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Offenbarung, Kapitel 7

Offenbarung, Kapitel 7

7:1 Und darnach sah ich vier Engel stehen auf den vier Ecken der Erde, die hielten die vier Winde der Erde, auf daß kein Wind über die Erde bliese noch über das Meer noch über irgend einen Baum.

7:2 Und ich sah einen anderen Engel aufsteigen von der Sonne Aufgang, der hatte das Siegel des lebendigen Gottes und schrie mit großer Stimme zu den vier Engeln, welchen gegeben war zu beschädigen die Erde und das Meer;

7:3 und er sprach: Beschädiget die Erde nicht noch das Meer noch die Bäume, bis wir versiegeln die Knechte unsers Gottes an ihren Stirnen!

7:4 Und ich hörte die Zahl derer, die versiegelt wurden: hundertvierundvierzigtausend, die versiegelt waren von allen Geschlechtern der Kinder Israel:

7:5 Von dem Geschlechte Juda zwölftausend versiegelt; von dem Geschlechte Ruben zwölftausend versiegelt; von dem Geschlechte Gad zwölftausend versiegelt;

7:6 von dem Geschlechte Asser zwölftausend versiegelt; von dem Geschlechte Naphthali zwölftausend versiegelt; von dem Geschlechte Manasse zwölftausend versiegelt;

7:7 von dem Geschlechte Simeon zwölftausend versiegelt; von dem Geschlechte Levi zwölftausend versiegelt; von dem Geschlechte Isaschar zwölftausend versiegelt;

7:8 von dem Geschlechte Sebulon zwölftausend versiegelt; von dem Geschlechte Joseph zwölftausend versiegelt; von dem Geschlechte Benjamin zwölftausend versiegelt.

7:9 Darnach sah ich, und siehe, eine große Schar, welche niemand zählen konnte, aus allen Heiden und Völkern und Sprachen, vor dem Stuhl stehend und vor dem Lamm, angetan mit weißen Kleidern und Palmen in ihren Händen,

7:10 schrieen mit großer Stimme und sprachen: Heil sei dem, der auf dem Stuhl sitzt, unserm Gott, und dem Lamm!

7:11 Und alle Engel standen um den Stuhl und um die Ältesten und um die vier Tiere und fielen vor dem Stuhl auf ihr Angesicht und beteten Gott an

7:12 und sprachen: Amen, Lob und Ehre und Weisheit und Dank und Preis und Kraft und Stärke sei unserm Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

7:13 Und es antwortete der Ältesten einer und sprach zu mir: Wer sind diese, mit den weißen Kleidern angetan, und woher sind sie gekommen?
Auch diese verklärten Heiligen waren einst Sünder. Sie wandelten auf Erden wie wir, hatten die gleichen Herzen wie wir, und die zahllosen Gefahren, die dich und mich umringen, haben auch ihnen viel zu schaffen gemacht. Auch sie hatten mit Fürsten und Gewalten, mit den bösen Geistern unter dem Himmel einen langandauernden und hartnäckigen Kampf zu bestehen. Auch sie lebten in der Welt, die im Argen liegt, unter Menschen, die mit ihren Lüsten und Begierden, ihren Sünden und Ungerechtigkeiten, mit ihrer Unwissenheit und ihrem Unglauben stets eine Gefahr darstellen für Jesu Jünger. Auch die mit den Kleidern der Vollkommenheit Umhüllten mussten täglich wachen über das eigene Herz. Auch sie waren einst unvollkommen, zur Sünde geneigt, nichts vermögend in eigener Kraft. Wenn sie heute Triumphierende sind, so sind sie das eben erst geworden im Leidenstiegel, in der Trübsalshitze, in schwerer Lebensschule, im Tränental. Was sie sind, das sind sie durch Gottes Gnade, durch Christi Blut geworden. Wahrlich ein nicht geringer Trost für alle, die unter vielen Versuchungen in großer Schwachheit im Lande des Staubes und des Todes wallen! Der mächtig war in ihnen, will auch mächtig sein in uns. Der jenen Sieg verlieh über Sünde, „Welt“ und Teufel, der hilft auch dir und mir, damit auch wir aus diesem Kampfe als Sieger hervorgehen zur Ehre Gottes. Gelobet sei Gott, es ist allen Wiedergeborenen möglich, in der Gnade und Kraft des Heiligen Geistes durch kindlichen Glauben Überwinder der „Welt“, der Sünde und des Teufels zu werden. (Markus Hauser)

7:14 Und ich sprach zu ihm: Herr, du weißt es. Und er sprach zu mir: Diese sind's, die gekommen sind aus großer Trübsal und haben ihre Kleider gewaschen und haben ihre Kleider hell gemacht im Blut des Lammes.
Johannes sahe eine große Schaar, die Niemand zählen konnte, aus jeder Nation, und Stämmen, und Völkern, und Sprachen vor dem Throne Gottes und vor dem Lämmlein stehend. Alle und Jede hatten Palmen als Freudenzeichen in ihren Händen, und schrieen mit großer Stimme: das Heil (das uns widerfahren ist), sei unserm Gott, der auf dem Thron sitzt (zugeschrieben) und dem Lämmlein. Diese seligen Seelen, von denen die meisten vor Christo aus der sichtbaren Welt abgeschieden waren, waren auch mit weißen Kleidern angethan. Einer von den vierundzwanzig Aeltesten sagte unter Anderem von ihnen: diese kommen aus der großen Trübsal, und haben ihre Kleider gewaschen und helle oder weiß gemacht in dem Blut des Lammes. Die große Trübsal ist keine besondere Verfolgung oder Landplage, denn aus einer solchen könnte keine unzählbare Schaar kommen, sondern überhaupt die Noth, welche alle Pilgrime auf der Erde drückt. Gleichwie wir zu sagen pflegen, daß die Erde ein Jammerthal oder Thränenthal sei, also nennt hier der Aelteste im Himmel, welcher wohl wußte, was eine lautere Freude sei, das Leben auf der Erde eine große Trübsal. Weil zu der großen Schaar, indem er mit dem Johannes redete, immer neue Ankömmlinge kamen, so sagte er, sie kommen aus der großen Trübsal, obschon die meisten schon lange gekommen waren. Er sagte aber auch: sie haben ihre Kleider gewaschen und weiß gemacht im Blut des Lammes. Dieses ist höchst nöthig, wenn man in dem himmlischen Tempel Gott dienen, und vor Seinem Thron und dem Lämmlein stehen soll. Auf Erden sind die Kleider dasjenige, das an einem Menschen vornehmlich in die Augen fällt, weil bei einer Person, die bekleidet ist, ein sehr kleiner Theil des bloßen Leibes sichtbar ist. Man befleißigt sich deßwegen, wenn man vor einem großen Herrn erscheinen soll, feine und reine Kleider anzuziehen: die Ehrerbietung gegen den großen Herrn erfordert solches; weßwegen es auch Joseph beobachtet hat, 1 Mos. 41,14. Vor Gottes Augen aber ist die ganze Seele bloß und entdeckt, Hebr. 4,13. Was also vor den Menschen ein Kleid heißt, ist vor Gott die Seele selbst. Sie soll ganz durch das Blut Jesu gewaschen, das ist von der Sünde gereinigt werde, und wenn dieses geschieht, so wird sie weiß, wie das Licht weiß ist, Matth. 17,2. Sie wird also Gott ähnlich, der ein Licht, und mit Licht bekleidet ist. Die weißen Kleider, die man erst im Himmel bekommt, und die nicht zum Wesen der Seele gehören, sind eine Zugabe zu ihrer innerlichen Herrlichkeit, und erhöhen dieselbe noch mehr.
Wir werden also durch die Rede des himmlischen Aeltesten belehrt, daß wir, wenn wir in den himmlischen Tempel als den eigentlichen Sammelplatz abgeschiedener gerechten Seelen versammelt werden wollen, die Erfüllung des Sprüchleins: das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde, ganz erfahren müssen; deßwegen ermahnt Paulus diejenigen, die durch das Blut Jesu gerecht worden sind, daß sie sich ferner reinigen, und mit der Heiligung fortfahren sollen in der Furcht Gottes, 2 Kor.7,1. Er heißt uns Hebr. 12,14. der Heiligung nicht nachschleichen, sondern nachjagen. Und hiebei dürfen wir an sein Beispiel denken, welches er Phil. vorhält.(Magnus Friedrich Roos)


Wer sind die vor Gottes Thron? Es sind Menschenkinder, welche unter äußerst schwierigen Verhältnissen, im Tiegel großer Trübsale seufzend, dennoch ihre Kleider in dem Blute Christi weiß gewaschen haben. Die Kleider sind die Umhüllung, das Sichtbare am Menschen, die äußere Erscheinung. Hier haben wir also an das zu denken, was sofort offenbar wird, was jedermann sehen kann, wenn wir in die Ewigkeit eintreten. O, ein ernster, feierlicher Augenblick! Wer verharrt hat in seinen Sünden, wer gebunden und unrein blieb, der steht da vor den heiligen Engeln Gottes befleckt, entstellt und finster! - Wer aber frei und rein geworden ist im Blut des Heilandes, der wird freudig bewegt, denn er erscheint selig, in lichter Gestalt. An ihm wird keine Sünde gesehen, das teure Blut Christi hat die Reinigung und die große Umwandlung bewirkt. Die finsteren Geister unter dem Himmel treten zurück, der Teufel findet an ihnen das Seine nicht; der Schlamm, der Schmutz, das Gemeine, Verderbte ist abgetan. In die Gemeinschaft der Erlösten und der heiligen Engel tritt der Gewaschene ein, vor den Thron Gottes und des Heilands wird er gestellt. Das ist eine freudige und ernste Tatsache zugleich. Wie, wenn wir die Sünde in uns leben lassen? Der Herr hat Augen wie Feuerflammen. Auf Jerusalems goldenen Gassen wird keiner wandeln, der in der Sünde blieb. Drum stelle dich unter die reinigende und bewahrende Kraft des Blutes Jesu! Hier ist der Sieg für immer erkämpft; das schöne Ziel ist erreicht! Hochgelobt sei Gott und „das Lamm, das der Welt Sünde trägt“. (Markus Hauser)

7:15 Darum sind sie vor dem Stuhl Gottes und dienen ihm Tag und Nacht in seinem Tempel; und der auf dem Stuhl sitzt, wird über ihnen wohnen.

7:16 Sie wird nicht mehr hungern noch dürsten; es wird auch nicht auf sie fallen die Sonne oder irgend eine Hitze;
Es ist in diesen worten von einer großen Schaar die Rede, welche Johannes im himmlischen Tempel vor dem göttlichen Thron und vor dem Lamm stehen sah, und welche aus heiligen Menschenseelen bestand, welche die Auferstehung ihrer Leiber erwarteten. Ihr vergnügter und glückseliger Zustand wird unter Anderem so beschrieben: sie wird nicht mehr hungern noch dürsten, es wird auch nicht auf sie fallen die Sonne oder irgend eine Hitze. Hunger und Durst werden hier anstatt aller Mängel, die der Mensch mit Schmerzen in seiner Natur fühlt, und die brennende Sonnenhitze oder eine andere Hitze anstatt aller Bedrängnisse, die dem Menschen von außen her zustoßen, gemeldet. Diese Seelen fühlen also keinen quälenden Mangel in sich selber, denn das Lamm, das mitten auf dem göttlichen Thron ist, weidet sie und leitet sie zu dem lebendigen Wasserbrunnen. Sie werden also mit himmlischen Gaben gesättigt. Schon Joh. 4,14. hat Christus zu dem samaritischen Weib gesagt: wer des Wassers trinken wird, das Ich ihm gebe, den wird ewiglich nicht dürsten, weil nämlich der Heilige Geist als das Wasser des Lebens nimmer von den Gerechten ausfließt, wie das irdische Wasser, folglich sie niemals mehr ganz leer und ganz durstig werden können. Weil aber eine Menschenseele ein sehr tiefes und weites Gefäß ist, so fühlt sie noch oft einen schmerzlichen Durst nach einer völligern Mittheilung des Heiligen Geistes, wie denn oft durch die vorkommenden Versuchungen die Nothwendigkeit derselben entdeckt und ihre Schwachheit oder ihr Mangel ihr selbst fühlbar wird. Sie erlangt auch, was sie sucht, nach der Regel Christi: wer da hat, dem wird gegeben, daß er die Fülle habe. Wenn aber das Lamm Gottes die Seele in dem Himmel weiden und zu dem lebendigen Wasserbrunnen leiten wird, so wird sie gar keinen schmerzlichen Hunger und Durst mehr empfinden, oder keinen Mangel mit Wehmuth fühlen; denn was sie verlangt, wird unter der treuen Pflege des Lammes immer vorhanden sein. Sie wird immer empfangen und genießen, und der Genuß, der mit keiner Schwierigkeit verbunden und auf kein zermalmendes Harren ausgesetzt ist, wird keinem Hunger und Durst Raum lassen. Aber auch von außen wird keine Pein sie berühren, weil Gott, der auf dem Thron sitzt, über solchen Seelen wohnen, und sie mit Seiner Herrlichkeit erquicklich bedecken wird. Was Ps. 91. und Jes. 4,5.6. denen, die noch im Glauben wandeln und Pilgrime sind, verheißen ist, wird bei denen, die zum Schauen gelangt und bei dem HErrn daheim sind, völlig erfüllt werden. Wenn ich also in der großen Trübsal, die auf Erden ist, einen schmerzlichen Hunger und Durst in mir fühle, und wenn mich die Hitze der Trübsal brennt, so sehe ich in der Hoffnung auf den himmlischen Tempel oder auf des Vaters Haus, wo beides aufhören wird. Mein Lauf sei dahin gerichtet, meine Kleider müssen im Blut des Lammes gewaschen werden, und mein Abschied aus der Welt soll in der heitern Hoffnung, daß es meine abgeschiedene Seele auch vor der Auferstehung des Leibes sehr gut haben werde, geschehen. (Magnus Friedrich Roos)

7:17 denn das Lamm mitten im Stuhl wird sie weiden und leiten zu den lebendigen Wasserbrunnen, und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen.
Was der Tod des Leibes für jeden Einzelnen der Menschen ist, das ist für die ganze Christenheit die Zeit der letzten Gerichte Gottes. Es graut der Natur davor, daß Fleisch und Geist soll geschieden werden: darum enthält das siebente Siegel, das bis an’s Ende dieser Weltzeit reicht, viel Schreckendes für unsere Natur. Wenn man aber an eine schwere Operation geht, so schenkt man oft dem Kranken zuvor ein Glas voll stärkenden Wein ein, ehe man die scharfen Messer herauslegt. Fast eben so stärkt der treue Jesus hier die Seinigen zuvor, indem Er sie wissen läßt, wie Er sich seine Auserwählten mitten in der argen Welt versiegeln kann vor der großen Versuchungsstunde. Ein Soldat hat das Wappen seines irdischen Königs, und Niemand darf ihn ungestraft beleidigen: wie vielmehr sind die Gläubigen durch das Siegel ihres himmlischen Königs sicher gestellt, wenn man es schon nicht mit Augen an ihnen sieht! – Johannes sah neben den Versiegelten aber noch eine andere, große Schaar aus allen Heiden, Völkern und Sprachen, mit weißen Kleidern angethan und Palmen in den Händen als Zeichen des erlangten Sieges, so wie ihrer Freude, ihrer vollen, nie getrübten Seligkeit, Alle bekennend: Heil sei Gott und dem Lamm! Auf Ihn, den großen Urheber, tragen sie ihre ganze Rettung lobpreisend zurück; kein Einziger sagt: Gottlob, ich habe meinen Weg so eingerichtet, daß ich dies Ziel erreicht habe; mein Wohlverhalten hat mich hieher gebracht. Das ganze Erdenleben war ihren um die Seligkeit besorgten Herzen zur großen Trübsal geworden; unter den schwersten leiden sind sie aber immer bei Jesu geblieben, sie haben ihre Kleider in Seinem Blute waschen und bleichen lassen, und nun dienen sie ihm in Seinem Tempel Tag und Nacht. Vollende an mir auch das Werk Deiner Erbarmungen, mein Heiland; Jesu, steh mir bei im Ringen, zieh die Hand nicht von mir ab; gieb mir Glauben, durchzudringen, bis daß ich’s ergriffen hab! Kommen Viele nicht hinein, laß mich’s unter Wenig sein. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)


Wohlanständige Thränen entstehen, wenn das Herz weich und demüthig ist, und der Mensch zwar ein Uebel empfindet, übrigens aber sich unter den Willen Gottes beugt, und wider sein Verhängniß keinen Grimm in sich hat. Es gibt zwar Leute, welche wegen der Beschaffenheit ihres Leibes nicht leicht weinen können, deren Seelen aber alles dasjenige denken und empfinden, was Andere bei dem Weinen denken und empfinden; da man dann sagen kann, daß sie bei trockenen Augen weinende Seelen haben. Die Quelle der Thränen, das ist die wehmüthige Empfindung des Elends, muß sehr tief in den Seelen der Menschenliegen, weil gesagt wird, daß Gott nach allen innerlichen Tröstungen und äußerlichen Wohlthaten, die Er ihnen auf Erden hat zufließen lassen, noch alsdann alle Thränen von ihren Augen abwischen werde, wenn sie schon vor Seinem Thron stehen, und Ihm Tag und Nacht in Seinem Tempel dienen, Offenb. Joh. 7., ja wenn sie schon im neuen Jerusalem wohnen werden, Off. 21,4. Gott wird nämlich alsdann die Gerechten durch fortwährende Offenbarungen Seiner Liebe und Herrlichkeit so erquicken und beruhigen, daß sie weder ein gegenwärtiges Leiden werden empfinden, noch auch bei der Erinnerung ihrer ausgestandenen Nöthen werden weinen können. Er wird sie trösten, wie Einen seine Mutter tröstet, welche ihrem Kind die rechtmäßigen Thränen unter freundlichen Liebkosungen und wirklichen Liebeserweisungen von den Augen wischt, und nicht nachläßt, bis es fröhlich und gutes Muths ist. Alsdann werden die Worte Christi vollkommen erfüllt werden: selig sind, die Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden; selig seid ihr, die ihr hier weinet, denn ihr werdet lachen, Matth. 5,4. Luk. 6,21. Merkwürdig aber ist es, daß Christus Luk. 6,25. sagt: wehe euch, die ihr hier lachet, denn ihr werdet weinen und heulen, und daß Jakobus den Sündern und Wankelmüthigen K. 4,9. zuruft: seid elend und traget Leid und weinet; euer Lachen verkehre sich in Weinen, und eure Freude in Traurigkeit. Es gibt also ein Lachen, welches dem HErrn mißfällig ist, und es gibt eine Traurigkeit und ein Weinen, welche von Gott geboten werden, und Ihm wohlgefallen. Es gibt Leute, welche meinen, sie seien mit ihrer Besserung und Bekehrung fertig, wenn sie ihre begangenen Thorheiten nur auf derjenigen Seite betrachten, auf welcher sie selbst Schande und Schaden davon haben, und hernach die Kräfte ihrer Natur anstrengen, um solche schädliche und schändliche Ausschweifungen nimmer zu begehen; allein hiemit wird Gott die Ehre nicht gegeben, die Ihm gebührt, und des Menschen Herz nicht gründlich gebessert. David und Petrus sind bis zur Vergießung der Thränen wegen ihrer Sünden betrübt gewesen, und haben dadurch zur Ehre Gottes bekannt, daß sie ihre begangenen Sünden als ein großes Uebel erkennen, wodurch sie Gottes Namen entheiliget, und sich selbst so geschadet haben, daß sie sich selber nicht mehr helfen können. Eine solche göttliche Traurigkeit hat noch immer eine Reue zur Seligkeit gewirkt, die Niemand gereuet. Die Liebe weint auch rechtmäßig, wenn sie Andere unglücklich sieht, da hingegen ein liebloses Herz bei des Nächsten Unglück unempfindlich ist, oder gar darüber frohlockt. Ein wahrer Christ muß rechtmäßige Thränen weinen, wenn Gott in jener Welt Thränen von seinen Augen abwischen soll. (Magnus Friedrich Roos)


Johannes sahe im Himmel einen Thron, welcher der Thron Gottes war. In der Mitte dieses Thrones, und rings um denselben waren vier lebendige Wesen, welche mit den Cherubim, die Ezechiel gesehen hat, eine große Aehnlichkeit haben, aber in der Mitte der Oberfläche des Thrones, folglich auf demselben und in der Mitte der vier lebendigen Wesen und der vierundzwanzig Aeltesten, die den Thron umgaben, ist das Lamm Gottes, welches deßwegen kommen, und das Buch mit sieben Siegeln aus der Hand Dessen, der auf dem Thron saß, empfangen konnte. Diejenigen, die vor dem Thron standen, standen auch vor dem Lamm, Offenb. 7,9., und dieses Lamm waidet sie und leitet sie zu den Lebenswasser-Brunnen. Wie wunderbar ist doch die Beschaffenheit der göttlichen und himmlischen Dinge! Damals, da der HErr Jesus dem Johannes auf der Insel Patmos erschien, und Johannes, der auf dem Boden stand, zu desselben Füßen hinfallen konnte, war eben dieser Jesus auch im Himmel auf dem göttlichen Thron; und indem Er da gesehen und angebetet wird, ist Er auch bei denen, die vor dem Thron stehen, und waidet sie als ihr Hirte, und leitet sie zu den lebendigen Wasserbrunnen; gleichwie Er auch auf dem Berg Zion bei den 144,000 Auserwählten ist, Offenb. 14,1. Es ist also die heilige und anbetungswürdige Person Jesu in keinen Raum eingeschlossen. Sie ist so hoch erhaben als Gott der Vater und als der Heilige Geist, den Johannes als sieben Fackeln, die vorne auf dem Thron brannten und leuchteten, gesehen hat; sie ist aber überall denen nahe, deren Hirt und Aufseher Er ist, und die Ihn lieben und anbeten. Auch im Himmel waidet Er die Auserwählten; denn Er ist Lamm und Hirt zugleich. Paulus redet Hebr 6,5. von Kräften der zukünftigen Welt, welche ein erleuchteter Christ schon bei Leibesleben schmecken könne. Denjenigen nun, welche in jene Welt durch die Gnade gelangt sind, wird das Lamm Gottes zum völligen Genuß dieser Kräfte oder kräftigen Dinge verhelfen, und deßwegen wird sie nicht mehr hungern, V. 16. Er wird sie aber auch zu den Lebenswasser-Brunnen leiten, und deßwegen wird sie nicht mehr dürsten, V. 16. Ohne Zweifel wird dadurch eine völligere Mittheilung des Heiligen Geistes angedeutet, welcher oft in der heiligen Schrift das Lebens-Wasser genannt wird. Die Seligen im Himmel werden sehr gern unter der Leitung des Lammes Gottes stehen, und durch das Trinken von den Lebenswasser-Brunnen oder durch die völligere Empfahung des Heiligen Geistes voll von Licht, Freude und Kraft, aber auch immer mehr mit Gott dem Vater und dem Sohn, dessen Geist der Heilige Geist ist, verbunden werden. Von diesem allem aber muß auf Erden ein Anfang gemacht werden, wie denn David Ps. 23. sagte: der HErr ist mein Hirt, mir wird nichts mangeln. Er waidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele, Er führet mich auf rechter Straße um Seines Namens willen. Auch hat Christus Joh. 10. dieses Alles mit andern Worten Seinen Schafen verheißen. Wer im Himmel von dem HErrn Jesu gewaidet werden will, werde auf Erden Sein Schaf, und wer im Himmel von Ihm zu den lebendigen Wasserbrunnen geleitet werden will, bitte Ihn hier um das lebendige Wasser, wie Er Joh. 4. das samaritische Weib angewiesen hat, und lasse sich nach jeder Hitze der Anfechtung nirgends hin als zu diesem frischen Wasser führen. (Magnus Friedrich Roos)


So lange das irdische Leben währet, gibt es viele Ursachen zur Traurigkeit, wie denn die Summe des Leides auf Erden die Summe der Freude übertrifft, und deßwegen, wenn es kein ewiges Leben gäbe, ein Todter besser wäre als ein Lebendiger, und der noch nicht ist, besser als alle beide, Pred. Sal. 4,2.3. Wenn nun die Traurigkeit nicht allzu heftig ist: so ist sie eine Ursache der Thränen. Es gibt zwar auch Thränen, die man Freudenthränen nennet, dergleichen Joseph am Halse seines Vaters Jakob weinete, 1 Mos. 46,29., allein die Thränen von dieser Art fließen nur alsdann, wenn das erfreuliche Gute noch neu, und dabei noch eine Empfindung des vorigen Mangels und Elends vorhanden ist: da dann diese mit der Freude gemilderte Empfindung eigentlich die Thränen hervorbringt. Wenn Menschen im Zorn weinen, so entstehen ihre Thränen eigentlich aus dem Verdruß, den sie wegen der Unmöglichkeit der Rache, welche sie gern ausüben möchten, empfinden.
Weinen hat seine Zeit, und Thränen sind an sich selbst einem Christen nicht unanständig; wie denn der HErr Jesus bei dem Anblick der Stadt Jerusalem, und bei dem Grabe Lazari geweinet hat, und am Oelberg Gebet und Flehen mit starkem Geschrei und Thränen geopfert hat. Auch hat Er mehrmalen bei dem Fasten geweinet, wie Er denn Ps. 69,11. sagt: Ich weine und faste bitterlich, und man spottet Mein dazu. doch währet das Weinen bei denen, die Gott lieb hat, nicht in Ewigkeit, denn es wird an ihnen erfüllet, was Off. 7,17. und 21,4. steht: Gott wird abwischen alle Thränen von ihren Augen.
Wenn gesagt wird: Gott wird alle Thränen von den Augen von den Augen Seiner Geliebten abwischen, so wird angezeigt, daß die Seligen freundliche Tröstungen von ihrem Gott empfangen, und eben deßwegen keine weiteren Thränen vergießen werden. Manchmal weint ein Mensch gleichsam aus Mitleiden mit sich selbst, wenn er sich seines ausgestandenen Elends lebhaft erinnert, ob ihn gleich zur selbigen Zeit, da er weint, nichts Besonderes drückt. Auf diese Weise könnten die Seelen im Tempel Gottes und die Bürger im Neuen Jerusalem noch immer weinen: allein die göttlichen Tröstungen werden solches nicht zulassen. Sie werden Licht genug empfangen, um den göttlichen Liebesrath, der sie durch’s Leiden zur Herrlichkeit geführet hat, zu ihrer vollkommenen Beruhigung einzusehen, und sie werden Kraft genug haben, im Lob Gottes beständig fortzufahren.
In der Hölle, wo die äußerste Finsterniß sein wird, werden die unseligen Menschen nicht weinen, sondern heulen (welches keinem Auserwählten auch auf Erden wohl ansteht), und dabei grimmig sein wie diejenigen, die mit den Zähnen knirschen. Wehe demjenigen, der in diesen Zustand geräth! Die aber mit Buß- und andern Thränen säen, werden mit Freuden ernten. Sie gehen in der Anbetung und im Dienst Gottes hin, und tragen edlen Samen, um ihn auszustreuen, und kommen in der seligen Ewigkeit mit Freuden wieder zum Vorschein, und bringen ihre Garben. Das ist: sie empfangen und genießen den Gnadenlohn ihrer Werke.(Magnus Friedrich Roos)

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