Spurgeon, Charles Haddon - Predigt-Entwürfe - 33. Des Sünders Übergabe an seinen Hüter.
„Habe ich gesündigt, was soll ich Dir tun, o Du Menschenhüter?“ Hiob 7, 20.
Den Menschen gegenüber konnte sich Hiob verteidigen, wenn er sich aber vor Gott beugte, nahm er eine andere Sprache an, da sagte er: „Ich habe gesündigt“ (Englische Übersetzung). Diese Worte würden für jeden leidenden Heiligen passen, zumal sie von einem solchen gesprochen wurden, aber sie können auch von einem bußfertigen Sünder gebraucht werden, wie wir sie denn bei dieser Gelegenheit gebrauchen wollen.
I. Ein Bekenntnis. „Ich habe gesündigt.“
Die Worte an und für sich könnte auch ein Heuchler, selbst ein Judas, sagen. Nennen sich nicht viele „elende Sünder,“ die in Wirklichkeit verächtliche Spötter sind? Doch da Hiobs Herz aufrichtig war, wurde dieses sein Bekenntnis als ein ehrliches angenommen.
1. Es war sehr kurz, aber doch sehr voll. Es war in seiner Allgemeinheit vollständiger, als wenn er auf Einzelheiten eingegangen wäre. Wir können es als den Inbegriff unsres Lebens gebrauchen: „Ich habe gesündigt.“ Was ist sonst gewisser in meiner ganzen Laufbahn? Dies ist unbestreitbar.
2. Es war persönlich. „Ich“ was andere auch getan haben mögen „habe gesündigt“.
3. Es wurde dem Herrn abgelegt. Er legt es nicht ab vor seinen Mitmenschen, sondern vor dem Menschenhüter.
4. Es war vom Heiligen Geist gewirkt. Siehe V. 18, wo er seinen Kummer der Heimsuchung Gottes zuschreibt.
5. Es war aufrichtig. Keine bloße Redensart oder rituelle Form, oder vorübergehendes Geständnis. Sein Herz rief: „ich habe gesündigt,“ und er meinte es so.
6. Es wurde empfunden. Er fühlte es tief im Innern. Lies das ganze Kapitel. Diese eine Tatsache reicht aus, die Seele mit dem Kainszeichen zu brandmarken und es mit Höllenflammen einzubrennen.
7. Es war ein gläubiges Bekenntnis. Obgleich mit viel Unglauben vermischt, hatte Hiob dennoch Glauben an Gottes Macht, zu vergeben. Ein ungläubiges Bekenntnis kann die Sünde größer machen.
II. Eine Frage. „Was soll ich Dir tun?“
In dieser Frage sehen wir
1. Seine Bereitwilligkeit, irgend etwas zu tun, was der Herr fordern möchte, und so bewies er seinen Ernst.
2. Seine Verlegenheit; er wusste nicht, was er anbieten oder wohin er sich wenden sollte; aber er fühlte, dass etwas geschehen müsse.
3. Seine Übergabe auf Gnade und Ungnade. Er stellt keine Bedingungen, sondern wünscht nur die Bedingungen des Herrn zu kennen.
4. Die Frage kann verneinend beantwortet werden. Was kann ich tun, Dir zu entfliehen? Du bist überall um mich herum. Kann früherer Gehorsam Dich versöhnen? Ach, wenn ich zurückblicke auf mein Leben, kann ich nichts anderes als Sünde finden. Kann ich Opfer bringen? Würden Trauer, Fasten, lange Gebete, Zeremonien, Selbstverleugnung etwas nützen? Ich fühle, nein.
5. Sie kann im evangelischen Sinn beantwortet werden. Bekenne die Sünde. „So wir aber unsere Sünden bekennen“ rc. - Entsage ihr. Durch seine Gnade können wir vom Bösen lassen und Gutes tun. Gehorche der Botschaft des Friedens! Glaube an den Herrn Jesum und lebe.
III. Ein Titel. „Du Menschenhüter!“
Beobachter der Menschen, darum kennst Du meine Lage, mein Elend, mein Bekenntnis, mein Verlangen nach Vergebung, meine gänzliche Hilflosigkeit.
Menschenhüter und Bewahrer: In seiner unendlichen, langmütigen Zurückhaltung der Bestrafung; in seiner täglichen reichlichen Versorgung, die auch die Undankbaren am Leben erhält; in dem Heilsplan, durch welchen Menschen von dem Verderben erlöst und wie Brände aus dem Feuer gerissen werden; in seiner täglichen Gnade, die das Abweichen und die Abtrünnigkeit Gläubiger verhütet.
Wir müssen den Charakter Gottes in Christo betrachten, wenn wir Frieden und Trost finden wollen; und aus seiner gnädigen Gewohnheit, Menschen zu behüten, schließen wir, dass Er, so schuldig wir auch sind, uns behüten will.
Wende den vorliegenden Gegenstand an: auf die Unbußfertigen, und nötige sie zum Bekenntnis; auf die Gleichgültigen, und bewege sie zu fragen: „Was muss ich tun, dass ich selig werde?“ auf die Undankbaren, indem du die behütende Güte Gottes als einen Beweggrund zur Liebe zu Ihm geltend machst.
Kreuzlichter.
Kaum hatte Hiob seine Sünde bekannt, als ihm auch danach verlangte, ein Heilmittel zu kennen. Verworfene können wohl rufen: „Ich habe gesündigt,“ aber dann fahren sie nicht fort, zu fragen: „Was soll ich tun?“ Sie öffnen ihre Wunden, aber legen das Pflaster nicht darauf, und so werden die durch die Sünde gemachten Wunden immer gefährlicher. Hiob wollte wissen, was für ein Heilmittel er anwenden könne, er wollte jedenfalls vergebende und behütende Gnade haben. Trapp.
Hiob war einer von denen, welche die Schrift als „vollkommen“ bezeichnet, und doch rief er aus: „Ich habe gesündigt. Noah war vollkommen in seinem Geschlecht, aber kein Trunkenbold wird es uns vergessen lassen, dass er seine Fehler hatte. Abraham erhielt den Befehl: „Wandle vor mir und sei fromm,“ aber er war nicht absolut sündlos. Zacharias und Elisabeth waren untadelig, und doch war Unglaube genug in Zacharias, um ihn neun Monate lang stumm zu machen. Die Lehre von der sündlosen Vollkommenheit im Fleisch ist nicht von Gott, und wer sich rühmt, solche Vollkommenheit zu besitzen, hat damit erklärt, dass er hinsichtlich seiner selbst und des Gesetzes Gottes in Unkenntnis ist. Nichts deckt ein Herz sicherer auf, als das Rühmen der eigenen Güte. Wer sein eigenes Lob verkündet, der publiziert seine eigene Schmach.
Der Mensch an sich ist so ein schwaches Geschöpf, dass es ein großes Wunder ist, dass er nicht längst von den Elementen zerdrückt, von wilden Tieren vernichtet und von der Krankheit vertilgt ist. Die Allmacht hat sich zu seiner Bewahrung herabgelassen und alle sichtbaren Dinge gezwungen, eine Leibwache des Menschen zu bilden. Wir glauben, dass derselbe Menschenhüter, welcher so das ganze Geschlecht behütet, mit gleicher Sorgfalt über jeden einzelnen wacht. Unser eigenes Leben enthält Beispiele von Errettungen so wunderbarer Art, dass die Lehre von einer besonderen Vorsehung von uns keines ferneren Beweises bedarf. Am Leben erhalten, wo der Tod so nahe war, sind wir oft genötigt gewesen, zu sagen: „Das ist Gottes Finger!“ Diese behütende Gnade nun ist ein guter Grund, auf vergebende Liebe zu hoffen. Der uns so sorgfältig behütet hat, muss Absichten zu unserem Wohle haben. Wunderbar hat Er uns behütet, obgleich wir Sünder sind, und darum dürfen wir seine Willigkeit, uns von aller Missetat zu erretten, nicht bezweifeln.
Die unbedingte Übergabe, welche in der Frage: Was soll ich Dir tun?“ eingeschlossen ist, ist für jeden Menschen absolut wesentlich, welcher hofft, selig zu werden. Gott will die Belagerung nicht aufheben, bis wir die Schlüssel der Stadt aushändigen, jedes Tor öffnen und den Sieger bitten, durch jede Straße zu ziehen und Besitz von der Zitadelle zu nehmen. Der Verräter muss sich selber übergeben und sich der Huld des Fürsten anvertrauen. So lange dies nicht geschehen, wird der Kampf fortgesetzt, denn das erste Erfordernis des Friedens mit Gott ist vollständige Unterwerfung.