des Herrn bekennt und behauptet, dass der Glaube die Herzen reinige, und dass die Gnade Jesu Christi selig mache?

Ebenso freimütig und unzweideutig predigte Paulus die Vergebung der Sünden durch den Glauben an Christus, ward aber deswegen überall verfolgt und gelästert von unkatholischen Christen und Juden.

Zu Antiochia, Apost. Gesch. 13, 38, 39. sprach er: Kund sei euch, dass durch diesen (Jesum) euch Vergebung der Sünden angekündigt wird, und von allem, wovon ihr durch das Gesetz Moses nicht frei gemacht werden konntet, wird ein jeder, der da glaubt, durch diesen frei gemacht. Er führte dabei die Drohung an: Seht! ihr Verächter, erblasst und erstaunt, denn ich tue ein Werk in euren Tagen, das ihr nicht glauben werdet, wenn es euch jemand sagen wird. Und ist das nicht noch alle Tage so? Man will das heute noch nicht glauben, und die Christen sträuben sich gerade so dagegen, wie die Juden; sie wollen es eben so wenig glauben, das große Werk der Erlösung; dass Gott uns um Jesu willen, um seines Todes und Blutes willen alles vergeben, uns rechtfertigen, reinigen und heiligen wolle; obwohl sie täglich erfahren, dass sie durch alle andere Mittel und auf all' ihren eigenen und selbsterwählten Wegen nicht frei werden von ihren Sünden, sondern immer größere Sklaven der Sünde, und durch alle angewandten Arzneimittel immer kränker werden.

Als der Kerkermeister zu Philippi, Apost. Gesch. 16, 30. fragte: was muss ich tun, dass ich selig werde? so gab Paulus die kurze und runde Antwort: Glaube an den Herrn Jesum Christum, so wirst du und dein ganzes Haus selig. Das war also die kurze apostolische Methode; sie führen die armen Sünder gerade und schnell zum Ziele. Der Kerkermeister glaubte, ließ sich taufen, und ward in derselben Stunde selig samt seinem ganzen Hause.

Den Ältesten von Ephesus bezeugte Paulus, Apost. Gesch. 20. 21. dass der Hauptinhalt seiner Predigten kein anderer gewesen sei, als dass er Juden und Heiden die Buße oder Bekehrung zu Gott und den Glauben an Christus gepredigt habe.

Vor Agrippa, Apost. Gesch. 26, 18. erzählte er, dass ihm der Herr Jesus erschienen sei, und ihn selbst gesandt habe, dass er den blinden Juden und Heiden die Augen auftue, (wollte Gott, auch den ebenso blinden Christen!) dass sie sich bekehren von der Finsternis zum Lichte, von der Gewalt des Satans zu Gott, damit sie Vergebung der Sünden empfangen und das Erbteil mit den Geheiligten durch den Glauben an Jesum.

Diesen Grund, schreibt er 1 Kor. 3, 10. 2. habe ich als ein weiser Baumeister gelegt, ein anderer baut darauf, ein jeder aber sehe zu, wie er darauf baue. Denn einen andern Grund kann niemand, legen, als der gelegt ist und der ist Jesus Christus.

Ich frage euch wiederum steht ihr auf diesem Grunde der Apostel? send ihr apostolisch katholische Christen, die Gold, Silber, Edelsteine, nicht Holz, Heu und Stoppeln darauf bauen?

Im Briefe an die Römer müsst ihr selbst lesen, denn er ist ganz voll von Zeugnissen für die Wahrheit, so wie alle übrigen Paulinischen Briefe. Denn ich würde an kein Ende kommen, wenn ich alle anführen wollte; einige muss ich jedoch hersetzen. Ich schäme mich nicht, schreibt er Röm. 1, 16. des Evangeliums, so sehr es verlästert und verdächtig gemacht wird, denn es ist eine Kraft Gottes, selig zu machen alle, die daran glauben; die Gerechtigkeit Gottes wird darin geoffenbart aus dem Glauben in den Glauben: wie geschrieben steht, der Gerechte lebt aus dem Glauben, Röm. 3, 28. Wir halten dafür, dass der Mensch durch den Glauben gerecht werde, und nicht durch des Gesetzes Werke. Röm. 5. erklärt er, wie wir von Adam die Sünde, Tod und Verdammnis geerbt haben, so erben wir von Christus durch den Glauben die Gerechtigkeit, Leben und Seligkeit, und Rom. 9, 31. behauptet er, dass die Juden nur deswegen nicht gerechtfertigt würden, weil sie die Gerechtigkeit nicht durch den Glauben an Christus, sondern durch ihre eigenen gesetzlichen Werke und Verdienste suchten. Der Glaube an Christus sei ihnen ein Stein des Anstoßes und lächerlich gewesen, wie er's heute noch den Christen ist. 2 Kor. 5, 10, spricht sich der Apostel noch bestimmter aus, indem er das christlich-katholische Predigtamt in seiner schönsten Gestalt darstellt. Gott hat in Christo die Welt mit sich versöhnt, indem er ihnen ihre Sünden nicht zurechnete, und uns auftrug, die Versöhnung, nicht bloße Moral und Menschensatzungen, zu predigen. Wir sind Botschafter an Christi Statt, denn Gott ermahnt durch uns; wir bitten an Christi Statt; lasst euch versöhnen mit Gott! Denn Gott ist schon versöhnt, Gott hat keine Feindschaft gegen uns, die Feindschaft liegt in uns. Denn Er hat den, der von keiner Sünde wusste, zur Sünde, das ist zum Opfer der Sünde, gemacht, alle unsere Sünden auf ihn gelegt, als hätte Er sie begangen, und Ihn deswegen für uns büßen, genugtun und die Strafe tragen lassen (Isa. 53.), damit wir in Ihm die Gerechtigkeit Gottes, das ist, straffrei, sündenfrei, höllenfrei, und heilig und selig würden.

Im Briefe an die Galater hat Paulus sich ebenso deutlich erklärt, dass kein Mensch anders, als durch den Glauben an Christus gerecht und selig werde. Die Galater wollten nämlich in dieser Überzeugung wanken, weil sie durch jüdisch gesinnte Christenlehrer irrgemacht und von diesem wahren Wege abgeführt werden wollten. Darum sucht er sie zu befestigen und' ihnen Christum und sein Verdienst wieder lebhaft vor Augen zu malen. Im Geiste habt ihr angefangen, den ihr durch den Glauben empfangen, und im Fleische, mit jüdischen Zeremonien; wollt ihr vollenden, sprach er Gal. 3, 3. Und um sie recht zu bestärken und vor den Verführern abzuschrecken, schrieb er gleich im Anfange seines Briefes das Mark und Bein durchdringende Wort: Wenn auch wir, oder ein Engel vom Himmel euch ein anderes Evangelium predigten, als wir euch verkündigt haben, der sei verflucht. Und damit sie es recht fassten und nicht überhörten, wiederholt er den Fluch noch einmal. Dieser Fluch des auserwählten Rüstzeuges Gottes muss aber alle treffen, die in Licht-Engelsgestalt, unter dem Scheine der Kirchlichkeit und Heiligkeit, andere Entsündigungs- und Heiligungsmittel, andere Helfer und Helferinnen, Mittler und Mittlerinnen, und also ein anderes Evangelium anpreisen als Jesum und sein Blut, in welchem wir (wie dieser Apostel an die Epheser 1, 7. und an die Kolosser 1, 14. bezeuget) die Erlösung haben, nämlich die Vergebung der Sünden. Das ist und bleibt ewig die einzige Ursache unserer Seligkeit, nicht Menschenwerk und Menschentun, welches, so hoch es getrieben werden mag, doch nie auch nur den tausendsten Teil einer Gerechtigkeit erwerben und verdienen kann, die vor Gott bestehen und gelten kann.

Vom Apostel Johannes will ich nur Ein Wort anführen, das 1. Br. 2, 1, 2: Kindlein, sündigt nicht; doch wenn jemand sündigt, so haben wir einen Fürsprecher beim Vater, Jesum Christum, den Gerechten, dieser ist die Versöhnung für unsere Sünden, und nicht nur für die unsrigen, sondern für die Sünden der ganzen Welt.

Aber wer glaubt unserer Predigt? darf man auch hier sagen: wer hört die Apostel, und baut auf ihren Grund? wer geht zu diesem Fürsprecher und Versöhner?

Wie machten es die ersten Christen? Sie glaubten von ganzem Herzen an Jesum Christum, und waren auf der Stelle selige Leute. Der Glaube an Christus machte sie gerecht, fröhlich und selig. Täglich verharrten sie einmütig im Tempel, brachen das Brot, hielten das heilige Abendmahl, hin und her in den Häusern, und genossen die Speise mit Fröhlichkeit und Einfalt des Herzens. Sie lobten Gott, und waren bei dem Volke beliebt. Apg. 2, 46. Es war eine so heilige und selige Gemeine, dass sich ein jeder von ihnen auszeichnete vor allem andern Volke. Man kannte einen Christen aus Tausenden heraus: denn der Glaube an Christus hatte ihnen ein ganz anderes Gepräge auch in ihrem Äußern gegeben. Ihr Sinn, Herz und Wandel, ihr Gehen und Stehen, Reden und Handeln war so abstechend, so verschieden von den ungläubigen Juden und Heiden, vom rohen Haufen, dass Jedermann Ehrfurcht vor ihnen hatte, und. sich kein anderer getraute, ihnen zu nahen, oder sich an sie anzuschließen. Man ließ aber auch Keinen zur katholischen Gemeinschaft, außer der ernstlich sich bekehrte und lebendig glaubte. Nur die ihren Sinn änderten, von der Welt und ihrem gottlosen Wesen sich schieden, das Wort Gottes annahmen und sich an Jesum ganz ergaben, nur solche wurden zur Gemeine hinzugetan und als Glieder der Kirche angesehen.

Da wir nun, konnten sie sagen, Römer 5, 1, gerecht gemacht sind durch den Glauben, so haben wir Friede mit Gott durch unsern Herrn Jesum Christum. Durch Ihn haben wir auch im Glauben den Zutritt zu der Gnade, in der wir stehen, und rühmen uns der Hoffnung der Herrlichkeit der Kinder Gottes - Wir sind, sagte Paules in aller Namen, Römer 7, 4, durch die Taufe mit in den Tod Jesu, begraben, dem alten Menschen nach, damit, gleichwie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, also auch wir in einem neuen Leben wandeln. Da sehen wir, was ihr Glaube und die Laufe wirkte in ihnen - Gerechtigkeit, Friede mit Gott, den freien Zutritt zu Gott, die lebendige Hoffnung der Herrlichkeit Gottes, oder die Kind- und Erbschaft Gottes, ein neues Leben in Christo. Gott hat uns wiedergeboren, schreibt Petrus von sich und den ersten Christen, 1. Br. 3, 4.5, zu einer lebendigen Hoffnung durch seine große Barmherzigkeit, zu einem unvergänglichen, unverwelklichen Erbe, welches im Himmel aufbewahrt wird für euch, die ihr durch die Macht Gottes bewähret werdet, zur Seligkeit rc.

Der uralte katholische Glaube der ersten Christen war eine Ehescheidung von Sünde, Tod und Verdammnis, und eine Trauung und Vereinigung mit Gott, Christus, Gerechtigkeit und ewigen Leben. Der wahre katholische Glaube, scheidet, trennt, zerreißt die Bande der Sünde, des Todes und der Hölle: er führt die Seelen wie Bräute Jesu Christo zu, und kopuliert und verbindet sie auf ewig mit Ihm; der Brautschatz und Schmuck, den Christus gibt, ist Gerechtigkeit, Heiligkeit und ewige Herrlichkeit. Der wahre, alte katholische Glaube jagt den alten Menschen mit seinen Werken aus und zieht dem neuen, Jesum Christum an; er erneuert den Menschen nach dem Bilde Dessen, der ihn geschaffen hat, in rechtschaffener Gerechtigkeit und Heiligkeit. Kol. 3, 9. 10.

So sah die uralte katholische Kirche, die erste Christengemeine, aus. Wie sieht sie jetzt aus? Wie glauben die heutigen Christen an Christum? Sie haben den Felsen Petrus immer im Munde, hören aber nicht, was er spricht und fordert, sondern lassen ihn stehen und reden, und ohne Rücksicht zu nehmen auf Christus den Eckstein, den Petrus predigte, graben sie sich selbst löcherige Brunnen, die kein Wasser geben, und die lebendige Quelle verlassen sie. Jerem. 2, 13. Sie suchen so viele Helfer, Mittler, Erlöser, Fürsprecher, dass sie nicht alle zu zählen sind; nur Den, der nach dem Zeugnisse der Apostel, 1 Kor. 1, 30. uns von Gott gemacht ist zur Weisheit, zur Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung, und in dem allein Heil zu finden ist, den suchen sie nicht, den achten sie nicht und glauben nicht an ihn, obwohl sie ihn mit dem Munde nennen und in Bildern haben. Man sieht sie immer beichten, kommunizieren, Kirchen besuchen, Ablässe kaufen und andere Werke verrichten, aber alles ohne Glauben an Christus. Sie lassen sich Millionen Mal absolvieren, und glauben doch nie absolviert zu sein, und sind doch nicht los vom bösen Gewissen und nicht frei von der Herrschaft der Sünde. Denn bei all' ihrem Tun und Treiben hängen sie der Welt, der Sünde und dem Satan an, stehlen, lügen, betrügen, saufen, spielen, verleumden, huren, neiden und hassen einander; es ist keine Gottesfurcht vor ihren Augen. Ist irgendein wahrer Frommer und lebendig Gläubiger unter ihnen, so ist er zum allgemeinen Gespötte, die Verachtung des Volkes; sein Wandel und Sinn ist ihnen Ärgernis und Torheit. Und das soll ein Christentum, das soll der katholische Glaube, auf den Felsen gebaut, sein? Unmöglich! das sieht dem Glauben der Apostel und ersten Christen so wenig ähnlich, als die Hölle dem Himmel, als der Teufel den Engeln.

Stellt euch, ihr Lieben! dieser abgefallenen ehebrecherischen Christenwelt nicht gleich, sondern seht auf die ersten apostolischen Gemeinden. Richtet euch nicht nach dem verworfenen, toten Maulglauben der heutigen Christen, sondern nach den lebendigen, froh und selig machenden Glauben der Apostel und ersten Christen. Und da ihr mit Händen greift, dass die heutigen Christen auf allen ihren gepriesenen Wegen, und durch ihre gerühmten Mittel, die Ruhe, den Frieden der Seele, die Freiheit von Sünde und Furcht des Todes, das neue Leben aus Gott, das der wahre Glaube mit sich führt, nicht finden, sondern bei all' ihrem Tun und Treiben, bei all' ihren Fürsprechern und Verdiensten dennoch in Sünden tot, in Unfriede und Verzweiflung, in Angst und Furcht des Todes und Gerichts, ohne Hoffnung, ohne Aussicht in das ewige Leben dahin taumeln, so erkennt daraus, dass sie nur den Namen und Schein des katholischen Glaubens haben, aber die Kraft desselben verleugnen; so erwählet den uralten katholischen Glauben der Apostel und ersten Christen, der gerecht, heilig und selig macht, der sie so bereicherte in Gott, dass, wie Paulus 1 Kor. 1, 5. 7. von ihnen zeugt, sie an keinem Gute irgend einen Mangel hatten, und nur warteten auf die Offenbarung Jesu Christi. Nur eines ging ihnen ab, Jesum von Angesicht zu Angesicht zu schauen.

Ja, ihr Lieben! glaubt, hofft also, dass ihr mit den ersten Christen sagen könnet, was Paulus in ihrem Namen schrieb, Hebr. 10, 19: Da wir nun mit Zuversicht in das Allerheiligste (in Gottes Vaterherz, in den vertrauten Umgang mit Gott, in den Himmel) eingeben dürfen durch das Blut Christi, indem Er uns einen lebendigen Weg (die Toten kommen auf ihren toten Wegen nicht vom Flecke, nicht zu Gott und zum Frieden) durch den Vorhang, d. i. durch seinen Leib eröffnet hat (wer durch diesen Vorhang nicht durch will, kommt nicht zum Vater); und da wir einen so großen Hohenpriester über das Haus Gottes haben (der durch sein Opfer am Kreuze uns eine ewige, vollgültige Erlösung erfunden hat); so lasst uns hinzutreten (ohne uns wegschrecken zu lassen und anderswo Hilfe zu suchen, sondern hinzunahen lasst uns) mit aufrichtigem Herzen im vollen Vertrauen, besprengt am Herzen, rein vom bösen Gewissen, und am Leibe gewaschen mit reinem Wasser. Die heutigen Christen waschen sich immer und werden nie rein, sondern immer unreiner, weil sie sich nicht mit dem reinen Wasser waschen, das aus Christi Seite floss, nicht aus der lauteren lebendigen Quelle, sondern aus Pfützen schöpfen.

3.

Der uralte katholische Glaube, wie ihn Christus und die Apostel predigten, und die ersten Christen übten, ist drittens mit herzlicher, inniger Welt und Geld verschmähender Liebe zu Gott und Jesus verbunden, die fruchtbar ist in guten Werken.

Ohne Liebe ist der Glaube tot und teuflisch, und gehört in die Hölle; die Liebe ohne Glauben gehört in den Himmel, denn dort glaubt und hofft man nimmer, sondern hört und sieht und liebt nur. Glaube und Liebe ist für diese Erde.

Liebe fordert Christus. Er goss sie auch aus in die Herzen der Gläubigen durch den heiligen Geist; und zwar eine Liebe gegen Gott, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und aus allen Kräften. Matth. 22, 37. Gegen Ihn selbst verlangte er eine alles Irdische verleugnende und hassende Liebe. Wer Vater und Mutter, oder Weib und Kinder rc. mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert, und wer sein Kreuz nicht auf sich nimmt, und nicht alles um meinetwillen dulden und tragen kann, und mir nicht nachfolgt, unter Kreuz und Verfolgung, Verachtung und Verspottung, der ist meiner nicht wert, der kann mein Jünger nicht sein. Ja er fordert noch mehr, er will eine Liebe, die auch das Leben für Ihn willig opfert. Matth. 10, 37-39. Nichts, gar nichts darf dem Christen ans Herz gewachsen sein, sogar er selbst und sein eigenes Leben nicht; nichts als Gort und Christus muss sein höchstes Gut sein, um deswillen er alles fahren lässt. Und wenn Eltern, Kinder, Gatten, Brüder und Schwestern sich dir in den Weg legen und dich hindern wollen Christo zu folgen, und anzuhängen, so musst du darüber hin, und insofern sie dich hindern wollen, sie als Feinde betrachten und sie nicht hören, obwohl du ihnen übrigens alle schuldige Liebe erweisen musst. Luk. 14, 26.

Dass die Apostel und die ersten Christen diese Liebe zu Gott und zu Christus mit ihrem Glauben verbunden haben, und wirklich sich ganz für Christus opferten, beweisen ihre Schriften und ihr Wandel unwidersprechlich. Wem viel vergeben ist, der liebt viel, sagte Christus selbst von der begnadigten Magdalena. Ihr ist viel vergeben, darum liebt sie viel. Ihr Glaube hat ihr geholfen, darum kommt die Liebe dazu und zeigt sich erkenntlich und dankbar für die große Wohltat der Vergebung. So ist es auch gewiss bei jedem, dem seine Sünden vergeben sind. Die Liebe kann nicht ausbleiben, wo der Glaube entsündigt hat. So lange aber Unglaube, Verdammung und Unruhe im Gewissen ist, hat keine Liebe im Herzen Platz.

Die Apostel und die ersten Christen waren so von Liebe zu Christus, ihrem Erbarmer und Versöhner, durchdrungen, dass sie sagen konnten: Scheinen wir es zu übertreiben und zu weit zu gehen im Eifer, so tun wir's Gott; wir können nicht anders; die Liebe Christi dringt uns, indem wir also urteilen, ist Einer für alle gestorben, so sind sie, so ist es so viel, als wären sie selbst alle gestorben. Nun ist aber Christus für alle gestorben, und hat sie alle versöhnt und sich für sie geopfert, ihnen Heil und Leben, Vergebung und Gnade erworben, damit die, so da leben, Gnade und Seligkeit aus seinem Lode erlangt haben, nicht mehr ihnen selbst, sondern dem leben, den lieben, der für sie gestorben und auferstanden ist. 2 Kor. 5, 14 20. Wer im Tode Jesu sein Heil und Leben gefunden hat, der kann nicht mehr anders, dankbare Liebe dringt ihn nur zur Ehre und Freude Christi zu leben, nicht mehr sich selbst, seine eigene Ehre, seinen eigenen Nutzen, seine eigene Lust und Bequemlichkeit zu suchen und zu lieben, sondern alle Kräfte Leibes und der Seele für Ihn zu verzehren.

Ja der Apostel Paulus durfte sagen: Wer den Herrn Jesus Christus nicht lieb hat, der sei Anathema, ein Bann, ein Fluch. 1 Kor. 16, 22. So fest war er überzeugt, dass ohne Liebe zu Jesus keine Seligkeit möglich und denkbar ist, dass das Unentbehrlichste für alle Christen die Liebe Christi ist.

Johannes, der Apostel der Liebe, predigte ja fast nichts, als Liebe zu Jesus. Lasst uns Ihn lieben, denn Er hat uns zuerst geliebt. 1. Br. 4. Wer nicht liebt, der kennt Gott nicht, denn Gott ist die Liebe. Und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm. Nur Liebe einigt, wie Hass oder Mangel an Liebe trennt. Darum sind alle die Christen nicht in Gott oder aus Gott, die Jesum nicht lieben.

Was die Apostel verkündigten, das übten die ersten Christen. Sie waren alle voll inniger, feuriger Liebe zu Christus, so dass Petrus von ihnen bezeugen konnte, 1. Br. 1, 8: Den ihr nicht gesehen, und doch lieb habt, an welchen ihr glaubt, obwohl ihr Ihn nicht seht. Und Paulus ruft im Namen aller aus: Wer will uns scheiden von der Liebe Christi? Trübsal, oder Angst, oder Hunger, oder Blöße, oder Gefahr, oder Verfolgung, oder Schwert! Wie geschrieben steht, um deinetwillen werden wir wie Schlachtschafe den ganzen Tag bis auf den Tod gemartert. Aber in allem dem überwinden wir weit, durch Den, der uns geliebt hat. Denn ich bin versichert, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürsten noch Mächtige, weder Gegenwärtiges noch zukünftiges noch Stärke, weder Höhe noch Tiefe noch irgendein Geschöpf uns zu scheiden vermag von der Liebe Gottes, die da ist in Christo Jesu. Röm. 8, 35. rc.

Da seht die alles überwindende, alles um Christi willen duldende Liebe der ersten Christen, denen es gegeben war, wie Paulus von den Philippern 1, 29, schreibt, nicht nur an Christus zu glauben, sondern auch für ihn zu leiden. Und was sagt uns die Geschichte für Wunder der Liebe, die sich in dem Leben und Tode der ersten Christen offenbarten? Nicht nur alle Apostel, sondern Tausende der ersten Christen haben Christum mehr als ihre Güter und Ehre, mehr als alle Wollust und Freuden dieses Lebens, ja mehr als ihr Leben selbst geliebt, und sowohl dieses als alle ihre Habe freudig und frohlockend für Christus und das Evangelium hingegeben, die grausamsten Martern ausgestanden, und alle Arten von peinlichen Todesarten gelitten. Dabei sangen sie dem Herrn Loblieder in Kerkern, auf der Folter, unter wilden Tieren, im Angesichte des Schwertes, und freuten sich gewürdigt zu werden um des Namens Christi willen Schmach, Schmerz und Tod zu leiden. So liebte die auf den Fels gegründete Gemeine der ersten Jahrhunderte ihren Heiland und Erlöser. Diese Liebe ist katholisch. Denn der katholische Fels ist lauter Liebe, so wie voll Glauben. Steht ihr auf diesem Felsen?

Ach! wo ist diese Liebe zu Jesus hingekommen? Wo finden wir sie unter dem großen Haufen der heutigen Christen? Wie ist da alles so voll Kälte, Fremdheit und Gleichgültigkeit gegen Christus? Aber wie kann man lieben, was man nicht lebendig glaubt und erkennt? Wie können sie den Erlöser lieben, da sie an seine Erlösung nicht glauben, sie nicht erfahren, sich nicht von ihm entsündigen lassen, sondern sich selbst helfen und erlösen wollen! Sie stellen sich ihren Versöhner als einen erbitterten Richter vor, von dem sie nichts als strenge Gerechtigkeit, keine Gnade, keine Barmherzigkeit zu erwarten haben, der nicht gekommen ist, die Welt selig zu machen, sondern zu richten und zu verdammen; daher ist lauter Furcht vor Ihm in ihrem Herzen, und sie suchen andere Mittler und Versöhner, die sie bei ihrem Versöhner versöhnen, die bei ihrem Fürsprecher fürsprechen sollen, zur Schmach seines mitleidigen, erbarmungsvollen Herzens, das keinen von sich stößt, der zu Ihm kommt, der immer nur zu Ihm selbst einlädt, der sich mit Tränen über die Juden beklagte, dass sie nicht zu Ihm kommen wollten, obwohl er sie so gern aufgenommen hätte, wie eine Henne ihre Jungen unter den Flügeln versammelt.

Wer mag jetzt etwas für Christus leiden, verleugnen und verlassen? Fast die ganze zur Welt gewordene Christenheit will Gott und dem Mammon zugleich dienen. Sie schämen sich Christi und seiner Lehre, sie wollen bloß den Namen Christen haben, aber nicht den Geist, Sinn und Wandel eines wahren Christen. Darum wendet eure Augen ab von der lieblosen Christenheit unserer Lage, und seht zurück auf die erste Liebe der apostolischen Christen, bei denen das Evangelium nicht bloß in Worten und Zeichen bestand, sondern in Kraft und im heiligen Geiste, und in unverrückter Treue gegen ihren Heiland. 1. Thess. 1, 5, 6.

4.

Der uralte katholische Glaube, wie ihn Christus und die Apostel predigten und die ersten Christen übten, besteht viertens in der herzlichen Bruderliebe und allgemeinen Menschenliebe, ohne allen bitteren Eifer, ohne Verfolgungssucht usw.

Bruderliebe war es ja, die der Heiland vor allem und besonders nachdrücklich den Seinen empfahl, die er zum Charakteristischen, zum Haupt-Kennzeichen des Christen machte. Ein neues Gebot gebe ich euch, (sprach er am letzten feierlichen Abende seines Erdenlebens, in der heiligsten Stunde, und was ist dieses für eins?) dass ihr euch untereinander liebt. Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. Seine grenzenlose, seine zärtliche, versöhnliche, barmherzige, mitleidige, bis zum Tode tätige, sich ganz aufopfernde Liebe zu uns soll der Maßstab, die Richtschnur, das Vorbild sein, wie wir einander lieben sollen.

Seine heilige Liebe, die sich am Kreuze für uns zu Tode blutete, soll auch in unsern Herzen leben, uns treiben und bewegen, wie Johannes sagt, das Leben für die Brüder zu lassen, weil ja auch Er das Leben für uns gelassen hat. 1. Joh. 3, 16.

Daran, fuhr der Heiland fort, Joh. 13, 35. wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr euch einander liebt. An der Bruderliebe kennt man also die Christen, oder Christi Nachfolger. Wo diese nicht ist, da ist nur Schein und Trug. Christen, die diesen Namen verdienen, müssen ohne Zwang, ohne Gebot und Befehl, aus innigem, herzlichem Triebe einander brüderlich lieben. Es muss ihnen Pein sein, nicht allen Menschen brüderliche Liebe beweisen zu können. Es muss die Liebe aus allen ihren Worten und Gebärden hervorleuchten, und sich so auffallend und unzweideutig beweisen, dass man sie nicht erst suchen, erbetteln und erzwingen darf.

In dieser Absicht stiftete Er auch das heilige Mahl der Liebe der Vereinigung mit Ihm und untereinander, damit, wie Paulus sagt, gleichwie wir alle Ein Brot essen, alle auch ein Leib sind Kor. 10, 17. So stellt dieser Apostel auch anderswo die brüderliche Verbindung der Christen als die Gliederschaft Eines Leibes dar. Röm. 12. 4. 5. 1 Kor, 12, 26, 27. Ihr seid Ein Leib in Christo; ihr seid der Leib Christi, wovon Er das Haupt ist, und jeder Einzelne ist ein Glied desselben, und also einer des andern Mitglied. Wie nun Glieder Eines Leibes die innigste Teilnahme aneinander nehmen, so auch die Christen; wenn ein Glied leidet, so leiden alle mit; wenn sich eines freut, so freuen sich alle mit. Es kann kein Glied des Leibes sagen: was geht mich dieses oder jenes Glied an? was frage ich nach diesem und jenem? Nein, eines geht das andere zunächst an: eines hängt am andern.

Da Christus der Herr das Gebot der Nächstenliebe dem ersten und größten Gebote, der Liebe gegen Gott, gleich setzte, und ebenso heilig als wichtig machte, so war es auch den Aposteln angelegen, vor allem dieses heilige Gebot einzuschärfen. Was sagt da wieder unser katholischer Fels? Reinigt, schrieb er 1 Br. 1, 22. Reinigt eure Seelen im Gehorsam der Liebe durch den Geist der ungeheuchelten Brüderliebe, und liebt einander brünstig aus reinem Herzen. Das wahre Christentum besteht also nicht bloß in einer feinen Sitte, in einem gebildeten Äußeren, in einem gefälligen Anstriche, in schönen freundlichen Worten und verstellten schmeichelhaften Gebärden, auch nicht in fleischlicher sinnlicher Liebe gegeneinander; eben so wenig darf Eigennutz die Triebfeder sein, sondern er fordert reine, keusche, aber doch brünstige, innige, zärtliche, geistige Liebe, ohne alle Verstellung und Heuchelei, von Herzen. Wort und Tat, Herz und Mund, Inneres und Äußeres muss übereinstimmen. Darum schreibt auch Paulus Röm. 12, 9. 10. Die Liebe sei ungeheuchelt. Liebt einander mit herzlicher Bruderliebe; mit Achtung, nicht mit Verstellung, komme einer dem andern zuvor.

Ebenso schön empfiehlt Paulus den Ephesern und Kolossern die Bruderliebe. Mit aller Demut und Sanftmut, schreibt er an jene Kap. 4, 2. 3. mit Langmut ertragt einander in Liebe, dass ihr euch beeifert, Einigkeit des Geistes zu erhalten durch das Band des Friedens, Ein Leib und in Geist, so wie ihr auch berufen worden seid zu Einer Hoffnung eures Berufes. Und die Kolosser, Kap. 3, 12. ermahnt er: So ziehet nun an als Gottes Auserwählte, Heilige und Geliebte, herzliches Erbarmen, Güte, Demut, Sanftmut, Langmut, (lauter Töchter der Liebe); tragt einer den andern, und vergebt einander, wenn jemand Klage hat wider den andern, wie Christus euch vergeben hat, so auch ihr. Vor allem aber habt Liebe zueinander; die da ist das Band der Vollkommenheit, das ewig zusammenknüpft und hält. Ähnliche Ermahnungen wiederholt er anderswo in seinen Briefen, von denen ich nur noch folgende anführen will, Röm. 13, 8-10. Bleibt niemanden etwas schuldig, als dass ihr einander liebt; denn wer seinen Nächsten liebt, der hat das Gesetz erfüllt; denn alle Gebote sind in dem Einen zusammengefasst: Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst: So ist nun die Liebe des Gesetzes Erfüllung.

Von Johannes, dem heiligen Jünger der Liebe, darf ich nicht erst erinnern, wie sehr er die Bruderliebe empfohlen hat, wie notwendig und unentbehrlich er sie machte. Ich kann mich jedoch nicht enthalten, einige Stellen herzusetzen, weil sie nicht oft genug geschrieben und gelesen werden können. Wer da sagt, schreibt er, 1. Br. 2, 9. er sei im Lichte, und hasst seinen Bruder, der ist noch bis jetzt in der Finsternis. Wer seinen Bruder liebt, der bleibt im Lichte. Wer seinen Bruder nicht liebt, der ist nicht aus Gott. Das ist die Verkündigung, die ihr von Anfang gehört habt, dass ihr einander lieben sollt, nicht wie Kain, der seinen Bruder ermordete, weil er gerecht war. Wer den Bruder nicht liebt, der bleibt im Tode. Jeder, der seinen Bruder hasst, ist ein Mörder, und ihr wisst, dass kein Mörder das ewige Leben in sich fassen kann. Da Christus sein Leben für uns ließ, sollen wir auch das Leben für unsere Brüder lassen. Ihr Lieben, hat uns Gott also geliebt, dass er seinen Sohn für uns hingab, so müssen wir auch einander lieben. Wenn wir einander lieben, so bleibt Gott in uns. Wer da sagt, dass er Gott liebe, und hasst seinen Bruder, der ist ein Lügner; denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, wie wird er Gott lieben, den er nicht sieht? Dass dieser Jünger noch in seinem höchsten Alter, da er nicht mehr allein gehen, sondern sich in die Versammlung führen lassen musste; nichts anderes predigte und sagte als; Kindlein, liebt einander, und es ist genug; und dass er immer dasselbe wiederholte, das ist bekannt.

Haben denn aber die apostolischen Christen auch also einander geliebt? Ohne allen Zweifel. Die Apostel gaben ihnen selbst dieses Zeugnis. Paulus kann gar nicht aufhören, Gott zu danken und zu loben für den Glauben und die Liebe der Epheser (1, 15.), der Kolosser (1, 4.), der Thessalonicher (1. Br. 1, 3.) An die letzteren schreibt er 1. Br. 4, 9: Was die Bruderliebe betrifft, so habt ihr nicht nötig, dass wir euch schreiben, denn ihr seid selbst von Gott gelehrt, euch einander zu lieben. Und ihr tut dies gegen alle Brüder. Was er von der Gemeine in Mazedonien rühmt, ist merkwürdig nachgelesen zu werden, 2. Kor. 8, 1 - 6, wie sie bei aller Armut beitrugen, ihre armen Brüder in Judäa zu unterstützen, und dass sie über Vermögen willfährig und mit ihren Liebesgaben den Aposteln zudringlich waren. An die Hebr. 6, 10. schrieb er: Gott ist nicht ungerecht, dass er vergesse eures Tuns und eurer Liebe, die ihr gegen seinen Namen bewiesen habt, da ihr den Heiligen (Christen) dientet und noch dient.

Besonders aber beweist es uns die Apostelgeschichte, wie sich die ersten Christen einander liebten. Man kann nichts Schöneres lesen, als was Lukas von ihnen schreibt, dass sie nämlich alle Ein Herz und Eine Seele waren, alles miteinander gemein hatten; dass keiner sagte von den Gütern, die er besaß, dass sie sein waren; dass sie alles, was sie hatten, ja sogar das Leben füreinander hingaben. Ihre Gastfreundschaft, ihre herzliche, reine, brünstige, uneigennützige, ungeheuchelte Liebe fiel selbst den Heiden in die Augen; denn wenn sie einander so freundlich begegneten und sich so brüderlich umarmten und küssten mit dem heiligen Kusse, so konnten sich die Heiden nicht enthalten zu sagen: Seht, wie sie einander lieben! Wo immer ein Christ dem andern begegnet, wenn sie auch einander nie gesehen oder gesprochen hatten, einander dem Äußern nach nichts angingen; nicht voneinander abhingen, keinen Nutzen voneinander hoffen oder haben konnten, so waren sie doch sogleich eins in Liebe, vertraut, herzlich, brüderlich und innigst vergnügt miteinander; gesetzt, dass sie auch dem äußern Stande, Range und Vermögen nach voneinander weit verschieden waren. Alle liebten einander, dienten einander, Reich und Arm, Hoch und Nieder, Gelehrt und Ungelehrt, Klein und Groß, Jung und Alt. Da fiel aller äußere Unterschied weg, keiner hielt sich höher als den andern. In Christo, sagte Paulus, ist kein Unterschied, da ist weder Mann noch) Weib, weder Sklave noch Freier, ihr seid alle nur Einer, oder Eines in Christo; alle Brüder und Schwestern, Glieder Eines Leibes, Kinder Eines Vaters.

Betrachtet ihr nun, meine Lieben, den großen Haufen der heutigen sogenannten Christen, so seht ihr auf den ersten Blick, dass dieses Gemälde dagegen so absticht, wie Licht und Finsternis, wie Tag und Nacht, wie Hölle und Himmel. Wo ist heut zu Tage noch eine Bruderliebe zu erfragen, wenn man auch tausend Meilen weit geht? Wo liebt einer den andern, wenn er nicht durch Blutsfreundschaft, Handelsverkehr, oder durch irgendeinen Vorteil und Eigennutz mit ihm verbunden ist? Wer dient dem andern, ohne sich bezahlen zu lassen, oder einen Gegendienst und Gefälligkeit, oder Erkenntlichkeit zu erwarten: Wie ist alles so voll Eigennutz, Eigenliebe, Kälte, Fremdheit gegeneinander? Wie oft hört man die heidnischen Ausdrücke: Was geht mich dieser oder jener an? Was habe ich nach dem zu fragen? Wie rechnet und fragt man gleich, ehe man etwas seinem Nächsten tun und leisten soll: Was trägt es ein? was habe ich davon? oder was erhalte ich dafür? Und kurz ich mag dies hässliche Gemälde der Lieblosigkeit und Selbstsucht unserer heutigen Christen nicht ausmalen, es steht ja alle Tage anschaulich genug vor euren Augen, mit lebendigen und grelleren Farben, als es irgend der beste Maler malen könnte. Und sie selbst klagen immer über Mangel an Liebe, und gestehen hierdurch einer vom andern, dass sie das Kennzeichen des christkatholischen Glaubens nicht haben. Lasst euch nur nicht täuschen durch die betrüglichen, heuchlerischen, verstellten Gebärden und gleißenden Worte der Welt, womit sie den Schild der Liebe aushängt; trauet dem Schilde nicht, denn der Wirt, der im Hause wohnt, heißt Mörder und Lüge, Hass und Selbstsucht. Lasst uns vielmehr unverwandt hinsehen auf den Liebendsten aller Liebenden, auf Christus, auf das vollkommenste Muster und Vorbild aller Bruderliebe, und auf die getroffensten Nachbilder, die Apostel und ersten Christen, und lasst uns von ihnen brüderliche Liebe lernen und in ihre Fußstapfen treten, wenn wir anders Christen sein, und das Kennzeichen, woran man Christen erkennt, an uns haben wollen.

Es ist keine Liebe, keine Bruderliebe unter den heutigen Christen, darum ist das uralte katholische Christentum nicht mehr unter ihnen, sie mögen übrigens schreien, lärmen und sich prahlen mit dem Besitze des katholischen Glaubens, wie sie wollen; sie sollen das Siegel dieses heiligen Glaubens, das einzige untrügliche Kennzeichen, das Jesus selbst als solches aufstellte, zeigen. Sie sollen den Felsen der Liebe in der Tat beweisen, auf den Christus seine Kirche baute. Alles andere hilft und gilt nichts, und wenn sie Berge versehen könnten, das sie doch nicht können; und wenn sie ihre Leiber sengten und brennten, das sie doch auch nicht tun, und wenn sie alle ihre Habe den Armen gäben, das sie doch wohl bleiben lassen; und wenn sie mit Engelzungen redeten und noch so heilig und rechtgläubig schienen, das doch auch ein seltenes Ding ist, so wäre doch alles nichts, wenn sie die Liebe, die Bruderliebe nicht haben.

Und was soll ich erst von der Feindesliebe sagen, welche Christus und die Apostel so sehr empfahlen und zur unnachlässlichen Pflicht und Bedingung der Seligkeit machten, und die unter den ersten Christen so schön leuchtete, dass sie, wie Christus, für ihre Mörder baten, ihre Feinde umarmten, ihren Verfolgern Gutes taten, und wie Paulus sagt, feurige Kohlen auf das Haupt des Feindes sammelten, Böses mit Guten überwanden, nicht lästerten, wenn sie gelästert wurden, sondern beteten, nicht fluchten dem Fluchenden, sondern segneten! Ach! wie ganz anders sieht es heut zu Tage unter den Christen aus! so zwar, dass, wer lebendig an Christum glaubt, und das uralte katholische Christentum in Lehre und Leben bekennt und übt, sich eher unter die ersten Christenverfolger, als unter die ersten Christen versetzt zu sein glaubt. Wer nun Christo und den ersten Christen wahrhaft und ernstlich nachzufolgen strebt, der wird von Niemand mehr verfolgt, gelästert, verlacht und verachtet, als von denen, die sich katholische Christen nennen, aber es nicht sind. Es ist wirklich eingetroffen, was Jesus voraus sagte; Sie glauben Gort einen Dienst zu tun, wenn sie euch töten. Wer nicht ihr totes, laues, geistloses, und mechanisches und unchristliches Christentum lobt, erhebt und befördert, den glauben sie mit bitterem Eifer, mit gerechtem Hasse lästern, verdächtig machen, verfolgen, und ihm alles gebrannte Herzeleid antun zu dürfen. Wo bleibt da die Liebe, die alles duldet, alles hofft, alles trägt, und ohne die alles andere, aller Eifer, aller Glaube, aller Gottesdienst, und selbst alle Gottesliebe nichts taugt. Joh. 4, 20.

Ferne sei von uns, ihr Lieben, ein solches neues unchristliches Christentum, das verfolgt, hasst und lästert, erbittert und schadet, wehe tut und verwundet; lasst uns das uralte katholische Christentum, das lauter Liebe, Duldung und Brüderlichkeit ist, uns eigen machen, lasst uns in die Fußtapfen Christi, der Apostel und ersten Christen treten, die Niemand verfolgten, sondern sich lieber verfolgen ließen, die Niemand lästerten und hassten, sondern sich lästern und hassen ließen, und Hass und Lästerung mit Gebet und Segen, mit Wohltun erwiderten und rächten. O glaubt keinem, der sich für einen katholischen Christen ausgibt, der für die katholische Kirche zu eifern scheint, glaubt ihm nicht, wenn er mit bitterem Eifer verfolgt und lästert, verketzert und verdammt. Er eifert nur für den Namen und für die Schale; die Sache, den Kern kennt er nicht. Die Liebe ist nicht ausgegossen in seinem Herzen; der Geist des uralten apostolisch-katholischen Christentums spricht nicht aus ihm, sondern der Geist des bitteren Eifers, der Geist Kains, Esaus, der Geist der verfolgenden Synagoge, der Geist der Magd Hagar und des Spötters Ismaels; denn wie damals der nach dem Fleische Geborene den nach dem Geiste Geborenen verfolgte, so auch jetzt. Gal. 4, 29.

Liebe, Liebe zu Jesus und brüderliche Liebe ist die Seele des wahren, alten, katholisch-apostolischen Christentums; wo Liebe mangelt, wo Hass und bitterer Eifer, Verfolgungssucht und Blutdurst regiert, da mag wohl der Name des katholischen Christentums missbraucht werden, aber das katholische Christentum ist nicht daselbst, sondern himmelweit davon entfernt. Man kennt den Baum an den Früchten.

5.

Der uralte katholische Glaube, wie ihn Christus und die Apostel predigten und die ersten Christen übten, ist fünftens verbunden mit der wahren Gottseligkeit, oder dem ernsten Streben nach Heiligung durch den heiligen Geist.

Christus lehrte die innigste Verbindung der Seinigen mit Ihm, versprach ihnen nicht nur den heiligen Geist als Stellvertreter zu senden, sondern selbst mit dem Vater wieder zu kommen und Wohnung in dem Herzen der Gläubigen zu nehmen, und dadurch legte Er den einzigen wahren Grund zur Gottseligkeit und Heiligung. Joh. 14, 18. 23. sprach Er: Ich lasse euch nicht als Waisen zurück, ich komme zu euch.

Wer mich liebt, der hält mein Wort, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen. Ich will den Vater bitten, und er wird euch einen andern Tröster geben, damit er bei euch bleibe in Ewigkeit, den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und kennt. Ihr aber werdet ihn kennen, denn in euch wird er wohnen, und in euch wird er sein. So hat denn also der wahre Christ den Vater, Sohn und Geist als Bewohner seines Herzens bei und in sich. Was wird ihm mangeln?

Das Gleichnis Joh. 15.: Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben; bleibt in mir, so bleibe ich in euch. Wer in mir bleibe und ich in ihm, der bringt viele Frucht, denn ohne mich könnt ihr nichts tun; dieses Gleichnis sagt und beweist es genug, wie nahe und innig der Herr mit den Seinigen vereinigt sein und bleiben will, und wie unentbehrlich seine Innwohnung uns ist, so dass ohne sie keine Heiligung und Gottseligkeit gedenkbar ist.

Ebenso klar und bestimmt sprach er diese Wahrheit Joh. 6. aus, da er zur Bedingung der Seligkeit und des Lebens macht, dass man ihn esse, wie das tägliche Brot. Ich bin das Brot des Lebens, das vom Himmel gekommen ist. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm, der hat das ewige Leben. Wer mein Fleisch nicht ist und mein Blut nicht trinkt, der hat kein Leben in sich. Ein Beweis, dass er nicht nur als ein Schattenbild nicht nur in Gedanken und als eine leere Vorstellung oder ein Traum in uns wohnen will, sondern unsere Nahrung, unser Leben und Wesen will er sein, so zwar, dass wir tot und ohne Leben sind, wenn wir ihn nicht haben, nicht essen und genießen, wie wir das tägliche Brot zur unentbehrlichen Nahrung und Erhaltung unsers Lebens genießen müssen, und uns das bloße Andenken an das Brot, die Vorstellung desselben, nicht nährt und stärkt.

Ich will nichts sagen von seinen übrigen Verheißungen, denen zufolge er auch beständig unter uns sein und bleiben will, zum Beispiel: Ich bin bei euch alle Tage, bis ans Ende der Welt. Wo zwei oder drei beisammen sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen, rc. Sieh, ich stehe vor der Tür und klopfe an; wer meine Stimme hört und mir auftut, zu dem gehe ich ein, und halte Abendmahl mit ihm und er mit mir. Offenb. 3, 20. Ist er da, so muss er auch gefühlt, gespürt werden können; so müssen es Christen in ihren Versammlungen inne werden, dass er in ihrer Mitte ist. Doch hiervon will ich nicht mehr sagen. Genug, er will nicht nur bei uns, unter uns bleiben: Er will in uns wohnen, das ist sein eigenes, teures, bestimmtes, göttliches Versprechen. Und er hält Wort. Er hat es sich und den Seinigen in seinem hohenpriesterlichen Gebete vor seinem Leiden nach dem letzten Abendmahle feierlich ausgebeten von seinem Vater, Joh. 17. damit sie alle Eins sind wie du, Vater! in mir und ich in dir, damit auch sie in uns Lins sind. Ich in ihnen und du in mir, damit sie vollkommen Eins sind rc.

Was sind da für Früchte zu erwarten, wenn ein solcher Baum gepflanzt wird? Wie selig, wie heilig lässt sich leben und sein, wenn man Gott den Vater, den Sohn und den heiligen Geist im Herzen wohnen hat?

Die Apostel führen dieselbe Sprache, nur noch ausführlicher, deutlicher, bestimmter.

Als am Pfingsttage wirklich die Verheißung des Vaters, der Heilige Geist, ausgegossen ward, nicht nur über die Apostel, sondern über alle, die da glaubten, so trat der Felsenmann Petrus auf, und erklärte sich öffentlich gegen die, welche diese neue Erscheinung verspotteten und lästerten. Er sagte, dass Gott dadurch erfüllt habe, was er längst versprochen hätte durch den Propheten Joel: Ich will meinen Geist ausgießen über alles Fleisch, über alle Menschen, über eure Knechte und Mägde rc. Am Ende ermahnte er sie zur Sinnesänderung und zur Taufe, und setzte bei: so werdet ihr auch die Gabe des Heiligen Geistes empfangen, denn euch gehört die Verheißung und euern Kindern und allen, die noch ferne sind, so viel der Herr unser Gott herbeirufen wird. Apg. 2, 38. 39. Das ist die katholische Sprache des Felsen, auf den Christus seine Kirche baute. Ich frage wiederum: Steht ihr auf diesem Felsen? Ist dieser Grundstein, der Heilige Geist, in euer Herz gelegt? Denn da ist kein Christ ausgenommen, er sei Geistlich oder Laie, er habe zur Apostelzeit, oder im spätesten Jahrhunderte gelebt; die Verheißung gehört allen, allen, die noch ferne sind.

Als Paulus das erste Mal nach Ephesus kam, und da Christen fand, war seine erste Frage: Habt ihr den heiligen Geist empfangen, da ihr gläubig geworden? Dies war dem Apostel eine ausgemachte Sache, dass man ohne den heiligen Geist nicht Christ sein, nicht heilig leben und selig sterben könne. Und da ihnen Paulus die Hände auflegte, kam der Heilige Geist auf sie herab. Im Briefe an die Römer 8, 9-14. erklärt der Apostel deutlich: Wer den Geist Christi nicht hat, der ist nicht sein, ist kein Christ. Denn ohne den Geist Christi sind wir pures Fleisch, fleischlich, irdisch gesinnt, und können nicht anders als nach dem Fleische leben; fleischliches Leben und fleischlicher Sinn ist aber der Tod, ist Feindschaft gegen Gott, kann das Gesetz Gottes nicht halten, wie sich der Apostel in demselben Kapitel erklärt und dann beifügt: Wenn ihr nach dem Fleische lebet, so werdet ihr sterben; wenn ihr aber durch den Geist die Werke des Fleisches tötet, so werdet ihr leben. Denn alle, die vom Geiste Gottes getrieben werden, die sind Gottes Kinder.

Von der Inwohnung Gottes und Jesu Christi, sowie des Heiligen Geistes, hat Paulus nicht minder wichtige und schöne Zeugnisse in seinen Briefen, 1. Kor. 6, 19. Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch ist, den ihr habt von Gott, und dass ihr nicht euch selbst angehört? denn ihr seid teuer erkauft; verherrlicht, und tragt Gott in euerm Leibe. Und 1. Kor. 3, 16. Wisst ihr nicht, dass ihr Tempel Gottes seid, und der Geist Gottes in euch wohnt. Wer den Tempel Gottes verderbt, den wird Gott auch verderben: denn der Tempel Gottes ist heilig, und der seid ihr. 2. Kor. 6, 16. denn ihr seid der Tempel des lebendigen Gottes, wie Gott selbst spricht: Ich will in ihnen wohnen und will in ihnen wandeln rc.

Diesen Grund legten die Apostel, indem sie Christum und den heiligen Geist zuerst in die Herzen hineinpredigten. 1. Petr. 3, 15. 1. Joh. 1, 3. K. 2, 27, 28. K. 4, 4. 2. Auf diesen Grund bauten sie dann die Gottseligkeit und Heiligung. Dazu forderte sie Petrus, der lebendige katholische Fels auf: Ergebt euch nicht mehr den Lüsten, wie vorher in eurer Unwissenheit, sondern wie der heilig ist, der euch berufen hat, so sollt auch ihr heilig sein in eurem ganzen Wandel; denn es steht geschrieben: ihr sollet heilig sein, denn ich bin heilig. 1. Petr. 1, 14 - 16. Ja dieser Petrus darf im 2, Br. 1, 3. sagen, was ihm jetzt wohl nicht mehr geglaubt wird: Da uns alle seine göttliche Kraft, die zum Leben und zur Gottseligkeit dient, geschenkt ist durch die Erkenntnis Jesu Christi - durch den Er uns die allergrößten und köstlichsten Verheißungen geschenkt hat, dass ihr selbst göttlicher Natur teilhaftig werdet, wenn ihr die verderblichen Lüste der Welt flieht: So wendet nun allen Fleiß an, dass ihr Geduld bei eurem Glauben - Enthaltsamkeit - Gottseligkeit - Bruderliebe - Menschenliebe beweist rc. Seht! die Apostel hielten den Gläubigen zuerst die Verheißung vor, denn sie mussten zuerst die Kraft Gottes und göttliche Natur in sich haben, dann bauten sie ihr heiliges Leben darauf. Sie zeigten den Leuten den Reichtum der Gnade, die Fülle des Geistes und Lebens, die uns in Christo aufgetan ist, damit sie daraus schöpfen und dadurch auch gottselig und heilig wandeln könnten.

Gott hat uns, schreibt Paulus Eph. 1, 4., erwählt, ehe der Welt Grund gelegt war, dass wir heilig und unsträflich vor seinen Augen sein sollen in Liebe. Und 4,17: Das sage ich euch und beschwöre euch in dem Herrn, dass ihr nicht mehr wandelt, wie die übrigen Heiden wandeln, in der Eitelkeit ihres Sinnes, die blind und entfremdet von dem Leben aus Gott sind. Ihr habt Christum nicht also gelernt, wenn ihr anders von ihm gehört habet und in Ihm gelehrt seid, dass ihr ablegen sollt den alten Menschen und euch dagegen erneuern sollt im Geiste eures Gemüts und den neuen Menschen anziehen, der nach Gott geschaffen ist in rechtschaffener Gerechtigkeit und Heiligkeit. Seid Gottes Nachfolger als die lieben Kinder! Eph. 5, 1. Wie ihr nun den Herrn Jesum Christum angenommen habet, so wandelt auch in Ihm, seid eingewurzelt und gegründet in Ihm, und befestigt im Glauben rc. Kolos. 2. 6. 7. Zuerst muss man Jesum haben und anziehen, dann kann man erst in Ihm wandeln. Das übersahen die Apostel nie. Der Grund muss fest sein, wenn. das Gebäude halten soll. Man muss nicht nur so von Christus gehört haben, oder sich so Gedanken von ihm machen. Er muss als das Fundament, als der Grund- und Eckstein, tief ins Herz gelegt und gefasst werden. So wurde die katholische Kirche gebaut.

Das ist der Wille Gottes, eure Heiligung, schreibt Paulus 1 Thess. 4, 3. 7. K. 5, 9. 10. denn Gott hat uns nicht zur Unreinigkeit berufen, sondern zur Heiligung; Er hat uns nicht zum Zorn, Gericht und Verdammnis, bestimmt, sondern zum Besitz der Seligkeit durch unsern Herrn Jesum Christum, der für uns starb, damit wir, wir wachen oder schlafen, zugleich mit Ihm leben, hier und dort, oder Tag und Nacht in seiner Nähe, Gemeinschaft und in seinem Umgang zubringen. An die Hebräer 12, 14. schreibt er: Strebt der Heiligkeit nach, ohne welche niemand den Herrn schauen wird; wie auch unser Heiland sagte: Selig sind die, die reines Herzens sind, denn sie werden Gott schauen. Matth. 5, 8. Und damit wir nicht meinen, die Apostel forderten nur so eine oberflächliche, pharisäische Heiligkeit, so drückt sich Paulus bestimmt aus und schreibt: 1. Thess. 5, 23. Er aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch, da mit euer ganzer Geist, Seele und Leib der ganze äußere und innere Mensch unsträflich erhalten werde, auf die Ankunft Jesu Christi. Treu ist, der uns berufen hat, Er wird's auch tun. Man merke wohl, Gott, der uns berufen hat; der Heilige Geist, den er uns geschenkt hat, der will und muss uns selbst heiligen, und es in uns ausrichten, damit wir nicht meinen wir müssten es aus eigenen Kräften vollbringen, die da nicht hinreichten.

Und was sagt Johannes dazu? O wie herrlich sind seine Worte! Wir verkündigen euch, dass das Leben uns erschienen ist, damit ihr auch Gemeinschaft mit uns, und mit dem Vater und Sohn, habt - damit ihr innigst mit Gott und Christo vereinigt werdet, damit Gott in euch und ihr in Ihm seid. (Sieh da wieder den Grund der Apostel, die Kraft-Quelle!) Aber merkt wohl, was folgt; Gott ist ein Licht, lauter Reinheit und Heiligkeit; und Finsternis, Sünde und Unreinigkeit ist in Ihm keine. Sagen wir, wir haben Gemeinschaft mit Ihm, Er sei in uns, und wir in Ihm, und wandeln in der Finsternis, in Sünde und Laster, so lügen wir, und handeln nicht nach der Wahrheit. Wandeln wir aber im Lichte, wie Er im Lichte ist, so haben wir Gemeinschaft miteinander, und das Blut Jesu Christi macht uns rein von allen vergangenen Sünden und von allen uns jetzt noch ans klebenden Untugenden, 1. Joh. 1, 7.

Im zweiten Kapitel fährt derselbe Apostel fort zur Heiligung zu ermahnen: Wer da sagt, dass er in Ihm bleibt, der muss auch wandeln, wie er gewandelt hat. Im dritten Kapitel: Meine Lieben! wir sind Kinder Gottes, wir werden Ihn sehen, wie Er ist, und werden Ihm gleich sein. Aber wer diese Hoffnung zu Ihm hat, der reinigt sich: wie Er rein ist, Jeder, der in Ihm bleibt, der sündigt nicht, der hat keine Lust und Freude mehr an der Sünde. Wer aber sündigt, der hat Ihn nicht gesehen, noch erkannt.

Wir sehen aus allem und können, wenn wir die Schriften der Apostel ganz durchlesen, es zur Genüge sehen, dass die Apostel viel fordern, dass sie auf eine wahre, ganze, Gott- und Christusähnliche Heiligkeit und Gerechtigkeit dringen. Aber sie predigen zuvor Gott und Christus und den heiligen Geist, alle göttliche Kraft und Gnade in die Herzen, von welchen sie eine solche Heiligung fordern. Sie legen einen Grund, der das Gebäude trägt, das sie bauen.

Haben nun die ersten Christen auch wirklich sich der Heiligung beflissen, oder ließen sie diese schönen Worte unbefolgt und unbenützt in den Briefen der Apostel stehen? Nein! so wie die Apostel selbst von sich bezeugen durch Wort und Tat, dass sie Gott und seinen Geist in sich wohnend hatten, und heilig und gottselig lebten, so bezeugten sie es auch von den Gläubigen. Ich lebe nicht mehr, sagt Paulus von sich, Galat. 2, 20. sondern Christus lebt in mir rc. In den meisten seiner Briefe zeigt schon die Aufschrift, was das für Leute waren, an die er schrieb. Da heißt es allemal: An die Heiligen, an die Geliebten Gottes, an die Geheiligten in Christo, und dies darum, weil sie alle der Heiligung nachstrebten, und keiner unter ihnen geduldet wurde, der dies Streben nicht hatte, 1. Kor. 1, 4-8. heißt es: Ich danke Gott für die Gnade, die euch gegeben ist in Jesu Christo, dass ihr durch Ihn in allem reich geworden seid: in aller Lehre und Erkenntnis - so dass es euch an keiner Gnadengabe mangelt. An die Epheser 4, 13, schreibt er: Durch Christum seid ihr versiegelt worden mit dem verheißenen heiligen Geiste, welcher das Pfand unsers Erbes ist. Durch Christum haben wir alle in Einem Geist den Zutritt zum Vater. Demnach seid ihr nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger mit den Heiligen und Hausgenossen Gottes - ihr gehört schon zu der geheiligten Familie Gottes. Im Briefe an die Philipper 3, 20. behauptet er: Unser Wandel ist im Himmel mit dem Herzen sind wir schon dort und wandeln im Geiste schon vor Gottes Angesicht, wo wir ewig zu sein wünschen. Keiner von uns lebt sich selbst; leben wir, so leben wir dem Herrn; sterben wir so sterben wir dem Herrn, Röm. 14, 7.

Von den Thessalonichern (1. B. K. 1, 6.) rühmt er: Ihr wurdet unsere und des Herrn Nachfolger, indem ihr das Wort unter vieler Trübsal aufnahmt, mit Freude im heiligen Geiste, so dass ihr ein Vorbild geworden seid für alle Gläubigen in Makedonien und in Achaja.

Und wenn Paulus auch in seinen Briefen die Christen seiner Zeit tadelt und Fehler an ihnen rügt und straft, so waren es doch nur Einige, die tadelnswert waren, und die sogleich abgesondert und ausgeschlossen wurden; oder es waren nur Schwachheiten, Übereilungen, die sie bald wieder besserten. Aber der größere Teil von ihnen war immer der bessere, der der Heiligung ernstlich nachjagte, so dass man sagen konnte, die Gemeine erbaute sich in der Furcht des Herrn und die Jünger waren voll Trost und Freude des Heiligen Geistes, Apostelgesch. 9, 31, und 13, 52.

Petrus bezeugt von sich und allen ersten Christen, 1 Petr. 1, 3. 23. dass sie wiedergeboren seien zu einer lebendigen Hoffnung, durch das lebendige Wort Gottes. Es waren also die ersten Christen lauter Wiedergeborene, aus Gott Geborene. Ja er sagt zu Ihnen; 2. Kap. V. 9. Ihr seid das auserwählte Geschlecht, das königliche Priestertum, das heilige Volk, das eigentümliche Volk Gottes.

Johannes konnte an die Gläubigen seiner Zeit schreiben: Ihr habt den Argen überwunden: ihr seid stark und habt das Wort Gottes in euch. Ihr habt die Salbung in euch. Wir sind aus Gott. Dass wie in Ihm bleiben und Er in uns, erkennen wir daran, dass Er uns von seinem Geist gegeben hat. Dadurch zeigt sich die Liebe Gottes vollkommen in uns, dass wir Zuversicht haben am Tage des Gerichts; denn wie er war, so sind auch wir in dieser Welt. Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwindet. Wir wissen, dass wir aus Gott sind, und dass die ganze Welt im Argen liegt.

So sah es aus zu den Zeiten der Apostel und noch lange nach ihnen. Aber wie ist es jetzt? Kann man jetzt nicht sagen, die Christenheit ist zur Welt geworden, die den Geist nicht empfangen kann; denn sie sieht Ihn nicht und kennt Ihn nicht.

Was weiß jetzt der große Haufe der Christen von der Inwohnung Gottes und Christi im heiligen Geiste? Wer glaubt und ahnt auch nur von ferne eine solche innige Verbindung mit Gott und Christus, einen solchen nahen und beständigen Beistand des Heiligen Geistes? Ist es nicht fast allen heutigen Christen ebenso ausgemacht, dass sie nicht heilig werden dürfen und können, als die Apostel und ersten Christen überzeugt waren, dass sie es durch den heiligen Geist werden könnten und müssten? Wo sind die lebendigen Tempel Gottes und des Heiligen Geistes unter den Christen? Sie glauben genug zu tun, wenn sie die steinernen Tempel besuchen, zieren und ehren; während dem sie ihre eigenen Herzen eine Werkstätte der Sünde und Welt, eine Behausung der Teufel sein lassen? Wie ist es doch jetzt unter den Christen fast allgemein angenommen, dass nur die Bischöfe und Geistlichen den heiligen Geist haben müssten, oder gar, dass ihn nur die Apostel gehabt hätten; aber ein Laie oder zu unsern Zeiten dürfe und könne man ihn nicht haben oder erlangen? Welch ein Irrtum, der das ganze katholische Christentum untergräbt, dem Worte Gottes schnurgerade widerspricht, sowohl den Verheißungen Gottes, die bestimmt allen gegeben sind, als den Erfahrungen der ersten Jahrhunderte, wo der Heilige Geist auf alle sichtbar herab fiel, die dem Worte der Apostel glaubten. Der Heilige Geist ist die Seele der Kirche Gottes, die alle Glieder derselben durchdringen, in allen leben, wohnen und wirken muss, wenn sie nicht tote, faule, abgerissene Glieder sein wollen, Wer kann heilig leben ohne den heiligen Geist? Wer kann etwas Gutes tun ohne Christus, ohne dass er in Christo bleibt, und Christus in ihm? Joh. 13. Ihr könnt nicht einmal den Namen Jesus aussprechen, wie es sein soll, ohne den heiligen Geist, sagt Paulus; nicht einen guten Gedanken können wir aus uns selbst hervorbringen. Ich kann nichts reden, was nicht Christus durch mich wirkt, sagt derselbe Apostel von sich.

Wer strebt jetzt aber nach wahrer Gottseligkeit und innerer Heiligung? Ist es nicht also, wie Paulus von einigen seiner Zeit sagt: Sie haben den Schein der Gottseligkeit, aber die Kraft derselben verleugnen sie. Sie lernen immer, und kommen nie zur Erkenntnis der Wahrheit. Mit dem Munde bekennen sie Gott, mit den Werken verleugnen und lästern sie Ihn. Es ist mit der Andacht, dem Gebete und Gottesdienste der heutigen Christen so bestellt, wie Christus und die Propheten von den Juden und Pharisäern sagten: Dies Volk ehret mich mit seinen Lippen; aber ihr Herz ist ferne von mir. Vergeblich ehren sie mich; denn sie halten nur auf Menschensatzungen und Menschengebote. Ihre Religion ist ein bloßer Körper und toter Leichnam ohne Seele, ohne Geist, ohne Leben und Gefühl, wie eine Maschine fortgestoßen wird von einer fremden Hand und Gewalt, so lassen sie sich bloß von der Gewohnheit treiben. Sie fürchten sich zu verunreinigen mit dem, was zum Munde eingeht; aber was da herauskommt, und eigentlich den Menschen verunreinigt, das achten sie nicht. Kurz, pharisäische Heiligung und Gerechtigkeit kann man etwa noch finden unter den heutigen Christen; aber die reicht nicht hin, um vor Gott zu bestehen. O die heutige Christenheit ist nach allen ihren Klassen so verdorben und von Gott abgewichen, dass wahre Heiligung und der Geist Gottes von Niemanden mehr verspottet und verachtet, verfolgt und verlästert wird, als vor den sogenannten Christen.

Darum, meine Lieben! seht nicht auf den großen Haufen, wenn ihr eure Seligkeit erlangen wollet; sondern folgt der Ermahnung des Apostels, 2. Kor. 13, 5. Untersucht euch selbst, ob ihr im Glauben, im apostolischen, katholischen Glauben steht; prüft euch selbst! Oder erkennt ihr nicht an euch selbst, dass Jesus Christus in euch ist? Ihr müsstet sonst verworfen sein. Da ihr solche Verheißungen habet, so reinigt euch von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes, und trachtet nach vollkommener Heiligung in der Furcht Gottes, 2. Kor. 7, 1. Beugt eure Knie, wie Paulus vor dem Vater unsers Herrn Jesu Christi, dass Er euch nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit verleihe, dass ihr mächtig gestärkt werdet durch seinen Geist am inwendigen Menschen, damit Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne, und ihr in der Liebe festgewurzelt und gegründet sein mögt, Ephes. 3, 14 18. Betrübt nicht den heiligen Geist Gottes, mit welchem ihr versiegelt seid auf den Tag der Erlösung. Alle Bitterkeit, Grimm und Geschrei und Lästerung sei ferne von euch, samt aller Bosheit. Ephes. 4, 30. Hurerei und alle Unreinigkeit oder Geit soll nicht einmal genannt werden unter euch, wie es Heiligen geziemt; denn das müsst ihr wissen, dass kein Hurer, oder Unzüchtiger, oder Geiziger, der ein Götzendiener ist, ein Erbteil am Reiche Christi und Gottes habe. Lasst euch Niemand verführen mit leeren Worten; denn nur deswegen kommt der Zorn Gottes über die Kinder des Unglaubens. Werdet daher nicht ihre Mitgenossen. Denn ihr wart ehedem Finsternis; nun aber seid ihr Licht in dem Herrn. Wandelt als Kinder des Lichts! rc. Ephes. 5, 19. Zieht die Waffenrüstung Gottes an, die Paulus Ephes. 6, 12-18. beschreibt, ohne welche ihr das Kleinod der ewigen Seligkeit nicht erringen könnet. Lasst das Wort Christi und der Apostel reichlich unter euch wohnen! Lest beständig alle die Ermahnungen zum heiligen und gottseligen Leben in Christo, die ihr in den apostolischen Briefen findet! Ich möchte sie gerne alle hersetzen und euch besonders ans Herz legen; da es mich aber zu weit führen würde, und ihr sie selbst im neuen Testamente lesen könnet, so will ich es dabei bewenden lassen, dass ich euch nur noch mit Petrus, dem katholischen Felsen, zurufe: Geliebte, ich bitte euch als Fremdlinge und Pilgrime! enthaltet euch der fleischlichen Lüste, welche wider die Seele streiten. Führt einen guten Wandel unter den heutigen heidnischen Christen, damit sie, die euch als Übeltäter lästern, eure guten Werke sehen und Gott preisen an Lage der Heimsuchung. Unterwerft euch um des Herrn willen jeder menschlichen Ordnung, es sei dem Könige, der die höchste Gewalt hat, oder seinen Statthaltern denn so ist es Gottes Wille, dass ihr durch recht tun die Unwissenheit törichter Menschen zum Schweigen bringet; als Freie, die aber ihre Freiheit nicht zum Deckmantel der Bosheit missbrauchen, sondern als Knechte Gottes! Erweist jedermann Achtung, liebt die Brüder, fürchtet Gott, ehrt den König! 1. Petr. 2, 11-17. Selig seid ihr, wenn ihr um des Namens Christi willen geschmäht werdet: denn der Geist der Ehre, der Herrlichkeit und der Kraft, der Geist Gottes ruht auf euch, den sie lästern, ihr aber preist, 1. Petr. 4, 14.

Und nun zum Schluss und Abschiede bezeuge ich euch vor Gott, der nicht lügt, und vor Jesus Christus, der zukünftig ist zu richten die Lebendigen und die Toten, dass ich, indem ich euch das Evangelium der Gnade Gottes verkündigte, nicht leichtfertig zu Werke gegangen bin, sondern mit redlichem Herzen nichts anders suchte, als dass ihr durch das Wort der Wahrheit wiedergeboren und selig werdet. Gott, der alles, auch das verborgenste weiß, ist mein Zeuge, dass ich euch nur Jesu Christo zuführen, an Ihn lebendig glauben, Ihn brünstig lieben, und auf Ihn allein hoffen lehren wollte; weil ich mit den heiligen Aposteln aus lebendiger Erfahrung überzeugt bin, dass in keinem andern Heil, und kein anderer, sondern dieser einzige Mittler zwischen Gott und den Menschen ist, und dass man, nach seinem eigenen Ausspruche, nur durch Ihn nur durch Ihn, nur durch Ihn zum Vater kommen und selig werden kann. Joh. 14, 6.

Ach! diese heilige, allerwichtigste Wahrheit möchte ich in euer aller Herzen mit unaustilgbarer Flammenschrift hinein schreiben, dass sie euch alle Augenblicke eures Lebens kräftig und unwiderstehlich vorschwebte, euch in alle Beschäftigungen, in alle Leiden und Freuden begleitete; dass sie mit euch aufstände, mit euch niederginge; dass ihr mit Ihm, eurem Heiland und Erlöser, esst und trinkt, schlaft und wacht, arbeitet und ruht, dass Er euch nie aus den Augen, Sinn und Herzen käme!

Ich bezeuge euch vor Gott, der Herzen und Nieren forscht, und vor Jesu Christo, dem wahrhaftigen Zeugen, der Augen hat wie Feuerflammen, dass ich euch keinen andern Glauben predigen wollte als den einzig wahren katholischen, apostolischen, christlichen Glauben; der lebendig, in Liebe tätig, in guten Werken fruchtbar ist und allein heilig und selig macht. Und zwar so wollte ich ihn euch predigen, wie ihn Christus selbst und seine von Ihm erwählten Zeugen, Petrus, Paulus, Johannes rc, verkündigten, mit ihren Worten, in ihrem Sinne, weil ich doch kein besseres Muster, keine nachahmungswürdigeren Prediger kenne als diese; umso mehr, da sie es selbst zur Pflicht machten, bei ihren Worten zu bleiben. Wenn Jemand anders lehrt, schreibt Paulus an einen Evangelisten seiner Zeit, Timoth. 6, 3. 4. und nicht bei den heilsamen Worten Christi bleibt und bei der Lehre, die (wohl gemerkt!) zur Gottseligkeit führt, der ist aufgeblasen und weiß nichts, sondern kränkelt an Streitsucht und Wortzänkerei, woraus Neid, Hader und böser Argwohn entsteht. Halte dich, schrieb er an denselben, 2. Tim. 1, 13, an das Vorbild der heilsamen Worte, die du von mir gehört hast, im Glauben und Liebe in Jesu Christo. Anderer Stellen nicht zu gedenken. Nun konnte ich Christus, Petrus, Paulus und Johannes nicht selbst hören, aber ihre Schriften konnte ich lesen, und habe sie gelesen, und aus ihnen schöpfte ich alles, was ich predigte. Ich bitte euch auch, so sehr ich euch bitten kann, lest dieses unvergleichbare Buch, das Neue Testament, was auch immer andere dagegen sagen mögen; lasst es euch nicht nehmen, so wenig als die ersten Christen, die lieber ihr Leben, als die Heilige Schrift sich entreißen ließen. Lest, forscht, betet, seid gehorsam, übt euch beständig in der Wahrheit und Gottseligkeit, und ihr werdet in den Worten Christi und der Apostel alles das wieder finden, an alles das erinnert werden, was ich euch gepredigt habe. Und wenn ihr alles, was ich nicht mit ihren Worten, sondern in eigenen Ausdrücken euch lehrte, vergesst, so will ich mich dennoch freuen, und ewig Gott danken, wenn ihr nur die Worte Jesu und der Apostel behaltet. bewahret, darin lebet und euch übet. Möge auch ich aus eurem Andenken ausgelöscht werden das ich doch um der Einen Ursache willen nicht wünschen kann, weil ich hoffe und bitte, dass ihr meiner im Gebete allezeit gedenkt vor, dem Herrn, mögt ihr aber auch mich vergessen, wenn ihr nur Jesum Christum, euren Heiland, nicht vergesst, nur Ihn nicht aus dem Sinn und Herzen lasst! O! nur zu Ihm täglich und stündlich aufgeblickt! Nur von Ihm nie weg! Nur in Ihn euch immer mehr hineingeglaubt, hineingeliebt, hineingesehnt! Ja, Geliebteste, ich bitte und beschwöre euch, so hoch und teuer als ich kann, bei seinem Blut und Tode, womit Er euch erlöst und erkauft hat; verliert alles, nur Ihn nicht! Lasst euch alles verleiden auf Erden, nur die Liebe zu Ihm, das innige Anhangen an Ihn nicht! O erkaltet nicht, erkaltet nicht in der angefangenen Liebe und Treue gegen Ihn! Weicht nicht ab vom lebendigen Glauben an Ihn; tretet nicht aus seiner Nachfolge! Bleibt in Ihm, folgt Ihm, eurem besten Hirten, der euch liebt, wie kein Hirt seine Schafe, kein Vater seinen einzigen Sohn, keine Mutter ihren Säugling, wie kein Herzensfreund seinen Freund lieben kann. Lasst euch, ich bitte und beschwöre euch bei eurer künftigen, ewigen Seligkeit, die er euch bereitet hat im Himmel, bei der herrlichen Krone der Gerechtigkeit, die Er allen denen die Ihn lieben, aufbewahrt hat vor seinem Throne, dabei bitte und beschwöre ich euch, lasst euch nicht irre machen von unfreundlichen Menschen, die das heilige Evangelium nur deswegen lästern, weil ich schwacher, sündiger Mensch es zu predigen die Gnade hatte, denen ich von Herzen verzeihe, weil sie wahrlich nicht wissen was sie tun; und für die ich, Gott weiß es, um so brünstiger bete, je mehr sie mich gehässig und verdächtig machen wollen. Möchten sie auch das; wenn sie nur das Wort Jesu, das selig macht, ungelästert ließen; wenn sie euch nur die Seligkeit, die Freude, den Frieden, die Gerechtigkeit, die ihr aus dem gepredigten Worte geschöpft habet, nicht rauben wollten. Doch was sage ich? Sie können euch dieses hohe Gut, das der Allmächtige - nicht ich schwacher Mensch - euch gegeben hat, in Ewigkeit nicht rauben; wenn ihr es nicht selbst wegwerft. Sie werden durch alle ihre Bemühungen, als durch so viele Hammerschläge, den Nagel nur tiefer in die Wand treiben: denn ihr werdet jeden an seinem bitteren Eifer, an seiner Schmähsucht und Lästerzunge erkennen, wes Geistes Kind er ist; dass er nicht aus Gott ist, weil er die Wahrheit nicht nur nicht hört, sondern sogar lästert, und den Prediger der Wahrheit, deren Kraft ihr an euren Herzen als göttlich, lebendig und seligmachend erfahren habt, mit Kot wirft. Denkt nur allezeit: Wie war mir vor der Predigt, und wie danach? Ist eine Gnade, ein Friede, eine Gotteskraft in mein Herz gekommen? Bin ich besser oder schlechter durch die Predigt geworden? hat mir die Predigt etwas gegeben oder genommen? Daraus könnt ihr dann den richtigen Schluss machen, ob das Wort aus Gott oder von Menschen war, ob der Prediger in Gottes Namen oder in seinem eigenen redete.

Ich sage ungescheut: Wer nicht durch Gottes Geist und die Gnade Jesu Christi selbst an seinem Herzen die Kraft des seligmachenden Evangeliums erfahren hat, der soll mir nicht glauben; der mag mich lästern, ich verzeihe ihm gerne; denn ich predigte nicht mich selbst, sondern Jesum Christum. Es war mir weder um Lob noch Tadel zu tun. Ich verkündigte die Wahrheit nach meinem besten Willen und Gewissen. Wer euch etwas Besseres verkündigen kann, dem horcht, dem glaubt; zu dem will ich selbst in die Schule gehen; mich zu seinen Füßen sehen, und mich von ihm recht gerne belehren lassen. Aber bis dahin kann ich nichts anderes lehren und predigen, als wie ich's verstehe und redlich glaube.

Doch genug davon. Verzeiht mir, dass ich von mir selbst redete - ich glaubte es tun zu müssen und zu dürfen, da so vieles von mir und wider mich geredet worden ist aber nun doch Punctum.

Ich komme lieber wieder auf den, von dem man nicht genug reden kann; den ich euch allen in das Herz hineinpredigen möchte; dem ich euch zum Abschiede auf sein brüderlich-glühend-liebendes Herz binden möchte, so, dass euch kein Mensch und kein Teufel von ihm weg, und aus Ihm herausreißen könnte, mit aller Gewalt der Hölle und mit aller Macht, die den Gewaltigen der Erde gegeben ist. Mehr kann ich euch nicht, mehr will ich euch nicht wünschen; denn es ist genug. Wer den Sohn Gottes hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht, 1. Joh. 5, 12. sondern ist tot in Sünden, und der Zorn Gottes bleibt über ihm. Joh. 3. 36.

Hiermit, Geliebte! empfehle ich euch Gott und dem Worte seiner Gnade, der da mächtig ist, euch zu befestigen, und euch das Erbteil (im Himmel) mit allen Geheiligten zu geben. Apg. 20, 32. Dort, dort, wenn hier nicht mehr, werden wir uns wieder sehen, vor dem Throne des Lammes, das geschlachtet ist für unsere Sünden, das uns noch vertritt zur rechten Gottes! und uns zu seiner Zeit zu Ihm heimholen wird, wenn wir anders im Glauben und in der Liebe beharren bis ans Ende. Und dann werden wir allezeit beim Herrn sein. 1. Thess. 4, 17. Dann wird keine Trennung, kein Schmerz, kein Feind, keine Träne, kein Tod, und was über alles ist, keine Sünde und Gefahr zu sündigen mehr sein. Dort, dort, o heiliger und seliger Gedanke! dort wird Gott abwischen alle Tränen von unsern Augen, Offenb. 21, 4. und wir werden Ihn schauen, wie Er ist: den Unvergleichbaren, der uns erlöst hat, und werden Ihm gleich sein. Joh. 3, 2. O darum harrt aus bis ans Ende! werdet nicht müde! seid unverdrossen! durch alles hindurch! über alles hinüber mit Herz, Sinn und Gedanken! Lasst euren Wandel schon jetzt im Himmel sein; wo ihr ewig zu sein wünscht! Ermahnt einander selbst alle Tage, so lange es heute heißt, damit nicht jemand aus euch verhärtet werde durch den Betrug der Sünde. Denn wir sind Christi teilhaftig geworden, wenn wir anders den Anfang seines Wesens bis ans Ende festhalten. Heb. 3, 13, 14.

Jesus Christus, gestern und heute und in Ewigkeit ebenderselbe, segne euch alle mit seinem Segen, dass ihr auch in Ihm bleibt und wandelt, wie ihr ihn angenommen und angezogen habt, und dass auch nicht Eines von Euch verloren gehe, die Er sich erwählt hat; damit ich euch alle, alle wieder finde vor seinem Throne! Seine Gnade und Liebe, sein Geist und sein Leben sei mit euch und erhalte euch unsträflich bis auf den Tag Jesu Christi, wo alles, was im Finstern verborgen ist, ans Licht gebracht wird und die Anschläge der Herzen offenbar werden, wo einem jeden sein Lob werden wird von Gott 1. Kor. 4, 5. Wer sich dieses Tages und dieser Offenbarung freuen kann, über dem sei Friede. Wer aber vom Glauben abweicht, und nicht ausharrt bis ans Ende, an dem wird der Vater kein Gefallen haben. Der Gerechte lebt aus dem Glauben. Heb. 10, 38.

So lange mich die Erde trägt.
Das will ich denken, tun und treiben,
So lange sich mein Herz bewegt.
Dann sing' ich ewig hocherfreut:
O Abgrund der Barmherzigkeit.

Amen!

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