Kohlbrügge, Hermann Friedrich - Predigt über Evangelium Lukas 11, Vers 33-36

Kohlbrügge, Hermann Friedrich - Predigt über Evangelium Lukas 11, Vers 33-36

gehalten am 2. Mai 1852

Der natürliche Mensch vernimmt nichts vom Geiste Gottes, es ist ihm eine Torheit und kann es nicht erkennen, denn es muss geistlich gerichtet sein. Der geistliche Mensch aber richtet Alles und wird von Niemanden gerichtet. So der Apostel Paulus, ganz nach der Wahrheit der Erfahrung. Der natürliche oder Seelen-Mensch, der Mensch mit all seinen trefflichen Anlagen, Verstand und Kenntnissen ist so durch die Sünde verfinstert, dass er von dem ganzen Heile Gottes in Christo, wie deutlich es auch in der Predigt durch den heiligen Geist, der ihn straft, ihm vorgehalten wird, nichts vernimmt, nichts begreift; denn von der Herrlichkeit dieses Heiles erfährt er an seinem Herzen nichts, weil er die Anwendung nicht auf sich selbst macht.

Darum, ob er schon bei den Gläubigen sitzt und mit ihnen dasselbe hört: so ist doch kein Herz für die Sache da, auch richtet er seinen Handel und Wandel nicht danach ein. Er will nicht festhalten ob dem Unsichtbaren, das wäre ihm eine Torheit. - Seine ganze Weisheit ist: dass es keinen lebendigen Gott gibt, und dass nur das Sichtbare Wert hat. Und weil er nur das Sichtbare ins Auge fasst, kann er das Unsichtbare nicht erkennen als das allein Wesentliche und Bleibende. Darum hält er fest an eigner Gerechtigkeit, an Geld, Gut, Ehre und Durchkommen durch diese Welt. - Nur derjenige, der aus Gott geboren ist, betrachtet Alles, was er sieht und was er nicht sieht, von dem richtigen Standpunkte aus; das tut er aber nicht aus sich selbst, sondern durch gnädige Erleuchtung des heiligen Geistes, - und weil er durch diese gnädige Erleuchtung alles Sichtbare und Unsichtbare von dem rechten Standpunkte aus betrachtet, lässt er sich von dem Sichtbaren nicht festhalten, sondern er sucht stets das Unsichtbare. Das zeigt sich in seinem Handel und Wandel. Darin wird er freilich von Niemand der von der Welt ist, begriffen, aber daran kehrt er sich auch nicht.

Wer von euch gehört zu den natürlichen Menschen, wer zu den geistlichen? - Ihr mögt euch prüfen bei der Auslegung unserer Text-Worte, welche vor andern geeignet sind, euch euren wahren oder falschen Stand in der Gnade aufzudecken.

Ev. Lukas Kap. 11, V. 33-36.
33. Niemand zündet ein Licht an und setzt es an einen heimlichen Ort, auch nicht unter einen Scheffel, sondern auf den Leuchter, auf dass, wer hinein geht, das Licht (den Schein) sehe. 34. Das Auge ist des Leibes Licht (Leuchte), wenn nun dein Auge einfältig (arglos) sein wird; so ist (ist auch) dein ganzer Leib Licht. So aber dein Auge ein Schalk (arg) sein wird, so ist auch Dein Leib finster. 35. So schaue darauf, dass nicht das Licht in dir Finsternis sei. (Siehe nur zu, dass nicht etwa das Licht, das in dir, Finsternis ist.) 36. Wenn nun dein Leib ganz lichte ist, dass er kein Stück von Finsternis hat (ohne irgend einen finstern Teil zu haben), so wird er ganz licht sein und wird dich erleuchten wie ein heller Blitz. (wie wenn die Leuchte mit dem Strahl dich erleuchtet.)

Die Worte des 33. Verses lesen wir auch Markus am 4. v. 21, sie stehen daselbst in Verbindung mit dem bekannten Gleichnis vom Sämann. Die Worte des 34-36. Verses kommen auch Matthäi am 6.6.22 und 23 vor, und folgen daselbst auf des Herrn Jesu Gebot: „Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, da sie die Motten und der Rost fressen, und da die Diebe nach graben und stehlen. Denn wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz.“ Hier aber geht unsern Worten die Bestrafung des Volkes vorher, welches, obschon ein Gottesvolk, seinen Heiland nicht erkannte, der mehr war als Salomo oder Jonas, - da doch die Königin von Süden gekommen, um Salomos Weisheit zu hören, und die Niniviten sich auf Jonä Predigt bekehrt hatten. Es folgt aber auf unsere Textworte die Bestrafung der Pharisäer, zu welchen der Herr sagte: „Ihr Narren, meint ihr, dass inwendig rein sei, wenn auswendig rein ist? Doch, gebt Almosen von dem, was da ist; siehe, so ist es euch Alles rein.“

Ihr seht es aus dem Zusammenhang, in dem unsere Textworte bei den drei Evangelisten vorkommen, dass unser Herr damit beabsichtigt: uns dahin zu bringen, dass wir alles von dem richtigen Standpunkte aus betrachten, oder mit andern Worten: dass wir gewarnt und ermahnt, auch ermutigt seien, nicht Acht zu haben auf das, was wir sehen, sondern auf die unsichtbaren Dinge, welche gemacht sind, um nie bewegt zu werden.

Ich habe Ursache, euch in diesen Tagen diese Worte ans Herz zu legen. Der Säemann ist gekommen und hat gesät; die Gerichte brechen mittlerweile auch herein, und es erfordert nur einen geringen Zusammenstoß, so fällt Alles um uns her über den Haufen. Was und wie gehört wurde, was und wie geglaubt wurde: es muss auf den Probierstein. Das „Wacht auf! wacht auf!“ erschalle in eines Jeglichen Ohr! Es wird sich herausstellen, wo euer Schatz, wo euer Herz gewesen, und ob nicht der Same bei Manchem unter die Dornen gefallen ist. Dennoch ist es Zeit! Die Schläfrigkeit, das tote Wesen, die Lauheit, die Gleichgültigkeit, das in es sich gut sein lassen in dem Sichtbaren, bei wem brach es nicht herein?

Da rufe ich euch allererst zu:

„Niemand zündet ein Licht an und setzt es an einen heimlichen Ort, auch nicht unter einen Scheffel, sondern auf den Leuchter, auf dass, wer hineingeht, das Licht (den Schein) sehe.“

Der Herr redet in einem Bilde. Das Licht, welches er meint, ist die Kenntnis von Gott und göttlichen Dingen; die Kenntnis, wie wir dem ewigen Zorn entrinnen und die ewige Seligkeit ererben. Dieses Licht haben wir auch angezündet; denn sobald ein Mensch sich bekennt zu dem Glauben, so wird's von ihm vor der Welt bekannt, dass er die Welt mit ihrer Eitelkeit dran gibt, und das Himmlische und Ewige sucht. Es geht nur darum, ob solcher Glaube denn auch bei uns Wahrheit sei, so dass er nicht bei uns bestehe in Worten, sondern in Kraft und Tat. Denn sonst kann der Glaube uns nicht selig machen. - So wenig eine kluge Hausfrau, wenn es draußen finster ist, ein Licht anzündet, um es in einen Schrank oder unter eine Bank zu setzen, sondern es auf den Tisch setzt, auf dass sie und Alle die herein kommen, den Schein des Lichtes haben, damit man wisse, wo man sich befinde, und im Stande sei, zu lesen, zu schreiben, oder seine sonstige Arbeit zu verrichten: - so wenig wird man, wenn man klug ist, das Licht des Glaubens anzünden, um dieses Licht zu stellen in den Schrank der Sorgen dieses Lebens, oder unter die Bank der Welt und ihrer Gelüste; tut mans aber, so wird derjenige, der uns des sucht und das Licht auf dem Tische erwartet, von uns sagen müssen, dass uns die Finsternis umgibt. Er wird aber wohl bald hereinkommen, er ist auf dem Wege, uns zu besuchen, er, der uns in unsrer Armut Lampen und Öl und Alles geschenkt hat. Dieser erwartet das Licht auf dem Tische, und darum warne ich euch: dass ihr das Licht aus dem Schranke und unter der Bank wegnehmt und es setzt wohin es gehört, auf dass ihr ihn ordentlich empfangen und euch seiner Zukunft freuen mögt; denn er wird kommen wie ein Dieb in der Nacht. Es sagt euch der gesunde Verstand, dass ein Licht in dem Schranke oder unter der Bank die Wohnung nicht erleuchten kann; da sollte es euch doch auch der gesunde Verstand sagen, dass ihr, als Wohnung Gottes, nicht erleuchtet seid, wenn die Kenntnis göttlicher Dinge hinter die Dinge dieses Lebens, oder unter die Sorgen dieser Welt und ihrer Lust gestellt und versteckt wird. Ich sage euch, da kann das Licht nicht brennen. Was ist die Ursache, dass so viele von euch bei aller Kenntnis vom Glauben, von dem Wege des ewigen Lebens, so viel Finsternis umgibt?

So spricht unser Herr: „Die Leuchte des Leibes ist das Auge: wenn nun dein Auge arglos ist, so ist auch dein ganzer Leib licht, ist es aber arg, so ist auch dein Leib finster.“

Der Leib des Menschen hat eine brennende Leuchte; diese Leuchte ist das Auge; denn ein Blinder sieht von sich nichts, er sieht auch nicht, wo er hingeht, und sieht nichts von allem dem, was ihn umgibt. Nur der Sehende sieht sich, sieht Alles was ihn umgibt, sieht, wo er hingeht, sieht, was er tut, sieht auch den, der hereinkommt, den, der ihm begegnet. Der Leib ist an und für sich finster, das Auge ist ihm, was die brennende Kerze in der sonst finsteren Wohnung ist. Nun haben wir noch ein anderes Auge, das ist das Auge der Seele; wenn dieses gesund ist, so sehen wir uns selbst und Alles, was uns umgibt, in dem Lichte der Ewigkeit.

Dieses Auge kann da sein, ohne dass man gut sieht; die Seele kann erfüllt sein vom Lichte der Kenntnis Gottes und göttlicher Dinge, der Kenntnis der ewigen Seligkeit, und dennoch kann man mit aller dieser Kenntnis im Finstern sitzen. Das geschieht, wenn man die Kenntnis nicht gebraucht wie man soll. Wenn aber die Kenntnis so benutzt wird, wie es sein soll, so sitzt man, geht man, arbeitet man in der Wahrheit, so ist die Kenntnis wie eine brennende Kerze und steht, wo sie stehen soll.

Das Seelenauge ist entweder arglos ober arg.

Nun will der Herr, dass ihr kein arges, sondern ein argloses Auge habt.

Wenn ein Mensch ein argloses Auge hat, ich rede von dem Seelenauge, - so betrachtet er Gott, sich selbst und alle Dinge in dem Lichte der Ewigkeit, wie er soll; denkt, handelt und wandelt auch dem gemäß. Sieht er auf Gott, so sieht er zu gleicher Zeit auf das Lamm Gottes; auf dieses Lamm sieht er alle seine Sünden von Gott gelegt, er sieht dieses Lamm geschlachtet für seine Sünden, er sieht dieses Lamm in seiner heiligen Unschuld und er sieht Gott nach den Augen, wie der ein Wohlgefallen daran hat, dass er, der Mensch, auf dieses Lamm sehe als auf seine Gerechtigkeit. Sieht er sich selbst an, der Mensch, der ein argloses Auge hat, so sieht er sich mit der Unschuld dieses Lammes bekleidet, angetan und geheiligt durch und durch, und sieht sich auf ewig errettet in dem Leben dieses Lammes. Alle sichtbaren Dinge sieht er nur an als vergänglich, als Eitelkeit, und er betrachtet die ganze Welt nur als eine eiserne Bombe, angefüllt mit Pulver, welche Alle die in ihrer Nähe sind, zerschmettern wird, wenn sie in Stücke springt; er lässt sich von diesem Dinge los machen, bevor das Verderben hereinbricht, und Alles, was die Welt zu verheißen scheint von Gut, Geld und Ehre, ist ihm zu schwer, er wirft es von sich, denn er kann damit nicht in den Himmel. Dagegen betrachtet er die Verheißung und in ihr die bevorstehende Herrlichkeit; diese sieht er an als ein bleibendes Gut und hat sie darum gewählt; er sieht nur den festen Grund an, auf welchem das Alles steht, was Gott verheißen hat und was er, weil er ein treuer, gnädiger Gott ist, erfüllen kann, erfüllen will und erfüllen wird. In Summa: er sieht in Gott seinen Heiland für Leib und Seele; und sollte auch der Leib darüber verschmachten, so bleibt doch Gott sein Gott und sein Nothelfer, der um seines lieben Sohnes Jesu Christi willen Alles ihm zum Guten wenden wird; darum ist der Herr auch in Allem seine Zuflucht. Wenn so das Auge arglos ist, dann ist der ganze Leib Licht, das ist: da betrachtet man das Göttliche als wahrhaftig und wesentlich, und das Sichtbare als das was es ist, und handelt demgemäß, hat das Licht auf dem Tisch und ist den Dienern gleich, die auf ihren Herrn warten. Wo dagegen ein arges Auge ist, da sieht man nie recht auf das Lamm und auf alle die Heilsgüter, auf die unvergänglichen Reichtümer und Schätze des Himmels, welche dasselbe erworben hat; auch sieht man Gott da nie recht als seinen Gott und Heiland, nie recht als den Gott an, der die Gerechtigkeit, welche vor ihm gilt, dem Glauben zurechnet: sondern man sieht Gott in den Wolken und in der Finsternis von Sinai und dient ihm wie ein Pharisäer, das ist, man dient sich selbst, sich von der ewigen Strafe los zu kaufen; man sieht Gott als einen harten Mann an, den man durch Werke zu versöhnen hat. So lässt man sich selbst und die Welt nie los, denn man kann da nicht an Gott glauben; so glaubt man denn an das, was man in der Hand hat, an das Sichtbare, und hält daran fest, - das ist der Geiz, der auch Abgötterei ist. Welche Kenntnis man da auch von Gott und göttlichen Dingen haben möge, man sucht immerhin seinen Halt in dem Vergänglichen, weil man sich nicht auf Gott verlässt. Wie finster dabei der ganze Leib, das ganze Denker, Dichten, Tun, Trachten, Handeln und Wandeln ist, überlasse ich eurem eignen Nachdenken.

Unser Herr spricht: „So schaue darauf, dass nicht das Licht in dir Finsternis sei.“ Zu wem sagt der Herr das? Zu mir, zu dir! Der Herr warnt uns vor Selbstbetrug. Die Kenntnis von Gott und göttlichen Dingen ist nichts als Unkenntnis, wenn von dieser Kenntnis nicht die Anwendung gemacht wird auf unser Leben, auf unser Handeln und Wandeln. Wenn wir wissen wer Gott ist, wie er zu fürchten, zu lieben ist, wie ihm soll gedient werden; wenn wir es wissen, welch ein gerechter Gott er ist, dass er die Sünde straft, welch ein heiliger Gott er ist, dass er die Unreinigkeit nicht an uns duldet; wenn wir es wissen, welch ein reicher Gott er ist an Gnaden um Jesu Christi willen, und wie er dem armen Sünder will gewogen sein; wenn wir es wissen, wie treu er ist, welch ein Wahrmacher seines Wortes; wenn wir es wissen, wie wahrhaftig und wesentlich die zukünftigen Güter sind, wie eitel und nichtig die Welt, Gelb, Gut und Ehre bei Menschen und alles Sichtbare ist, und wie man zu Schanden wird, wenn man sich darauf verlässt; wenn wir das Alles wissen und doch nicht danach tun: so ist wohl das Licht in uns, so ist wohl der Glaube in uns, es ist aber ein finsteres Licht, es ist ein toter Glaube. - Da füge ich hinzu, was der Herr bei Matthäus sagt: „Wenn das Licht in dir Finsternis ist, wie groß wird dann die Finsternis selbst sein“ - denn Alles was uns hier umgibt, ist Finsternis; in wie großer Finsternis stecken wir demnach dann, wenn die Kenntnis in uns unwirksam ist; ist der Glaube - bei uns ein toter, wie tot müssen dann die Werke sein, die aus solchem toten Glauben hervorgehen.

„Wenn dagegen dein Leib ganz lichte ist“ fährt der Herr fort „ohne irgend einen finstern Teil zu haben, so wird der Leib ganz lichte sein, wie wenn die Leuchte mit dem Strahl dich erleuchtet.“ - Der Herr will sagen: Wenn du in Wahrheit nach den Kenntnissen, welche du von Gott und göttlichen Dingen hast, zu Werke gehst, dass du der Welt und ihren Gelüsten in keinem Dinge nachgibst und dich von dem Sichtbaren in keinem Stück halten lässt, sondern die sichtbaren und unsichtbaren Dinge nach dem Lichte der Ewigkeit schätzt, so dass du die sichtbaren drangibst und dich an die unsichtbaren hältst: so wird dein ganzer Wandel davon Zeugnis geben. Denn wenn du in einer sonst finstern Wohnstube bist, und es brennt daselbst eine Leuchte, so erleuchtet dich die Leuchte mit ihrem Strahl. Gleicherweise erleuchtet sich der Glaube mit den Werken ganz, wenn du in Wahrheit nach den Kenntnissen, welche du von Gott und den Dingen der Ewigkeit hast, im heiligen Geist die Anwendung machst auf dich selbst und auf Alles was dich umgibt.

Aus dem Gesagten kann nun ein Jeder von uns entnehmen, ob er sich in einem wahren Stande der Gnade befindet.

Wer ein arges Auge hat, der hat einen Ader gekauft, muss sein Joch Ochsen versuchen, hat ein Weib getraut, muss für den Bauch sorgen, für sein Durchkommen durch die Welt, der sucht Ehre bei den Menschen, er steckt in den Werken und demzufolge in pharisäischer Frömmigkeit, lebt dazu in Geiz, Wucher und allerlei Ungerechtigkeit; er hat sein Vertrauen auf das Sichtbare und auf das Leben in eigner Hand, - daran verkauft er seine Seele. Er kann nicht glauben, dass das Wort der Gnade Jesu Christi ein Wort des Lebens und des Überflusses ist; darum spricht er wohl davon, lebt aber nach dem Laufe dieser Welt und lässt sich von seiner Ungerechtigkeit, von Fleisch und Blut festbinden und festhalten. Man kann sich selbst und Alles, was man ist, hat und erwartet, auch das Sichtbare nicht auf- und drangeben in die Hände des lebendigen Gottes, sondern hält sich mit Handel und Wandel trotz den besten Kenntnissen ferne von ihm und von seiner Gemeinschaft.

Wer aber ein argloses Auge hat, der sieht auf den Rat des Wohlgefallens Gottes in Christo Jesu, wie er in ihm ein Gott und Seligmacher armer und verlorener Sünder sein will; „er ist aber ein verlorener Sünder“, darum hat er nicht Rast, bis er in Gottes Gemeinschaft übergegangen ist, denn nur der Herr ist sein höchstes Gut. Er glaubt dem Bunde, den Gott in Christo mit dem Sünder macht: - so geht er in Gott über, durch die Gnade des heiligen Geistes, so vertraut er denn sich selbst und sein Durchkommen durch die Welt diesem versöhnten Gott an, erwartet von ihm alles Gute und nimmt zu ihm die Zuflucht; von der Welt erwartet er aber nichts, er weiß, dass die ganze Welt im Argen liegt und ihrer Auflösung entgegen geht; er erwartet seinen Heiland aus den Himmeln. Der allgenugsame Gott ist sein Schatz, sein Teil, sein Erbe, seine Hilfe; darum fürchtet er sich nicht, Gott wird's versehen und ihn erretten von allem Bösen, bis er ihn um seines lieben Sohnes willen hat aufgenommen in die ewige Herrlichkeit, wie Er verheißen hat, der nicht lügt. Er, dessen Licht Gott ist, ist also ganz licht und ist an ihm kein Schatten der Finsternis.

Dieses musste ich euch vorhalten, meine Geliebten! auf dass ihr in diesen Tagen, worin Alles von neuem über den Haufen zu fallen scheint, euch losgemacht habt von dem vergänglichen Wesen und den sichtbaren Dingen, von denen ihr nach des Herrn Wort wisst, dass sie Alle vergehen. Wer nun mit seinem Herzen trotz seiner Kenntnisse fest sitzt auf lauter Untugend und auf dem Tande dieses Lebens, der bekehre sich zu Gott in Wahrheit. Er wird sich aber dann zu Gott bekehrt haben, wenn ihm das Gebot mehr gilt als die vergängliche Lust, und er, so gebunden wie er sich fühlt, die Zuflucht genommen hat zu der ewigen Gnade, im Glauben des Geistes; denn wenn er das tut, so wird er sich wohl unerwartet frei gemacht fühlen und gestärkt sein, zu bleiben bei dem Gebote des Lebens.

Die Aussichten für das diesseitige Durchkommen mit Weib und Kind, die Aussichten auf Arbeit und auf den Frieden der Völker, scheinen wieder in Rauch aufgehen zu wollen in allerlei Verwirrung, die dem Sichtbaren stets eigen ist. Wie voriges Jahr die Heimsuchung der Pestilenz, so scheint diesmal die Heimsuchung des Krieges vor der Türe zu sein. Da gebe nun Gott, der inmitten des Zornes der Erbarmung eingedenk ist, durch seinen heiligen Geist Etlichen von euch das Einsehen und das Bekenntnis, dass das Licht in ihnen Finsternis ist, auf dass sie aufwachen aus ihrem Schlaf und der Stimme des Evangeliums gehorchen, bevor sie unsanft von den Gerichten, ja von dem Teufel aufgeschreckt werden. Und euch, den Übrigen, die ihr ein Licht im Herrn zu sein begehrt, gebe der Herr die Erleuchtung seines heiligen Geistes, auf dass ihr mit arglosem Auge auf euren Herrn und Heiland seht und um sein Kreuz euch gelagert haltet: so werdet ihr die papiernen Kronen, welche Teufel und Welt bieten, wohl wegwerfen, eure Götzen freudig begraben und so arm, nackt und elend wie ihr seid, auf den gnadenreichen und treuen Gott harren, auch ihn vor Augen halten in allen Dingen und nur von diesem Einen wissen, was den sterbenden Jakob, was die Gemeine in ihren Drangsalen stets erfüllte: „Herr, ich harre auf dein Heil!“

Komm, Herr Jesu, Amen!

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