Murray, Andrew - Nach Jesu Bild - Nicht von dieser Welt.

Murray, Andrew - Nach Jesu Bild - Nicht von dieser Welt.

Sie sind in der Welt.“ „Die Welt hasst sie, denn sie sind nicht von der Welt, wie denn auch ich nicht von der Welt bin.“ „Sie sind nicht von der Welt, gleichwie auch ich nicht von der Welt bin.“ (Joh. 17,11.14.16). „Gleichwie Er ist, so sind auch wir in dieser Welt“ (1 Joh. 4,17).

Wenn Jesus nicht von der Welt war, warum war Er denn in der Welt? Wenn zwischen Ihm und der Welt gar kein Zusammenhang war, warum kam Er denn herab zu uns, und warum blieb er nicht in jenem seligen, heiligen Reich, welchem Er angehörte? Die Antwort lautet: Der Vater sandte Ihn in die Welt. In diesen zwei Ausdrücken: „In der Welt,“ „nicht von der Welt,“ finden wir das ganze Geheimnis seines Erlösungswerkes, und seiner gottmenschlichen Herrlichkeit.

„In der Welt“; in der menschlichen Natur, weil Gott zeigen wollte, dass diese Natur Ihm angehöre, und nicht dem Fürsten dieser Welt, dass sie fähig sei, das göttliche Leben aufzunehmen, und darin ihre höchste Herrlichkeit zu erreichen.

„In der Welt“; in Gemeinschaft mit den Menschen, in liebevollem Verkehr mit ihnen, damit Er von ihnen gesehen und gekannt würde, um auf diese Weise sie wieder für den Vater zu gewinnen.

„In der Welt“; im Kampf mit den Mächten, welche in dieser Welt herrschen, damit Er Gehorsam lerne, und da durch die menschliche Natur vollkommen machen und heiligen könne.

„Nicht von der Welt“, sondern vom Himmel, um das Leben, das in Gott ist, welches die Menschen verloren hatten, ihnen zu offenbaren und nahe zu bringen, damit sie es sehen und sich danach sehnen möchten.

„Nicht von der Welt“; denn Er zeugte gegen ihre Sünde und Entfremdung von Gott, gegen ihre Unfähigkeit Gott zu erkennen und Ihm wohlzugefallen.

„Nicht von der Welt“; denn Er war gekommen ein Reich zu gründen, das sowohl in seinem Ursprung, als in seiner Verfassung ganz himmlisch ist, ganz unabhängig von allem dem, was die Welt als wünschenswert oder unentbehrlich ansieht, ein Reich dessen Grundsätze denjenigen, welche in der Welt gelten, vollständig entgegengesetzt sind.

„Nicht von der Welt“, damit Er alle die Seinigen erlösen und sie in das neue, himmlische Königreich bringen könne, welches Er offenbart hat.

„In der Welt“, „Nicht von der Welt“. In diesen zwei Ausdrücken ist das große Geheimnis der Person und des Werks unsres Heilandes offenbart. Er ist nicht „von der Welt“, durch die Macht seiner göttlichen Heiligkeit richtet und überwindet Er sie; aber dennoch ist Er in der Welt, und durch seine Liebe sucht Er und errettet alle, die sich retten lassen. Die vollkommenste Trennung von der Welt, und die innigste Gemeinschaft mit solchen, die in der Welt find; diese beiden Gegensäge vereinigen sich in Jesu; durch sein eigenes Wesen hat Er sie ausgeglichen. Auch des Gläubigen Beruf ist es, durch sein ganzes Leben zu beweisen, dass diese zwei Richtungen, so weit auseinandergehend sie auch scheinen mögen, in vollkommenen Einklang gebracht werden können. In jedem Kinde Gottes muss himmlisches Leben durch die irdische Hülle hindurchstrahlen.

Es ist nicht schwer, eine dieser beiden Wahrheiten herauszunehmen und dieselbe ausschließlich zur Geltung zu bringen. Es gibt manche, die das Wort: „Nicht von der Welt“, zur Losung ihres Lebens gemacht haben. Von jener frühesten Zeit an, als man glaubte, um Gott zu dienen, müsse man sich in Klosterzellen und Wildnissen verbergen, bis auf unsere Tage, da man meint die Aufrichtigkeit der Frömmigkeit dadurch beweisen zu müssen, dass man alles was in der Welt ist, verurteilt, hat es viele gegeben, welche dies für die einzig wahre Religion hielten. Ja, die Trennung von der Sünde kann man diesen nicht absprechen, aber sie haben auch keine Gemeinschaft mit den Sündern. Der Sünder kann in ihrer Nähe sich nicht dessen bewusst werden, von einer zarten, himmlischen Liebe umgeben und getragen zu sein. Dies ist ein sehr einseitiges und daher mangelhaftes Christentum.

Es gibt aber auch solche, die den Nachdruck auf das andere Wort legen: „In der Welt“, und die sich in besonderer Weise auf die Worte des Apostels berufen: „Ihr müsstet sonst die Welt räumen.“ Sie meinen, dadurch, dass sie beweisen, wie das Christentum sie nicht unfreundlich mache, wie sie alles mit genießen können, was es zu genießen gibt, können sie die Welt dahin bringen, Gott zu dienen. Wohl ist es ihnen manchmal gelungen, die Welt sehr religiös zu machen, allein nur um den viel zu hohen Preis, dass ihr Christentum sehr weltlich wurde.

Der wahre Nachfolger Jesu muss beides vereinigen können. Wenn er nicht deutlich bekennt, dass er nicht von der Welt ist und die weit größere Seligkeit eines himmlischen Lebens nicht mit seinem Wandel bezeugt, wie kann er die Welt von ihrer Sünde überzeugen, oder ihr beweisen, dass es ein höheres Leben gibt, oder sie anspornen nach etwas zu verlangen, was sie noch nicht besitzt? Ernst und Heiligkeit und entschiedene Lossagung vom Geist der Welt muss den wahren Christen kennzeichnen. Sein himmlischer Sinn muss es klar an den Tag legen, dass er einem Königreiche, das nicht von dieser Welt ist, angehört. Ein unweltlicher, ein überweltlicher, ein himmlischer Geist muss aus ihm atmen.

Und dennoch muss er leben, als einer, der „in der Welt“ ist. Er ist absichtlich von Gott da hinein gestellt worden, unter solche, die von der Welt sind, damit er ihre Herzen gewinne, einen Einfluss auf sie ausübe und ihnen von dem ihn beseelenden Geist mitteile; es muss die eine große Aufgabe seines Lebens sein, dass er es lerne wie er diesen seinen Heiligen Beruf erfüllen könne. Nicht dadurch, wie die Weisheit dieser Welt es ihm eingeben möchte, dass er nachgibt, dass er die furchtbar ernsten Wahrheiten des Christentums ihres Stachels beraubt, wird es ihm gelingen. O nein, nur dann, wenn er in den Fußstapfen dessen wandelt, der uns allein lehren kann, wie wir sollen in der Welt leben und doch nicht von der Welt sein. Nur durch ein Leben aufopfernder, dienender Liebe, wodurch der Christ mit Bestimmtheit bekennt, dass die Verherrlichung des HErrn sein Lebenszweck sei, nur dadurch dass er, selbst voll des Heiligen Geistes, die Menschen in Berührung bringt mit der Wärme und der Liebe des himmlischen Lebens, kann er der Welt zum Segen werden.

O, wer lehrt uns diese himmlische Kunst, die beiden, scheinbar so schwer zu vereinigenden Dinge, in unsrem täglichen Leben zum Ausdruck zu bringen, in der Welt und doch nicht von der Welt zu sein? Er allein kann uns dies Geheimnis offenbaren, der da gesagt hat: „Sie sind nicht von der Welt, gleichwie auch ich nicht von der Welt bin.“

Dieses „Gleichwie“ hat eine viel tiefere Bedeutung und Kraft, als wir auf den ersten Anblick meinen. Bitten wir den Heiligen Geist, dass Er uns dies Wort verkläre, dann werden wir verstehen, was es heißt in der Welt zu sein, wie Jesus in der Welt war. Wir werden das göttliche Geheimnis entdecken, wie ein Mensch der völlig los ist von der Welt am geschicktesten dazu ist, in der Welt zu sein. Je freier die Kirche ist von dem Geist und der Anschauungen der Welt, desto mehr Einfluss kann sie darin ausüben.

Das Wesen der Welt ist Selbstsucht und Selbsterhebung. Das Wesen des Himmels ist heilige, selbstverleugnende Liebe. Die Schwachheit so vieler Christen liegt darin, dass sie noch so viel vom Geist der Welt in sich haben. Sie suchen ihr eigenes Glück und ihre Vervollkommnung vor allem anderen. Jesus Christus war nicht von der Welt und ihr Geist war ihm fremd, darum konnte Er die Sünder lieben, konnte sie gewinnen und selig machen. Der Gläubige ist ebenso wenig von der Welt, als Jesus. Der HErr sagt: „Sie sind nicht von der Welt, gleichwie ich nicht von der Welt bin.“ Seinem neuen Wesen nach, ist er von oben geboren, das Leben und die Liebe des Himmels wohnen in ihm; sein übernatürliches, himmlisches Leben gibt ihm die Kraft in der Welt zu leben, ohne von der Welt zu sein. Ein Jünger, welcher völlig daran glaubt, dass er seinem inneren Leben nach, Jesu ähnlich gemacht worden ist, wird die Wahrheit dieses Ausspruchs erfahren. Er bestärkt diese seine Glaubenszuversicht, indem er es wagt zu sprechen: „Gleichwie Jesus, so bin auch ich nicht von der Welt, weil ich in Jesu bin.“ Er hat es erfasst, dass seine Scheidung von der Welt nur dann eine bleibende sein kann, wenn er in inniger Gemeinschaft mit Jesu bleibt; nur insofern als Jesus in ihm lebt, kann er ein himmlisches Leben führen. Er erkennt, dass es nur einen Weg gibt, auf welchem er seinem heiligen Beruf getreu bleiben kann, wenn er nämlich, als der Welt gekreuzigt, sich ihrer Macht entzieht, um dann, als Einer, der in Jesu lebt, in die Welt hinein zu gehen und ihr ein Segen zu sein. Er lebt im Himmel und wandelt auf Erden.

Meine Brüder, ist nicht dies die wahre Nachfolge Jesu Christi? „Darum geht aus von ihnen, und sondert euch ab,“ spricht der HErr. Dann wird Er die Verheißung erfüllen: „Ich will in ihnen wohnen, und in ihnen wandeln.“ Dann wird euch Jesus in die Welt senden, gleichwie der Vater Ihn gesandt hat, damit ihr in dem euch bestimmten Kreise den Vater verherrlichet und seine Liebe kund macht.

„Nicht von der Welt!“ In diesem Ausdruck ist nicht nur die Trennung von der Welt und das Zeugnis gegen sie begriffen, sondern darin liegt die Offenbarung des Geistes, der Liebe und der Kraft jener Welt, des Himmels, dem wir angehören, dessen göttliche Aufgabe es ist, diese Welt seiner Seligkeit teilhaftig zu machen.

O du großer Hoherpriester, der du für uns zum Vater gebetet hast, für uns, die wir noch in der Welt sind, lass jetzt deine allgültige Fürbitte uns zu gute kommen. Die Welt findet noch immer Eingang in unsere Herzen - in uns ist noch zu viel von ihrem selbstsüchtigen Geist. Durch den Unglauben ist der neue Mensch in uns oft verhindert seine volle Kraft zu entfalten. O HErr, wir bitten dich, lass, durch deine allmächtige Fürbitte dies Wort vollkommen in uns zur Wahrheit werden: „Sie sind nicht von der Welt, gleichwie auch ich nicht von der Welt bin.“ In unserer Umgestaltung nach deinem Bild liegt unsere einzige Macht gegen die Welt. HErr, wir können dir nur ähnlich werden, wenn wir eins mit dir sind. Wir können nur wandeln wie du wandeltest, wenn wir bleiben in dir.

Lieber Heiland, wir übergeben uns dir, um in dir allein zu bleiben. Ein Leben, das sich dir ganz hingibt, nimmst du auch gänzlich in Besitz. Lass uns, durch deinen in uns wohnenden Geist, so innig mit dir verbunden sein, dass wir immer wandeln können, als die da nicht von der Welt sind. Und lass uns auch durch deinen Heiligen Geist dein Werk in der Welt so verstehen, dass es unsere Freude werde, in tiefer Demut und brünstiger Liebe allen in der Welt zu zeigen, welche Seligkeit denen zu teil wird, die nicht von der Welt sind. Mögen wir es durch die hingebende Liebe und die Inbrunst, womit wir, gleich dir, uns aufopfern für diejenigen, die noch in der Welt sind, es beweisen, dass wir nicht mehr von der Welt sind. Amen!

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