Murray, Andrew - Die Schule des Gebets - Vierzehnte Lektion.

Murray, Andrew - Die Schule des Gebets - Vierzehnte Lektion.

„Wenn zwei Eins werden“, oder das gemeinschaftliche Gebet.

Weiter sage Ich euch: Wo zwei unter euch eins werden auf Erden, warum es ist, das sie bitten wollen, das soll ihnen widerfahren von Meinem Vater im Himmel. Denn wo zwei oder drei versammelt sind in Meinem Namen, da bin Ich mitten unter ihnen. (Matth. 18,19.20)

Eine der ersten Lektionen des HErrn in Seiner Gebetsschule war: „Nicht um von den Menschen gesehen zu werden, geht daher in euer Kämmerlein und verkehrt mit Gott allein.“ Nachdem ER uns aber diese Lektion eingeschärft hat, kommt der HErr wieder mit einer andern: „Ihr bedürft nicht nur, sagt ER, des verborgenen, einsamen, sondern auch des gemeinschaftlichen Gebets.“ Eine besondere Verheißung ist darauf gesetzt: wenn zwei oder mehrere im Gebet zusammenstimmen. Man findet wohl je und je Leute, die da sagen, dass sie an Betstunden und gemeinschaftliches Gebet nicht glauben, das Gebet sei nur fürs Kämmerlein. Sie vergessen, dass derselbe Jesus, der uns ins Kämmerlein weist, uns auch zum gemeinschaftlichen Beten aufruft. Wie ein Baum seine Wurzeln in der Erde verborgen hat, mit dem Stamm aber ans Licht herauswächst, so will das Gebet ebenso in der Verborgenheit mit dem HErrn des Himmels allein, als in offenbarer Gemeinschaft mit den Kindern Gottes betrieben werden. Die Ursache hiervon ist leicht zu fassen. Der Mensch steht nicht allein in Beziehung zu Gott, sondern auch zu seinen Mitmenschen. Die Gnade will nicht allein die Beziehung zu Gott erneuern, sondern auch die zu den Brüdern. Wir lernen nicht nur wieder zu sagen: „mein Vater“, sondern mit Allen zusammen: „unser Vater“. Nichts wäre unnatürlicher, als wenn die Kinder Eines Vaters nur immer einzeln und besonders, nie mit und vor einander mit ihrem Vater sprechen dürften. Alle Gläubigen sind nicht nur Genossen Eines Hauses, sie sind auch Glieder Eines Leibes. Und wie an dem Leibe jedes Glied von dem andern abhängt, und wie der Geist, der in dem Leibe wohnt, unmöglich seine Gedanken und Pläne ausführen kann, wenn die Glieder, die ER dazu braucht, nicht zusammen wirken, so werden auch die Christen erst den vollen Segen bekommen, wenn sie in Gemeinschaft mit einander bitten. Erst in der Einheit der Gemeinschaft wird der Geist Gottes Seine volle Kraft offenbaren. Es war nach dem einträchtigen, zehntägigen Gebet der Hundert und zwanzig, dass die Ausgießung des Heiligen Geistes stattfand.

Die Kennzeichen des wahren, gemeinschaftlichen Gebets werden uns von dem HErrn genannt. Das Erste ist die Übereinstimmung in einer Sache, die sie begehren. Man muss nicht bloß mitbeten mit dem Gedanken, dass der Andere ja nur Alles bitten wird, und dass man wohl mit Allem wird übereinstimmen können, was er bittet. Nein, es muss eine bestimmte Sache sein, die man von Gott begehrt. Man muss sie zusammen besprechen und wissen, ob es nach Gottes Wort ist, was man zu erhalten wünscht, und dann muss man, darin übereinstimmend, es gläubig erwarten. Durch dieses Aussprechen des Übereinkommens wird der Glaube, auf einen und denselben Punkt verstärkt, hingerichtet. Die Übereinstimmung muss eine wesentliche sein.

Das zweite Kennzeichen ist das Zusammenkommen im Namen Jesu. Tiefsinniges, bedeutungsvolles Wort: im Namen Jesu vereinigt sein. Wir werden später näher betrachten, was es ist, im Namen Jesu zu bitten: hier sagt ER uns, dass die Ehre und die Kraft Seines Namens so wesentlich unser Vereinigungspunkt sein muss, dass wir dadurch Ihn Selbst in unserer Mitte haben. Die Liebe der Seinen untereinander hat für Jesus eine wunderbare Anziehungskraft: „Wo zwei versammelt sind in Meinem Namen, da bin Ich mitten unter ihnen.“ Die lebendige Gegenwart Jesu in jedem der Beter und in der Gemeinschaft der sämtlichen Beter ist die Kraft des vereinigten Gebets.

Und nun das dritte Kennzeichen: Die sichere Erhörung der Bitte. „Das soll ihnen widerfahren von Meinem Vater im Himmel.“ Wenn wir Betstunden besuchen, um die Liebe zu wahren und Erbauung zu pflegen, so mag das seinen Nutzen haben, aber dazu allein hat Jesus das gemeinschaftliche Gebet nicht eingesetzt. Es war Ihm darum zu tun, uns einer Antwort zu versichern. Wenn unser Glaube zu schwach ist, um eine Antwort zu erlangen, sollen wir miteinander Stärkung suchen, und dem vereinigten Gebet wird der Vater die Antwort sicher nicht versagen. In der Einigkeit des Glaubens, der Liebe und des Geistes wird die Kraft des Namens und der Gegenwart Jesu Christi offenbar werden, und die Erhörung wird sicherlich kommen. Das Kennzeichen des wahren, vereinigten Gebets ist, dass es Frucht bringt, dass man empfängt, um was man bittet, dass eine Antwort kommt in der Sache, darin wir zusammenstimmen: „Ich sage euch, das soll ihnen geschehen von Meinem Vater im Himmel.“ Wie unaussprechlich reich ist doch der Segen des gemeinsamen Gebets. Wenn gläubige Eheleute es verstehen, dass sie zusammengefügt sind, um Eins zu sein im Namen des HErrn; wenn zwei oder drei Freunde sich in derselben Sache zusammentun, wenn wir uns in unseren Betstunden versammeln, in Seiner Gegenwart ein und dasselbe Anliegen im Glauben vorzubringen, wenn in jeder Gemeinde und in allen Kirchen das einträchtige Gebet den Platz findet, den es haben soll, wenn in der Gemeinde des HErrn das Kommen des Königreichs und dann das Kommen des Königs erst in der Ausgießung des Heiligen Geistes und dann in der herrlichen Person des Königs selbst der Gegenstand eines ununterbrochenen, einstimmigen Rufens zum Vater wird, o - da ist es nicht auszusagen, welcher Segen auf diejenigen, so sich zu diesem Rufen verbunden haben, herabkommen wird.

An Paulus sehen wir es besonders deutlich, welche Kraft im vereinigten Gebet liegt. Von den Römern verlangt er: Kap. 15,30-32, dass sie mit ihm kämpfen im Gebet zu Gott; er erwartet dadurch von seinen Feinden erlöst zu werden, und Segen zu haben auf seiner Reise und in seinem Werk. Und den Korinthern sagt er, dass er auf Gott sein Vertrauen setzt, „um aus aller Not erlöst zu werden durch Hilfe eurer Fürbitte für uns.“ Und den Ephesern schreibt er: Eph. 6,18.19, „Und betet stets in allem Anliegen mit Bitten und Flehen im Geist, und wacht dazu mit allem Anhalten und Flehen für alle Heiligen, und für mich, auf dass mir gegeben werde das Wort mit freudigem Auftun meines Mundes, dass ich möge kund machen das Geheimnis des Evangelii.“ Seine Kraft im Dienst des Evangeliums macht er abhängig von der Fürbitte der Gemeinde. Bei den Philippern (1,19) erwartet er, dass es ihm gelingen werde durch ihr Gebet Christum zu verkündigen zur Seligkeit durch die Handreichung des Geistes. In dem Brief an die Kolosser folgt auf die Ermahnung zu beharrlichem Gebet das Wort: „Betet zugleich auch für uns, auf dass Gott uns die Tür des Wortes auftue, zu reden das Geheimnis Christi.“ Und bei den Thessalonichern (2. Thess. 3,1.2), heißt es: „Weiter, lieben Brüder, betet für uns, dass das Wort des HErrn laufe, und gepriesen werde, wie bei euch, und dass wir erlöst werden von den unartigen und argen Menschen.“ überall blickt es durch, dass Paulus sich als Glied eines Leibes fühlte, von dessen Gemeinschaft im Gebet er abhängig war, und dass er darauf rechnete, es würde auf ihr vereintes Gebet gegeben werden, was ohne dasselbe nicht zu erwarten stand.

O, welche Kraft könnte eine Gemeinde erlangen, welche sich dazu hergäbe, Tag und Nacht im Gebet zu verharren, um das Kommen des Reiches Gottes, um Segen für die Diener des HErrn, um die Verherrlichung Gottes in der Rettung von Seelen. Die meisten Gemeinden meinen, sie bestehen um ihrer selbst willen; sie freuen sich, wenn sie in der Blüte stehen und nebenbei auch noch etwas für den HErrn tun können. Sie wissen nicht, dass Gott die Welt durch die Gebete Seiner Heiligen regieren will; sie erkennen nicht, dass Tränen und Gebete die Waffen sind, durch welche die Kirche gegen die Macht Satans überwindet, ankämpft, und dass die Gebete auf Erden die Kräfte des Himmels in Bewegung bringen. Sie bedenken nicht, dass Jesus jede Zusammenkunft Seiner Gläubigen in Seinem Namen durch Seine Verheißung zu einer Pforte des Himmels gemacht hat, wo ER, der Fürbitter, in ihrer Mitte ist, und sie der Erhörung ihrer vereinigten Bitten versichert. Wir können Gott nicht genug danken für die gesegnete Woche vereinigten Gebets, womit die Christenheit jetzt jedes Jahr beginnt. Es wird dadurch die Einheit unseres Glaubens betont, unser Herz erweitert, damit es alle Bedürfnisse des Reiches Gottes auf Erden umfasse, und wir werden zur Übung des einträchtigen, vollstimmigen Gebets erweckt, was alles einen unbeschreiblichen Wert hat. Und der Segen wird sich je mehr ausbreiten, je mehr Gottes gläubige Kinder an den verschiedensten Orten verstehen lernen, was es heißt, im Namen Jesu versammelt zu sein, und welche himmlische Kraft sich ihnen eröffnet, wenn sie in bestimmten Gegenständen in ihrem Begehren übereinstimmen. Dann werden wir zu dem rechten, gemeinschaftlichen Gebet gelangen.

HErr, lehre uns beten!

Gnadenreicher HErr! Der Du in Deinem hohenpriesterlichen Gebet so dringend um die Einheit Deiner Gläubigen gebeten hast, lehre es uns verstehen, wie Du uns zur Vereinigung lockst durch Deine herrliche Verheißung in Betreff des gemeinschaftlichen Gebets: Wo zwei zusammenstimmen, da bist Du mit ihnen, und da gibt ihnen der Vater Antwort.

HErr, wir bitten Dich, lass diese Einigkeit Deiner Gläubigen überall zu Stande kommen. Nimm aus allen Kreisen Deiner Kinder alle Selbstsucht und alles Eigengesuch hinweg, damit die Einheit nicht verhindert werde. Nimm weg alle Weltliebe, allen Unglauben, welche der Verheißung der Antwort des Vaters auf unser Gebet entgegenstehen. Lass die Gedanken an Deine Gegenwart und an das Wohlgefallen des Vaters uns locken, einander zu lieben und uns zu einigen.

Und gib besonders, o HErr, dass wir verstehen, wie Deiner vereinigten Gemeinde Macht gegeben ist, im Himmel zu lösen und zu binden. O, dass die Kirche Jesu Christi den Ruf verstehe, durch die Kraft des Gebets den Bösen zu überwinden, den Segen Gottes herab zu bringen, zur Rettung von Seelen und zu dem Kommen des Königreiches. HErr, verleihe mir Gnade, um mit den Brüdern, in deren Mitte ich stehe, so vereinigt zu bitten, dass wir erhört werden. HErr Jesus, lass bei uns und überall das Gebet der Gemeinde die Kraft sein, durch welche Dein Wort und Dein Name verherrlicht wird. Amen.

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